Der Ursprung der
afrikanischen Kulturen
Leo Frobenius
THE LIBRARY
OF
THE UNIVERSITY
OF CALIFORNIA
ANTHROPOLOGY
ALFRED L. KROEBER
cotxficnoN
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DER
URSPRUNG DER KULTUR
VON
L. FBOBENITJS
ERSTER BAND
..Denn im Knlturbesitz. wenn irgendwo,
muh zu lesen sein, aus welchen Elementen
und auf welchen Wogen die heutige Mensch-
heit geworden, was sie ist."
Fr. Hatzel
BERLIN
VERLAG VON GEBRÜDER BORNTRAEGER
1898
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DER URSPRUNG
DER
AFRIKANISCHEN KULTUREN
vos
L. FBOBENITJS
Mit 26 Karten von Afrika nach Entwürfen des Verfassen*,
9 Tafeln in Lichtdruck, Buntlichtdruck, Autotypie otc. sowie ca. 340 Textillostrationen
von L. Hagelshof er, Arthur Thiele, H. Frobonius, Conrad Schult*,
dem Verfasser und Anderen
BERLIN
VERLAG VON GEBRÜDER BORNTRAEGER
1898
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Das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen and die Vervielfältigung
auch der Abbildungen ist vorbehalten.
Anthropology
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CA4-00
F83
IJBJLART
HERRN GEH. REGIERUNGSRAT
De. FREIHERRN FERDINAND VON RICHTHOFEN
PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT IN BERLIN
IN TIEFER VEREHRUNG ZUGEEIGNET
VOM VERFASSER.
737
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Programm.
Angenommen, es Bei überhaupt berechtigt, das Wort „Weltgeschichte"
auf die Geschichte der Menschheit anzuwenden — in welchem Falle man
eine Geschichte der Wirkung der grofsen Menschheitskonglomerate, der
Rassen und Völker auf die Entwicklung der Erde und aller Erdbewohner,
sowie die Einwirkung dieser auf das Geschick der Menschen darunter ver-
stehen mufs — , angenommen also, das sei berechtigt, nun, was wissen
wir von dieser Weltgeschichte?
Diese Frage erscheint in gewissem Grade entschieden thöricht. Denn
es ist wahr und lässt sich absolut nicht bestreiten, es giebt „Weltgeschichten"
von aufserordentliohem Umfange und ein jeder Primaner weifs eine Unmenge
von Ereignissen und noch viel mehr Jahreszahlen anzugeben, die teilweise
weit hinter Christi Geburt reichen, weiter rückwärts sogar, als wir vorwärts
zählen, ferner giebt es manchen Papyrus, der lange Reihen von ägyptischen
Königen bietet und ähnliches mehr. Und doch wissen wir von der Welt-
geschichte — fast nichts!
Was wir so prätentiös, wie wir eingebildeten Europäer nun einmal
sind, Weltgeschichte nennen, hat nur für uus selbst und die Bewohner der
kleinen asiatischen Halbinsel und wenig andere eine grofse Bedeutung, weil
es die Weltgeschichte unseres eigenen Werdens ist und für andere über-
haupt eine solche, weil wir derzeiten die Tyrannen der Erde sind, die sich
die anderen Völker und Rassen unterwerfen und unterthan machen und es
somit scheint, als wenn die Entwicklung der Kultur der Zukunft auf
keinem anderen als unserem Boden und uns als Vorfahren fufsen könne.
Demnach ist das, was wir Weltgeschichte nennen, nur ein Abschnitt
derselben, von welcher Art es vor uns noch selir viele gegeben haben mufs
— wenn wir die eigentliche Weltgeschichte nämlich mit einem Bambus-
halme und die unsere mit dem obersten jüngsten Internodium oder Gliede
vergleichen wollen, was wie jeder Vergleich nur eine einseitige Berechtigung
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— vm
hat. Was unterhalb unseres Internodiiuns ist — „ist", denn die ganze
Weltgeschichte ist in ihren Folgen heute noch aktiv — , wissen wir nicht,
wenigstens können wir das, was wir ahnen, kaum als Wissen bezeichnen.
Denn wo fingt denn unsere Geschichte an? Sehen wir nach Osten, da ist
die arische, die indogermanische, die indische Frage — alles ungelöste
Probleme. Sehen wir nach dem Süden, da ist die ägyptische, im Osten
dann die babylonische Frage. Und je weiter wir dann wandern, immer
nur Fragen, die chinesische, die japanische, die malajische — das Aufzählen
hat aber keinen Zweck, man braucht in diesen Gegenden nur die Völker-
namen zu wählen und ist berechtigt, das Wort Frage dahinter zu setzen.
— So, das ist unsere „Weltgeschichte" !
Es wird die höchste Zeit, dafs wir uns das klar machen und zwar
nicht nur uns, den Gelehrten, sondern auch dem grofsen Kreise der
Gebildeten. Denn bis jetzt wird auf den Schulen nur gelehrt, was wir
wissen und wenige ahnen nur, dafs das Gebiet dieses Nichtwissens eine ganz
gewaltige Lücke im Kulturbesitze unserer Zeit ist. Die Naturvölker setzen an
die Stolle dieses Loches eine Mythe (Genesis Kap. 1 etc.), wir aber das
Schweigen.
Es wird höchste Zeit, dafs diese Fragen ernster genommen werden,
sage ich. Mit unserer Eisenfaust zerschmettern wir alle anderen Völker,
wir säen unsere Kolonieen auf den Leichen verwesender Rassen und
Kulturen, brennen die Heimstätte fremder Entwicklung nieder, um auf
den rauchenden Scheiterhaufen unsere Paläste zu bauen und schon ist der
europäische Stahl gezückt, um Ostasiens Gröfse hinzumorden.
Der Brand der Bibliothek in Alexandrien beraubte die Menschheits-
geschichte um wichtige Zusätze im Laufe weniger Stunden. Das europäische
Feuermeer, das sich über die Erde hinzieht, kann in wenigen Decennien
den gröfsten Teil der lebendigen und toten „Weltgeschichte 44 vernichtet haben,
mit jedes Völkleins Eigonart geht ein Dokument für immer verloren. Und
nur, wer jemals an der Bahre eines teuren, frühzeitig vom gewaltsamen
Schicksalsschlage hinweggerafften Menschenietens stand, wer im grausamen
Schmerz vergeblich nach dem „Warum 14 eines solchen Verlustes gerungen
und mit Schaudern zu spät den Wert des nun ewig entschwundenen
Besitzes erkannt hat — , nur der kann eine Ahnung von dem grimmen
und gerechten Zorn unserer Enkel haben, die es uns nie vergessen werden
und können, dafs wir die köstlichen Dokumente so schlecht zu schätzen
und zu erhalten wufsten.
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Denn jene einfachen, fremdartigen Kulturfornien stellen Dokumente
der Weltgeschichte dar! Was Geschichtsforscher vergeblich in alten Hiero-
glyphen und Inschriften gesucht haben, wissen sie zu berichten und ihre
Gesamtheit ist die in wunderliche Bildersprache gehüllte Erzählung vom Ur-
sprünge der menschlichen Kultur. Ich brauche das hier nicht weiter aus-
zuführen, denn ich glaube es in diesem Buche beweisen zu können. Der
Grund, der mich zur Betonung dieser Thatsache führt, ist ein anderer. Ich
will hier in aller Kürze erörtern, wie man diese Dokumente entziffern kann.
Reisen, Sammeln und in den Schränken Aufhäufen bedeutet in
meinem Sinne noch lange kein Erretten dieser Dokumente der Welt-
geschichte (vergl. S. 301 u. 302). Die Fetzen und der Plunder, die die
ethnographischen Sammlungen zum Teil ausmachen, sind an sich ziemlich
wertlos. Ihr Wert liegt eben darin, dafs es Belegstücke lebensvoller Ent-
wicklungsgeschichte sind. Sie sind nichts als äufsere Merkmale, tote
Massen, denen es eben gilt den lebendige Odem einzublasen.
Deshalb kann ich mich nicht begnügen mit Aufforderungen zum
emsigeren Einheimsen dieser Schätze, vor denen die Laien weit und auch
ein Teil der Ethnologen nur deswegen bewundernd staunt, weil eine stumme
Ahnung ihnen sagt, dafs hier etwas Grofses vorliege, und weil kompetente
Männer behauptet haben, dafs das sehr gewichtiger Kram sei.
Nicht als ob es an Mitarbeitern in diesen Dingen vollkommen mangelte.
0, um alles nicht! Es wird ganz aufserordentlich viel gemessen, be-
schrieben, kombiniert, kritisiert und sogar mikroskopiert. Aber alles das
repräsentiert mehr ein Verfallen in jenen Lieblingsfehler des deutschen
Gelehrten, nämlich ein Yereinkeu in fruchtlose Tüfteleien als den ziel-
bewußten, schöpferischen Aufschwung. Zusammenhanglos, unverstanden
und einsam irren die wenigen gröfeeren Arbeiten und Resultate umher.
Das Zeugnis hierfür ist die Thatsache, dafs hier und da auf dem Beete
der peinlichsten Filigranarbeiten die Phantasie in üppigster Farbenpracht
ihre Blüten treibt, dafs zuweilen das, was dem Brutkasten des überhitzten
Gelehrten köpf es und das, was dem Frühlingsanger eines unbeirrten Laien-
verstandes entspringt, mit gleichem Mafsstabe als gültige Münze gemessen
wird, dafs vor allen Dingen aber Wissenscliaft und Staat schweigen, wenn
einer ihrer Diener höchst unbefangen die Narrenkappe aufsetzt und sie als
Doktorhut ausgiebt.
Ich will hier übrigens absolut nicht polemisieren. Denn aus und mit
Polemik schafft man keine Wissenschaft. Und wenn eine Lanze zu brechen
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ist, wird sich auch aufserhalb dieses Werkes ein Tummelplatz finden. Es
handelt sich vor allen Dingen darum, eine Klärung der Verhältnisse herbei-
zuführen und das wird, da die Mehrzahl der Kollegen vom edelsten Willen
und Streben geleitet ist, nicht allzuschwer fallen, wenn nur erst der Haken
gefunden ist, der die Entwicklung unserer Wissenschaft hemmt, und das
Tau, an dem der Kahn aus dem Morast gezogen werden kann. An Leuten,
die „trecken 44 helfen, wird's dann schon nicht mangeln. Aber das Er-
lösungsmittel zu finden, das ist eben das Schwere. Wir wollen uns vor
allem über die derzeitige Lage und das heutige Entwicklungsstadium der
Völkerkunde klar werden.
Ich behaupte, jede Kultur entwickle sich wie die lebendigen Orga-
nismen (Kap. 1), erlebe also eine Geburt, ein Kinder-, ein Mannes-, ein
Greisenalter und endlich ein Hinscheiden. Und so geht es jedem Teile
der Kultur, jetler Idee und also auch jeder Wissenschaft. In welchem
Stadium befindet sich nun aber die Völkerkunde?
Die ethnologische Windelkindschaft liegt hinter uns. Man kann sagen,
Bastian habe der deutschen Völkerkunde die Ammendienste erwiesen. Ihre
Bubenstreiche und Rüpeljahre hat sie auch schon beinahe vergessen und
heute ist sio zum Jünglingsalter herangereift. Sie hat ganz das Aussehen
eines solchen, tritt etwas burschikos auf und ist oft launenhaft und mifs-
vergnügt, ein recht gutes Zeichen, dafs ihr die rechte Thätigkeit, nennen
wir es den Beruf, fehlt Unter den Mitmenschen wird wohl jeder einige
Beispiele dieses Stadiums kennen, Jünglinge, die die Kraft in sich spüreu,
etwas Ordentliches leisten zu können, die das Anrecht, das diese Zukunfts-
leistung gewährt, vorherzunehraen geneigt sind und demnach einen wenig
sympathischen Eindruck machen. Solchen jungen Menschen hilft man,
indem man sie in die Zwangsjacke des Berufes steckt
Dafs die Völkerkunde sich in der gleichen Lage befindet, dafür sehe
ich überall und täglich Beweise. Hier wird als Zeugnis lokaler Entwick-
lung und selbständig errungener Entwicklungstufe hingestellt, was anderen
Ortes als Verwandtschaftsbeweis zweier Völker angeführt wird. Es stehen
sich daher die beiden Lehren vom Allgemeingut der Menschheit und von
der Übernahme aus einer Quelle unvermittelt gegenüber. „Die West-
Afrikaner und die Papua Neuguineas haben die gleichen Trommeln ererbt u .
sagt einer. „Nein 44 , entgegnet ein anderer und wird rot vor Zorn, „sie
haben sie beide entdeckt* 4 . Und schon hebt ein bitteres Streiten au. Wie
kommt das?
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XI
Nun, die Völkerkunde befindet sich eben im Stadium jener berufs-
eifrigen, aber eigentlich berufslosen Jünglinge. Nur nennt man das bei
einer Wissenschaft nicht Beruf, sondern Methode, die eine Abgrenzung der
Thätigkeit bedeutet. Es ist für die Völkerkunde die Methode, durch die
der Beweis der Verwandtschaft Gesetzeskraft erhält. Und ehe diese nicht
klargestellt, also eine bestimmte Methode gefunden ist, die als allgemein
anerkannte Richterin alle Kämpfe leitet und über alle Streitfragen nach
feststehenden Gesetzen ilir unantastbares Urteil fällt, eher wird das
Schwanken nicht ein Ende nehmen und der Parteihafs einer förderlichen
Einheitlichkeit im Zusammenarbeiten Platz geben.
Geben wir daher der Völkerkunde die Methode, den Beruf, und sie
wird im stände sein, als ganze Wissenschaft ihn auszufüllen.
Nun gilt's! Was für eine Methode? Wie findet man diese ideale Methode?
Was für den Staat die Verfassung, ist für die Wissenschaft die
Methode. Denn wie man sagen kann, die Verfassung sei die ganz selbst-
verständliche Folge einer Volksentwicklung, dafs sie sich also nicht auf
die Dauer und mit Erfolg oktroyieren lasse, wenn man ihre Entwicklung
auch beschleunigen könne — , so ist auch die Methode einer Wissenschaft
keine erzwungene Herrin, sondern die Seele derselben, die alle ihre
Funktionen, alle Schöpfungen und Materien verbindet und eben zur Wissen-
schaft macht.
Eine Methode der Wissenschaft geben, heilst daher nichts anderes,
als deren Stoff verstehen und durchdringen lernen.
Nun liegt das Wesentliche des Stoffes der Völkerkunde in der orga-
nischen Natur derselben. Die Kulturen leben, gebären und sterben, es
sind Lebewesen, wie ich oben schon sagte. Eine Kultur ist ein grofser
Körper und aller Kulturbesitz, sei es geistiger (Familien-, Staatsorganisation,
Weltanschauungs- Kultur etc.) oder materieller (Werkzeug, Waffen, Häuser,
Musikinstrumente etc. etc.) sind Teile desselben. Wie die Germanin, mit
dem Germanen gepaart, keinem Ncgerlein das Leben geben kann, wie man
die Nase des Vaters in der Nase des Kindes, das „ihm wie aus den
Augen geschnitten" oder „ganz die Mutter* ist, wiedererkennt, so vererben
sich dieselben Waffen, Werkzeuge, Hütten etc. Und die ganze Methode beruht
darin, dafs man die Entwicklungs- und Vererbungsform der Kultur fest-
stellt, wohlgemerkt, nicht eines einzelnen Teiles oder eines Stückes, sondern
jenen Typus, der das Wesen aller Teile bedingt. Es gilt möglichst genau
den äufseren (morphologischen), inneren (anatomischen) Bau und die Lebens-
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formen (physiologischen Bau) festzustellen und daraus spricht dann die
Antwort auf die Frage nach Verwandtschaft.
Diese Methode und Auffassung lehrt uns also die gesetzesmäfsige
und rechtskräftige Entwicklung der Kulturen verstehen, die keinerlei
Zwang oder Willkürlichkeit ausgesetzt ist. Das ist das Fundament, auf
dem man die Wissenschaft aufbauen kann und das — wenn es auch viele
geahnt haben mögen, keiner ausgesprochen hat und auf dem mehrere eben
leider nur Specialstudien aufgebaut haben, die nicht Aussclüag geben, — doch
der allgemeinen Tendenz gefehlt hat. Ja: gefehlt hat; ich sehe reichen
Widerspruch und ich meine ihn zu kennen. Seiner Zeit schrieb ich einen
kleinen Artikel über die stilgerechte Phantasie, in dem ich darauf hinwies,
dafs man sich von dem Begriff des Zufälligen und Willkürlichen, nicht nur
dem Namen nach, sondem auch im innersten Wesen trennen müsse. Es
war eine Notwendigkeit, das ethnographische Gewissen auf diese Thatsache
aufmerksam zu machen, ehe ich dieses vorliegende Werk selbst der Öffent-
lichkeit übergeben konnte. Dio Wirkung dieser kleinen harmlosen Abhandlung
war eine merkwürdige. Sie erregte auf mehreren Seiten den höchsten
Grimm. Man warf mir vor, ich lehre alte Weisheit
Wenn ich dieses und anderes hier erwähne oder früher erwähnte, so
geschieht das nicht, um mir die Priorität einer Erkenntnis zu sichern, an
der gar nichts gelegen ist, denn in der Wissenschaft kommt es nicht auf
die Person, sondern lediglich auf die Sache an. Vielmehr will ich vor
einem Selbstbetruge warnen. Und ein Selbstbetrug ist es, wenn die
Wissenschaft immer wieder Sätze und Stich worte als Parole ausgiebt, die
nur hohle Schallworte sind, deren Sinn ihr aber fremd bleibt. Ich erinnere
vor allem an die oft genannte „naturwissenschaftliche Behandlung der
Völkerkunde 44 . Ich habe sehr oft davon gehört, aber sehr selten etwas
davon gesehen. Doch das nur nebenbei.
Also, man warf mir vor, ich lehre alte Weisheit als neue. Nun
bitte ich um alles in der Welt! wenn das wirklich eine allgemein an-
erkannte und auch angewandte — was übrigens nicht der Fall ist und
darauf kommt es an — Wahrheit ist, weshalb hat man denn den Satz der
Gesetzmäfsigkeit der Entwicklung, der eine ganz naturgemäfse Folge der
Behauptung des Fehlens der Willkürlichkeit ist, nicht ebenso allgemein
angewandt, um mit seiner Hilfe, was so leicht ist, die Schranke zwischen
den Formen der Verwandtschaft und denen der Lokalschöpfung zu errichten?
Weshalb quälte sich denn die Völkerkunde bis dato mit der Frage: „tber-
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XIII —
tragung oder lokale Entwicklung? 14 Weshalb treibt unsere Völkerkunde
denn noch immer Sprossen, die man in einer ausgereiften und ausgebauten
Wissenschaft als Unkraut und Schmarotzer vernichten würde? Ich darf
•wohl darüber mitsprechen, denn ich selbst habe im ernsten Ringen nach
Erkenntnis auch meine Sündenbocke geschossen. ,
Und was nützt uns eine Ahnung oder Anerkennung oder meinetwegen
auch Betonung einer Wahrheit, wenn sie nicht geübt wird? Das ist gleich-
bedeutend mit einor Gesetzesgebung, der keine polizeiliche und richterliche
Gewalt zur Seite steht. Ich bin aber gern bereit, zuzugeben, dafs nicht
nur mein Satz von der Gesetzmäfsigkeit der Entwicklung, sondern auch
der von der organischen Kultur geahnt, gelehrt und auch wohl einmal
angewendet ist Aber, und da liegt ja gerade der Hase im Pfeffer, beide
Sätze sind nicht durchgeführt, haben nicht, wie ich es oben nannte,
Gesetzeskraft angenommen.
Es ist mir im übrigen eine grofse Genugthuung, dafs seiner Zeit der
Hauptsatz der stilgerechten Phantasie so strikte als längst allgemein an-
erkannt hingestellt worden ist, denn alle Anhänger dieser Idee werden
ohne weiteres und selbstverständlich auch den Konsequenzen zustimmen,
der Gesetzmäfsigkeit in der Entwicklung, der Beschränkung der Begriffe:
„Erfindung und Entdeckung" und (vor allem) der „individuellen Schöpfungs- '
kraft". Das ist aber der Boden, auf dem ich meine Kulturlehre aufbaue.
Wenn das Individuum als schöpferischer Genius wegfällt, so kommt auch
das Volk als solches nicht in ^Betracht. Der ganze Procefs der Kultur-
entwicklung erscheint in seiner wahren Unabhängigkeit vom Menschen und
das Volk als sein Träger. Die Kiütur wächst allein, ohne Mensch, olme
Volk. Und daher eben: Die Kultur ist ein Lebewesen.
Xun liat aber die Kultur keine Beine. Sie macht sich's bequem und
läfst sich vom Menschen tragen. Wo sie erscheint, mufs der Mensch sie
hingetragen haben. Daher sind Wanderungen der Menschen und Kulturen
identisch. Da nun der Mensch nur sehr schwache Merkmale seiner Entwicklung
am Körper trägt, denn Generation löst Generation ab, die Kultur aber
immer im wesentlichen die Gleiche bleibt, und wenn auch den Wirkungen
des jeweiligen Wohnortes ausgesetzt, sie doch viel langsamer sich umbildet
als der Mensch, so bieten die Kidturformen die Dokumente, in denen wir
die Geschichte der Menschheit, die Weltgeschichte, studieren können.
Wir sind wieder am Ausgangspunkte angelangt. Ich glaube, mein
Programm klar genug dargelegt zu haben. Das Ziel, auf das ich lossteure,
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— XIV —
ist der Ursprung der Kulturformen und das heifst nach der letzten
Darlegung, der Ursprung der Völker.
Das scheint mir auch für weitere Kreise interessant genug, zumal
wir als kolonisierende Macht gelernt haben, unser Interesse auch ausserhalb
Europas liegenden Vorgängen und Verhältnissen zuzuwenden, und weil des
ferneren in diesem Werke viel von den Völkern und der Kultur in unseren
deutschen Kolonieen, zum Beispiel der Kulturen -Verwandtschaft der Völker
Kameruns und derer Neuguineas, die Rede ist. Ich habe mich deshalb
leicht fafslich und populär ausgedrückt, und das Werk so angelegt, dafs
der interessante erste und dritte Teil allein verständlich sind, wenn der
Leser sich nur die Mühe geben will, im zweiten anatomischen Teile hier
und da nachzuschlagen. Die Morphologie ist sehr kurz, vielleicht erscheint
sie im Verhältnis zum Ganzen zu kurz. Es ist aber nicht der Zweck
dieses Werkes, eine genaue Beschreibung, wie sie jede Völkerkunde,
zumal der knappe und doch genaue Katechismus der Völkerkunde von
Schurtz bieten, zu geben. Besondere Sorgfalt habe ich auf das Namens-
und Sachregister gelegt, welches dieses Buch zu einem Nachschlagewerk
für den alltäglichen Bedarf an Wissen der afrikanischen Völkerkunde ge-
stalten mag.
Und nun zum Schlufs!
Ich wage es, meine Beweise für eine im grofsen Mafsstabe neue
Methode in die Völkerkunde einzuführen mit einer Thatsache, welche die
Weltgeschichte mit der Kenntnis einer die halbe Erdkugel umspannenden
Kulturepoche — denn das bedeutet das Vorhandensein malajonigritischer
Kultur in Westafrika — bereichert, in dem Bewufstsein, in ernster rück-
sichtsloser Thätigkeit allen Anforderungen, die an die Art>eitskraft eines
einzelnen Gelehrten gestellt werden können, genügt zu haben.
Man hört so oft klagen über die Opfer für die Wissenschaft. Ich
habe das nie begriffen. Was bedeuten alle Entbehrung und Entsagung,
wenn sie auch noch so herb sein mögen, gegenüber dem grofsen Glücke,
schaffend und schöpferisch bei der Gründung einer Wissenschaft teilnehmen
zu können. Ich habe die bitteren Stunden und herbeu Cbel nie so stark
empfunden, wie die Freude über die Erfolge, das stolze Gefühl dos selbst-
ständigen Schöpfers. Und ich habe den herzlichen Wunsch, dafs etwas
von jener Spannkraft, die Müdigkeit und alle sonst vielleicht verzeihlichen
und berechtigten Wünsche vergessen läfst, aus diesen Blattern dem Leser
bemerkbar werden und in ihn übergehen möge.
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XV
Und ich habe auch sonst das Recht, zufrieden und dankbar zu sein,
einmal dafs ich einen kühnen und hochsinnigen Verleger in Herrn Dr. Thost,
dem Chef der Firma Gebrüder Borntraeger, gefunden habe, der das Work
übernommen und den vorliegenden ersten Band mit allem nur denkbaren
und von mir erwünschten Komfort ausgestattet hat, in meinem Vater einen
liebenswürdigen Mitarbeiter (vergh Kap. 7, Teil I und Karte No. XXI) und
bei meinen Kollegen an den verschiedenen Museen des In- imd Auslandes
Teilnahme und Förderung. •
Es ist mir auch ein Bedürfnis, an dieser Stelle für die Beweise des
regen Interesses nach dem Erscheinen der Publikationen bei Petermann
und in der Zeitschrift für Erdkunde — der ich auch das Kartenblatt 4
entnehmen durfte — meinen Dank auszusprechen. Sie werden mir ein
Ansporn sein, auf dem eingeschlagenen Wege weiterzugehen.
Ich schliefse mit einem Gesuche. Zumal im Gebiete des Kongostaates
ist nunmehr die malajonigritische Kultur nachgewiesen. Damit wird eine
Untersuchung der Völker dieses Gebietes eine um so wichtigere und inter-
essantere Sache. Mögen darum diese Blätter dazu beitragen, jenen arg
vernachlässigten Stämmen ein eingehenderes Studium am Orte zu teil
werden zu lassen, als sie bis jetzt erfahren haben. In gewaltigem Auf-
blühen wachst das Riesenwerk des Kongostaates empor. So ging schon
Westafrika dem Studium verloren. Daher ist Eile geboten. Es wird nicht
lange dauern, so sind auch hier nur noch Bruchstücke zu retten, Fragmente
der malajonigritischen Kultur in Afrika.
Gohlis bei Leipzig, IC. Juli 1898.
L. Frobenius.
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Inhalts-Übersicht,
Seite
Programm vii
Inhalts -Übersicht xvn
I. Einführung In die Kulturlehre.
1. Die Kulturlehre 3
Die naturwissenschaftlich«' Behandlung der Kulturen 3
Venvandtschaftsbeweise 5
Di» UnttTSUchuii^sniateriali' !)
-. Morphologische Betracht ti n g 13
Die Achsen , . , , , , , , : : , : : , : : , , Li
Die Merkmale des morphologischen Baues 10
II. Anatomische Untersuchung des afrikanischen Kulturbesitzes.
3. Die afrikanischen Schilde . s , , , , t , , : , . , , . , 23
a) Die Ffllschihto 23
b) Die ledernen Runds» hilde 30
c) Die Stockschilde 33
Beziehung zwischen Stock- und Fellschild 35
d) Die Rohrschilde 38
e) Die Holzschilde 46
Beziehung zwischen Holz- und Korbschild 48
Übersicht der Schildformcn Afrikas . , , , , , , , , , , 53
Systematik 50
1, V c i m' Ii i c d o n o a i r i k a n i s r Ii e \X a f f >• n . . . . . . . , . . , , hl
I. Die afrikanischen Bogen 38
a) Dio sud- und ostafrikanischen Bogon ÖS
l'i Die nordafnkarusfhen D^n 00
>') Die weMafrikanischen B'^eh 03
Der malajonigritische Ursprung der westafrikanischen Bogen -
fn r ni'' n ■ . . . , . . . . . . . . . . . . . M
Übersicht der Bogenformen Afrikas 78
Systematik 80
— s
b
— xvm —
Sülle
IT. Die afrikanischen Messer , . . . . , . . . . , , . , s £1
a) Dio Messer Süd- und Ostafrikas 82
b) Die Messer und Scbworter Nordafrikas 84
1. Die geraden Schwortor und Schwertmesser 85
2. Die Säbel und Sähelmesser ft7
3. Die Stilette und Dolche. , , . , , , , , « , , 81
c) Die Messer Westafrikas 89
1. Symmetrische und gerade Messer aus Westafrika ... 90
2. Asymmetrische, und ungerado Messor aus Westafrika . 07
III. Dio afrikanischen Wurfkeulen. Wurfhölzer, Wurfmesser .... 1 <" K>
a) Die afrikanischen Wurfkeulen 100
b) Die afrikanischen Wurfhölzer 102
c) Die afrikanischen Wurfmesser 103
Wurfholz, Blattkeule, Messer 109
Anhang: Die geographische Beziehung der Messerformen . . . 109
Systematik 111
IV. Schlufs . , , , , , , , , , , . , , . . . . . . , . 112
teile 112
Speere, Pfeile. Schleudern etc 11 'i
, r ). Die afrikanischen Saiten- und andere Musikinstruinente . . . IIS
a) Die süd- und ostafrikanischen Saitcninstninionte 119
b) Die uordafrikanischen Saiteninstrumente 126
1 Tim Vmlirm 12?
2. Pin Giiitarrn 128
3. Difl Kahulm 133
c) Die westafrikanischen Saiteninstrumente 135
1. Die FtAmhiis -TjtntP 135
2. Die Tangola 137
3. Die Samhi . . . . , , , , , , , s : .. , , 137
4. Die Mandingo- und Kru- Laute 139
f). Die Kinanda . . . . . . . . . . : s , , , . 140
G. Die ögowe-Ciuitarre 142
7. Die Aschaiiti-Ouitarre . . = s . « . , : , . t 1_J2
Die entwickhmgsgescbichtlichen Beziehungen der we st afrikanischen
Saiteninstrument» . , . , . . , . . , , , s : . = 14_3
Übersicht der Saiteninstrumente Afrikas 147
Systematik 14m
Anhang über verschiedene afrikanische Musikinstrumente . . . 149
Ii. Die afrikanischen Trommeln und Jlulzpauken ir>2
I. Die Felltrommeln , . . , , = , , : : = ; .. : ; : : : Uli
Ai Berichte über afrikanische Felltrommeln 132
B) Entwicklungsgeschichtlicho Betrachtung dvT afrikanischen Fell -
trommeln . , , , , , . . . . . . . . . . . : : 160
a) SchamanentrommeU Kesselpauke, thünerne Standtrommel 160
b) Sanduhientromüiel 161
— xix —
c) Topftrommel 164
d) Mörsertrommel . 106
e) Abgeflachte Formen, Spannungsweise etc 16S
f) Trommelfell uud Ursprung der Felltromniel 170
C) i berblick der Formen der Felltrommeln 172
II. Die flolzpauke 173
a) Berichte über die afrikanischen Holzpauken ]73
b) Die Trommelsprache 179
c) Die Siiimba (Sing. Marimba) 183
d) Entwicklung und Verwandtschaft der Holzpauken . . . 186
Systematik 193
7. Die afrikanischen Hütten und verschiedene Geräte . . . . . IM
I. Deschreibend -anatomische Betrachtung der Hütten von H. Frobenius 195
A) Die Baustile Südafrikas 195
1. Die Kugelhütte 197
2. Die Kegelhütte 204
B) Die Baustile Nordafrikas 212
1. Die Erdbanten 213
2. Die Kegelhutten 221
C) Die Gioboldachhütten Westafrikas 225
II. Verbreitung und Verwandtschaft der Hütten 229
Systematik 235
k
III. Anhang über verschiedene afrikanische Geräte 230
Stühle, Kopf- und Nackenstützen 230
Gefäfso . . . , . , . . . . , , , , , , , , 231
Rauchgerät 23$
III. Physiologische Untersuchung: des afrikanischen Kulturbesitzes.
8. Die Ergebnisse der anatomischen Untersuchung 245
Vergleich der morphologischen und anatomischen Gestaltung . . 245
Die Gesetzmäfsigkeit des anatomischen Baues ....... 248
Der Unterschied im physiologischen Bau der Kulturen .... 252
9. Die physiologische Bedeutung des Bodens 255
Die zwei Arten der Fortpflanzung 255
Kontiuentalknlturen 257
Insularkulturen 257
Merkmale der Insel- und Fischerknlturen . . , , , , 2ä8
Die Entstehungsgeschichte des Schwiniiolzes 250
Hausbau um! Verkehrsmittel der Insularen . . . . . . 2Jil
10. Die physiologische Bedeutung des Materials. Knlturformen und
Kulturzeite n , , . . . . , , . . . . . , . , . . , , , 'Ml
Materialgerechte Entstehungsgeschichte 269
Ursprung der Felltnunim-I 27"
Ursprung der Feuerzeuge 271
Ursprung des Rauchens und der Tabakspfeifen 273
Ursprung der Saiteuinstrumente aus Bambus etc 274
Urgeschichte der Waffen 275
XX
Sf.iI,-
Stein, Hulz, Strick 27.'.
Schleuder, Wcrfbrctt, Blaserohr 277
Speer, Heil 2s<">
Bogen 2S1
Die Materialvergeudung als physiologisches Merkmal 283
KültuiY.L'iti'n und Kult Urformen. . . . . . . . . . . HÜ
Abgrenzung der Materialverwendung 285
Kell und Leder, Jagd und Viehzucht [asiatisch) .... 2'.*)
Bambus . Raphia und Holz (nigritiseb und malajohigritisch) 292
Die Rohruraprungsmythe in Afrika und Oeeanien 293
11. Vom Ursprung der afrikanischen Kulturen 298
Die afrikanischen Kulturformen und dm Afritanftr. D er Mensch
als Träger der Kultur 298
Das Museurosmaterial. Der Wert der ethnographischen Samm -
lungen. Sammeln und Ordnen pOl
Anbau?.
12. We ltanschauung und Kunst . . 3<0
Entwicklungsgeschichte der Weltanschauung 305
EntwieklungSL'cx'hichte der Kunst 3u7
Die afrikanische Weltanschauung 311
Manistiscb6 Orundzügo 313
Animal istische Grundzüge 314
Lunare und solare Grundzüge 318
Solare und kosmogonisebe Mython 321
Die mala jonigri tischen Verwandtschaftszügo 325
Das geographische und das Verwandtschaftsproblem . . . 325
Die Menschenfigur etc 327
Dip Mnsknn 33»
Der Kamcrunor Schiffsschnabel , , , , , , , „ , , 332
Der Gegensatz der Formen und des Gehaltes im Osten und Westen 33S
Tracht und Tatrnwiemn^ Xi'.t
Anmerkung zu den Karten 341
Sach- und Xamen Verzeichnis 343
— XXI —
Tabellarische Übersichten.
Soito
A. Systematik der Schilde 50
Systematik der Bogen 80
Systematik der Holzwurfwaffen etc. und Messer 111
Systematik der Saiteninstrumente 148
Systematik der Trommeln und Holzpauken etc 193
Systematik der Hütten 235
B. Tabelle I. Die afrikanischen Kulturen 250,251
Tabelle II. Übersicht der Verwendung der verschiedenen Stoffe . . . 201
Tabelle III. Entwicklung der Weltanschauung und Kunst 310
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— XXII —
Die Kartenbeilagen (vergi. auch s. 341.)
Kartenblatt 1. No. I. Verbreitungsgebiet des afrikanischen Fell- und de« nigri-
tischen Stockschildes.
No. II. Verbreitungsgebiet des asiatischen Lederschildes.
No. III. Verbreitungsgebiet des malajonigritischen Bohrschildes.
No. IV. Verbreitungsgebiet des malajonigritischen Holzschildes.
No. V. Verbreitungsgebiet der Schilde Afrikas.
No. VI. Verbreitungsgebiet der Trachten Afrikas.
No. VII. Verbreitungsgebiet der malajonigritischen Bogen.
No. VIII. Verbreitungsgebiet des malajonigritischen Hauses (vergl.
Kartenblatt 3).
No. IX. Verbreitungsgebiet der Masken (vergl. Kartenblatt 5).
No. X. Darstellung des malajonigritischen Kulturkreises in Über-
druckkarte.
Kartenblatt 2. No. XI. Verbreitungsgebiet der geschnitzten Menschenfiguren.
No. XII. Verbreitungsgebiet der malajonigritischen Pfeifen.
No. XIII. Verbreitungsgebiet der malajonigritischen Tättowicrung.
No. XIV. Verbreitungsgebiet der malajonigritischen Schmucke.
No. XV. Darstellung des malajonigritischen Kulturkreises in Über-
druckkarte.
No. XVI. Verbreitungsgebiet der malajonigritischen Saiteninstru-
mente.
No. XVII. Verbreitungsgebiet der malajonigritischen Holzpauken.
No. XVllI. Verbreitungsgebiet der Marimba.
No. XIX. Verbreitungsgebiet der Messer malajonigritischer Ab-
stammung.
No. XX. Darstellung des malajonigritischen Kulturkreises in Über-
druckkarte.
Kartenblatt 3. No. XXI. Die Baustile Afrikas (von H. Frobenius).
Kartenblatt 4. No. XXII. Verbreitung der asiatischen und nigritischen Kultur-
merkmale.
No. XXIÜ. Verbreitung der indischen und malajonigritischen Kultur-
merkroale.
No. XXIV. Der Ursprung der afrikanischen Kulturen.
No. XXV. Verbreitung der Bananen, Hirsearten, Viehzucht.
Kartenblatt 5. No. XXVI. Verbreitung und Entwicklungsgeschichte der Masken.
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XXIII
Die Tafeln.
Gegenüber
Seite
Tafel I. Mit Leder überzogener Bogen aus Salaga (das Endo etwa in
Vx nat Gröfee) 64
Tafel II. Indischer Bogen (das Ende von der Seite und von innen und
der Einsatz der Sehne in die Baumwollschnur in etwa
V, nat Gröfee) 76
Tafel TU. Musikbande des Häuptlings von Abetifi 168
Tafel IV. Trommeln auf den Neuhebriden 192
Tafel V. Enthauptung bei den Bangala am Kongo 282
Tafel VI. Buschmannsgemälde (Original von Mr. Stowe copiert) .... 304
Tafel VII. Tempel des Schango aus Yoruba 320
Tafel VIII. Kameruner Schiffsschnäbel 336
No. 1 im Grofeherzogl. Museum in Darmstadt; a) das Quer-
brett.
No. 2 im Leipziger Museum für Völkerkunde.
No. 3 und 4 nach Originalphotographie.
(Erklärung zu den Zahlen auf den Federzeichnungen siehe
S. 336 Anmerkung.)
Tafel IX. Herstellung der Trauergewänder in Aschanti 340
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— XXIV
Verzeichnis der Text-Illustrationen.
^gur
Sei*
1.
Die Lage Afrikas. (Die Ökumene, d. h. bewohnte Erde ist nach Fr. Ratzel
15
2.
10
3.
25
4.
25
5.
25
G.
Schuli -Schild (Privat -Sammlung)
25
(.
31
8.
Schild der Laugo, vou vorn und von der Seite ca. 1 \ nat. Gröfse (Museum
für Völkerkunde in Leipzig — Sammlung Emiu Paschas) . . .
32
9.
Reiter mit Rundschild aus dem Togogebiet (nach Skizze von Kling) . .
33
10.
34
11.
Stockscbild dor Moudu (Ethnographisches Museum in "\Vion) ....
34
12.
Stockschild der Waschaschi und anderer Ostafrikauer ( Museum für Volker-
34
13.
Stockschild (Marsa) aus Australien, ca. V s nat. Gröfse. (Im Besitzo des
38
14.
Innenseite eines Schildes von den Stanleyfallon (Museum für Völker-
41
15.
41
16.
44
17.
4<;
IS.
Schild der "Wakarra (nach Originalphotographic)
40
19.
Schild der Babusesse am oberen Aruwimi. von innen (nach Stanley)
49
20 a.
Schild aus Wcstaustralieu , vou innen ( Britisches Museum in London) .
49
20 b.
49
21.
Schild von der Astrolabo - Bai . Neuguinea (Museum für Völkerkunde in
50
22.
Schild vou der Hood-Bai, Neuguinea (Museum für Völkorkundo in
51
23.
Schild von Hatzfeldhafen, Neuguinea (Museum für Völkerkunde in Berlin)
51
21.
Schild von den Salomonen (Museuni für Völkerkunde in Leipzig); a) der
52
25.
Bogen aus dem Zwischenseengebiet, Karague (Sammlung Kollmann im
Museum für Völkerkunde in Leipzig); unten der Querschnitt . .
59
20.
Bogen der Diuka am Nil (Museum für Völkerkunde in Leipzig); unten
01
27.
Uaufsabogen aus dem Norden von Aschanti (im Besitze des Verfassers)
der Bogen in ca. 1 ' 1S . die andern Teile in ca. % der nat. Gröfse;
a) Aufsenseite; b) Innen- (Sehnen -) Seite; d, c) das Oberende,
02
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XXV
Fi«ur Soite
28. Somalibogen (im Besitze des Freiherrn von Schrenk-Nostiz); unten der
Querschnitt 62
29. Bogen aus dem Hinterlande der Goldküste (Sammlung Steiner im Museum
für Völkerkunde in Leipzig); a) Aufeenseite; b) Innen -(Sehnen-)
Seite; c) der Bogen in ca. Vi» der Gröfee; d) das Oberende
in ca. */j der nat. Gröfee; o) das Ende unten mit abgenommener
Kugel in ca. '/» der nat - Gröfee; f) der Querschnitt der Mitte in
ca. % der nat Gröfee 07
30. Bogen aus Station Djabir, aus Ländern südlich des Uollo stammend (im
Besitze des Verfassers); a) Aufsenseite; b) Innen -(Sehnen-) Seite;
c) der Bogen in ca. */„ der nat. Gröfee; d) Oberende in ca. */»
der nat. Gröfee; eundf) Querschnitt des Bogenstabes 68
31. Bogen vom Kassai (Sammlung Wolf im Museum für Völkerkunde in
Leipzig); a) Aufeenseite; b) Innen -(Sehnen-) Seite; c) der Bogen
in ca. Vta der nat. Gröfee; d) das Ober- und e) das Unterendo in
ca. */i der nat. Gröfee; f und g) Querschnitte 68
32. Bogen, angeblich von der Loangoküste stammend (Museum für Völker-
kunde in Leipzig); a) der Bogen in ca. Via der nat. Grösse;
b) Querschnitt der Mitte; c und d) Ober- und Uuterende in ca. Va
der nat. Gröfse; e und f) Querschnitte der Sehne 71
33. Bogen der Jakka oder Majakalla am Kuango (Sammlung Kongostaat im
Museum für Völkerkunde in Leipzig); a) Aufeenseite; b) Innen -
(Sehneu-) Seite; c) der Bogen in ca. \, s der nat. Gröfee; d) ein
Ende in ca. */s der nat. Gröfee; o) der Querschnitt des Bogen-
stabes in ca. * 8 der uat. Gröfee 74
34. Bogen aus Kaiser Wilhelmsland (Museum für Völkerkunde in Leipzig);
a) Aufeenseite; b) Innen -(Sehnen-) Seite; c und d) ein Ende von
aufsen und dor Seite; e) der Querschnitt; alles etwa in % der
nat. Gröfee 74
35. Bogen , auf dor Station Rafai erworben (Sammlung Kongostaat im Museum
für Völkerkunde in Leipzig); a) Aufeenseite; b) Innen -(Sehnen-)
Seite; c) der Bogen in ca. 1 JS der nat. Gröfee; d) ein Ende mit
zurückgeschlagener Fellbekleidung in ca. V s der nat. Gröfee; e) die
Sehuenschlcife; f, g) der Knoten (und dessen Längsdurchschuitt)
in der Sehnenschleife; h) Querschnitt des Bogenstabes .... 75
36. Bogen aus Neuguinea (Museum für Völkerkunde in Leipzig); a und b) ein
Endo von aufeen und von der Seite in ca. % der nat. Gröfee;
c) das andere Ende mit den Pseudosehnen und der Querschnitt
(d) iu ca. Vi der nat. Gröfse 76
37. Bogen aus dem Mac -Cluor- Golf auf Neuguinea (Museum für Völker-
kunde in Leipzig); a) wahrscheinlich Innen -(Sehnen-) Seite; b) wohl
Aufsenseite; c) der Bogen in ca. V,, nat. Gröfee; d, e) Endo in
ca. V» der nat Gröfee. Die Sehne seheint nach der falschen
Seite befestigt, f, g) Querschnitte 77
38. Messer der Ovambo mit Scheide (im Besitze des Verfassers) .... 83
39. Schwert aus Darfor (Ethnographisches Museum in Basel) 85
40. Spannmesser aus Borgu (Ethnographisches Reichsmuseum iu Leideu) HS
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XXVI —
Figur Seit»
41a. Speer der Basoko (Weltausstellung io Antwerpen 1894) 91
41b. Ruder der Bonjo (nach Jean Dybowski) 91
42. Eisengold, Ruderblatt und 8]>eerklinge von den Stanley fällen (Sammlung
Kongostaat im Museum für Völkerkunde in Leipzig); wenig über
V», der nat Gröfse 91
43 a und b. Die beiden Klingen an einem Speer der Baschobe (Museum für
Völkerkunde in Berlin) 92
44. Ruder vom mittleren Kongo (Weltausstellung in Antwerpen 1894) . . 92
45 a. Hoheitszeichen in Ruderform von der Savage- Insel (Museum für Völker-
kunde in Leipzig) 92
45. Messer der Bakumu (Sammlung Langheld im Museum für Völkerkunde
in Berlin) 93
46. Messer vom Mongalla (Ethnographisches Reichsmuseum in Leiden) . . 93
47. Messer der Baluba? oder-Bateke (Museum für Völkerkunde in Berlin) . 93
48. Messer vom Sanga (Ethnographisches Reichsmuseum in Leidon) ... 93
49. Messer der Baluba (Museum für Völkerkunde in Berlin) 93
50. Messer vom Sankurru (Museum für Völkerkunde in Berlin) 93
51. Messer dor Wakussu (Ethnographisches Reichmuseum in Leiden) ... 93
52. Klinge eines Messers aus Bihe (Museum im Zoologischen Garten in
Amsterdam) 93
53. Holzmesser vom Kassai (Museum für Völkerkunde in Berlin) .... 95
54. Holzmesser vom Kassai (Weltausstellung in Antwerpen 1894) .... 95
55. Messer vom Sanga (Museum im Zoologischen Garten in Rotterdam) . . 97
56. Messer der Mangbattu (Stadtisches Museum in Frankfurt) 97
57. Messer aus dem Ogowe- Gabun -Gebiet (Museum für Völkerkunde in
Berlin) 97
58. Enthauptungsmesser aus Dahome (Museum im Yachtklub in Rotterdam) 97
59. Messer aus dem nördlichen Kongogebiot (Ethnographisches Reicbsmuseum
in Leiden) 97
60. Sceptermesser der Pharaonen (nach Robert Hartmann) 97
61. Messer vom Sanga (Ethnographisches Reichsmuseum in Leiden) ... 97
62. Messer vom Kongoflufs (Museum im Yachtklub in Rotterdam) .... 97
63. Messer vom Sanga (Ethnographisches Reichsmuseum in Leiden) ... 98
64. Messer vom Kongo (Ethnographisches Reichsmuseum in Leiden) ... 98
65. Messer vom mittleren Kongo (im Besitze des Verfassers) 98
66. Messer der Yangere (Sammlung Flegel im Museum für Völkerkunde in
Berlin) 98
67. Holzkeule vom oberen Tschuapa (Museum für Völkerkunde in Berlin) . 99
68. Holzkeule der Imballa (Museum für Völkerkunde in Berlin) 99
69. Holzkeule der Kanioka (Musoum für Völkerkunde in Berlin) .... 99
70. Holzwaffo aus Westafrika (Ethnographisches Keichsmuseum in Leiden) . 99
71. Keule von den Salomonen (Sammlung Godeffroy im Museum für Völker-
kunde in Leipzig) 99
72 a. Wurfholz aus Darfor (Ethnographisches Museum in Wien) 103
72 b. Altagyptiscbes Wurfholz (Ägyptologisches Museum in Berlin) .... 103
73. Dio Entwicklung der Wurfeisenklingen (nach H. Schultz) 104
74. Wurfmesser der Musgu (nach H. Barth) 105
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— XXVII —
F.yur Seite
75. Warfmesser der Ftindj (Museum auf der Chrischona) 105
76. Wurfmesser der Musgu (nach H. Barth) 105
77. Wurfmesser aus Adamaua (Sammlung Flegel im Museum für Völker-
kunde in Berlin) 105
78. Wurfmesser als Geld vom oberen Mongwandi (Ethnographisches Reichs-
museum in Leiden) 106
79. Wurfmesser vom Stanley - Pool (Ethnographisches Museum im Zoologischen
Garten in Amsterdam) 106
80. Wurfmesser der Fan (Museum für Völkerkunde in Leipzig) 106
81. Hölzernes Messer vom Kassai (Weltausstellung in Antwerpen 1894) . . 106
82. Messer vom Kassai (Museum für Völkerkunde in Berlin) 106
83. Messer vom Kassai (Museum für Völkerkunde in Berlin) 106
84. Messer der Bena-Lussambo (Museum für Völkerkunde in Berlin). . . 106
85. Axtklinge von Chiloango (Museum im Zoologischen Garten in Amsterdam) 106
86. Streitaxt der Manjema (Museum für Völkerkunde in Berlin) 113
87. Streitaxt aus Dahome (Museum für Völkerkunde in Bremen) . . . . 113
88. Streitaxt der Mosi (Ethnographisches Reichsmuseum in Leiden) . . . 113
89. Streitaxt der Bassonge (Museum für Völkerkunde in Leipzig) . . . . 113
90. Streitaxt der Kioke (Museum für Völkerkunde in Berlin) 114
91a bis c Die Biegung dreier Axtstiele vom Ogowe (Museum für Völkerkunde
in Leipzig) .... 114
92. Eisenklinge eines Kioke -Beiles (Weltausstellung in Antwerpen 1894) . 115
93. Steinbeilklinge aus Nouhannovor (Museum für Völkerkunde in Leipzig) . 115
94. Instrument zum Schaben der Kokosnüsse mit Muschelklinge aus Neu-
mecklenburg (Sammlung Godeffroy im Museum für Völkerkunde
in Leipzig) 115
95. Drei hölzerne Schlachtäxte aus Jikuku (nach Originalzeiobnung von
Hauptmann Kling) 115
96 Waffe oder Kultusgerät der Bube aus Holz (Museum für Völkerkunde
in Leipzig) 116
97 a. Die Gora blasender Hottentotte (nach Peter Kolben) 121
97 b. Gora der Hottentotten (nach P. Kolben); c) Saite mit Federkiel (nach Wood) 121
98a. Guboschlager der Basuto (nach Casalis) 122
98 b. Handhabung der Gubo bei den Bangala (nach Capello und Ivens) ... 122
99. Zeze aus Ugogo (Historisches Museum in Born) 124
100. Tangola spielende Frau von der Blanche -Bai auf Neupommern (nach
0. Finsch) 125
101. Abessynische Geige (Sammlung Krapf im Baseler Missionsmuseum) . . 127
102. Guitarre der Waganda (Museum für Völkorkunde in Leipzig) .... 130
103. Guitarre aus dem Gabun -Gebiet (Museum für Völkerkunde in Leipzig) 131
104. Sanko, Guitarre der Aschanti (Britisches Museum in London) .... 133
105. Nubische Rababa (Ethnographisches Museum in Base!) 134
106a. Ein die Bambuslaute spielender Muteke (nach Guiral) 130
106 b. Bambuslaute ohne Resonanzboden (Museum für Völkerkunde in Leipzig) 136
106 c. Bambuslaute mit Resonanzboden (Museum für Völkerkunde in Bremen) 136
107. Sambi der Mussorongo (Museum für Völkerkunde in Bremen); a) der
Stimmring 137
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— XXV IU —
Seite
108a. Ein die taute spielender Maodingo in Tcngrera (nach Binger) .... 139
108b. Eine Krulaute. in Banana erworben (Museum für Völkerkunde in Bremen) 139
100. Saiteninstrument der Walegga (nach Stanley) 141
110. Saiteninstrument der "Walegga (nach Stanley) 141
111. Saiteninstrument von der Goldküste (nach Barbot) 141
112. Kinanda aus Usangu (Sammlung Schuler im Museum für .Völkerkunde
in Leipzig) 141
113a. Bambuslauto der Sakalava auf Madagaskar (Museum für Völkerkunde in
Leipzig) 144
113b. Bambuslaute von den Nikobaren (Museum für Völkerkunde in Leipzig) 144
114. Doppelflöte, der Yauudo (Museum für Völkerkunde in Leipzig) .... 150
115a. Blasekugel, Musikinstrument aus Neupommern (nach Otto Finsch) . . 150
115b. Blasekugel (Fruchtschale) von der Westküste Afrikas (Museum für
Völkerkunde in Leipzig) 150
115c. Blasekugel (Thon) von der Loangoküsto (Museum für Völkerkunde in
Leipzig) 150
115d. Blasekugcl (Fruchtschale) von der Westküste Afrikas (Museum für Völker-
kunde in Leipzig) 150
116. Negor mit der Tanztrommol N'dungo; Loaugo (nach Üriginalphotographie) 150
117. Thönerno Standtrommel aus der Stadt Fees, Marokko (Museum für
Völkerkunde in Berlin» 101
115. Trommel der Wabundale (Museum für Völkerkunde in Leipzig» ... 102
119. Trommel nicht mohammedanischer Stämme im naufsagebiet ( Historisches
Museum in Bern) 162
119a. Trommelschläge! aus dem Togogebiet (nach Originalzcichnung von Haupt-
mann Kling» 162
120. Trommel der Marutse (nach Emil Holub, ohne die Ornamente» ... 162
J 2 1 . Scbädeltrommel aus Tibet von 2 Seiten ( Ethnographisches Museum iu Basel » 1 63
122. Trommel vom Sankuru mit Rotangspannung (Museum für Völkerkunde
in Leipzig) 165
123. Hölzerne Trommel dor Somal (Museum für Völkerkunde in Leipzig) 165
124. „Dulban", Holzmörser als Trommel; Somal (Museum für Völkerkunde
in Leipzig) 167
125. Trommel aus dem südlichen Kamerun (Museum für Völkerkunde in
Leipzig) 169
126. Schinguwo- Schläger der Westkalunda (nach Wifsmanu- Wulf» .... 175
127. Schinguwo aus dem Katangagebiet (in einer Privatsammlung), n) die
Überseite derselben, unten die beiden Schlage! mit üummiknöpfen 175
128. Holzpauko vom mittleren Kongo (in einer Privatsammlung) 176
129. Holzpauke der Kalunda Cazembes (nach üamitto) 171!
130. Holzpauke der Dualla (im Besitze des Verfassers) 176
131. Holzpauke von der Ixjangoküste (nach einer Üriginalphotographie) . . 17<>
132. Holzpauke der Wabujwe (nach Cameron) 17(»
133. Holzpauke vom unteren Ubangi (nach Dyb'.wski.» 176
134. Holzpauke der A - Sande (nach Schweinfurth» 17(5
135. Dualla bei der Trommel -Unterhaltung (nach üriginalphotographie) . . 180
136. Marimba spielender Neger aus Salaga (nach üriginalphotographie) . . 185
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— XXIX —
Figur Seito
137. Timbuk- oder Angaramutscblfiger von der Blanche-Bai auf Neupommern
(nach 0. Finscb) 186
138. Holzinstrument von Hinterindion; Burma (Museum für Völkerkunde in
Leipzig) 187
139. Trommler aus Pare (nach Oskar Baumann) 189
140. Holzpauke von Neupommern (nach Parkinson) 190
141. Holzpauke der Baluba (nach Cameron) 190
142. Holzpauke von den Horvey (Museum für Vülkerkundo in Leipzig) . . 191
143a und b. Hütte der Zulu (nach Fritsch und anderen) 196
144 a und b. Hütte der Barotse (nach E. Holub) 198
145a und b. Hütte der Massongo (nach P. Pogge) 198
146a und b. Hütto der Kalunda (nach P. Pogge) 199
147. Hütte der Waganda (nach Speke) 200
148a und b. Hütte bei Undussuma (nach Stuhlmann) 201
149. Hütto der Baluba bei Russuna (nach Cameron) 203
150. Hütto der Tupende (nach Wifsmann) 204
151a bis c. Hütte der Barotse (nach E. Holub) 205
152. Hütte der Konde (nach Wangemann) 206
153. Tembo (nach Stuhlmann) 207
154. Hütten der Ambuella (nach Serpa Pinto) 208
155. Hütte der Bihe (nach Cameron) 208
156. Hütte der Ganguella (nach Serpa Pinto) 208
157a bis c. Hütte der Barotse (nach E Holub) . 210
158a bis c. Hütte der Betschuana (nach G. Fritsch) 211
159. Hütto der Bobo-Fing (nach Binger) 213
160. Hütte der Dohasie (nach Biuger) 213
161. Hütte der Bobo-Diula (nach Binger) 213
162. Hütto der Bammana (nach Binger) 213
163. Moschee in Lokhignile (nach Binger) 214
164. Moschee in Sorobango (nach Binger) 214
165. Haus in Tirabuktu (nach H. Barth) 215
166. Bau der Ketere - Ketere (nach Originalmittoilung von Gruner) . . . . 216
167. Bau der Ketere-Ketere (nach Originalmitteilung von Gruner) .... 216
168. Haus in Jauri (nach R. Flegel) 217
169. Haus in Jauri (nach R. Flegel) 217
170. Haus in Djega (nach R. Flegel) 217
171. Hütte der Mussgu (uach n. Barth) 218
172. Hütte der Mussgu (nach H. Barth) 218
173. Häuser der Makari (nach Nachtigal) 219
174. Gerüst einer A-Sande-Hütto (nach Junker) 222
175. Hütte der Mangbattu (nach Georg Schweinfurth) 225
176. Halle der Mangbattu in 1 : 500 (nach Georg Schweinfurth) 225
177. Hütto der Bakongo (nach dem Congo illustre) 226
178. Hütte der Bakongo (nach Oskar Baumann) 226
179. Halle der Marundscha (nach Oskar Baumann) 226
180. Hütte der Bascbilange: zwei Wände im Holzgerüst ohuo Borken- und
Lehmbekleidung (nach Pogges Tagebuch; 227
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Figur Seite
181. Hütte der Bali ohne Grasdeckung des Daches und Lehmbewurf der
Wände (nach Zintgraffs Schilderung) 227
182. Giebelschnitt einer Baluihütte (nach Jean Dybowski)); a) das tektonische
Gerippe dieses Stiles 232
183. „Barla" mit Menschenschädeln: Trophäe in Bunkeia, Katanga (nach Stairs) 233
184. Dorfanlage der Manjema (nach Cameron) 234
185. Dorf der Baschilange mit Fremden- und Beratungshalle (nach Wilsmann) 234
186. Ägyptischer Korb aus dem neuen Reiche (Ägyptologisches Museum in
Berlin) 237
187. Korb der Baschilange (Sammlung Kongostaat im Museum für Völker-
kunde in Leipzig); a) das Flechtmuster; b) oberer runder Rand;
c) der viereckige Boden 237
188. Holzgefafs von don Salomonen (nach Edge Partingtoo) 238
189. Neger aus der Flinte rauchend (nach Glave) 239
190. Aus dem Erdofen rauchender Südafrikaner (nach E. Holub) 239
191. Bambuspfeifo (Baubau) aus Neuguinea (nach Sehmeltz) 240
192. Baubau mit Thoneinsatz (nach Chalmera und Gill) 240
193. Tabakspfeife aus einer Bananenrippe vom oberen Ituri (nach Stuhlmann) 240
194. Holzpfeife vom Njassa (Museum für Völkerkunde in Leipzig) .... 240
195. Tabakspfeife mit Tbonkopf vom oberen Ituri (nach Stanley) .... 240
19(5. Gruppe aus dem Barlumzuge (rekonstruiert nach Schellong) 261
197. Innerafrikanischor Ohr- und Brustschmuck (nach Stuhlmann) .... 262
198. Brustschmuck von Neuguinea (nach 0. Finsch) 262
199. Muschelschmuck der Kalunda (nach Livingstone) 262
200. Muschelschmuck von Neuguinea (nach Schmeltz) 262
201. Vorderseite oines Pfahlhauses in Kaire, Süd - Neuguinea (nach 0. Finsch) 2<U
202. Hütte der Wabuma-Bangula mit Fensterthür (nach Bateman) .... 2*>5
203. Hütte der Bangodi mit Fensterthür (nach Wifsmann- Wolf) 265
204. Hütten der Ambuella (nach Sorpa Pinto) 26«»
205. Pfahlhütte der BaJuba im See Mohrya (nach Cameron) 267
206. Pfahlhütto der Balolo am oberen Lulongo (nach v. Franeois) .... 267
207. Feuerzeug aus dem Kongogebiet; die Bobrmethode mach Originalskizze
von J. Rose) 271
208. Feuerzeug aus dorn Kongogebiot; die Schleifmethode (nach < »riginalekizze
von J. Rose) 271
209. Feuerzeug aus dem Kongogebiot; die Sagemethodo (nach Originalskizzo
von J. Kose) 271
210. Wurfbrett aus Deutsch- Neuguinea (Museum für Völkerkunde in Leipzig) 277
211. Uaudhabung der Wurfbrettes (nach v. Luchan) 277
212. Speerwerfer aus dem Kongogebiet (rekonstruiert uach Junker und Angaben
von J. Rose) 27i>
213. Schilfpfeil von den Salomonen (im Besitze des Verfassers) ..... 281
L'14. Pfeil vom Lomami mit Blattbetiederung (im Besitze des Verfassers) . . 281
215. Armband aus Geflecht mit Muschel- und Perleusehmuck vom Sankurru
(Sammlung Kongostaat im Museum für Völkerkunde in Leipzig) . 286
216. Menschoufigur aus Yoruba oder von der Nigermündung (Missionsmuseum
iu Basel) 32S
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XXXI
Figur
Seito
217. Brett mit Schnitzerei; „Fetisch" der Bangala (Sammlung Schutt im
Museum für Völkerkunde in Berta), a) ein Vogelbild; Kioke-
schnitzerei (Ethnographisches Museum in Dresden) 329
218. Tempel bei Banana am Kongo (nach Originalphotograpbie) 330
219. Knjalan, Schnitzerei der Dajak auf Borneo (Ethnographisches Museum
220. Kameruner Schiffsschnabel (Museum für Völkerkunde in Hamburg) . . 334
221. Kameruner Schiffsschnabel (Ethnographisches Museum im Trocadero in
in Wien)
334
222. Tättowierter Muschilange (nach Max Buchner) ....
223. Tättowierter Muschilange (nach Max Buchner) ....
224. Tupai Kupa, ein tättowierter Maori von Neuseelaod . .
225. Tupai Kupas Tätowierung (nach seiner eigenen Zeichnung)
Paris)
335
338
338
339
339
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Einführung in die Kulturlehre.
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1. Die Kulturlehre.
Es erscheint fraglich, ob man den Charakter des derzeitigen mensch-
lichen Forschens vorzüglich historisch oder ausgezeichnet ittturwissenschaftlich
nennen soll. Angenommen das Wort „historisch" sei bezeichnender, so ist
doch immerhin zu bedenken , dass die geschichtliche Auffassimg unserer Zeit
l>edeutend abweicht von der anderer Epochen des Nachsinnens und Betrachtens.
Entwicklungsgeschichte statt Geschichte wäre vielerorts richtiger und wesent-
licher ausgedrückt. Denn wir beachten weniger die Glieder der Ketten als
die Übergänge und Verbindungen derselben und das ebenso in der Geschichte
der Menschheit wie in der Geschichte des organischen und anorganischen
Daseins und Daseienden.
Ein Wissenscliaftszweig nach dem anderen hat sich zu solcher An-
schauungsweise aufgeschwungen oder gewendet. Altausgebaute und innerlich
gefestigte haben zunächst diese neuen Bahnen betreten, jüngere sind ihnen
gefolgt. Demgemäfs sind wir es schon gewohnt, das gesamte All als
ein gewaltiges Gemälde des Werdens und Gewordenseins aufzufassen. Wo
noch Lücken klaffen, schimmern wenigstens die Hoffnung und Verheifsung,
auch hier den Schleier über kurz oder lang gelüftet zu sehen.
Es ist eine naturgemäfse Folge solcher Betrachtungsweise, dafs sich
die Fragen nach der Verwandtschaft der Menschen, der Völker und Rassen
immer wieder hervordrängen , dafs sich verschiedene Wissenschaftszweige
ausgebildet haben, die diesen Problemen gewidmet sind. Da sind vor allem
die Lehre von der Sprache und die Lehre vom Körperbau, Linguistik und
Anthropologie, zu erwähnen. Man kann wohl sagen, dafs erstcre in Bezug
auf psychologische Eigenschaften und Thatsachen mehr gezeitigt habe als
in den Verwandtschaftsfragen, in denen ihre Ergebnisse den Rahmen des
Nächstliegenden kaum überschritten haben. Die Anthropologie hat in dem
derzeitigen Alter auch noch nichts für die grofsen Probleme Bedeutsames
erreicht. Ich sage einerseits: „noch", denn diese Wissenschaft ist noch
jung. Andererseits sind in den letzten Zeiten Thatsachen hervorgetreten,
welche die Aussicht für die Zukunft nicht als besonders hoffnungsvoll er-
scheinen lassen.
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Da sich so die grofsen Hoffnungen nach dieser Seite zunächst als
unberechtigt erwiesen haben, beginnt die allgemeine Tendenz sich nach einer
anderen Seite zu wenden, nach der Prüfung des Kultur- Besitzes. Allerdings
sind diese Unternehmen oft noch kindlich plump und naiv. Wir müssen
offen gestehen, dafs wir seit jenen ersten Ethnographen, also Völker-
beschreibem, die wie z. B. Peter Kolben (um 1700) aus der Ähnlichkeit
einiger Mythen und Sitten die Verwandtschaft der Juden und Hottentotten
nachzuweisen suchten, einen wesentlichen Fortschritt noch nicht gemacht
haben. Noch immer taucht hie und da ein Versuch auf, mehr oder weniger
tiefgehende Übereinstimmungen zu einer Lösung der Völkerverwandtsehafts-
frage auszunutzen, wozu dann leider die allgemeine Kritik — schweigt.
Solche Bestrebungen verwirren und halten den Gang der wissenschaftlichen
Entwicklung auf. wenn sie auch an ihrer Oberflächlichkeit und Einseitigkeit
scheitern müssen. Denn man deutet hier eine Übereinstimmung als Folge
der Verwandtschaft, die anderen Ortes ebenfalls vorhanden ist, dort aber
nicht berücksichtigt ist. Es wird damit ein Glied aus der Kette oder dem
Baue zur Betrachtung herangezogen, aber das Grofse und Ganze mit Ver-
weisung auf „anderweitige" Beziehungen sich selbst und dem Dunkel über-
lassen. Also zeichnen sich diese Arbeiten im allgemeinen mehr durch
guten "Willen als durch wirkliche Resultate aus.
Dafs dieses Stadium noch nicht überwunden ist, hat seinen einfachen
Grund im Wesen der Kulturen selbst , welches erst in jüngster Zeit erschlossen
worden ist. Es hat sich nämlich mittlerweile zur Genüge herausgestellt,
dafs die Kulturen, wenn auch von einem Punkte ausgehend, also aus einer
Quelle fliefsend und einer Kulturform entstammend, an verschiedenen Punkten
zwar unter sich beziehungslos und selbständig, sich doch in derselben
Richtung, nach denselben Gesetzen, ähnliche Formen hervorbringend weiter
entwickeln. Dieses Wesen, die Thatsache der Einheitlichkeit in der Ent-
wicklung aller menschlichen Kulturen, inufste erst klar gestellt werden,
ehe mau auf das Wesen der Spielfonnen , der abgeschnittenen und selbst-
ständig gewordenen Kulturen eingehen konnte.
Es zeigt sich also nach dieser Richtung eine zweifache Aufgabe der
Völkerkunde: 1. Klarstellung des Gesamt wesens der Kultur und 2. Klar-
stellung der Beziehungen aus dem Wesen der einzelnen Kulturen. Und
damit wird es klar, dafs zuvörderst die erste Aufgabe gelöst sein mufste.
ehe man die Probleme des durch die zweite Aufgab»' bedingten Wissenschafts-
zweiges in das Auge lassen konnte. Also erst Kenntnis der Gesamtkultur,
dann Kenntnis der Einzelkulturen!
Inzwischen ist die Kenntnis der Gcsuntkultur so weit fortgeschritten,
dafs fast alle Gebiete: Waffen- und Gerätkumlc. Weltanschauung -, Rechts-,
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Familien-, Staatslehre, Kunstgeschichte und wie die einzelnen heifsen mögen,
ziemlieh eingehend durchforscht sind und dafs es nur noch der genialen
Hand eines Meisters bedarf, um das Bild zusammenzufügen. Und damit
sind wir auch der „Kenntnis der Arten" bedeutend nähergekommen.
Die Völkerkunde ist auf dieser Seite schon so weit, dafs sie an der
alten historischen Einteilung in Stein-, Bronce-, Eisen -Zeit oder der
Stufenfolge von Jagd, Nomadismus, Ackerbau zu rütteln beginnt. Sie fordert
Tiefergehendes an Stelle solcher Oberflächenschürfung. Am wichtigsten für
die Ermöglichung des Ausarbeitens obgenannten zweiten Teiles der Völker-
kunde ist aber Ratzels Anthropogeographie geworden. Sie lehrt uns nämlich
nicht nur die Abhängigkeit der Kulturen vom Boden, sondern sie bedeutet
eine Abwendung von der historisch -chronologischen und eine Zuwendung
zur naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise. Wunderbar ist es, dafs,
trotzdem die Anthropogeographie nun schon manches Jahr vorliegt, noch
immer nicht das Bewufstsein klar geworden ist, dafs die Frage der Kultur- <
Verwandtschaft überhaupt nicht historisch, sondern entwicklungsgcschichtlich
verstanden werden mufs, dafs wir es also nicht mit Zeiten, sondern
mit Formen zu thun haben.
Thatsächlich kann die Kultm-lehre den Forderungen der Naturwissen-
schaften jetzt gerecht werden. Das heifst: das Verwand schaftsproblem liegt
offen vor uns. Es ist lösungsfähig.
Was ich nunmehr zu entwickeln habe, wird manchem so selbst-
verständlich und natürlich klingen, dafs er sich wundert, es als etwas
Neues, das errungen und verteidigt sein will, vorgetragen zu hören. Aber
die IleiTcn von der organischen Naturwissenschaft wollen bedenken, dafs
wir Ethnologen in den letzten Decennien das erst nachgeholt haben , was sie
im Laufe der Jahrhunderte durcharbeiteten. Ich habe das ja im Obigen
dargelegt. Allerdings ist „natmwissenschaftliche Behandlungsweise" auch
bei uns ein schon viel gebrauchtes Stichwort, aber es war ein recht falsch
gewähltes, denn in Wahrheit wufsten wir nichts Rechtes damit anzufangen,
nicht mehr als .,Monographieen u zu entwerfen. Es war lediglich die
anatomische Behandlungsweise, die allerdings auch nur sehr wenige
schöne Resultate gezeitigt hat, die aber auch der ganzen Wissenschaft fremd
blieben, denn wir wufsten sie nicht zu verwenden. Das, was fehlte, ist
einmal statt der anatomischen Untersuchung eines Gegenstandes oder
Kulturgliedes Prüfung des anatomischen Gesamtbaues. Ferner mangelte
die physiologische Bearbeitung.
In diesem Sinno sind die Vorarbeiten des Werkes ausgeführt worden.
Fast der gesamte materielle Kulturbesitz der Afrikaner und Oceanier ist
anatomisch zergliedert und auf diesem Fundamente die physiologische Dar-
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Stellung aufgebaut. Natürlich konnte nicht die ganze anatomische Aus-
arbeitung liier wiedergegelxm werden, da dies viele Bände in Anspruch
genommen haben würde. Es sind lediglich die wichtigsten Dinge hervor-
gehoben und einige in ausgedehnter Weise im zweiten Teile niedergelegt.
Diese anatomischen Ausführungen nun beweisen, dafs die Kulturen eine
physiologische Untersuchung ennoglichen, durch welches Ergebois der
Verwandtscliaftsbeweis ja vollkommen sicher gestellt ist.
Was heifst nun „Physiologie der Kultur"? Was berechtigt mich eine
solche aufzustellen d. h. die Kulturlehre so selbständig zu beliandeln, wo
doch der Mensch in der Völkerkunde die erste Rolle zu spielen und die
Kultur nur sein Produkt zu sein scheint?
Gerade dieses Letztere bestreite ich. Der Mensch ist der Träger der
Kultur, die Maschine derselben, wenn auch im engeren Sinne. Wir sehen
ja sogar in der Geschichte unserer Zeit, in der doch die Individualität nach
Möglichkeit bedeutsam ist, stets nur eine verhältnismässig nichtssagende
Unterbrechung im grofsen Gange der Kulturentwicklung. Die Reiche Napoleons
und Alexandere mufsten zusammenbrechen ohne langen Bestand trotz der
Persönlichkeiten ihrer Gründer. Und waren denn diese Ereignisse etwas
anderes als die übennäfsige Ausnützung einer schon vorhandenen Expansions-
kraft? War die Entdeckung Amerikas ein beziehungsloses Werk des Kolumbus?
War eine solche Unternehmung nicht vielmehr eine einfach nothweudige
Fortführung des Ganges der Entdeckungsgeschichte und begründet durch
eine lange Reihe vorangehender Entdeckungen? Die Entdeckung dos Dampf-
kessels, die Lehre eines Darwiu, die Gemälde eines Rafael und die Komi>ositionen
eines Wagner bedeuten nichts als ein Entwickeln, eine Fortführung des
schon Vorhandenen. Es ist ganz selbstverständlich, dafs Gelehrte gleichzeitig
und beziehungslos dieselben Entdeckungen machen, dafs Musiker gleiche
Motive gleichzeitig auffinden etc. Denn die Kultur wächst nach bestimmten
Wesensgesetzen. Wie der Rosenstock stets Rosen und keine Veilchen trägt,
so blüht auch eine Kulturform in vorbedingter Weise.
In diesem Sinne ist der Mensch vielmehr das Objekt der Kultur.
Damit sind die Lebensbedingungen der Formen der Kultur aufserliolb de>
Menschen zu suchen,, nämlich zumeist im Kulturboden, im Wesen
und in der Eigenart der Natur, in der sie lebt. Nicht zufällig bringen
gleiche Gegenden immer die gleichen Kulturen hervor. Auch teilen die
Kulturen mit den Pflanzen die Eigenart der Veränderung bei der Verpflanzung.
Die amerikanischen Kulturen haben einen anderen Typus angenommen als
ihre Mutterpflanzen in Europa.
Der so aufgedeckte Wesenszug geht aber noch tiefer. Wir treffen t>ei
seiner Verfolgung in den Kern der Kultur. Nur in der Berührung geht ein
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Aufschwung vor sich. Es sind stets Kulturverbindungen, welche neue
Kulturen hervorbringen. Man denke an die ägyptische, die griechische, die
deutsche Kultur. Und wie sie geboren werden, sind sie auch den Wachstums-
gesetzen unterworfen. Plump und unbeholfen gebärden sie sich in ihrer
Jugend, energisch und zielbewufst im Mannesalter; kindisch sind die greisen
Kulturen. Plump ist die deutsche Kultur im Anfange des Mittelalters,
männlich die derzeitige Kultur der Nordamerikaner, kindisch die römische
Kultur der späteren Kaiserzeit. Von der Zone beeinflufst, scheinen die
Kulturen der heifsen Gegenden nur einen Sommer zu kennen. Auf- und
Niedergang in mehrmaliger Wiederkehr mehrt sich im Norden.
Das alles berechtigt mich, die Kulturen wie organische Lebewesen zu
behandeln. Es läfst sich so ein eigener Zweig der Völkerkunde herausbilden,
wobei manche schon gewonnene Erkenntnis zu Hilfe kommt. (So das von
Schurtz aufgedeckte „Gesetz vom Wandel der Beweggründe.") Ich gehe
aus von einer morphologischen, vergleichendanatomischen und
physiologischen Betrachtung der Kulturen. Demnach ist Kulturmorpho-
logie die Lehre von der äufseren Gestaltung der Kulturen (Beschreibung
der Formen, Ethnographie), vergleichende Kulturanatomie oder schlechtweg
Anatomie die Lehre von der inneren Gestaltung oder Beziehung der einzelnen
Formen, die Kulturphysiologie die Lehre von den Lebensformen der Kulturen.
Für uns, die wir den Verwandtschaftsproblemen nachgehen, ist das
Wichtigste die Kulturphysiologie und das Problem der Vererbung. Vererbung
ist in der Kulturphysiologie gleichbedeutend entweder mit Übernahme seitens
einer neuen Kultur, die sich an Stelle einer alten, diese vernichtend oder
absorbierend drängt, oder mit dem Wechsel des Wohnortes. Der erstere Fall
liat meist Übernahme und höhere Ausbildung, der andere Umwandlung oder
Verkümmerung zur Folge.
Da drängen sich drei Fragen auf:
1. Was hellst Wechsel des Wohnortes? Es giebt mehrere Formen eines
solchen, besonders häufig ist Übertragung und Verpflanzung; erstere ist die
öfter zu beobachtende. Da kein Volk beziehungslos ist, geht an den Grenzen
meist ein Austausch vor sich. So sickert eine Kultur allmählich weiter.
Diese Übertragung ist also Bowegung der Kulturen ohne wesentliche Be-
wegung der Völker. Sie findet sich zumeist auf den Kontinenten. Die
Grenze solcher Ausdehnungsfähigkeit ist aber nicht sowohl in den Küsten
des Erdteiles als in der Bodenbeschaffenheit und in der Lage zu suchen.
Die Verpflanzung tritt aber am klarsten bei den Insel- und verwandten
Kulturen hervor. (Küstenkulturen!) Sie felüt auf den Kontinenten nicht,
aber der kontinentalen Verpflanzung geht meist Übertragung voran. Die
Verpflanzung der Kulturen erfolgt bei Aufbruch der Völker, ilirer Wanderung
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und Niederlassung an anderem Orte. Dabei steht die Intensivität der
Verpflanzung in keinem Verhältnis zur Masse der Wanderer, in einem
engen dagegen zur Gleichartigkeit und Ungleichartigkeit des Heimats- und
Kolonial -Bodens. Man denke an die griechische Wanderung im Mittelmeer,
die Verbreitung des Christentunies durch die Juden etc. Wenn dem Kinde
die Zähne gewachsen sind, hört es auf zu saugen und beginnt zu essen.
Also ist auch bei der Verpflanzung oder Fortpflanzung der Kulturen gleich-
zeitig: Selbständigwerden , Abreifsen der natürlichen Beziehung zur Mutter-
kultur, Änderung der Ernährungsweise des physiologischen Baues. (Vergl.
die Geschichte der Vereinigten Staaten!)
2. Wag Ist Ernährungsweise und physiologischer Bant Wie jedes ent-
wickeltere Tier Ernährungs-, Bewegungs-, Fortpflanzungs-, dazu noch
Schutz- und Trutz -Organo etc. besitzt, so ist auch jeder menschlichen
Kultur ein ähnlicher Organismus eigen. Jagd, Fischerei, Viehzucht, Acker-
bau, in komplizierten Verhältnissen Industrie, bei den Parasiten Handel
stellt den Emährungsapparat dar. Schon die Anthropogeographie lehrt uns
das Abhängigkeitsverhältnis dieser Ernährungsweise — die ja zuletzt den
ganzen Bau der Kultur bedingt, — von der Bodenbeschaffenheit. Aber
abgesehen von dieser Konstruktion oder Struktur des Ganzen äufsert sich die
Beschaffenheit der Lage in den Kulturformen noch nach zwei anderen
Richtungen. Einmal ist der materielle Kulturbesitz durch den anorganischen
und organischen Reichtum des Wohnsitzes in der Form bedingt und dann
die Entwicklung der Formen nach den Gesetzen dieses Materials, und zum
andern stellen sich neben der durch das Bedürfnis bedingten Fülle
des Besitzes infolge lokaler Eigenschaften und «1er lokal gebotenen Materialien
eine Reihe von nicht notwendigen Dingen, also ein Apparat an Luxus-
gegenständen ein.
8. Die General frage: Wie erkennt man nun die Verpflanzung und
rbertragung aus dem physiologischen Baut — Es wurde soeben als charak-
teristisch für den physiologischen Bau einer Kultur festgestellt:
a) Ernährung infolge Bodcnbeschaffenheit.
b) Formen und materialgerechte Entwicklung der Formen bedingt
durch den Materialreichtum des Wohnsitzes.
c) Luxusapparat dem Material des Wohnsitzes entsprechend.
Es giebt nicht zwei ethnologische Provinzen auf der Erde, die den
gleichen Boden, die gleichen Ernährungsbedingungen und Materialien bieten.
Bei der Verpflanzung an einen anderen Ort geht also eine Änderung der
Materialverwendung vor sich. Die anatomische Untersuchung zeigt aber
das Ursprungsmaterial eines Gegenstandes, sowie seine Ursprungsforinen.
Die Untersuchung einer gröfseren Anzahl von Geräten, also eines gröfseren
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Bestandteiles der Kulturform führt daher zur Erkenntnis der Ursprungs-
formen, also der Eigenschaft der Kulturquellen. Diese können dann aufgesucht
werden, wobei einerseits die pflanzen- und tiergeographische Bestimmung
dann die Herausklärung des Luxusapparates von gröfstem Nutzen ist.
Ein Beispiel! In diesem ersten Bande, ist unter anderem die Ver-
pflanzung malajonigritischen Kultur Hinterindiens oder besser gesagt Oceaniens
nach Afrika verwiesen. Diese Kultur war ursprünglich insular. Insel-
bewohner verwenden die Muscheln zu allerhand Werkzeug und Gerät, so
als Klinge der Beile, als Blasinstrument, als Schmuck, als Geld. Nun wird
die Verwendung in Afrika ersetzt. Das gewundene Horn der Antilope und
Zähne des Elephanten werden künstlich hergerichtet an Stelle der Muschel-
hörner. Aber ein Gebiet des malajonigritischen Kulturkreises in Afrika bietet
noch das Vorkommen der Muscheltrompete. Die Muschelklingen der Äxte
verraten ihre Ursprungsform noch in Gestalt der ihnen nachgebildeten Eisen-
klingen. Am interessantesten ist es aber, dafs die Form der als runde
Plättchen geschliffenen, durch bohrten und aufgereihten Muschelschalen,
die nur noch im Kreise der westafrikanischen Knlturform erhalten ist, im
südlichen, östlichen und nördlichen Afrika durch ebenso geschliffene —
Straufsenschalen ersetzt ist.
Aufserdem werden wir sehen, dafs eine grofse Anzahl der malajo- ;
nigritischen Geräte dem Wesen des Bambus sein Dasein verdankt und wie
dieses Material in Afrika ersetzt wird, wo die Bambusverwendung doch
natnrgemäfs wegen Mangel an entsprechendem Material verschwindet und
<lafs so die Geräte doch weiterbestehen.
Die dritte Frage, auf die hier nur kurz geantwortet worden ist, wird
uns aber bis zur letzten Seite vor Augen stehen, denn sie ist nichts anderes
als die in beantwortbare Form gebrachte Frage: „Wie beweist man Kultur-
verwandtschaft?' 4 Sie ist hier theoretisch beantwortet, findet aber in dem
dritten Teile ihre praktische Ausarbeitung. Wenn ich denselben leichter
und fafslicher gestaltet habe, als es die Kollegen im engeren Sinne vielleicht
wünschen sollten, so geschah es, weil, sowie derart streng naturwissen-
schaftlicher Boden betreten wird, der Interessentenkreis sich sogleich
bedeutend erweitert. Und das ist nur wünschenswert, da ein derartiger
Austausch die prächtigsten Resultate im Gefolge haben kann. Das haben
Botanik und Zoologie bewiesen. Also besten Grufs und Empfehlung an
die Herren von der gleichen, der naturwissenschaftlichen Fakultät!
Nun wäre noch die Frage kurz zu erörtern, in welchen Gebieten der
menschlichen Kultur wir das beste Material für die anatomische und physio-
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logische Untersuchung zu suchen haben. Es handelt sich dabei in erster
Linie um den Besitz der Naturvölker. Zur Beantwortung dieser Frage führt
ein Blick auf die bisherige Entwicklung der Völkerkunde ein leichtes Hilfs-
mittel herbei. Vierkandt hat in seinem trefflichen Werke über Natur- und
Kulturvölker auf den Unterschied der zwei vorherrschenden Lohren hin-
gewiesen, der Lehre vom Völkergedanken und der Lehre von der Entlehnung:
Die Lehre vom Völkergedanken beruhigt sich bei der uns überall entgegen-
tretenden Gleichartigkeit des menschlichen Bewufstseins, während die
Theorie der Entlehnung sich vorwiegend auf die Enge und Armut des
menschlichen Bewufstseins, auf seinen Mangel an schöpferischer Kraft
beruft. —
Nun ist die Gleichartigkeit des menschlichen Bewufstseins eine einfache
Folge der Gleichartigkeit äufserer Verhältnisse. Demnach findet sich Gleich-
artigkeit auf allen jenen Gebieten, auf denen der Mensch die Natur nachahmt
oder sie zu verstehen sucht. Da ist vor allem an die Kunst zu erinnern,
in der eine Nachbildung natürlicher Erscheinungen die Anfänge darstellt.
In der Weltanschauung andererseits sucht der Mensch sich mit der ihn
umgebenden Welt abzurinden und ihre Motive und Entwicklungsphasen sind
eine naturgemäfse Folge des sich erweiternden Gesichtskreises und Interessen-
gebietes. Erst beachtet er die Tiere, dann die Mitmenschen und endlich
nach einander den Mond, die Sonne und den Himmel. Und da das Wesen
dieser Dinge und das Verhältnis des Menschen zu ihnen überall im wesent-
lichen das gleiche ist, so tritt eine merkwürdige Einförmigkeit uns überall
entgegen. Ferner beruht die Einförmigkeit des menschlichen Bewufstseins
auf seiner natürlichen Beschaffenheit, die bestimmte Bedürfnisse bedingen.
Der Mensch ist ein Herdentier. Das grofse Gebiet der socialen Einrichtungen
weist auf eine ganze Reihe naturgemäfser Notwendigkeiten hin.
Wenn also auf den drei Gebieten der Kunst, Weltanschauung und
Stammesorganisation in der Hauptsache eine einheitliche Entwicklung in
verschiedenen vorbestimmten Perioden zu beobachten ist, so fehlt es auch
nicht an Sonderlichkeiten, lokalen Eigenarten, die nur selten vorkommen.
Es sind die Ausartungeu, Extreme, dann Schöpfungen, die der lokalen Be-
schaffenheit, femer solche, die der geschichtlichen Vergangenheit ihr Dasein
verdanken und derart notwendigerweise auf die Entwicklung hin anatomisch
zergliedert werden müssen, um eventuell als wichtige Bausteine des physio-
logischen Ausarbeitungswerkes herangezogen zu werden.
Ganz anders die Seiten des Kulturbesitzes, auf denen der Mensch
selbst Schöpfer ist. Der Mensch schuf sich seine Waffen, seine Geräte,
sein Obdach. Mit diesen zwang er .das Wasser und das Erdreich, ihm zu
bieten, was er wolle, gewann er die Herrschaft über die Tiere und trat
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keck der seinem Thun feindlichen Natur entgegen, so dafs er sich von
ihrem Joch befreite.
Es ist wahr, dafs sich der Mensch auch liier von der Natur gebotener
Hilfsmittel bediente. Aus der Höhle und dem schützenden Laubdach ent-
stand die Hütte; seine Waffen sind zum Teil nur Erweiterungen und Aus-
bildungen natürlicher Waffen, wie etwa die Keule eine Verlängerung des
Unterarmes, der Kugelknauf an ihr die Nachbildung der Hand etc. Aber
oben der Unterschied zwischen dem Blätterdach des Baumes und der Hütte
des Menschen, dem Faustarm und der Keule repräsentiert dio Schöpferkraft
des Menschen, die im Anfange die Natur nachahmt, um später selbständig weiter
zu schaffen. Und in diesem späteren und selbständigen Weiterscliaffen gehen
die Entwicklungsreihen auseinander. Dann folgen Stufen, auf denen die
Menscliheit an verschiedenen Punkten Fortschritte im gleichen Sinne macht,
aber hier sehen wir auch Trennung. Wir weisen (siehe unten) zwei Bogen-
formen auf der Erde nach. Der Mensch mufste den Bogen erfinden, aber
er ward wahrscheinlich auf verschiedenen Wegen erfunden. Ich kann
3 Schildformen nachweisen (wenn nicht 4), sie sind verschiedener Ab-
stammung; weit von einander entfernt sind sie entstanden.
Also im materiellen Kulturbesitze finden sich die besten Materialien
für die Untersuchung auf anatomischem Wege. Er ist schon deshalb be-
sonders geeignet, weil je weiter wir gelangen, desto mangelhafter die Kennt-
nis der Vorgeschichte, desto dichter die später übergelagerten Schichten
werden, so dafs wir der prähistorischen Untersuch tmg immer näher rücken.
Und die Prähistorie verlangt Abrechnung mit Fragmenten des materiellen
Kulturbesitzes, eine Abrechnung, auf die wir schon hier im Anfange uns
vorbereiten müssen.
Da einmal das Wort „Prähistorie" gefallen ist, wird manchem die
Frage auftauchen, wie weit ich mit meinen Untersuchungen zu gehen ge-
denke. Die Frage Linn ich nicht beantworten. „Soweit das Material ge-
nügt i; , ist alles, was ich zu entgegnen vermag. Soweit abzusehen ist, genügt
dasselbe allerdings auch für die vorgeschichtlichen Zeiten. Und wenn sich
das bewahrheitet, so eröffnet sich uns eine gewaltige Perspektive:
Da der Mensch auf denselben Wegen wie seine Kultur ge-
wandert sein mufs, so dringen wir mit der Verfolgung der Kul-
turströme hinab in das tiefste Dunkel der wahrhaftigsten Ur-
geschichte.
Es lag nahe, die Untersuchung des Ursprunges der Kultur in Afrika
zu beginnen. Zum einen zeichnet sich dieser Erdteil durch eine gewisse
Abgeschlossenheit aus, — es sind nicht so viele geschichtliche Thatsachen
zu berücksichtigen wie etwa in Asien — ferner durch eine gewisse Ein-
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heitlichkeit der Kulturhöhe, endlich ist Afrika das alte Kreuz der Ethnologen.
Denn fast alle Versuche das Wesen des Werdens der afrikanischen Kulturen
zu verstehen sind gescheitert Auch wäre noch als Vorteil zu erwähnen,
dafs hier die Untersuchung nicht durch die mikroskopischen Vorarteiten,
wie sie die Urgeschichte Europas, die Linguistik Asiens und die klassische
Wissenschaft Kleinasiens und Südeuropas erfahren haben, erschwert wird.
Weiterhin sprach für Afrika als erstes Objekt der anatomischen und
physiologischen Prüfung neben dem Fehlen der geschichtlichen Thatsachen
der Mangel an prähistorischen Funden. Damit sind bestimmte Grenzen nach
oben und unten gezogen und die afrikanischen Kulturen treten uns als
eine Schicht entgegen. Das erschwert nach einer Seite, erleichtert aber
insofern, als wir das ganze Interesse und die ganz«? Kraft ohne Neben-
studium unserer grofsen Hauptrichtung zuwenden können.
Es sei noch bemerkt, dafs dann, wenn wir die Entwicklung der
Flechtkunst, der Weberei, der Thon- und Eisen -Industrie etc. verfolgen,
wir noch manches Mal von Asien, Oeeanien und Europa aus unseren Blick
nach Afrika wenden werden, dafs also in späteren Bänden noch manche
Lücke in den vorliegenden Untersuchungen ausgefüllt werden wird.
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2. Morphologische Betrachtung.
AIb Kolossalbarriere liegt Afrika im Südwesten der alten Ökumene.
Im Norden steht es den Mittelmeerbeziehungen offen, im Nordosten den
asiatischen Kontinentaleinflüsson , im Osten den insularen Oceaniens. Im
Westen aber — und das ist entscheidend — liegt der atlantische, und
zwar insellose Oceau. Dem entsprechen auch die historischen Thatsachen.
Im Norden entstand Karthago als phönieische Kolonie, in Ägypten herrschten
nacheinander Westasiaten, Griechen und Römer. Nach Nordafrika gingen
die germanischen Wanderhorden über. Sprechend für die westasiatische
Kontinental Verbindung ist der Islam in Nordafrika, die Verbreitung arabischer
Kolonien bis herab zum Sambesi, der starke Kontingent indischer Händler in
Ostafrika. Die insularen ozeanischen Beziehungen haben in der verhältnis-
mäl'sig jungen Hovakolonie auf Madagaskar und in dem malaischen Stadt-
viertel am Kap — nach dem Census von 1852 waren 643G Malaien in
der Kapstadt (Kretzschina r) — Beweise hinterlassen. Die klaffende Ix>ere
an Beziehungen zwischen Afrika und Amerika aber ist erst im 16. und
17. Jahrhundert in gewaltthätiger Weise durch europäischen Handel aus-
gefüllt worden, indem die Sklavenausfuhr von der afrikanischen Westküste
bis zur Bedeutung einer, wenn auch unfreiwilligen Völkerwanderung empor
getrieben wurde.
Die Völkerbewegung im Inneren des Erdteiles ist durch die geographisch
sehr einfache Gestaltung erklärt. Denn der Erdteil besitzt fast keine
trennenden Grate oder Tiefen. Seine Küsten, mit Ausnahme der nördlichen,
sind nicht so gelagert oder geformt, dafs von aufsen, am Rande die Sehicksals-
l>estimniungen zu suchen sind. Alle afrikanische Geschichte hat sich im
Innern und zwar im Süden der Sahara abgespielt. Was nördlich von der
Sahara-Breitenlinie sich ereignet hat, gehört nicht der afrikanischen Geschichte
im eigentlichen Sinne an.
Ich sagte, dafs Afrika in seinem Innern fast keine die Völkerwellen
trennenden und begrenzenden Niederungen oder Wälle besitze. Thatsäch-
lich fallen diejenigen Momente dieser Art, welche vorhanden sind, wenig
in das Auge. Es sind die Sahara, die Kalahari und die innerafrikanische
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Kongo -Niederung mit dem Urwald. Langsam und behaglich pilgernde Völker
mit kleinem Trofs werden durch sie allerdings nicht aufgehalten, wohl aber
jene zielbewußten Sturmfluten, die den Staatengründungen in Afrika voran-
gehen, und die recht wohl von jenem langsamen Sickern, das die ganze
Bevölkerung des Erdteils stets in einer gewissen Unruhe begriffen er-
scheinen läfst, unterschieden werden mufs.
Afrika ist durch zwei Achsen ausgezeichnet, die die Bahnen der stets
sich wiederholenden Strömungen darstellen. Die eine verbindet den Nil
mit Senegambien, ist also fast genau westöstlich gerichtet. Auf diesen
Strafsen lagen und liegen zahlreiche grofse Staaten, Melli, die Mandingo-
reiche, die Haursastaaten, Bornu, Baghirmi, Wadai etc., auf ihr wanderten
die staatengrandenden Fulbepilger, auf ihr zogen die Träger des Islam
nach Timbuktu und zurück nach Mekka. Diese westöstliehe Völkerstrafse
bietet die Erklärung für die Erscheinung, weshalb es wedor den alten
Ägyptern noch den jungen (unseres Jahrhunderts) gelang, das Reich bis zu
den Nilseen auszudehnen. Ein solches Nilreich wird stets von den Völkern
der nordafrikanischen Wanderachse geschnitten und getrennt werden. Das
Reich des Mahdi liegt noch heute als bezeichnender Völkerblock dieser
mohammedanischen Völkerlawine den englischen Bestrebungen im Wege.
Die zweite Achse des afrikanischen Kontinentes verläuft von Nord nach
Süd oder richtiger von NNO nach SSW und, um dies sogleich näher zu
bezeichnen, als Völkerbahn von den Nilquellseen ziun Kapland. Es ist dies
der Weg der Zulu -Völker, deren nördlichste Stämme fast den Viktoria er-
reichen, während ihre südlichsten Zweige aus den Kaffern kriegen noch recht
wohl weit bekannt sind. Dieser Weg ist im Süden geteilt. Während der
Hauptstrom dem Viktoria zuläuft, verläuft eine Nebenlinie direkt noch Norden,
also von der Südspjtze des Erdteiles dem mittleren Sambesi und dem Lu-
alaba-Kassai zu. Die Völker dieses Nebenstromes waren die Gründer des
Masutre-Mambunda- Staates, der Baluba- und jüngeren Lunda- Reiche, viel-
leicht sogar des alten Kongo.
Zwischen diesen beiden Hauptgruppen der afrikanischen Völker bilden
die Nilstämme, zu denen dio Massai gehören, eine gewisse Verbindung, im
ethnographischen Besitztum daher einen gewissen Übergang, Zwischenglieder.
Es bleiben nun noch bestimmte Gebiete im Norden, Osten und Westen
zu erörtern. Im Norden und Osten ist dies das Anschlufsgebiet an West-
asien und Süd -Europa (Indien, Arabien, Mittelmeerkultur, für historische
Vergangenheit auch Babylonien). Im Westen dagegen liegt die Sache anders.
Die grofsen Strömungen werden an der Westküste, im Kongobecken und
Südwestafrika durch eine langsame Bewegung ersetzt Auch wirken die
Massen liier mehr polsterartig. Auf den grofsen Bahnen zerschellen die
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— Iß —
alten Völkerblöcke beim Anprall; hier im Westen werden sie zusammen-
gedrückt. Daher ruht hier an der Westseite und im Waldgebietc ein Schatz
alter Besitztümer, wie ihn das übrige Afrika nur in kleinen abgeschlossenen
Gebieten in imbedeutender Weise birgt, so in den Bergen Ostafrikas, im
Delta des Sambesi etc.
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— IG —
Deshalb sehen wir hier am Rande der Ökumene bedeutenden Reichtum
aufgestapelt. Eigentlich abgelegen sind diese Gebiete aber nicht, denn
beständige Wechselbeziehungen lassen sich an allen Randgebieten bis in
das Innere des Kongogebietes nachweisen. Da« zeigt auch die Eigentüm-
lichkeit der Sprache, deren Verwandtschaft beweist, dafs die Westafrikaner
zumeist unter dem Einflüsse der Volker der Sud -Nord-Bahn stehen.
Eigentlich abgelegen ist nur die Südwestseite, das fiobiet der Koikoin.
Die Eulalia ri hnt sie vor dem Überfall durch die Zulu- Volker zwar ge-
schützt, aber diese bildete auch hinfort eine Trennung und sie konnte»
von den Fortschritten jenseits nicht so Nutzen ziehen wie die Waldvölker,
die auch geschützt, aber nicht beziehungslos abgeschlossen waren.
Sprachliche Thatsachen legen Beweis ab für die Richtigkeit der Auf-
fassung afrikanischer Völkerbewegung und Beziehung, wie wir sie aus der
geographischen Lage, den Staatenbildungen, Wanderungen und dem ethno-
graphischen Besitze gewonnen haben. Als die älteren Sprachen in Afrika
müssen nämlich die zersplitterten gelten, welche durch grofsc Divergenz
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einander entfremdet sind, als jüngere die einheitlichen und nur dialektisch
versclüedenen. Danach sind die Sudansprachen die älteren und zu ihnen
rechnet Lepsius die der Hottentotten. Wir sehen also, wie liier die Ab-
geschlossenheit ausgeprägt ist. Dagegen mufs als jüngere Sprache die be-
kannte Bantusprache angesehen werden, die so Arges in der Völkerkunde
angerichtet hat. Man hat, statt ihr eine historische Bedeutung zuzuschieben,
sie als Rassenraerkmal bezeichnet, und noch immer hört man von einer
Ban tu -Rasse reden. Diese Sprache nun ist die der Volker der SN -Wander-
richtung, der Zulu und Konsorten. Aber nicht mir in ihrem ganzen Ver-
breitungsgebiet finden wir sie, sondern auch in dem Kreise der Zurückge-
drängten, der westlichen Küsten- und Waldvölker. Wir sehen also, staatliche
Organisation konnten ihnen diese Völkerströme nicht aufzwingen, dagegen
übernehmen die Geborgenen gern die Sprache.
Die Sprache zeigt noch eine Beziehung an, dafs nämlich die West-
völker mehr unter dem Einflufs der Südachse stehen, als unter dem der
Nordachse. Wenigstens ist das für jflngero Zeit damit erwiesen. Ja die
Westvölker haben sogar einen Einflufs auf die Bindeglieder der Nordachse
gewonnen. Worte der Bantusprache wie niama — Fleisch kehren in der
Bezeichnung vieler Menschenfleisch liebender Stämme des Sudan wieder.
Von Niamniam und Niemniem hörten Clapperton , Barth und Vogel im Sudan.
(Siehe auch Koelle.) Bleck erkannte in der Sprache der Biülom und Temne
Einwirkungen des Kintu (Sprache der Bantu) und sogar in Sprachen Sene-
gambiens (Wolof und Ful) scheinen sich Spuren der Verwandtschaft mit den
Bantuidiomen zu finden. Endlich ist neuerdings eine noch weiter nach
Norden vorgeschobene Bantusprache entdeckt, die Sprache der Ashiugini,
welche Östlich vom Niger fast bis zum 11° n. Br. reicht.
Weiterhin bezeichnend für den morphologischen Bau der afrikanischen
Kulturen ist die Basis der Volksernährung. Sie ist eine Folge der geo-
graphischen Lage, wirkt aber ausschlaggebend auf die formale Entwicklung
der Kulturen ein. Stichworte der afrikanischen Kultur sind Hirsebau und
Rinderzucht Der Afrikauer ist im allgemeinen Ackerbauer und Viehzüchter
gleichzeitig. Nur ist bei den Nord- und Xordostvölkern die Viehzucht in-
sofern bedeutsamer, als Viehzüchter über den Ackerbauern herrschen. Eine
alte Verwandtschaft, die nicht durch jüngere Beeinflussung verwischt ist,
verbindet auch hierin die Hottentotten wieder mit den Nordafrikanern; sie
sind nur Viehzüchter. Die Völker der Südachse sind gleichmäßig Acker-
bauer und Viehzüchter. Bezeichnend ist es aber wieder, dafs im Süden
die erste Erwerbsweise, dem Norden zu die letztere überwiegt. Und die
Völker des Westens stehen auch darin wieder denen der Südachse näher:
sie sind nur Ackerbauer. Aber noch etwas anderes zeichnet die Westvölker
Frobeniu«, Afrikanucho Kulturen. -
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und zwar diesmal vor allen Afrikaner aus. Die Hirse tritt zurück und
macht der Banane Platz, die in neuerer Zeit allerdings durch Maniok und
Üais ergänzt sind, wahrscheinlich durch europäischen Einflul's.
Dazwischen wohnen aber noch in kleinen abgeschlossenen Gebieten,
ferner in der Kalahari und vor allem in der Waldregion die unstäten Volk-
lein der Buschvölker. Ihnen bietet die Jagd die Nahrung. Während mit
dem Ackerbau und der Viehzucht bestimmte Industriezweige verbunden
sind, fehlen solche den Jägern. Sie leben als Parasiten ohne eigenen
materiellen Kulturbesitz. Die Formen ihrer Waffen, Hutten und sonstiger
Geräte sind nicht eigene, sondern von den um wohnenden Stämmen entlehnte.
Bei der Beurteilung der Arbeits- und Schöpferkraft der Afrikaner und
ihres Verhältnisses zu deren Leistungen gilt es diesen durch die geograpliische
Lage vorbedingten oder erklärten Schicksals- und Ernährung9weg im Auge
zu behalten. In seinem Schicksal ist der Neger der wahre und rechte
Sklave Afrikas. Es giebt weder fttr den Menschen noch für die Völker
eine Hoffnung auf eine Mögliclikeit das Schicksal des Heutcüberwindens
und Morgenüberwundenwerdons zu durchbrechen. Es liegt eine gewisse
Grausamkeit in dem Wesen dieses einförmigen, zweiachsigen Erdteiles.
Kein Ausblick auf etwas Neues, etwas, was errungen werden kann und
was nicht schon als Sieger oder Besiegter bekannt ist, eröffnet sieh den
Völkern. Für das Individuum ist eine einförmige Notwendigkeit in der
Tagesarbeit, die der doppelte Beruf des Ackerbauers und Viehzüchters mit
sich bringt. Allerdings liegt eine Erziehung zur Zähigkeit in diesem Zwange,
eine Erziehung, die dem Afrikaner den Vorteil des Niehtverniehtetwerden-
könnens für seine Rasse sichert.
So sehen wir denn den Afrikaner mit einem verliitltnismäisig grofsen
Kulturbesitze, wie ihn die zweiseitige Arbeit bedingt, ausgerüstet. Wir
vermissen aber eine Freudigkeit in seiner Ausgestaltung. Unter allen Natur-
völkern sind die Nord-, Ost- und Südafrikaner die reichsten an technischem
Können, aber die ärmsten an Formen. Nur die Australier überbieten sie
noch an Fonnannut im materiellen Besitze.
Das oben Gesagte gilt für die Völker, die unter dem direkten Einflufs
der zwei Achsen stehen. Dafs die Hottentotten noch ärmer sind, geht aus
ol>en Gesagtem hervor. Anders die Westafrikaner. Hier wo das Sklaventum
des Völkerschicksals und die Knechtschaft der Doppelarbeit fortfällt, wo die
Kenntnisse des Nordens und Südens vereinigt sind, wo der Blick auf das
Meer oder die Aussicht auf einen freien Weg durch die Wälder oder über
die Ströme in das Unbekannte führt, hier erwacht ein freier Wille, eine
gröfsere Freutie am Schöpfen und Schaffen. Was der Ost-, Süd- und Nord-
Afrikaner als nicht direkt Praktisches von aufsen empfängt, verwirft oder
Diniti7Pd bv CiOOoIc*
— 19 —
verliert er; der Westafrikaner dagegen weifs es zu schätzen. Es wird in
seiner Hand umgestaltet und in den Kulturbesitz eingefügt
So ist denn dem Afrikaner eine ganz enormo Arbeitskraft verliehen, er ist
der Fleifsigste von allen seiner Kulturhöhe. Denn das Schicksal zwingt ihn
zur Arbeit, zu schwerer Arbeit. Er ist ferner reich an Besitz, denn das
Praktische bleibt in seiner Hand ein wahres Hilfsmittel. Aber er ist arm
an Schöpferkraft. Fast alle seine Güter stammen von auswärts. Es ist
fast gleich Null, was er selbst errungen. Seine Leistungen sind der Aus-
druck der Zähigkeit, aber nicht der freudigen Schöpferkraft. Anders nur
der Westafrikaner.
Bezeichnend für diese Dinge ist eine kurze übersieht der Industrieen,
Künste und Weltanschauung. — Die Lederverarbeitung ist durch den Mangel
an Gerbstoffen, die Töpferei durch den der Drehscheibe ausgezeichnet.
Was hier fehlt, wird aber durch Ausdauer ersetzt und die Resultate sind
des langen Kratzens, Schabens, Rundens etc. würdig. Die Holzgewerke sind
durch das Fehlen jeder Art der Zimmerei und Tischlerei charakteristisch.
Und doch, was leistet der Neger! Hallen wie die des Münsa (Fig. 176)
stehen fast als einzige Thatsachen unter den Leistungen der Naturvölker da.
Stühle, Boote, Betten etc., alles wird verflochten oder genäht. So ist auch
die Ausdauer der Ersatz da, wo das Wissen aufhört.
Es können nicht allzuviele Jahrtausende verflossen sein, seit die Neger
•las Eisenhandwork kennen gelernt haben. Heute ist es ihre erste Kunst,
die sie mit oft erstaunlicher Geschicklichkeit betreiben. In einzelnen Teilen
Afrikas werden Webstoffe, in anderen Rindenkleider durch Klopfen herge-
stellt. Die Neger verstehen zu flechten und zu häkeln etc.
Doch bei aller Kenntnis und technischen Fertigkeit fehlt dem Nord-, •
Ost- und Süd- Afrikaner die Kunst fast gänzlich. Seine Gesänge sind nur das
traurige Echo eines freudigen Gedankens, seine Lieder eintönige Taktwieder-
holungen. Selten sind die Tänze den naiven Anfängen der Tanzkunst ent-
wachsen und die Schilderei fehlt gänzlich. Mangelhaft ist die ornamentale
Auschmückimg. Dagegen dio Westafrikaner und die Buschvölker! Während
letztere sich in einer naiven Naturkunst auszeichnen, sind erstere gesehickto
Skulpturenbildner und Ornamentsehnitzer. Mau darf dabei die unter euro-
pftischem Einflüsse entstandenen Karrikaturen nicht mit innerafrikanischen
Werken verwechseln.
Am ausgeprägtesten ist der Uuterschied einerseits des westafrikanischen,
andererseits des nord-, süd- und ostafrikanischen Kulturbesitzes in der
Weltanschauung. Während im ersteren ein reges religiöses Sinnen jede
Anschauung und Mythe festhält und ausspinnt, zwischen sich und der Welt
-
tausend und aber tausend Gedankenfaden zieht, so dal's fast undurehdring-
2*
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liehe Netze das Wahre verhüllen, findet der eigentliche echte Afrikaner
sich durch einige Amulette, Opfer, etwas Regenzauberei und Ahnendienst
mit dem Unbekannten und jedem tieferen Gedanken ab.
Der Cliarakter der Weltanschauung ist vollkommen verselüeden auf
beiden Seiten, nicht so der Umfang. Wir liaben es mit einem stark vor-
herrschenden Manismus (siehe weiter unten) und bevorzugten lunaren Mythen
zu thun, in welches Gebräu in regelrechter Weise die Tierverehrung ge-
mischt ist, Solare Züge wiegen im Westen bedeutend über. Ebenso finden
sich daselbst grofse Mengen von „Entartungen", die im übrigen Afrika fehlen.
Von Norden und Osten schiebt sich der Islam vor, der für die Neger
aber eigentlich keine weitere Bedeutung hat als: Fabrikation neuer Amulette:
das sind die Koransprüche in Ledertäschchen. Auch sonst wird die Be-
reicherung von dieser Seite melir durch Äufserliclikeit als Intensivität ge-
kennzeichnet. Man hat allerdings oft gesagt, der Kulturbesitz nehme von
Süd- nach Nordafrika stetig zu, und hat die Schuld den Semiten zugeschoben.
Das ist aber nicht richtig und beruht auf einer Überscliätzung der semi-
tischen Einflüsse.
Was die Völker der Nordachse vor denen der Südachse infolge der
nordwestlichen Beziehung auszeichnet, ist die festere Staatsorganisation im
wesentlichen. Aber auch hierin ist der Unterschied nicht allzuhoch anzu-
schlagen, jedenfalls nicht derart, dafs der gesamto morphologische Eindruck
ein anderer genannt werden könne. Ganz anders ist es mit dem anato-
mischen Bau. — Die äufsorliehc Gestaltung bleibt sich gleich auch im Familien-
leben, wenn auch im Westen die matriarchalische Beziehung, im Osten und
Süden die patriarchalische vorwiegt.
Diojtized by CjOOqIc
IL
Anatomische Untersuchung des afrikanischen
Kulturbesitzes.
Di
3. Die afrikanischen Schilde.
(Vergl Kartenblatt 1, Nr. I— V.)
Der Schild als Schutzwaffe fehlt in wenigen Gebieten der Erde, in
keinem Erdteile. Aber wenige Gegenden bieten eine solche Ffllle an Formen
wie gerade Afrika. Dabei ist keine derselben beziehungslos. Gerade die
Schilde zeigen das Bild des Aufwachsens und Zusammenfliefsens der Kiütur-
elemente in Afrika in wunderbarer Klarheit. Alle Typen in Abbildimg
wiederzugeben ist unmöglich; ich nnifs mich auf Darstellung der wich-
tigsten beschränken.
a) Die Feilschilde. Unter allen Formen ausseid iefslich afrikanisch ist
der Zuluschild. Die Zulu unterscheiden den Ischilunga, den Kriegsschild,
und den Tanz- oder Spielschild, Trau genannt. Der Schild ist oval, 4 bis
5 Fufs hoch und von regelmäfsiger, sauberer Arbeit, mit einem langen
Stabe in der Längsachse, als seiner Stütze versehen; letztere ist oben mit
dem geringelten Fell des Leopardenschwanzes oder ähnlichem Pelzwerk
verziert. An diesen Stab ist die Haut mittels Streifen von gleichfalls
rohem Felle befestigt und zwar derartig, dafs sie als dunkle auf dem hellen
oder als helle auf den dunklen Untergrunde des Schildes sich abheben.
Die Farbo der Schilde wechselt, ebenso die der Hautstrcifcn ; auch wird
Bemalung angewendet, so dafs die einzelnen Regimenter durch schwarze
oder rote oder weifse oder braun, schwarz, weifs gestreifte Sclülde unterschieden
werden. Unter den grofsen Feldherren, wie Dingau etc., was das Unter-
scheidungssystem sehr ausgeprägt. Getragen wird der Schild an der linken
Hand, gefafst an dem Stützstabe. 1
Wenn bei Regen das Leder erweicht, ist der Nutzen des Schildes verloreu.
Er wurde und wird im Kriege aufgerollt, um leichter getragen werden zu
können. Ebenso ist er wegen seiner Schwere hinderlich beim raschen
Laufe zur Verfolgung oder Flucht. Er wird in solchen Fällen fortgeworfen,
wodurch dem Trofs die Pflicht des Aufsammelns dieser wichtigen Kriegs-
zeiehen, die oftmals wie Orden und Fahnen hochgeschätzt werden, erwächst.
1) Auch kommt eine zweite Vorrichtung der Handhabe vor, die darin besteht,
daCs ein Fellstreifen durch die Haut gezogen oder um den Stab geschlungen wird , $o
dafs die Hand durch diese Schleife packen kann. Sie kann auch dem Arme dienen.
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Ihn tragen zu dürfen, ist Ehrensache; ihn zu verlieren, bringt schwere
Schande. Die Häuptlinge selbst fertigen ihn an. Er wird den Regimentern
verliehen, ihnen aber entzogen, wenn sie sich unehrenhaft benommen haben. 1
Die bezeichnenden Merkmale dieser Schildform sind:
1. Der Schild wird durch einen Längsstab, der gleichzeitig als Hand-
griff dient, gestützt;
2. er besitzt keine Randbefestigung;
3. er ist länger als breit (oval);
4. er besteht aus Fell und zwar meist dem der Ochsen oder Büffel.
— Indem diese Merkmale mehr oder weniger deutlich hervortreten , ver-
schwinden oder anderartigen Erscheinungen Platz geben, verrät sich frem-
der Einflufs.
Im Norden reiht sich dem Zuluschilde ein verwandter Typus, die
Gruppe der Betschuana und der Sambesivölker an. Bei den Hottentotten
fehlt diese Schildform, die wir nach Nordwesten bis zum Kongo zu ver-
folgen haben werden. Eine zweite Gruppe verwandter Formen stammt aus
dem Zwischen -Seen -Gebiet, in welchem wir alle Schildformen antreffen
werden. Ein dritter Kreis vereinigt die Nilvölker mit den Massai - — die
Verbindungslinie zwischen den Kulturen der Südachse und denen der Nord-
achse. — Ein vierter ist in dem centralen und westlichen Sudan gelagert.
Verfolgen wir nunmehr diese Linien, also erst die zum Kongo-
gebiet weisende.
Der Schild der Betschuanen besteht ebenfalls aus Ochsenhaut, er
weicht insofern vom Zuluschilde ab, als er bei geringer lÄnge ziemlich
breit und ausserdem mit Flügeln versehen ist. Der Umrife wechselt, ent-
spricht aber meist der vierfiügligen Form (Fig. 4). Auch bei diesen
Schilden ist der Mittelstock oben oft mit einem Feder- oder Pelzschmuck
versehen. — Die Form der Schilde wechselt bei den verschiedenen Stämmen.
Bei Casalis ist die Form des Basutosehildes abgebildet. Die beiden unteren
Flflgcl sind hier stark verkümmert. Der Schild wird durch den mächtigen
Stabschmuck von Straufsenfedern überragt. Les Barolougs et les Batlapis
donnent aux leurs la forme d'un reetangle deborde on kis et en haut par
deux ailes arrondis. Auch bei diesen Völkern ist die Einteilung in Regimenter
durch die verschiedeneu Farben der Schilde gegeben, die sonst in keiner
Weise bearbeitet werden. 2
Im Norden treffen wir wieder auf echte Zulu -Schilde. Holub betont,
dafs die Stämme des Mamtse- Reiches in der Verfertigung der Schilde keine
1) Fr. Ratzel: „Volkerkundo 44 , 1) Bd. I, S. 248. Fritsch, S. 129 n. a.
2) Fritsch, S. 170. Casalis, S. 142/143.
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so hervorragend© Stellung einnehmen als die südlich vom Sambesi wohnen-
den Stämme. Die Waffe wird hier gröfser, als sio bei Zulu und Massarwa
im Durchschnitt ist. Meist aus weifssehwarz gefleckter imd stets nur aus
halb gegerbter Rindshaut gearbeitet, sind sie an 1 l L — l 8 /* ni lang?
50 — 70 cm breit Die Streifen auf der Vorderseite sind hier anders her-
gestellt, wenn sie auch gleich aussehen, d. h. mit der Ausnahme, dafs beim
Zuluschilde stets zwei Streifen nebeneinander, je einer neben der Mitte
scheinen; beim Marutseschild aber nur eine Streifenreihe in der Mitte von
oben nach unten verlauft. Das kommt dadurch, dafa das Längsmittelteil
in einer Breite von 10 — 15 cm mit 40 — 50 Querschnitten versehen ist;
durch diese Einschnitte ist ein 8 — 10 cm breiter, der Schildlängo ent-
Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6.
Zulu-Schild. Schild der Betschuana. Schild der Massai. Schuli- Schild.
sprechender Lederstreifen gezogen, so dafs aufsen eine Reihe von 20 bis
25 Streifen erscheint. Hierdurch erliält dieser Schild offenbar mehr Festig-
keit als der der Zulu. Der Stab innen ist mit Querriemen versehen. An
der Iunenflflche fehlen aufserdem 2 — 3 Ohren, d. h. breite Querriemen
nicht, in die der linke Arm bei dem Gebrauche der Waffe eingreift 1
Den Zuluschild fand Serpa Pinto ferner bei den Luina. Auch ist er
l>ei den südlichen Bassonge heimisch. 2
Endlich kommen die Schilde der Kongovölker für die Verfolgung der
nordwestlichen Richtung in Betracht. Nach Lopez verdecken sie die ganze
1) Holub: ,Eine Kulturskizze", S. 119/120; „Sieben Jahre", Bd. II, S. 375.
2) Serpa Pinto, Bd. I, S. 342. Abbildung eines Bassonge - Schildes vom Zulu-
Typus bei Wüsmann: „Zweite Durchquerung". Vergl. Ratzel in Petermanns Mit-
teilungen 1885, S. 245.
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Figur des Trägers und sind aus den schweren Häuten der „Empacha" ge-
nannten Tiere, d. 8. Büffel verfertigt. Dapper versichert allerdings, sie seien
aus Holz gemacht und mit der Haut des „Tieres Daut" überzogen, er-
wähnt außerdem auch solche aus Baumrinde, mit Büffelfell überzogen.
Cavazzi erwähnt nur: zu ihrer Sicherheit bedienen sie sich grofser Schilde,
hinter welchen der ganze Leib, weim er sich ein wenig biegt, ganz wohl
versichert ist. 1
Nun nach Nordosten. Im Zwischenseengebiet treffen die verschiedenen
Schildformen zusammen. Im Norden ist das Gebiet der Leder-, im Westen
das der Holz- und Rohr-, im Süden das der Fellschilde. Letztere finden
sich in der typischen Form der Zulu bei den jüngeren, auf der Sfldaehse
heraufgedrungenen Stämmen. So bei den Wangoni. „Thomson erzählt,
wie er bei seiner Reise durch Ulungu noch in jeder Hütte den Schild aus
Ochsenhaut wie eine Reliquie aus früherer kriegerischer Zeit gefunden liabe"
(Ratzel). Zum Zulu -Typus gehört auch der langgezogene Schild der Wahehe.
Oft treten die verschiedenen Formen nebeneinander auf. Stanley
bildet einen Lederschild der "Wadoe ab, der mit einem ledernen Griff im
Innern, nicht aber dem Längsstabe versehen ist. Das ist ein bezeichnen-
des Merkmal der nördlichen Fonnen. Burton dagegen erwähnt die grofsen
Fellschilde bei diesem Stamme. 2 Interessant ist die Art, wie die Mischung
sich am Schilde der Wagogo äufsert. Auf der einen Hälfte sind die Or-
namente der nördlichen Schildformen (Kreisbögen), auf der anderen die der
westlichen (gebrochene Linien) angebracht. Dazu besteht der Schild aus
Büffelfell; das ist ein Merkmal der südliehen Grupi>en. s Jedcjch werden
auch Schilde aus Rhinoceros- und Elephantenhaut beschrieben.
Usagara bietet ebenfalls zwei Formen. Die eine ist 3 — 4 engl. Fufs
lang, ca. 2 Fufs breit und aus zwei parallelen Streifen von gehärteter Haut
zusammengefügt Das Material wird ausgesj^nnt imd festgepflöckt, wird so
getrocknet, sorgsamst gereinigt und der Länge nach mit einem dünnen
Lederriemen zusammengenäht. Auf der einen Seite wird der Schild schwarz,
auf der anderen rot angestrichen. Eine starke Stange wird dann der Länge
nach als Befestigung»- und Steifungsmittel hinten angebracht, und in der
Mitte wird von innen in die Haut ein runder Bauch, ein kleiner Buckel
eingedrückt, um so der den Stock umspannenden Haut Raum zu gewähren..
Das beliebteste Material liefern die Häute der Elephanten, Rhinocerosse und
1) Cavazzi, S. 187. Dapper, S. 539. Lopez bei Ratzel.
2) Graf v. Götzen, S. 95. Fr. Ratzel: „Geographische Verbreitung", S. 23G.
Stanley: „Livingstone", Bd. I, S. 233. Burton: „Lake Region»», Bd. I. S. 124.
3) L. F.: „Bildende Kunst der Afrikanor*, Verb. d. Wiener antbrop. Ges. 1S97,
Abb. Nr. G6. Camoron, eu gl. Ausg., Bd. I, S. 97. Stanley: r Livüigstone tt , Bd. I, S. 242.
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Giraffen. Der andere, und zwar ist es der gewöhnliche Schild, besteht aus
Büffelfell, an dem die Haare gelassen werden. Schwänze von Kühen und
Zebras schmücken ihn. So neigt die seltenere Form also den nördlichen
Gestalten zu, während die gewöhnlichere durch ihre Verwandtschaft mit
dem südlichen Zulutypus bezeichnend ist. — Die \Vambugwekrieger führen
spitzovale Schilde aus Büffelhaut, mit kleinen vorgetriebenen Buckeln und
einem Längsstab. Als Schutzwaffe der Wanyatura dient ein ovaler Haut-
schild von etwa 70 cm Länge. Ein entsprechend geformtes Stück Büffel-
haut wird in frischem Zustande so geprefst, dafs in der Mitte ein spitzer
Buckel entsteht. Ein an der Hinterseite befestigter Längsstab giebt dem
Ganzen Halt und ist die Handhabe. Erstero Herstellungsweiso stammt aus
dem Norden, letztere Eigenschaft weist nach dem Süden. Daneben kommen
noch andere Schilde vor. 1
In Uniamwesi scheinen Schilde selten zu sein, ausgenommen in der
Landschaft Usukuma, Baumann schildert solche aus Büffelfell als länglich,
mit einer Einkerbung in der Mitte. Kleine Schilde aus Büffelfell, in der
Form ähnlich denen der Wadschagga beschreibt Stuhlmann. Sie sind oval,
an den beiden Längsseiten aber leicht eingekerbt. In der Mitte tragen sie
eine quer liegende, erhabene Falte. Häufig ist an der Aufsenseitc ein
Stück leichten, weifsen Holzes angebracht. Teils dient es als Schmuck,
teils als Reibebrett zum Feuermachen.*
Im Norden treten drei klare Typen hervor, deren Vorkommen ver-
hältnismäßig scharf umgrenzt ist. Sie sind alle aus enthaarter Rindshaut
hergestellt, mit einem Längsstab, der auch Griff ist, und meistens mit einem
befestigenden, steifen Wulststreifen am Rande versehen. Aufserdem ist
mehr oder weniger deutlich die Entwicklung eines kleinen Buckels zu be-
obachten, der allerdings hier lediglich eine Raunigebung der den Mittelstab
umfassenden Hand bedeutet. Den südlichsten Typus repräsentirt der Mnssai-
schild, den nördlichen der der Schilluck, den mittleren der der Schuli.
Die ersten beiden Formen sind oval und wesentlich gleich (Fig. 5), die
dritte ist viereckig (Fig. 6). Neben diesen Schildformen kommen wenig
andere vor.
Den Massaischild führen die Wadschagga, Wakikuju, Waschaschi; er
kommt im Paregebiet vor. Baumaun sagt, er werde von den "Wandorobo
gefertigt und mit Erdfarben in den Wappenmustern bemalt. Die letzteren
gelten für bestimmte Distrikte, und so kann man einen Mutyekschild sofort
1) Burton: „Lake Regious*, Bd. I, S. 238. Baumann: „Massailand' 4 , S. 1H5.
Stuhlmann, S. 706. Vergl. L. F.: .Bildende Kunst" a. o. 0., Abb. Nr. 61.
2) Burton: „Lake Region« 4 ', Bd. II, S. 23. Baumann: „Massaüand", S. 232.
Stuhlmann, S. 753 und 108.
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von einem aus Sogonoi unterscheiden. Auch Höhnel spricht von „Gebiets-
wappen" auf der Aufsenseite. 1 Vergl. Fig. 5.
Der Schild der zweiten Form ist bei den Schilluk, Nuer, Dinka,
Fundj etc., Latuka, A-Lur etc. heimisch. Er ist etwas schmäler als der Schild
der Massai; der Mittelstab ragt meist unten und oben heraus, und der
Buckel ist ausgeprägter. Im Katalog der ethnographischen Sammlung in
Basel sind zwei derartige Schilde folgenderraafsen beschrieben:
Kr. 673 Schild aus Rinds- oder Büffelleder mit geschwärzter Vorder-
fläche, aufgewulstetem Rande und länglich ovaler Form mit spitz zulaufen-
den Enden. In der Mitte ein 7 cm hoher, ovaler Buckel, der aufserdem
mit einem Stück Krokodilshaut beschlagen ist. Auf der Aufsenseite ist ein
2 cm dicker, beiderseits über den Schild prominenter Bambusstab mit Leder-
streifen befestigt, der im Innern des Buckels als Handhabe dient.
Nr. 674. Schild aus rohem Rinds- oder Büffelleder, in der Form
gleich Nr. 673. Der ziemlich spitze Buckel ist ohne Beschlag von Krokodils-
haut Als Handhabe dient ebenfalls ein beiderseits über den Schild pro-
minenter Bambusstab. Aufgewulsteter Rand.
Die gleiche Form, wenn auch manchmal ohne den dickeren Rand, be-
sitzen die Schilde der meisten Nilvölker. Den der Fundj bildet Hartraann ab;
die gleiche Gestalt beschreibt Emin bei der Schilderung der Latuka. Schilde
der A-Lur erwähnt derselbe Forseher: Schilde von lauger, ovaler Form,
gewöhnlich aus Büffelhaut, die schon vor dem Trocknen in der Mitte der
Hinterfläche nach unten und oben durchbohrt und mit einem Holzstabe
durchstofsen worden sind, um dem Schilde Festigkeit zu verleihen. Der Rand
ist an allen Seiten nach hinten umgeschlagen. Verzierungen durch Strich-
muster kommen vor, farbige kaum. — Gleiche Schilde sind endlich aus
Darfor in das Museum in Bern gelangt.
Schweinfurth hat im allgemeinen recht, wenn er sagt: Dieselben Seliilde
von lang -ovaler Gestalt, aus Büffelhaut geschnitten und zum festeren Halt
der Länge nach mit einem Stock durchzogen, welcher durch Einschnitte in
der dicken Haut festgehalten wird, haben Dinka und Kafforn gemeinsam.'
In der That, der Unterschied ist gering: Im Süden Fell und Fehlen
des Randwidstes und Buckels, im Norden Leder und Verwendung der beiden
Eigentümlichkeiten in der Form.
1) Baumann: „Massailand- 4 , S. 1(31 und 202. L. F.: «Bildende Kunst*. Schilde
Xr. 65, 67—72. Höhnel, S. 266, 289 und 393. Le Tour du monde 1885, Bd. II,
S. 303, 317, 341, 342 etc.
2) Rütimeyor in: „Mitteilungen aus der ethnographischen Sammlung der Uni-
versität Basel" 1896, S. 156. W. Junker. Bd. II, S. 54. R. Hartmann. Bd. II, S. 83.
Emin bei Stuhlmann, S. 519 und 777. Schweinfurth, S. 44.
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Der Schuli- Schild ist vom Massai-, Dinka- und Zulu- Schilde auch
nicht unterschieden als durch nebensächliche Abweichungen. Er ist hei
Schuli, Mangungo, Wanyoro, Turkana, Burkenedschi fast ganz gleich geformt,
nämlich viereckig, nicht oval, ist mit einem Längsstab, der als Griff dient,
versehen und aus Büffelleder. Was besonders interessant erscheint, ist, dafs
oben die Stabverzierung der Zulu- und Betschuanaschilde wiederkehrt. 1
Viereckige Lederschilde kommen auch — um so zum Sudan über-
zugehen, — bei den Tuarek und in Katsena vor. Als länglich viereckig
und aus dem Fell der Leucoryx- Antilope oder auch aus schwarzem Büffelf oll
hergestellt beschreibt sie Barth. 2
Aber noch woitere Analogieen finden sich zwischen den Schilden der
östlichen und westlichen Völker. Das ist leicht verständlich: wir befinden uns
auf der Nordachse. Betrachten wir die Verbreitung einer typischen Form. —
Die Schilde der Wadawa (Wadais) sind etwa von der Höhe eines hockenden
Menschen und von nebenstehender Form: o; ein Holzrahmen wird mit
Leder aus Rindshaut, Büffelhaut oder Giraffenfell oder in den Heidenländeni
mit Elephanten- oder Rhinoceroshaut übersi>annt und verziert. Als glocken-
förmig bezeichnet Passargo einen Schild ähnlicher Form im Besitze der
Fulbe Barndakis. Es war aus Elephantenliaut und mit Eisenstiften geziert
und gefertigt. Er ist umgekehrt wappenfünnig; oben läuft er in ge-
schwungenen Linien in eine Spitze aus; unten ist er wagerecht abgeschnitten.
Die Mitte ziert ein Buckel. Ganz ähnlich ist ein Schild der Marghi, aus
demselben Material , aufserdem aber mit dunklen, dem Rande parallellaufenden
Linien geschmückt. Als vierte gleichgestaltete Formen sind Schilde der
Wadschagga (oben spitz zulaufend, unten wagerecht abgeschnitten) zu nennen.
Die Entfernung dieses Vorkommens ist durch das Auslaufen der Verbindungs-
linie voni Osten der Nordachse zum Norden der Südachse zu deuten. Fünftens
endlich führen Reiter des westlichsten Sudan ähnliche Schilde. 3
Das Bezeichnende dieser Schilde, d. i. der wagerechte statt runde
untere Abschnitt ist vielleicht auf einen Einfluß» der Reiterei zurückzuführen,
die den runden Schild schlechter auf den Rücken der Pferde stützen kann,
als den glatt abgeschnittenen. Darauf deutet eine Abbildung bei Binger.
Im Norden und Westen des Sudan tritt der Schild zurück. Bei den
Jolof werden noch Schilde aus der Haut des Thieres Danta erwähnt. Im
Süden bietet er das Bild der biuitesten Mischung; Leder-, Fell-, Rohr und
1) G. Casati, Bd. II, S. 33. Höhnol. S. Stil und 717. Uartmann, Bd. II, S. 20S.
Ratzel: „Völkerkunde", 1) Bd. I. 8. 506.
2) H. Barth, Bd. II, S. 51. Vergl. Ratzel: „ Völkerkunde", 2) Bd. II, S. 482.
3) Nachtigal, Bd. III, S. 258. Passaige, S. 70 und 451. Barth, Bd. II, S. 648.
Thomson in: „Le Tour du nionde" 1885, Bd. II, S. 303. Abbildung bei Biuger.
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— 30 —
Holzschilde wechseln miteinander ab. Im Süden treffen wir bei den Bua
(Baghirmis) Fellschilde neben Rohrschilden, bei den Fan neben Rohrschilden
viereckige aus Elephantenhaut, bei den Wüte mannshohe Büffelfellsehilde
für die Speerträger und kleine Antilopenfellschilde für die Gewehrtniger.
Aus Adamaua beschreibt Passarge neben den Rohrschilden den eben er-
wähnten glockenförmigen Elephantenhautsehild. Die gleichen Verhältnisse
werden iu den Haufsaländern von Staudinger bei den Jaunde von Zenker
beschrieben. 1 Der südlichste Punkt des Fellsclüldes in seiner nördlichen
Verbreitung ist am Kongo zu suchen. Sclülde aus Fell mit Buckeln als
Eigentum der Basoko bildet Jameson ab, Schilde aus Rohrgeflecht bei den-
selben Ward; aufserdem erwähnen letztere sowohl Stanley als Baumann,
so dafs sie als die Vorherrschenden zu betrachten sind. — Schilde aus
Rindshäuten besafsen aufserdem früher die Bube auf Fernando Po.«
b) Die ledernen Knndschllde. Wenn wir das so gewonnene Bild von
einem hohen Standpunkte aus betrachten, also nur den wesentlichen Cliarakter-
zügen unser Augenmerk zuwenden, so fällt auf: einmal eine grofse Lücke
der Verbreitung, nämlich im Kongobecken und an der Westküste; zweitens
ein Abnehmen der eigentlich afrikanischen Eigenschaften des Fellsehildes
dem Norden zu und dementsprechend ein Anwachsen fremdartiger Form-
eigentümlichkeiten iu dieser Richtung.
Wir sahen, wie die Büffelhaut enthaart wird und dann oftmals der
Elephantenhaut Platz macht, wie der Schild geprefst wird, wie der Rand
mit einem Wulst und die Mitte mit einem Buckel versehen wird.
Die Umschau nach dem Ursprungsgebiet «lieser Merkmale wird im
Nordosten durch Resultate gekrönt. Hier treffen wir die runden Sclülde
der Abessynier, Niibier, Galla, Somal, die aus Nashornfell geprefst sind,
deren Widerstandskraft auf der runden Buckelformkonstruktion basiert und
nicht auf dem Längsstab. Das ist ein ganz anderes Motiv, eine neue,
außerhalb Afrikas entstandene Idee; es ist der asiatische Schild, der von
China bis nach Europa und bis Indien verbreitet ist.
Demselben sind min dio Eigenscliaften, die beim afrikanischen nur
dekorative und verbessernde Attribute sind, ureigentümlich. Durch die
starke Wölbung und den Randwulst wird er widerstandsfähig, welche Eigen-
schaft noch durch Eisenbeschläge erhöht wird. Anstatt des Längsstabes als
Handhabe ist er mit einem geflochtenen Handgriff aus Lederstreifen versehen.
1) Nachtigal, Bd. II, S. 606. Staudinger, S. 711. Lcuz. S. K2/83. Zenker in
den Mitteilungen aus den Deutschon Schutzgebieten, Bd. VIII, S. 44. Morgen, S. 196
und 203. Passarge, S. 451. ,.\Ug. Bist. d. RA Bd. 11, S. Hl.
2) Jameson, S. 80. Stanley: „Dunkle Weltteil». Bd. II, S. 248 249. Waid,
S. 188. Baumann: „Fernando Po\ S. 10<i
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— 31 —
Schilde der Ahessynier sind verschieden erwähnt. Rütimeyer beschreibt
folgende Form des Baseler Museums: Nr. 715 Schild aus Rhinoceroshaut,
rund mit Nabel, mit Kreisbändern und dazwischen länglichen Streifen. Innen
mit starker Handhabe. Am Rand zwei vis- ä- vis befestigte Lederiemen zum
Aufhängen. — Durchmesser 51 cm, Hohe bis zur Spitze des Nabels 15 cm. —
Büffelhantschilde der gleichen Gastalt sind in den Museen nicht selten.
Die nubischen Schilde wurden früher aus Giraffenfell angefertigt;
liäufiger kommt dagegen dem Anscheine nach die Haut der Dickhäuter zur
Verwendung. Um einen spitzen Kegel (den Nabel oder Buckel) ist ein
mächtiger Rand gebildet. Die Scliilde sehen aus wie mächtige spanische
Hüte. Die Schilde der
Somal und Galla haben
eine flachkegelförmige
Gestalt, die der nubi-
schen Schildo ohne den
Rand sind nicht so spitz.
In geprefster Arbeit sind
vorn Muster und zwar in
koncentrischen , unter-
brochenen Ringen darauf
gebracht. (Vergl. Fig. 7.)
Der Handgriff ist meist
aus Leder; der Durch-
messer schwankt zwi-
schen 30 und 35 cm.
Paulitschke erzählt: Als
die Bewohner der Land-
schaft Kullo im Kampfe
mit dem Herrn von
Schoa sahen, dafs ihre Waffen der Wirkung der Feuergewehre nicht wider-
stehen konnten, überzogen sie die Schilde mit Eisen. Seither fabricieren
die nördlichen Galla viel festere Scliilde. Auch in Harar hat unser Autor
das Gleiche beobachtet. 1
Wichtig für die Beurteilung der Entwicklungs- und Verbreitungs-
geschichte dieser Schilde ist ein Typus, der beifolgend abgebildet werden
möge. Derselbe besteht aufsen aus dem Leder der Dickhäuter. Innen ist
er mit Fellen ausgekleidet Er umspannt gerade eine grofse Faust. Nach
1) Rütimeyer in: „ Mitteilungen" a. a. 0. S. 157 und 159. Ratzel: „Geographische
Verbreitung», S. 239 240. Junker, Bd. I, S. 103 und 106. Hartmann, Bd. I, S. 191/192.
Paulitschke, 8. 110 und Taf.VH, X, XI, XII.
Fig. 7. Faustschild der Somal.
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32 —
einer Bemerkung, die Emin Pascha, der Donator, dem Stücke beigefügt hat,
kommt er auch bei den Turkanj und Wanyoro vor. Ähnliche Exemplare
stammen aber aus nordöstlicheren Gegenden. So ist an der Peripherie des
gewaltigen Verbreitungskreises dieser Schildformen die Waffe in ihrer
Ursprungsgestalt erhalten: als Schutz der Faust (Fig. 8).
Wandern wir nunmehr nach Süden. — Runde Schilde, die allerdings
meist aus Büffelfell oder Bnffelhaut hergestellt sind, reichen bis in das
Seengebiet hinab und bis nach Madagaskar. So haben die Wataturu,
Wafiomie und Wanyaturu lederne Rundschilde. Bei letzteren erwähnt
Baumann den Buckel. Von Stuhlmann hören wir, dafs die Schilde der
Wanyaturu aus Leder geprefst werden: ein sicheres Anzeichen nördlicher
Herkunft. Eine weitere Gruppe von Rundschilden wird erörtert werden.
Fig. 8. Schild der I^ango (Leipziger Museum, Sammlung Emin Pascha).
wenn die geflochtenen Schilde zur Besprechung gelangen. Einen runden
Schild der Waruanda, der anscheinend mit einer Eisenkappel als Nabel
geziert ist, bildet Baumann ab. Der verbreitetste Schild auf Madagaskar
besteht aus einem meist runden, über Holz gespannten Fellmantel von ca.
20 Zoll Durchmesser. Ln Innern befindet sich meist in dem Holz eine
Handhabe. 1
Die Verbreitung des asiatischen Schildes und seiner Abkommen auf
der Nordachse ist naturgemäfs eine sehr ausgedehnte. Die Sudan -Schilde
weichen insofern von denen des nordöstlichen Mutterlandes ab, als im
Verhältnis zur Entfernung von diesen der Buckel ab- und der Rand zu-
nimmt. Am reinsten "erhalten ist noch der Schild der Baghirmi, der dem
nubischen sogar noch in den kleinen Randlüeken gleicht. Der gewaltigste
1) Stuhlmann, S. 766. Baumann: „Massailand-, S. 172, 178, 181, 190, 220.
Louis Catat in: „Lo Tour du monde" 1802. S. 396. Sibree, S. 371.
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Umfang ist im Haufsa- und Togo -Gebiet erreicht. (Vergl. Fig. 9.) Schon
Barth fielen in Katscna die Schilde aus schwarzem Büffolfell und in Gestalt
eines ungeheuren Kreises von wenigstens 5 Fufs Durchmesser auf; bei den
Sonrliai am Niger sah er sie wieder. Clapperton erblickte sie zuerst in
Borgu. Neuerdings sind von deutschen Reisenden viele Schilde dieses
Typus in eiiropäische Museen geliefert worden. — Die westlichsten Schildo
dieser Art führen die Wolof. Ein alter Bericht sagt: Den Stöfs der Feinde
hielten sie durch ein rundes Schild aus dickem Lcder ab. 1
Wir können also zwei Verbreitungs- oder Einttufsgebiete dieses asia-
tischen Rundschildes in Afrika feststellen, ein inneres und ein äufseres.
In dem inneren Gebiete ist seine Form noch klar erhalten. In dem äufseren
dagegen sehen wir hauptsächlich seinen Einflufs, weniger dagegen seine
Form. In das äufsere Gebiet fallen die Nil- und Massai-, sowie die
südlich des Sudan vorkommenden Lederschilde, da sie zwar den Stock im
Innern des Schildes und damit die ovale Gestalt beibehalten, im übrigen
aber Randwulstung, Enthaarung und einen kleinen Buckel übernehmen.
c) Die Stoekschllde. Höchst eigentümlich sind die den Dinka zum
Parieren der Keulen- und Stockhiebe dienenden Schutzwaffen. Sie sind
zweierlei Art: die einen bestehen aus einein zierlieh geschnittenen Holze
von 1 m Länge, welches iu der Mitte eino ausgeholte Vertiefung besitzt,
1) Passarge, S. 450. Ratzel: „ Völkerkunde *, 2) Bd. II, S. 498. Clapporton,
S. l. r >5. Barth, Bd. II, S. 51 ; Bd.V, 8. 287. „Mitteilungen aus den Deutschen Schutz-
gebieten", Bd. X, S. 79. „Allg. Bist d. R,*, Bd. III, S. 172.
Frobeniuf, Afrikanisch© Kulturen. 3
Fig. 9. Reiter mit Rundschild aus dem
(Nach Skizze von Kling.)
Togogebiot
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um den Handgriff zu schützen. (Fig. 10.) Diese helfet Kuerr; die andere
sind die Dang genannten Bogen, deren derbe Sehnen vorzüglich geeignet
erseheinen, die Wucht der Hiebe aufzuheben. So schreibt Schweinfnrth. 1
Dieser so seltsame und dem Anscheine nach so seltene Stockschild zeigt
sich bei näherer Untersuchung als eine urafrikanische Waffe, die sich im
Norden allerdings in ihrer eigentumlichsten und ursprünglichen Form erhalten
hat Aber schon der alte Peter Kolben lernte sie im Süden kennen. Er
beschreibt unter den Waffen der Hottentotten zwei Stabe, den Backum und
den Kirri. Der Rackum ist nach ihm zum Werfen und Schlagen; der Kirri
hat zwei stumpfe Enden und dient dazu, die Pfeile, Hassageien, Backums
und was der Feind sonst herwirft, zu
parieren. Die Kirris dienen ihnen treff-
lich, die zugedachten Stöfso abzuwenden,
Ixw-nders, wenn es hitzig zugeht. 2
Von den Zulu schreibt Fritsch : In
friedlichen Zeiten führen die Zulu zwei
kürzere Stocke, die an dem einen Ende
etwas verdickt zu sein pflegen, und
fechten mit beiden Händen zugleich, wie
die Japaner mit zwei Schwertern. Mit
dem einen Stock suchen sie die Hiebe des
anderen, der zumeist auf die Schienen-
beine zielt, aufzufangen, mit dem andern
gleichzeitig zu schlagen. — Hier sehen
wir, wie die gleiche Waffe dem Schutze
und dem Trutze, dem sie später allein
gewidmet ist, dient. Die Marutse
JO brauchen zur Abwehr Langstocke von
Fig. 10. Kuerr der Dinka (nach S. hwein- 13 A- 2 Y4 ™ Ung* und 1-1«/, cm,
furth). Fig. 11. Stockschild der Mondu &1b<> Finger -Stärke; an den Enden sind
(Ethnogr. Mus. in Wien). Fig. 12. Stock- sie meistens mit spiralig gewundenen
schild dor Waschaschi und anderer Ost- „•# ,, „, _ »„ • . • u
afrikanor (Mus. f. Volkerkunde in Leipzig). Eibenivifchen versehen. Es ist bezeich-
nend, dafs bei diesen Marutse -Volkern
die eigentlichen Schilde mit Fellflächen erst kürzlich eingeführt zu sein
scheinen. 8
1) Schweinfurth, S. 44. Abbildung auch bei Casati, Bd. I, S. 243. Vorgl. Ratzel :
„Geographische- Verbreitung 1 *, S. 239.
2) Peter Kolbon, S. SO 87.
3) Fritsch, S. 131. Holub: „Sieben Jahre-, DtL 31, S. 375. „Kultur*kizze u ,
S. 119. Ratzel: „ Völkerkunde*, 1) Bd. 1, S. 379.
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In Ostafrika sind noch einige hochinteressante Merkmale einstig all-
gemeiner Anwendung dieser Stocksehilde erhalten. Raumann schildert ein
Spiel der Wabondei. Bei diesem stehen zwei Spieler einander gegenüber.
Der eine fahrt eine elastische Cocosblattrippe und trachtet den Gegner zu
treffen, wahrend dieser die Hiebe mit einem Stocke zu parieren sucht. —
Sehr charakteristisch für die Wanyaturu sind die Stockschilde und Schlag-
stöcko, die zu Stockgefechten dienen. Die ersteren sind an einem langen
dicken Stock befestigt; die letzteren sind einfache dicke Prügel, wolche die
Wanyaturu stets bei sich führen. Die Sitte der Stockkämpfe findet sich
auch bei den Waschaschi. Die Stockschilde derselben sind wenig breit,
aber ebenso geformt wie dio der Wanyaturu. Daneben kommt die einfache
Form eines Stockes mit einem kleinen Fellschutz für die Hand vor (Fig. 12).
Eine abweichende Art ist bei den Wangoroine heimisch. Hier dienen dio
Stockgefechte als Volksbelustigungen. Die schützenden Str>cke sind mit
einem sehr schmalen, in der Mitte mit starken Buckeln versehenen Leder-
streifen verkleidet. 1
Dieselbe Form und nur in gewisser Verbreiterung der Hautfläche —
es ist somit die Gestalt des soeben beschriebenen Sehuli- Schildes — kehrt
bei den Turkana ebenfalls als Stockschild wieder. Der schwere eisen-
beschlagone Stock, den Ratzel daneben abbildet, und der derbe, man möchte
fast sagen: Pfahl, der dem Schilde Halt verleiht, zeigen, dafs hier Waffen
des blutigen Ernstes vorliegen.
Als Stocksclüld sind noch gewisse fellumgürtete Stöcke oder Knüppel
der Mondu (Fig. 11) und endlieh Lederschilde der Baghirmi-Fufstruppen
zu erwähnen. Letztere haben bei einer Länge von ca. 2 m eine Breite von
ca. 7j ni - Sio werden auch hauptsächlich zum Parieren von Speeren und
W ulfeisen verwendet. 8
Es läfst sich mit Leichtigkeit die Beziehung zwischen Stock-
und Fellschild feststellen — , wenn wir den Stockschild der Wangoroine
mit dem Schuli -Schild vergleichen; dafs es nämlich im wesentlichen die gleichen
Waffen sind, dafs der ganze Unterschied der sie verschieden erseheinen läfst,
in der GroTse der Felldecken liegt. Und der gleiche Wesenszug verbindet
alle Fellschilde mit den Stocksclülden. Man vergleiche nur das Anwaclisen
des Felles an den Stockschilden: der Dinka-Scliild (Fig. 10) ist ohne Fell-
schutz; am Mondu- Schild (Fig. 12) sehen wir eine leichte Fellumwicklung.
1) BauraanD: „Usambara u , 8. 130. „Massailand", S. 190 , 200, 201, 202 und
Taf. Xni. Stuhlmann, S. 766.
2) Ratzel: „Völkerkundo«, n Bd. I, 8. 508. Kachtigal, Bd. II, S. 60G.
3*
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Dann kommt der Waschaschi- Schild (Fig. 12) mit dem Fellschutz der Hand,
der, wenn er wächst, notgedrungen zu einem Schilde wie Fig. 3, d. i. der
Zulu -Schild, führen mufs, der demnach nichts weiter ist, als ein erweiterter
Stockschild.
Dafs der Stockschild sowohl der ältere ist, als dafs er als Schutzmittel
in einer höchst primitiven Kultur- und Kriegsform des „Knüppels" — sei
es des geworfenen, sei es des geschwungenen — entstanden ist, beweisen
also verschiedene höchst bemerkenswerte Thatsachen:
1. Bei den Hottentotten heifst der Schild Kirri, bei den Dinka Knorr.
(Vergl. das S. 34 Gesagte). Die Völker der jüngeren Kultur, in deren Händen
wir den Fellschild finden, haben sich also dazwischen gescholten und wir
dürfen annehmen, dafs der Fellschild erst nach dieser historischen Unter-
brechung der Verbindung zwischen den Nord- und Südafrikanern entstanden ist
2. Das Anwachsen des Fellinantels haben wir schon erwähnt, wir
werden noch wichtige Belege für solchen Entwicklungsgang kennen lernen.
3. Drittens endlich ist das Princip des ursprünglichen Fellschildes,
nämlich desjenigen der Zulu, dem Buckel, Randwulst und Enthaarung fehlen,
ül>erhaupt nicht anders zu deuten als durch eine Entstehung in der Richtung,
wie ich sie annehme. Denn die drei erwähnten Eigenschaften treten erst
nach dem Norden zu auf und lassen sich auf asiatische Einflüsse zurück-
führen. Erst sie verleihen dem Schilde die Eigenschaft des Flächenschutzes,
die ilim bis dahin fehlte.
Diese Entwicklung und solcher ThatVstand — den ich so eingehend
erörtere, weil seine Klarlegung später von au fserordent) ichein Nutzen sein
wird, — gelten Beweise ab für die Entwicklung der Angriffswaffen;
deren Anwachsen aber nachweisen zu können ist für die Beurteilung der
Kulturformen und ihre Reihenfolge, ihr Wachsen, ihre Beziehungen von
fundamentalster Wichtigkeit Ich stelle deshalb hier schon fest, dafs der
Stockschild weder gegen Wurf- Speere noch gegen Pfeile von irgend einein
nennenswerten Nutzen ist.
Wie gesagt ist es nicht schwer, die Entwicklung des St<x>kschildes
zum Fellschilde zu beobachten. Einfache Umwicklung des Staigs mit Fell,
um die Wucht des Schlages aufzufangen, zeigt sich schon bei dem Schilde
der Mondu; l>ei den Waschasch i ist das Fell etwas gesteift und zum Bogen
gewölbt. Der Stockschild der Wanyatuni ist ein Stab, über den ein kleiner
lederner Rundschild mit Buckel gescholten ist. Bei den Waschaschi und
Wanyaturu dient der kleine Fell- oder Lederschild nur zur Deckung der Hand.
Nun sehen wir auch sonst noch und zwar ohne Stock die Büffel haut
als Schutz dienen. Da sind zunächst die eigenartigsten Kürasse. Als der-
artige Schutzwaffe dient den meisten Wawira ein gmfscr, aus doppeltem
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Büffelfell hergestellter und mit Thonpomade gesalbter Panzer, der die Brust
bedeckt und nur an der rechten Küri»ereeite, dio beim Schiersen vom Feinde
abgewandt ist, einen schmalen Streifen frei läfst, den man sogar noch ver-
schnüren kann. Das Ganze wird mit einem Riemen auf der linken Schulter
getragen; häufig sieht man nur eine 1 — 2 Hand breite Bauchbinde aus
lyeder, welche die wichtigen Organe schätzt. Ähnlich diesen von Stuhl mann
liei den Wawira, Walegga, West-Lcndu beschriebenen ist der durch Emin
geschilderte Kürafs der A-Lur. Dieser besteht aus rechteckigen Stücken
dicker Büffelliaut; er umschliefst die Brust und ist nur auf einer Seite offen.
Er wird bei don im Tieflande wohnenden Stammen durch Schulterriemen
festgehalten und auf dem Rücken festgebunden. Seine Vonlerfläche trägt
Punkt- und Linienmuster und wird häutig mit Öl, oft auch mit roter Thon-
erde eingerieben. Auf der Flucht entlodigen sich die A-Lur erst dieses
Panzers, dann erst des Schildes. 1 — Ganz ähnliche Schutzwaffen aus
Büffelfell kommen im Westen vor. Die Bonjo am Mittel- und Unterlauf
lies Ubangi bedecken den Körper mit einem Kürafs, der aus Büffelfell ver-
fertigt ist und in Gurte ausläuft, dio eine Art Dolchmesser lialten, dessen
Scheide wieder den Sohlufs des Panzere bildet. Sehr viel seltener werden
diese Kürasse aus der Haut des Elepliantcn hergestellt. Diese sind ungemein
drückend und halten deshalb Öffnungen, durch die man die Arme steckt.
Ein vom Sangha stammender, nach Schmeltz aus Rhinocerosliaut bestehender
Panzer befindet sich im Trocadcro. Solche von Büffelfell angefertigte und
aus dem Gebiete der Balolo stammende besitzt das Leipziger Museum für
Völkerkunde.*
Im Norden schmiegen sich diese Schutzwaffen dem Körper an. Barth
sah einige Häuptlinge der Musgu, dio ihren Oberkörper durch einen starken
Panzer von Büffelfell geschützt hatten; dio Haaro waren nach aufsen gekelirt;
der Panzer sehlofs aber fester an als die Kürasse des Südens. Dasselbe
ist von den „ärmellosen Jacken aus starkem Tierfell u anzunehmen, die
Nachtigal bei den Bua sah. Es sehieneu ihm mehr Panzer als Kleidungs-
stücke zu sein. Auch sie waren nicht geglättet und die Behaarung nach
aufsen gekehrt 3 — Als einen ähnlichen Schutzpanzer oder wenigstens
den Anfang eines solchen könnte man — um so wenigstens einen Blick
nach dem Süden zu werfen, — die Pelzkragen der Bassonge ansehen, die
vorn und hinten weit herabfallen und so Brust und Rücken bedecken. Sie
sind in Brüssel und in Berlin vertreten.
1) Stuhlmaun, S. 383 und 533. Kmiu boi Stuhlmann, S. 51!).
2) Jean Dybowski.S. 154. Masni, S.95. Schmoltz: „Ethnographische Musea», S.23.
3) Barth, Bd. IU, 8. 179. Nachtigal, Bd. II, S. (HXJ.
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An ferneren und nocli wichtigeren Schutzmitteln aus Büffel - und Oehsen-
fell wäre zweierlei zu verzeichnen. 1. Die Knaben der Xosa beginnen schon
von klein auf, mit Schild und Knüttel bewaffnet, mit einander zu kämpfen;
haben sie koinon Schild, so parieren sie mit dem Unken Arm, der mit einer
Decke umwunden ist. Eine Photographie zeigt, dafs diese Decke ein Büffel-
feil ist. 2. Bei den A-Lur, so schreibt Emin, herrscht der sonderl»are
Brauch, dafs die hervorragendsten Krieger eine ganze, völlig gestreckte
Ochsenhaut, die in der Mitte der Hinterfläche durchbohrt worden ist und
eine Art von Griff erhalten hat, neben ihren Lanzen tragen. Damit dieser
Schild auf die Dauer nicht zu schwer wird, gesellen sich stets
5 — 6 Leute zusammen, die mit dem Träger des Schildes und
unter dessen Deckung vorwärts gehen. Es gewährt einen eigen-
artigen Anblick, wenn man im Gefecht 6 — 8 solche Ochsenhäute
vor sich sieht, hinter denen sich dio Träger verstecken. 1
Den Armschutz der Xosaknaben erkennen wir in dem Fell-
überzug der Mondu- und dem Fcllstfick der Waschaschi- Schilde
wiedor. Vergleichen wir al>er mit dem zuletzt beschriebenen,
y^^PÜ originellen und sehr altertümlich erscheinenden Ochsenhautschild
der A-Lur die Betsehuanaseliilde (Fig. 4), die oben und unten,
nach beiden Seiten mit Flügeln, also je zwei Auslaufern nach jeder
Seite verschon sind, so mufs sich uns die Idee aufdrängen, dafs
wir es mit einer Diminutivform der an den Stock gesteckten
Ochsenhaut in den 4 Flügeln, also mit der Nachbildimg der
4 Beine des Felles zu thun haben: eine Meinung, die noch da-
m durch bestärkt wird, dafs an Zulu-, Betschuana- und noch anderen
Y.m ähnlichen Schildern das obere Ende des Rückenstabes oft mit
einem Ochsenschwanze geziert ist. — Damit dürfte aber die
formale und wesentliche Beziehung zwischen Stock- und Fell-
Fig. 13. . ,
M * , schild erwiesen sein.
Marsa, Stock-
Schild der ™° Böffel - ° (lor Ochsenhaut -Verwendung wollen wir zu-
Australier, nächst als afrikanisch bezeichnen. Wir müssen uns hier darauf
(im Bositzo beschränken, weil wir noch zu keiner anderen Annahme Beweise
" J haben. Anders aber verhält es sich mit dem Stoekschild, den
ich als nigritisch bezeichnen darf, allein schon deshalb, weil analoge und
gleiche Formen aus Australien längst bekannt sind. (Vergl. Fig. 18.) Wir
werden später sehen, dafs er sich bei allen Verwandten der Nigritier, wenn
auch nicht voll erhalten, so doch in Nachklängen findet.
d) Die Rohrschtldc. Rohrschilde führen vor allen Dingen die Sande -
Verwandten des Sudan und Kongo- Beckens. Im Norden kommen sie neben
1) Krapf, S. 117. Einiu bei Stuhlmaan, S. 519.
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— 30 —
den Leder- und Fellschilden vor und fanden somit schon Erwähnung. Der
westlichste Punkt des Vorkommens solcher Schildformen scheint an der Gold-
küste zu suchen zu sein. Alte Berichte schildern diese Sclülde folgender-
mafsen :
Sie sind etwa 4 — 5 Fufs lang und 3 Fufs breit, sind aus Weiden
hergestellt, und einige sind mit Gold-, Leder- oder Leopardenhaut überzogen.
An jeder Ecke und in der Mitte finden sich kleine kupferne Platten, die
Pfeile und Wurfspiese, auch wohl einen Säbelhieb, nicht aber Gewehrschüsse
abhalten. Artlius berichtet, die Schilde würden aus gewebten Baumrinden
gemacht, sie waren viereckig, 6 Fufs lang und 4 Fufs breit, auswärtsgebogen
und mit einem hölzernen Kreuze befestigt, um sie hiebfester zu machen.
Er fügt hinzu, der Griff wäre inwendig; einige überzögen diese Schilde mit
Oehsenhäuten und verstärkten das Kreuz an der Aufsenseitc mit eisernen
Platten.
Aus diesen Berichten ergiebt sich dasselbe, was neuere Forschungen
bestätigt haben: starke Mischung. Es kommen in diesen Gegenden des
Westens (Nord - Guinea) fast überall verschiedene Formen imd Materiale
nebeneinander vor: *Rohr, Fell, Leder, Holz, dazu runde, viereckige und
ovale Formen. Allerdings ist durch den Küsteneinflufs schon vieles ver-
wischt, aber eine zukünftige intensive Forschung wird geographische Klärung,
Ergebnisse über die Verbreitung, doch noch bringen können; sie wird aber
andererseits auch nur zeigen können, dafs die gleichen Formen, Materiale,
Konstruktionen sich hier in gleichem Sinne gemischt haben, wie im
centralen Sudan. 1
Geflochtene Schilde waren ferner im alten Benin heimisch. Sie
waren von sehr dünnem und leichtem Bambus (?) gemacht und konnten
keiner Macht widerstehen. Daher dienten sie mehr als Zierat, als dafs
sie zur Gegenwehr tauglich gewesen wären. So berichten die Reisenden
des 16. und 17. Jahrhunderts. Aus den Elfenbeinschnitzereien, die neuer-
dings in Benin aufgefunden sind, kann man ihre Form recht wohl erkennen.
Bastschilde aus Bugumar (Neukalabar) befinden sich im Museum für Völker-
kunde in Hamburg.*
1) Bosman, S. 228. „Allg. Hist. d. R", Bd. IV, S. 221. Ratzel: „Völkerkuude",
2) Bd. II, 8. 521. Binger, Bd. II, S. 471 uud a. a. O. — Im Leipziger Museum für
Völkerkunde befindet sich ein kleiner IlohrschUd, der mit Baumwollstoff uud eiuom
Längsstreifen aus Holz vorn verkleidet ist. Dazu bemerkt dor Donator P. Steiuer:
Schild, früher nur dem König von Kuma.se erlaubt, jetzt auch von unabhängigen
Asante- Fürsten beim Spiel getragon. Geschenk des Königs von Abetifi (Okwao).
2) Cada Moso und andere bei Loo Afrikanus, Bd. II. Bosman, S. 549. Bast-
schild, Bugumar Neukalabar im Katalog des Hamburger Museums für Völkerkunde,
Nachtrag von 1887-1894, S. 10, Nr. 1513.
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In den Haufsaländem sali Staudinger bei Fufsgängern kleine tartschon-
ähnlicho Schilde, teils aus Leder, teils aber auch aus Flechtwerk. Es
scheinen die ersteren aber doch noch bedeutend zu überwiegen, erst in
Adamaua treten die letzteren mehr in den Vonlergrund. — Im Lande der
Marghi fand Heinrich Barth in einer kleinen Wohnung neben einom gewöhn-
lichen Schild einen ganz besonders grofsen, welcher aus einem dicken Fleeht-
work von Rohr bestand und von den Marghi Tschaggo, von den Kanuri
Kutufaui genannt wurde; er war grofs genug, um 2 oder 3 Personen be-
schützen zu können. Derselbe Reisende erwähnt bei den Musgu schwache,
aus Rohr geflochtene Schilde. 1
Es erstreckt sich hier im Westen vom Sudan bis zum Ogowe eine
Zungo von Völkern in das Verbreitungsgebiet der geflochtenen Schilde, die
Txidersehilde allein oder neben denen aus Rolu- führen; es sind das die
Wute und die nördlichen Fan, Pangwe, Yaunde. Hei den letzteren finden
sich Schilde von Elcphantenhaut und Fell der Kuhantilopo. Daneben treffen
wir bei den Yaunde noch solche aus dem Geflecht der Kolanufs, bei den
Fan aus Binsen geflochtene und mit einem starken Holzoinsatz von fünf
Schuh Länge und auffallender Schmalheit Diese werden als von ungemein
geschmackvoller Arbeit beschrieben. Guinil berichtet, dafs die Schilde der
Batcke (bei Franceville), der Oudombo, wie auch aller anderen Stämme des
oberen Ogowo aus Liauen geflochten und sehr sorgfältig gearbeitet seien.
Zuweilen umgiebt eine Franse von Ziegenfell den Rand. Im Innern ist
ein Holzbrett angebracht, in welches die Hand greift; in ihm befindet sich
also der Handgriff. Die Schilde der Mbamlxi am oberen Ogowo sind sehr
lang und ausgezeichnet aus einer gespaltenen Liane geflochten. — Nach
Norden nochmals zurückkehrend, ist an die viereckigen, nach einer guten
Photographie zu urteilen, offenbar aus einer weidenähnlichen Pflanze her-
gestellten Schilde der Nkosi zu erinnern. Die Nkosi wohnen zwischen
dem Kamerun- Pick und dem Baliland. — Um alles hier zu erledigen, er-
innere ich daran, dafs wir bei südlichen Baghirmi- Stämmen nel»eu Leder-
schilden solche aus Rohr fanden. 2
Damit ist im Norden und Weston jenes Gebiet umrahmt , in dem der
Rohrschild vorherrscht oder sogar alleinherrscht. Bis jetzt trafen wir überall,
mit Ausnahme der schon innerhalb der Peripherie der Verbreitung des Rohr-
schildes wohnenden Musgu, Marghi und der Stämme des oberen Ogowe
noch Loderschilde, also Ausläufer und Mischungen. Baghirmi, Adamaua
1) Staudioger, 8.711. Passarge, S.457. Barth, Bd. II, S. 643; Bd. LH, S. 200.
2) Wilson: „West -Afrika*, S. 224. Lenz, S. 82/S3 und 200. Guiral, S. «4,
157, ll>8, 109. Zenker in: „Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten 11 , Bd. VIII,
S. 44. Abbildungen in L. F.: „Bildende Kunst 11 , Fig. 57 und 59.
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— 41
und Sud -Kamerun sind die Gebiete, in denen die Fell- nelien den Korb-
schilden gebräuchlich sind und die das eigentliche Gebiet der geflochteneu
Sehilde im Norden und Westen einfassen. Dieses nun ZU durchkreuzende
Gebiet erstreckt sich von den Baja bis zu den mittleren Sande, vom
mittleren Schari bis zum oberen Kassai, von dem Lande der Bajansi bis
zum Westufer des Mwutan Nzigo.
Der Schild der Kaja ist etwa 1,10 m hoch und ca. 50 cm breit Er
ist mit einer Holzplatte verschon, in welcher der Dolch steckt; aufsen ist
er häufig mit Mustern verziert. Ein Exemplar, das Passarge abbildet, ist
mit Fellstreifen besetzt.
Die Völker zwischen dem
Uellebogen und dem Schari :
Tokbo, Quadda, Ngapou,
tragen alle geflochtene
Schilde, welche bis auf
die der Quadda oval sind,
letztere sind auch lang,
aber achteckig, also an den
vier sonst gebogenen Ecken-
gegenden abgeschrägt. Am
Uellebogen und -Unterlauf
wohnen die Bonjostämme
und die Sango; die Schilde
der Bonjo sind mindestens
1,20 m hoch. Masui lobt
die schone Arbeit ebenso
wie die der Saugoschilde.
Die letzteren sind mit roten
F.Hlern und mit Glöckchen
versehen. Die Schilde der
Buhn geniefsen den Ruf, so
fein geflochten zu sein, dafs
sie undurchdringlich sind. 1
Zuerst sind unter allen diesen Formen die Scliildo der Sande weiter
l>ekannt geworden. Diese sind aus Hohr sorgfaltig geflochten und in der
Mitte ausgebaucht, tun auf der Innenseite Platz für die Handhabe zu schaffen.
Diese besteht aus einem Steg, der (Iber einer geschnitzten Höhlung für die
Hand in dem harten Holze stehen gelassen wird und au welchen ein oder
Fig. 14.
Innenseito eines Schildes
von.don Stiinleyfiilleu (Mos.
f. Völkerkunde in Leipzig)
Fig. 15.
Schild der Bapoto (nach
Photographie).
1) F.J.Clozel, S. 15. Jean Dybewski, S. 154, 303 und 3G1. Masui, S. 02 und 131.
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— 42 —
zwei Wurfmesser angebunden sind; die Kleinheit der Handhöhle ist auf-
fallend. Dio Form ist fast elliptisch. Als Schmuck dient manchen Schilden
innen ein Leopardenfcll; aufsen findet sich fast immer eine feine Bemalung
in Schwarz, hfiufig ist unter diesen Ornamenten das Kreuz 1 (Fig. 14).
Dio Schilde der Momfu , obgleich ebenfalls aus Rohr geflochten , bilden
in dieser Gruppe eine merkwürdige Ausnahme; sie sind nicht oval, sondern
unten spitz und oben breit, wenn auch abgerundet, also nicht eckig. Junker
nennt sie „unseren grofsen Papierdrachen nicht unähnlich. 44 Das spitze
untere Ende ist korbähnlich zusammengelegen und darin ruhen, mit der
Handhabe des Sehildes umfafst, einige Speere. Am auffallendsten erscheint
mir al»er, dafs nur ein einfacher Stock innen Handliabe und Steifungsmittel
bildet Gewöhnlich finden wir ein kleineres oder gröfseres Brett, aus dem
die Handhabe herausgearbeitet ist.»
Am Uello führen dio Baloi einen sehmalen langen Rohrschild; in der
Mitte hat er einen Holzknopf. Die der Babangi, oft Bajansi genannt, sind
nach Johnston aus Bast, nach Baumann aus Rohr geflochten. Die Schilde
der Bangala bestehen aus Binsen. In der Mitte vorn ist der Holzknopf
als Platto stark ausgebildet. Coquilhat sagt, sie seien leichter, breiter und
gewölbter als die Schilde der Balolo an der Tschuapamundung; diese sollen
angeblich von Inlandstämmen verfertigt sein. Als Francois den Tscfanapa
hinauffuhr, rief er unter diesen Völkern mit den rohrgeflochtenen Schilden
grofee Erregung hervor. Sie tauchten die Schilde ins Wasser, um das
Geflecht haltbarer und dichter zu machen. 8 — Den Kongo hiuaufwaudernd,
erreichen wir wieder eine Gegend der verschiedenen Einflüsse. Die Mo-
nungiri haben lange Schilde, welche eine Eisenkuppel statt des Holzknopfes
tragen; sie sind aus Bast geflochten und am Rinde mit Ziegenfell uber-
zogen. Schilde mit solchen Eisenkuppcln Ksitzt das Berliner Museum für
Völkerkunde; sie tragen den Vermerk: „Aruwimi". Auch bei den Bapoto
kommen solche Eisenbuckel auf Rohrschilden vor. Einen Schild, auf des-
sen Lederfläche Flechtmuster eingedrückt sind und der mit einer gleichen
Eisenkuppel versehen ist, bildet Junker ab als vom blauen Nil stammend.
Der unten und oben überragende Mittelstab weist die Richtigkeit solcher
Provenienzangabe nach. — Die Sehilde der Ituka (am Kongo) waren in
Form länglicher Rechtecke sehr schön aus Palnirindc verfertigt, dabei leicht,
1) Schweinfurth, S. 230 231. Junker, Bd. I, S. öOO; Bd. II, S. 393. Casati,
Bd. I, S. 17« und 194. Congo Illustre 1894, 8. 133. retermann und Hasse u stein :
„Innor- Afrika 4 , Eingangstafel Nr. 9.
2) Junker, Bd. III, 8. 70.
3) II. H. Johnston, S. 214. Baumann: „Beitrage", 8. 11 und 12. Coquilhat,
S. 211. Masui, S. 81. Fran V ois, 8. 132.
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— 43 —
zähe und fflr Messer und Speere undurchdringlich. Ein viereckiges Schal-
brett von Ebenholz mit einer Klammer und ein zweites kreuzüber ange-
brachtes Brett gaben dem Schilde genügende Steife. — Am Kongo ist
ferner der Schild der Bapoto zu erwähnen. Er ist langoval und aus Rohr
geflochten. Der Holzknopf auf der Stirnseite ist zum Längsstreifen ange-
wachsen. — Fflr den Mittelkongo typische Ovalschildc aus Bohr kommen
bei den Basoko neben Fellschilden mit Buckel vor 1 (Fig. 15).
Wir haben bisher die Rohrschilde in der Mischung kennen gelernt,
das war die Nordwestgruppe. Soeben ist als zweite Gruppe die Verbrei-
tung der ovalen Korbschilde mit innerem Schalbrett besprochen, die von
den Ogowevölkern bis zu denen der Amwimi, von denen des Uelle-Ubangi
bis zu denen des Tschuapa reicht. Es kommt jetzt die dritte Gruppe der
Vorkommnisse im Süden und im Osten zur Besprechung. Wir haben hier
drei wichtige Typen: 1. Schilde, in denen das Holz fast ganz fortfällt.
Verbreitung: Uelleoberlauf und Aruwimioberlauf. 2. Schilde, an denen das
Flechtwerk von einer Holzplatte getragen wird, bei denen also Holz und
Geflecht die gleiche Rolle spielen. Verbreitung: Nilqucllgebict zwischen
dem Nilausflufs aus dem Viktoria und dem Tanganjika. 3. Schilde, in
deren Bauart das Hauptgewicht auf der Holzplatte beruht und bei denen
die Rohrbekleidung abnimmt. Verbreitung: die Kalunda-Baluba -Völker zwi-
schen dem Tanganjika und dem Sambesi -Kassai- Quellgebiet. Betrachten
wir die Schilde in dieser Reihenfolge.
Die Schildformen des Gebietes zwischen dem oberen Aruwimi (Ituri)
und dem Mwutan Uzige hat Stuhlmann eingehend beschrieben. Zunäclist
sind noch einige den Kongoschilden verwandte Formen zu erwähnen: die
Schilde der Wahoko und Wambuba sind grofsoval, fast kreisrund, aus bieg-
samem Rotanggeflecht und aufsen mit langgezogenen schwarzen Dreiecken
bemalt Ihr Rand ist mit Golobusfell benäht, und an ihrer Hinterseite
ist noch die ovale Holzplatte befestigt, an der der Handgriff angebracht
ist. — . Als Schlitzwaffe der Wald-Wassongora dient häufig eine trapezför-
mige, aus Rohr geflochtene Platte von etwa 40 cm Länge, die auf dem
Rucken an einer um den Hals laufenden Schnur hängt und durch einen
dicken Rand und kreuzweise über sie weg laufende Stäbe die nötige Festig-
keit erhält. Bei den Lendu erwähnt Stuhlmann die kurz trapezförmigen
oder länglich rechteckigen Rohrgeflechte, auf denen zuweilen der Köcher
befestigt ist. (Fig. 16.) Einigemale sah er auch riesige ovale Schilde aus
biegsamem Rohr, auf deren Aufsenseite schwarze Muster aus senkrecht
1) Baumann: „Beitrage", S. 19. Junker, Bd. 1, 8. 22ü. Congo Illustre 1892,
8.210; 1894, S. C9. Ratzel: „Völkerkundo", 1) Bd. I, S. :>f>4. Stanley: „Dunkle
Weltteil", Bd. H, 8. 248/249 und 288. Jameson, S. 71 und 80. Ward, 8. 188.
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— Ii —
gestellten Linien und langgezogenen Dreiecken angebracht waren. Dieso
Behienen ihm von den Walioko- Wambnba flbcrnommcn worden zu sein.
Einige Wakondjo am Westufer des Mwutan Uzigo trugen lange rechteckige
Schilde aus biegsamem Geflecht, an denen hinten eine Hand habe angebracht
war. Ähnliche Formen lernte Stanley auf seiner Rettungsfahrt zu Emin
in derselben Gegend kennen. 1 — Das Gebiet dieser Schildformen ist aber
noch weiter zu ziehen. Wir sehen hier im allgemeinen zweierlei als typisch
Hand in Hand gehen: bei der vorigen Grupi>e ovale Form und feine Flecht-
weise, bei dieser eine Neigung zur eckigen Form und rohere Flechtweise.
Insofern schliefsen sich unsere Schilde mehr an die der zuerst beschrie-
benen Nordwest.strand- Gruppe an. Die Schilde der Gold-
kuste und der Nkosi sind viereckig und plumjier geflochten.
Eckig und einfacher geflochten sind aber auch die Schilde
der östlichsten Sande, der Makaraka und auch solche der
Basoko. Ferner ist ein merkwürdiger Schild vom Nord-
rande dos Rudolfseos hier anzufahren. Er bestellt aus
einem schmalen, viereckigen Holzgestelle, das ein weites
Maschennetz einrahmt. Zu den Schilden des einfacheren
Flechtwerkes gehören al>or auch die des zweiten Ost-
Typus, des Nihpiellgebietes. 8
Dieser östliche Typus der dritten Gruppe des Ge-
flcchtschildes ist durch ein Hauptmerkmal gekennzeichnet :
das Flechtwerk ist nicht selbständig, sondern dient als
Bekleidung einer Heiz- oder Korkholzplatte. — Die be-
kanntesten sind die der Waganda, diese sind oval, an
beiden Enden spitz und von der senkrechten Mittellinie
aus ein wenig zurflekgebogen. Die Mitte zeigt einen
konischen Holzbuckel. Der Schild besteht aus leichtem
Holz, das mit einem sehr regelmärsigen aW einfachen
Geflecht aus dem Bast einer Maranthacee aberzogen ist.
Der Hand des Schildes ist mit Leder, oft auch mit dem
langhaarigen , sohwarzweil'sen Fell des Golobus eingefafst. An der Hinter-
seite ist ein Handgriff befestigt, durch den man einen Lederriemen zieht,
wenn der Schild aufscr Gebrauch gesetzt ist und Ober die Schulter gehängt
1) Stuhlmann, S. 533, 548, 022, 034, 653. Stanley: „Dunkelste Afrika«, Bd. 1,
S. 240 und 4.">7.
2) Hartmun, Bd. II, S. 176. Casati, Bd. I, S. 270. Ratzel: „Völkerkunde*,
2) Bd. 1, S. 533. Höhne), 8. 053. Schilde der Makaraka und Basoko mit einfachem
Flochtweik: Berliner Museum für Völkerkunde III C. 4100 uud III C. 4101. Auch in
Wien, Leipzig und Leiden sind solche Schildformou vertreten.
Fig. 10. Iiendu-
scbild, Innenseite
(nach Stuhlmann).
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4« -
werden soll. Die Schilde der Wasiba bestehen aus einem mit Geflecht
Aberzogenen leichten Mark. Auch den Bukoba dienen grofse, rechteckige
Schilde aus den leichten Platten von Korkholz, dio sauber mit Hotang über-
zogen sind. Die Wahuma Karagues bedienen sich eines kleinen, runden
Schildes von ca. 40 cm Durchmesser, der in der Mitte einen breiten, ab-
gerundeten Holzbuckel trägt, und dessen an zwei gegenüberliegenden Seiten
etwas zurückgebogener Hauptteil aus einer leichten Holzplatte besteht; die
mit radial verlaufenden Rotangfasern übersponnen ist Es scheint, dafs diese
ziemlich seltenen Schilde, die von den Leuten nur sehr ungern verkauft
werden, aus weiter westlich gelegenen Ländern, vielleicht aus Nkole ein-
gefülirt werden, da anscheinend in Karague Rotang nicht vorkommt. Von
nördlichen und östlichen Schilden gleichen die der Wanyoro, Wakawirondo
und Wassoga denen der "Waganda fast vollkommen, ausgenommen die That-
sachen, dafs der der ersteren mit Rotang übersponnen ist, dafs der der
beiden letztoren Völker mit drei statt mit einem Holzbnckel versehen ist,
dafs endlich hie und da ein Ziegenfellbcsatz vorkommt Am Kiwu traf Graf
Götzen Schilde, die denen der Waganda nur insofern nicht ganz gleichen,
als sie etwas länger und die Überzüge aus Rohrgeflecht etwas unregelmäßig
sind. — Auffallenderweiso beschreibt Burton den Schild der Wawinza als
ans Flechtwerk hergestellt. Er soll 6 Fufs lang und 2 Fufs breit sein.
Ob er über einer Holzplatte gearbeitet ist, ist unklar gelassen. Möglicher-
weise ist er von den von Norden eingewanderten Watussi mitgebracht 1
Endlich ist als dritte Hauptform der dritten Gnippe der Schild vom
Kalundatypus zu nennen. Die Balunda Kazembes bedienten sich zur Ver-
teidigung eines länglich viereckigen Schildes aus einem sehr leichten und
porösen weifsen Holze, welches mit der Wurzelrinde eines in den Seen
vorkommenden Gewächses durchflochten ist. Bevor sie in den Kampf
gehen, tauchen sie diese Schilde in das Wasser, wodurch das Holz aus-
gedehnt uud sehr fest wird. Dio gleichen Schilde lernte der von Süden
kommende Livingstone auf der Westseite des Lundagebietes, im Lande
Schintes kennen. Sie waren 5 Fufs hoch und 3 Fufs breit Brusthoher
Scliilde aus Weidengeflecht bedienen sich weiterhin die Bena Kalosch.
Einige Balubaschilde sind dagegen gestreckter und mit einer Mittelrippe ver-
sehen (Fig. 17), andere wie die der Wasimalungo und Wabujwe behalten
1) Stuhlmann, S. 176/177, 181, 241. Uerrmann in den Mitteilungen aus den
Deutschen Schutzgebieten, Bd. VIII, S. 51. Götzen, S. 200 und 246. Burton: „Lako
Regions", Bd. II, S. 75 und 307/308. Peters, S. 282. Tiedemann, S. 221. — Schilde
aus Uganda sind in letzter Zeit so häufig nach Europa gekommen, dafs wohl jedes
Museum oiniger Bedoutung im Besitze eines Schildos dieses Typus sein dürfte und
dafs ich glaube, von der Abbildung einos solchen absehen zu können. Abbildungen
bei Junker, Speko etc.
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46
wohl die der quadratischen zuneigende Gestalt, erhalten aber aufsen eine
erhaliene Querleiste und dazu geritzte Tiergestalten. Schilde der Bassange
sind geflochten und mit einem Holzrahmen versehen. 1
Bei den Schilden dieses Typus bleibt die Bedeutung des Flechtwerkes
hinter der des Holzbodens zurück. Wenn wir einen Blick über alle For-
men der Korbschilde gleiten lassen, so drangt sich uns die Frage auf, ob
wohl das Korbgeflecht zum Holzschilde in einem gleichen Verhältnis stehen
könne, wie der Fellmantel der afri-
kanischen Zuluschilde zum Stock-
schilde. Um aber diese Frage
berücksichtigen zu können, müssen
wir erst die Holzschilde näher
betrachten.
e) Die Holzschilde. Im Westen
wurde in Weida in alten Zeiten
ein mit Leder oder Fell über-
zogener Holzschild angetroffen.
Am Tschad ist die zweite bekannte
Form heimisch, die dritte fuhren
die Völker des westlichen Kongo-
beckens und des Zwisehenseen-
gebietes von den Mangbattus bis
zu den Manjema, von den Balul>a
bis zu den W r akerewe. Hier ist als»
die Hauptverbreitung zu suchen.
Text und Altbildung des Ka-
nembuschildes stimmen bei Barth
nicht vollkommen überoin. Er be-
sehreibt sie als ausgebaucht imd
oben und unten gleich breit. Sie
werden aus dem Holze des Fago-
Fig. 17. Schild der Baluba (Mus. f. Volker- hiMmCi , g 0nmc ht Die Abbildung,
kundo in Berlin). Fi«. 18. Schild der Wa- , . , ~.
, , , ' . f . . ... die der von Denham und Clapperton
karra (nach Ongtnalphotugrnphie).
gebotenen fast vollkommen ent-
spricht, zeigt einen oben etwas breiteren und abgerundeten und unten
BChmlleren und glatt abgeschnittenen Schild, der aus mehreren Latten
zusammengefügt und mit Ruberen Querriemen gebunden ist
1) Gatnitto: „0. Muata Cazembe", Taf. S. 360. Valdez, Bd. II, Taf. S. 214.
Gamitto in der Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, Bd. VI, S. 39."). Livingstone:
„Missio-nsrcison", Bd.I, 8. 322; Taf. in Bd. II. Wifcmaun und Pogge, Tafel: „Bassongo-
Waffeu*. Wifemann: .2. Domhqnerimg*, 8. 80. Ratzel : „Völkerkunde". 2) Bd. II, S. 35.
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— 47
Das nördlichste Vorkommen der Holzschilde dos dritten Verbreitungs-
gebietes stellt der Maugbattuschild dar. Die Schilde der Mangbattustiimme
sind aus einer einzigen Platte künstlich mit einem unserem Fafsbinderbeil
ahnlichen Werkzeuge zugehauen. Sie bestehen aus dem Holze der TTncaria.
Um ihnen eine schwarze Färbung zu geben, werden sio in das Flufsufcr
eingegraben. Durch eine Umrandung von indischem Rohr werden sie fest-
gemacht. Mit Hügeln und Nieten von Eisen und Ästen verziert der ge-
meine Mann den Schild, mit kupfernen Rosetten und Nilgeln der Magnat
Der Fürst befestigt aufsen daran als Talismane Federn und Flügel heiliger
Vogel. Der Krieger führt aufserhalb des Hauses den Schild stets. Trotz
der GröfSe ist er leicht Mangbattu A-Madi und A-Barmbo haben diese
Schilde gemeinsam. 1 — Im östlichen Kongobeckon mehren sich die Holz-
schilde. Bei den Lukeröu erwähnt Baumann Schilde aus Canoeböden, bei
den Manjema Stanley Schilde: „wahre Holzthüren". Ebensolche Schilde
besitzen die Baswa. Am Tschuapaunterlaufe sind elliptisch gestaltete Rohr-
schilde heimisch; die Lussake am Oberlauf abor führen kleine Schilde vier-
eckiger Form aus leichtem Holz; auf der Stirnseite sind sie schwarz, weifs
und rot bemalt. Die Balubavölker besitzen verschiedene Schildformen hier-
hergehöriger Art; sie sind aus Holz oder Rippen der Raphia hergestellt
Letztere, viereckig und schwach gewölbt sind von den östlichen Baschilange
und den Bona Lussambo bekannt. Auch die Schilde der Wakussu sind aus
Palmrippen hergestellt. Dagegen hatten die Wabujwe und Wasi-Malungu
aus einem Stück Holz geschnitzte Schilde; von ereteren ist es durch Mit-
teilung, von letzteren durch Abbildung bezeugt. Aber liier beginnt schon
ein wenn auch nur schwacher Überzug von Flechtwerk bemerkbar zu wer-
den. Don Mangbattuschilden sind sie insofern ähnlich, als sie gleich die-
sen durch eine hölzerne Querleiste aufsen und in der Mitte, und am Rando
durch einen Rahmen von indischem Rohr gefestigt sind. Mannshohe , recht-
eckige Holzsclülde mit geringer Wölbung traf Götzen bei den Butembo
westlich vom Kivu, östlich der Walegga an. In Nord-Urundi sind jetzt
noch „alte, sehr originelle Holz- und Korbschilde" im Gebrauch, aber nur
noch beim Tanzen. 5
1) Barth, Bd. U, S. 414; Bd. HI, S. 110. Clapporton und Denham, Tafel II.
Casati, Bd.I, S. 114. Junker, Bd. II, S. 289, 301, 401, 446, 493. Schweinfurth, 8.299.
2) Stanley: „Dunkle Weltteil*, Bd. U, S. 75 uod 252. Livingstone: „Last
Journals", Bd. H, 8.143. Stanley: „Dunkelste Afrika", Bd.I, S. 27ü. Baumann:
„Beiträge", S. 21. v. Francois, S. 150. Wifsmann und Pogge, S. 172 and 210. Ratzel:
„Völkerkunde", 2) Bd. II, S. 299. Weule: „Die Eidi-chse als Ornamout in Afrika" in
der Bastianfestschrift, 8. 10, Fig. 7 und 8. Götzen, S. 258. Cameron, engl. Ausgabe,
Bd. II, 8. 18. Baumann: „Massailand", 8. 221.
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— 48 —
Die Gestado des südlichen und westlichen Victoria werden von Völ-
kern bewohnt, die ihre Schilde zum gröfsten Teil aus Aml»atseh oder sonst
einem leichten, korkähnlichen Stoffe herstellen. Die Wassoga, Wakavirondo,
Waganda, Wanyoro, Kajora, Wnsiba etc. überspannen, wie schon erwähnt
wurde, diese Holzschilde mit Rohr oder Bast. Wakarra und Wakerewe
benutzen sie ohne diesen Überzug (Fig. 18). — Zuletzt ist noch ein ver-
einzeltes Vorkommen des Holzschildes zu erwähnen: in Pare. Alier der
grofse Pareschild aus Holz ist im Verschwinden begriffen; der Fellschild
verdrängt ihn. 1
Die Beziehung zwischen Holz- und Korbschild 5 werden wir
ohne Schwierigkeit nunmehr aufdecken können. Stellen wir erst einmal
die wesentlichen Formeigentümlichkeiten fest:
Der Korbschild macht eine Entwicklung durch, deren eine Anfangs -
oder Endstation ist: ein Rohrgeflecht bedeckt eine Holzschale als Überzug;
deren andere Anfangs- oder Endstation ist: Ein Rohrgeflecht ohne inneren
Halt, als welcher eine I,atte oder ein Brett anzusehen wäre. In der Mitte
Bteht der Sandeschild: ein verliältnismäfsig kleines Holzbrett, das den
Handgriff enthält, befindet sich inmitten eines ovalen Rohrgeflechtes (Fig. 14).
Sowohl die zuerst angeführte Form (Fig. 17) als die zu zweit angeführte
(Fig. IG) neigen zur rechteckigen Gestalt, welche wir demnach als Aus-
gangsform anzusehen hal)en würden. Aber auch die Formen zwischen den
l>eiden (Fig. 14 und 15) lassen noch das frühere Rochteck erkennen, denn
das Muster in der Flechtwoise ist oben und unten ergänzt. Die gebogene
statt rechteckige Form ist demnach auf den Ring zurückzufahren, der den
Schild umgiebt und ihm gleichsam wie der Wulst der ljedersehilde Festig-
keit verleiht
Der Holzschild ist ausgezeichnet durch eine Entwicklung, deren eines
Ende die Herstcllungsweise aus einem Stück, deren anderes Ende aber die
Herstellungsweise durch Zusammenfügung ist. Die aus einem Stück l>e-
stehenden Schilde sind nicht überzogen und zeigen einen Handgriff, der das
Problem der Verbindung in ungeahnt schneller Weise zur Lösung bringt.
Man vergleiche Fig. 19, einen Schild der Babusesse am oberen Aruwimi,
1) Baumann: „Massailand"', S. 211, 212, 213; „rsambara", S. 234/235.
2) Es handelt sich hier lediglich dämm, die afrikanischen Formen zu vorstehen.
Ich behalte mir os vor, die Entstehung- und Entwicklungsgeschichte des malajo-
nigritischen Korbschildes in dem Bande über die oceanischen Kulturen eingehend zu
orörtern. Es werdon sich dann in manchen Tunkten anscheinende- Widersprüche zeigen;
•las ist dadurch zu erklären, dafs ich hier nur eine Linie in der Entwicklung der
Korbschilde, eine zweite aber erst später berücksichtigen kann, wenn die eigenartige
Beziehung der Angriffs- und Verteidigungswaffen näher erörtert ist.
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— 49 —
mit dein Stockschilde Fig. 10 (auch mit Fig. 11). Wir sehen, dieser Schild
der Babusesse stellt eine Erweiterung oder vielmehr Verbreiterung des
Stockschildes dar. Da wir in Australien, dem zweiten der für nigritische
Kultur wichtigsten Gebiete, den gleichen Vorgang beobachten können (vgl.
Fig. 13 mit Fig. 20a und b), so stehen wir hier der Beantwortung der
Frage nach der Entstehungsgeschichte dieser breiten Holzschilde gegenüber.
Vergleichen wir damit das Brett im Sandeschilde, so bemerken wir
sogleich dieselbe Entstehimg des Handgriffes (Fig. 14). — Demnach wäre
Fig. 19. 20 a. 20 b.
Holzschild der Babusesse Fig. 20a. Schild aus Westaustralien,
am oberen Aruwiini, von von innen (Brit. Mus.). Fig. 20b.
innen (nach Stanley). Schild aus Queensland, von innen
(nach Brough Smith).
der Korbschild entstanden, indem der Holzschild mit einem Überzug von
Rotang versehen, dieser Überzug aber selbständig wurde und so die
innere Holzverschalung verkümmerte, bis sie in Wegfall kam. Den letzten
Vorgang können wir erklären. Im Gebiete der Sande -Kongosohilde ist
nämlich das Wurfmesser eine bevorzugte Waffe und der Bau des Sande-
schildes mufs als dieser angehst behandelt werden. Wenn das anschwir-
rende Wurfmesser nämlich einen nicht nachgebenden Holzschild trifft,
schlägt es ein, und es mag wohl auch so den Gegner nicht verwunden,
aber es zerstört den über dem Holz befestigten Rohrüberzug, während es
Frobonius, Afrikanische Kulturen. 4
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— 50 —
ohne die Rückwandung den Schild nicht verletzt; es fällt zu Boden. Die
hölzerne Rückwand kam hier also infolge dos Einflusses der Angriffswaffe
fast gänzlich in Wegfall und nur das Brett der Handhabe blieb bostehen.
Haben wir nach dieser Richtung demnach einen Anschlufs gewonnen,
so sind wir in anderer Hinsicht zunächst im Unklaren gelassen, wie wir
die Können der übrigen Holz- und Korbschilde in Beziehung bringen sollen.
Konstruktiv sind sie wohl verständlich. Wir verlangen aber, wie aus den
obigen Ausführungen hervorgeht, eine Beziehung zwischen
der geographischen und der formalen Entwieklungs-
richtung. Wir sahen so den Stockschild im Süden als
Fellschild aufwachsen. Im Norden kam der asiatische
Rundsehild hinzu, und im Vorbindungsgebiet zwischen
Nord- und Südachse vereinigten sich beide zu den
Formen der Nilvölker - Massaigruppe.
Einen derartig klaren Faden in der
Entwicklungsrichtung der Holz- und
Korbschilde vermögen wir nicht zu
finden. Hier treten »ms in willkür-
licher Zusammensetzung Gruppen ent-
gegen, deren Leitformen abgeschlossene
Tlmtsaehen bedeuten.
Ein tieferes Untersuchen bietet
wenigstens einen Blick, wenn auch keine
völlige Aufklärung. Die Richtung von
den einfachen Flechtwerken (Fig. 17)
zu den feineren (Fig. 15) weist von
Südosten nach Nordwesten. Es umgiebt ein Kreisbogen
launenhafter Gestalten (Baluba-, Kalunda-, Lendu-,
Waganda-, Wakarra- Schilde) dies Centrum der geklärten
Sande- Kongo -Schildgruppe. Also dürfte eine Be-
wegung in dieser Richtung anzunehmen sein. Aber
auch in dieser Peripherie bietet kein Typus den
Charakter des Ausgangspunktes. Überhaupt das Ein-
setzen in einer Peripherie statt in einem Ausgangs-
punkte stellt einen gewissen Gegensatz zu unseren
früheren Aufdeckungen dar.
So messen denn diese Verhältnisse anders angofal'st werden, wenn sie
verständlich worden sollen. "Wir haben es hier nicht mit einer Ausstrahlung,
einem Aufwachsen von einem Punkte aus zu thun. sondern mit einer
Zurückdrängung. Von Süden herauf sahen wir die Zuluschilde über den
Fig. 21.
Schild von der Astro-
laU.« - Bai , Neuguinea
(Museum für Völker-
kunde in Leipzig).
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Sambesi zu den Marutse-Mambumla, ja bis zu den Bassongo vordringen.
Im Osten reicht seine Ausdehnung bis zum Nianza; hier reihten sich die
Sehilde anderer kriegerischer Völker, der Nil- und Massai - Stämme an.
Damit ist ein Druck festgestellt, der auf die südöstliche Peripherie des
Verbreitungskreises der Holz- und Rohrschilde
einwirkte.
Das Gebiet derselben mufs also einst aus-
gedehnter gewesen sein; in Afrika selbst haben
wir die Ursprungstypen nicht zu suchen . das lehrt
«ler derzeitige Thatbestand. tn östlicher Richtung .'.^^B^SB^.
aber forschend gelangen wir in eine Region, in iK^ Täsf'
Fig. 22.
Schild von der Hood-Bai (Neu-
guinea), von vorn und von hiuten
(Museum für Völkerkunde in
Leipzig).
Fig. 23.
Holzschild aus Hatzfeld-
hafen. Neuguinea (Mus.
f. Völkerkunde in Berlin,
nach Fr. Ratzel).
der gleiche Schildformen in gleich üppiger Mannigfaltigkeit prangen, das
ist Indonesien und Melanesien.
Da sind zunächst Schilde aus der Astrolabe - Bai zu erwähnen, die
aus einer Holzplatte mit Aberzogenem Weidengeflecht bestehen (Fi<j. 21).
Schilde der SödkAste Neuguineas repräsentieren ebenfalls Holzplatten, die
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aber nur zum Teil mit Geflecht bedeckt sind; das Geflecht ist aber feiner
(Fig. 22). Eine kleinere Form runder Gestalt, die der Nordküste angehört,
wird in einem Netzwerk, einer Art Beutel getragen. Schilde von Hatzfeld-
hafen sind mit einer Mittelrippe verziert, sowie reichem Schmuck an Orna-
menten und geschnitztem Kunstwerk. Sio bestehen aus Holz; auf der einen
Seite schmückt sie ein Rotangrand (Fig. 23). Auf den Salomonen ist eine
Schildform heimisch, der jede Holzunterlage mangelt. (Fig. 24.)
Betrachten wir die beigefügten Abbildungen, so sehen wir in der
Reihenfolge Fig. 23, 22, 21, 24 ein Anwachsen dos Flecht werkes, bis zur
Selbständigkeit desselben. Doch
lassen sich die Analogieen zum afri-
kanischen Reichtum an Formen
dieser Art noch weiter und bis in
das Detail verfolgen. Die Ornamente
auf dem Schilde aus Hatzfeldhafen
(Fig. 23) gleichen denen auf einem
solchen der "Wakarra (Fig. 18). Den
Doppelausschnitt oben an dem Ba-
lnbaschilde (Fig. 17), der zum Teil
durch die Mittelrippe (vergl. Fig. 23)
hervorgerufen ist, kehrt auf Schilden
der Philippinen wieder. Der kleine
Einschnitt am oberen Rinde des
Lenduschildes (Fig. 1 G) erscheint als
letzter Rest eines gleichen, aber
tieferen Einschnittes an Schilden der
Motu Neuguineas und der Papua
auf den Molukken. Die gemalten
Ornamente auf den afrikanischen
Holz- und Korbschilden bewegen
sich ebenso wie die auf den Papua-
Bchilden gemalten und an ihnen in
Relief ausgearbeiteten in Entwick-
lungsprodukten zwischen Eidechsen- und Menschenbildnis. Die Holzknöpfe,
Knoten, Buckel und Streifen auf den Ruhrschilden des Kongo- und Zwischen-
seengebietes kehren in gleicher Gestalt auf Schilden von Nias, Mindanao,
West -Neuguinea u. s. w. wieder.
Hier in Oceanien verstehen wir die Entwicklung viel besser. Im
Süden liegt das grofse Gebiet der stark entwickelten Stockschilde: Australien.
Hier herrseht das Flechtwerk in allen Teilen der Industrie und des Geräte-
Fig. 24. Schild von den Salomonen, von
vom und von hinten (Museum für Völker-
kunde in Leipzig).
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reichtumes. Da wir aber uns nicht zur Aufgabe gestellt haben, den Ur-
sprung occanischer Formen zu prüfen, so genügt für das erste ein Hinweis
auf solchen Entwicklungsgang gleicher Art in Oceanien und dem Gebiet
der vor der Achsenwirkung gesicherten in Afrika. Auf die Ursprungs-
geschichte der malajonigritischen Schilde in Oceanien habe ich in einem
anderen Bande einzugehen.
Die malajonigritischo Verwandtschaft der afrikanischen Rohr- und
Holzschilde erklärt un3 nunmehr deren Verbreitung zur Genüge. Sie
stammen aus dem Osten und sind auf ihrem westlich gerichteten Wander-
wege bis in das Gebiet der durch den Wald, die Küste und Angelegenheit
gesicherten gelangt. Hier fand ihre Entwicklung günstigen Boden. Sio
wurden aber durch dio östlichen afrikanischen Völker zurückgedrängt
Dars diese — um eine physiologische Thatsache heranzuziehen — die Fell-
schilde bevorzugten, liegt in deren Viehzucht und im Reichtum an Fell-
trägem einerseits, in dem Mangel an entsprechenden pflanzlichen Stoffen
andererseits begründet.
Übersieht der Schildformen Afrikas.
Wir dürften nunmehr über dio Schilde der Afrikaner ziemlich im
klaren sein. Ich wiederhole die wesentlichen Züge der Verbreitung und
Entwicklung, um dieses Kapitel dann mit einer allgemeinen Übersicht ab-
schh'efsen zu können.
Als älteste Schutzwaffe liat sich der Stockschild erwiesen. Seine
Verbreitung liefs sich von den Südweststämmen bis in den Sudan nach-
weisen. Hauptsächlich treten auf der Südachse seine Formen hervor, am
mannigfachsten sind sie im ostafrikanischen Zwischenseengebiete und zwar
an der Südgrenze der NW. -SO. -Verbindungsachse. Eine alte, an dio Schilde
der Australier erinnernde Gestalt fand sich bei Dinka und Mondu. Der
Schild der Babusesse zeigte den gleichen Wesenszug bei einer Verbreiterung
der Fläche. Reste einer solchen Ausgestaltung liefsen sich noch im Gebiete
der Zurückgedrängten z. B. in den Schilden der Sande- und Kougovölker
nachweisen.
Auf der Südachse und zwar in dem nördlichen Mündungsgebiet sehen
wir die erste, noch schwache Fellbekleidung des Stockschildes, die liier
nur dem Schutze der Hand dient. Daraus entsteht der Fellschild, der
einen einfachen Mittelstab mit einem festgebundenen Fellmantel ohne Rand-
wulst und Buckel darstellt. Auch ein anderer Handgriff, als ihn zunächst
der einfache Mittelstab bietet, fehlt noch. Diese Schilde kommen vom
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Kafferuland bis südlich des Viktoria, und auf der anderen Seite bis in das
Kongogebiet vor.
Von der Nordostseite aus breitet sich weiterhin der asiatische Schild
aus. Kr ist — wenn wir aus unserer entlegenen Gegend sehliefsen dürfen —
als Faustschild entstanden; sein Princip beruht daher auf der Wölbung. Er
ist rund mit einem Buckel, einem Band willst und einem Lederriemen als
Handgriff versehen. Ferner ist er gemeiniglich geprefst, stets aber in Afrika
aus Leder hergestellt. Seine Verbreitung ist vor allem durch die Nordachse
bedingt. Daher findet er sich von Senegambien bis nach Abessynien. Er
wächst im Sudan an Gröfsc.
Auf der Verbindungsachse ist eine Mischung mit dem Fellschild vor
sich gegangen, die drei Haupttypen erzeugt hat, den Sehuli-, den Dinka-
und den Massai- Schild. Bis auf den ersten, der trapezförmig ist, sind sie
gleich dem Zuluschild elliptisch. Femer zeichnet sie der Mittelstab, ein
kleiner Buckel zur Raumgebung für die Hand und ein Randwulst aus.
Dem asiatischen Schild sind sie endlich durch die vollständige Enthaarung
des Ledermantels nahe gebracht.
Die malajonigritisehen Korb -Holzsehilde sind in einem peripherischen
Südostgebiete (zwischen Westlunda und Waganda), einein centralen Haupt-
gebiete (zwischen Benno, Ogowe, Teile und Tsehuapa) und endlich einem
Westgebiete (zwischen Goldküste, Niger und Sanaga) verbreitet. In ersterer
Zone finden sich die vollkommensten Verbindungen von Holz und Geflecht.
Im zweiten Gebieto ist das Holz infolge der Einwirkung des Wurfmessers auf
ein Griffbrett rcdueiert und in letzterem nähert sich die Verbindung wieder
den Formen der ersten Gruppe. In dieser Verbreitung äufsert sich eine
gewisse Zurückl rängung, die dem Drucke der auf der Südachse vor sich
gehenden Völkerbewegung zuzuschreiben ist.
Vergleichen wir diese Resultate mit den morphologischen Darlegimgen.
so erblicken wir eine tiefgehende Übereinstimmung. Auf den Nordostrand
wirkt der westasiatische Einflufs mit aller Kraft. Er giebt der Kultur der
Nordachse sein Gepräge. Auf der Südachsc sehen wir verhält nismäfsig selbst-
ständige Entwicklung. Im südwestlichen Gebiet der Zurückgedrängten
fällt die Abgelegenheit und die Armut an Kulturbesitz auf. Es ist ein
toter Winkel. Auf der Verbindungslinie zwischen Nord- und Südachse geht
ein Austausch afrikanischer und westasiatischer Elemente vor sich, der die
Bildung von Bindegliedern zwischen dem Kulturbesitzc des Nordens und
Südens zur Folge hat. Das zweite Gebiet der Zurückgedrängten und Ge-
sicherten, die westafrikanische Wald- und Küstenregion, bietet die gröfste
Formfülle, den reichsten Besitz, im Gegensatz zum Südwestgebiete, welches
nur den nigritisehen Stockschild aufzuweisen vermag. In dem westlichen
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Gebiete, dem westafrikanischen Kiüturkreise treten aufserafrikanisehe Affini-
täten, malajonigritische Kiüturelcmente hervor, als Reste aus einer alten Zeit.
Wir können noch cino Bemerkung über das Alter der Kulturen an-
fügen. Der nigritische Stockschild erscheint als der älteste. Denn einmal
findet er sich in den zwei toten Winkeln, im Nilgobiet und im Südwesten
am besten erhalten und zum andern legt er das Zeugnis ab für das wichtigste
Kampfmittel seiner Zeit, das ist der Stock als Schlag- und Wurfinstrument.
Daran sclüieist sich der malajonigritische Korb -Holzschild an, der aus dem
Stockschilde herausgewachsen sein dürfte (?) und von dem darauf entstandenen
Fellschild der Südafrikaner zurückgedrängt wurde. Die Frage, ob der
asiatische Rundschild oder der afrikanische Fellschild als der ältere zu
betrachten ist, wird wohl zu Gunsten des letzteren zu entscheiden sein. Jedoch
wollen wir dieses Problem in diesem Bande noch nicht erörtern, sondern
es aufsparen , bis die Fragen der Verbreitung der Viehzucht in den Vorder-
grund treten ; mit diesem steht das Problem in enger Beziehung und dieses
kann erst von Asien aus beleuchtet werden.
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Systematik.
A) Der nigritl*ehe Stöckse kild :
1. Der Stockschild der Südafrikaner.
2. Der Stockschild der Ostafrikaner (Neigung
zur Verbreiterung der Fläche).
B) Der afrikanische Felkehlld:
1. Der Fellschild der Süd- und Ostafrikaner.
2. Der Lederschild der Massai , Dinka , Schuli
(Einflufs der asiatischen Schilde).
C) Der asiatische Rondschüd:
1. Der Rundschild der Al>cssynier — Somal.
2. Der Rundschild der Dongolaner, Sudaner
und Nordwestafrikaner.
3. Der Lederschild der Massai , Dinka , Schuli
(Einflufs auf die afrikanischen Fellschilde).
D) Der malnjonlgritische Korb- Holzschild:
1. Der Korb -Holzschild der peripherischen
Lage (Waganda bis Westkalunda).
2. Der Korbschild der Sande -Kongovölker
(unter dem Einflufs des Wurfeisens).
3. Der Korbholzschild der Westvölker (Gold-
küste, Benin, Kamerun, Haufealänder). 1
Südachse und tote Winkel.
J Verbindungsachse.
J Verbindung mit Asien.
!
Nordachse.
| Verbind im gsachse.
Westliches Ablagerungs-
gebiet
1) Vereinzelte Vorkommnisse sind nicht berücksichtigt, weil sie wenig sagen,
aber viel vorwirron. Die Schilde der Pare sind wohl als Rest auf der westlichen Wanderung
anzusehen, die Schilde der Kanembse vielleicht als vereinzelter Ausläufer. — In Ost-
afrika (am Südende des Viktoria etc.) spielen viele Mischuugcn durcheinander, die aber
alle durch die Berührung der drei Zonen 1. Vcrbindungsachse , 2. Südaehse, 3. West-
kreis erklärt werden. Sie alle hier zu nennen, würde zu weit führen. — Über dio
Schilde der alten Bakonge sind wir zu wenig unterrichtet, um eiu klares Urteil ab-
geben zu können. Wahrscheinlich haben wir es mit einer Mischung der westlichen
Holzformen (Holzunterlage) und der südlichen Fellschilde (Kellüberzug) zu thun.
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4. Verschiedene afrikanische Waffen.
(Vorgl. Kartenblatt 1, Nr. VII und 2, Nr. XIX.)
Das Bild der Bewaffnung der afrikanischen Völker ist ein ebenso
mannigfaltiges, wie das der Beziehungen der Waffen unter einander. So
felüt z. B. den Fulbo und einem grofsen Teile der Lunda- Völker der Schild
gänzlich. Der Bogen kommt in Südostafrika selten vor, der Wurfspeer ist
bei den Stämmen der mittleren Kassai unbekannt. Das Messer, das in
Centraiafrika eine so hervorragende Rolle spielt, ist in Sud- und Ostafrika
überhaupt nicht als Waffe vertreten. Die Kriegsbeile, bei Völkern des süd-
lichen Kongogebietes eine Hauptwaffe, verschwinden als solche nördlich vom
Kongo fast vollkommen.
Und ebenso buntscheckig ist das Bild der Waffenbeziehungen. Der
Schild verschwindet fast überall, wo der Bogen die erste Rolle spielt, daher
zum Beispiel am Unterlaufe des Kassai. Das kommt daher, dafs der Schild
ein Begleiter des Wurfspeeres ist. So ist er in üppiger Entwicklung am
mittleren Kongo begriffen, sowie am Ogowe; und in diesen Gebieten sehen
wir den Bogen als Seltenheit an; mit Staunen erfüllt uns aber die Menge
der Wurfspeerformen, die aus diesen Ländern strömt. Unter Einwirkung
des Wurfmessers wird der Korb -Holzschild zum Korbschild und Elfenbein-
ringe werden im Einflnfsgebiet derselben Waffe vom Schmuckstücke zur
Schutzwaffe erhoben.
So ist die Verbreitung der Waffen in Afrika also keine lückenlose.
Aber diese Lücken sind für die Feststellung der Arten belanglos, denn
wir können aus dem grofsen Zuge der Verbeitung, — dafs ein solcher
besteht, ist im vorigen genugsam erwiesen — mit ziemlicher Sicherheit
feststellen, welche Form der Waffe in dieser Gegend vorhanden sein müsse,
wenn sie überhaupt im Gebrauche des Volkes wäre.
Des weiteren zeigt das Verbreitungs- und Wesensbild einer Waffe
auf manchen Grundzug in der Verbreitung einer anderen hin. Zum Beispiel
ist das Heimatland des Zuluschildes auch das des Assageien, des südafri-
kanischen Wurfspeeres mit eingelassenem Eisen. Das Verbreitungsgebiet
beider ist das gleiche. Der morphologische und anatomische Bau zeigt also
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hier schon physiologische Thatsachen, Gesetze der Lebensformen an. Der
geschulte Blick soll diese erkennen können und somit dem Ethnologen ver-
raten, auf welchen Wegen er am schnellsten an sein Ziel, die Erkenntnis
des Wesensznges aller dieser Beziehungen, komme.
Bedenken wir dazu endlich noch, dafs der Einflufs der Rohstoffe in
bestimmten Gegenden bestimmte Folgen in der Entwicklung vieler ver-
wandter Geräte und Waffen hat, so haben wir mit noch einem Hilfsmittel
eine ganze Reihe von Wegweisem gewonnen, die alle gemeinsam berück-
sichtigt von aufserordentlichem Vorteile werden können. Es ist das der
Hauptschatz von Regeln, an deren Hand wir nun eine Reihe von Angriffs-
waffen anatomisch zergliedern wollen.
I. Die afrikanischen Bogen.
Die afrikanischen Bogen sind von Friedrich Ratzel in dem schönen
Buche: „Die afrikanischen Bogen, ihre Verbreitung und Verwandtschaft u
eingehend erörtert. Es ist in dieser Arbeit ein überaus umfangreiches
Material von so aufserordentlich geschickter Hand geordnet, dazu zum Aus-
gangspunkte derart feinsinniger und treffender Bemerkungen und Erkennt-
nisse geworden, dafs ich über das Thema nichts Neues würde hinzufügen
können, wenn nicht die anderen hier vereinigten Untersuchungen und
Resultate manches neue Licht auch auf das Wesen und die Verbreitung
der afrikanischen Bogen formen würfen. Das Werk Ratzels ist für diese
Studie daher das wichtigste (^uellwcrk. Ich habe mich darauf beschrankt,
seine Angaben zu verwenden bis auf ein Gebiet, das des westafrikanischen
Kulturkreises. In den anderen Gebieten ist hier fast nur eine Kürzung
des Gedankenganges geboten, eine Thatsache, die ich hier betone, um mich
des ferneren auf kurze Hinweise nach dieser Richtung beschränken zu können.
Die Formen des westafrikanischen Verbreitungsgebietes, zumal d je-
des Kongogebietes sind eingehender erörtert, weil dies für die Beurteilung
eines später zur Erörterung gelangenden Problemes, der Frage nach der
Entstehung dieser Bogenformen, von aufserordentliehor Wichtigkeit, ja zur
Notwendigkeit wird.
a) Die süd- und ostafrikanischen Bogen. In Südafrika sind Bogen bis
auf reichlichere westliche Erscheinungen eine ziemliche Seltenheit. Dagegen
gehören sie bei den Herero und Ovnmbo zur vollständigen Ausrüstung.
Bogentniger sind feiner die kleinwüchsigen Buschmänner. Ihr Bogen ist
der gleiche, wie der der Kaffernvölker; die parasitäre Natur des Kultur-
besitzes tritt uns hier zum erstenmale entgegen. Im südlichen Kongo-
becken mehren sich die Vorkommnisse dieser Formen. Sie reichen bis
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4
nach Nordangola, gehen hier aber schon eine Mischung mit Typen des
Kongogebietes ein. Auf der anderen Seite mehren sich die Bogenvölker
nördlich des Sambesilinterlaufes stetig. In Ostafrika ist der Bogen eine
gemeine Waffe. Der in Frage kommende Typus reicht zu-
nächst bis zur Verbindungsachse. Auf dieser kommt neben
ihm eine Reihe anderer Typen vor. Also ist er bis zum
Viktoriasee — einige Ausnahmen kommen nicht in Betracht —
der Alleinherrscher. Bei den Nilvölkern treten neben ihm
andere Formen auf.
In der Ausbildung zeigt er gleichzeitig mit steigender
Bedeutung als Volkswaffe und somit Häufigkeit, Ofltc und
Sorgfalt in der Herstellung. — Den ostafrikanischen Bogen
bildet ein cylindrischer, nach beiden Enden hin so sich ver-
jüngender Stab, dafs eine stärkere Abnahme der Dicke beim
letzten Fünftel oder Sechstel der Gesamtlange eintritt. Dio
aus tierischer Haut oder Faser gedrehte Sehne ist ohne jede
Kerbe nüt Knoten angelegt. Die Spitzen sind vom Knoten
auswärts gleich oder fast gleich lang, meist 5—7 cm, und
mit besonderer Sorgfalt geglättet. Die Sehne pflegt mehr
oder weniger lang zurückgewickelt zu sein. Reservestücke
von Sehnen und Hautstreifen sind aufserdem häufig umgelegt.
Die Länge schwankt am häufigsten um 150 cm. Der Stab
ist niemals ganz geglättet, schon weil das Holz ungemein
uneben zu sein pflegt, manchmal ist aber die Hobel- und
Schabarbeit sehr nachlässig durchgeführt. Längsrisse sind
am Scheitel nicht selten und werden durch umgelegte dünne
Hautstreifen verdeckt. (R.)
Dem Norden , also dem eigentlichen Zwischenseengebiete
gehören diese besser gearbeiteten Formen an. Sio verrateu
zuweilen eine beträchtliche Sorgfalt bei der Glättung des fast
überall von Natur wenig geeigneten Holzes. Im Süden da-
gegen treffen wir auf sehr grobe Arbeiten. Knorrige und
astreiche Hölzer finden manchmal Anwendung, ohne dafs ein
nennenswerter Versuch gemacht zu sein scheint, ein eleganteres
Äufsere herzustellen. Die Bogen des Südwestgebietes zeigen
immerhin noch höhere Sorgfalt. Fast alle oder wenigstens
der gröfste Teil zeigt eino Abflachung auf der Oberseite,
eine Zuspitzung der Enden. Aufserdem sind sie wie die
ostafrikanischen, nicht aber alle südafrikanischen Botren mit Ol bearbeitet.
Daher vielleicht gewinnen sie die rotbraune Farbe. Im Nordosten stellen die
Fig. 25. Bogen
aus Ostafrika:
„Karague*.
(Slg. Kollmann
im Leipz. Mus.).
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Bogen der Quillenguis (Augola) den äufsersten Ausläufer dar. Auch hier
kommen besser ausgeführte, mit Sehnabelenden versehene neben roheren
Exemplaren mit stumpfen Enden in Betracht.
Einen wesentlichen Entwicklungsgang macht die Umwicklung oder
Bekleidung des Stabes nüt Sehnen oder Sehnenteilen durch. Im Süden
sehen wir kurze Zurückwindung der Sehne. Dem Norden zu wird sie
ausgedehnter. 1 Wir werden sehen, dafs die Nilbogen durch vollkommene
Umwicklung mit Lederstreifen oder Sehnen ausgezeichnet sind, so dafs wir
ein stetiges Zunehmen dieser Eigenschaft dem Norden zu wahrnehmen
können. Es ist das ein Entwicklungsgang, der dem der Schildformen ana-
log geht. Hier war in derselben Richtung ein Eingreifen asiatischer Ele-
mente bemerkbar: Enthaarung, Randwulst, Buckel. Im Süden, im Gebiete
der Fellschilde, also mangelliafterer und seltenerer Anwendung der Leder-
technik, fehlt die stärkere Umwicklung fast gänzlich.
Dafs wir dem Kongo zu diese Schmückung oder richtiger Verbes-
serung des Stabes nicht beobachten können, macht diese Thatsache noch
interessanter. Der Grund liegt darin, dafs wir bei der Verfolgung dieses
Seitenweges der Südachse nach dem Norden nicht iu ein Gebiet höherer
Lederindustrie, sondern der Textilindustrie und Verwendung von Pflanzen-
fasern gelangen. (Korbschilde!)
Aber auch ohne Berücksichtigung dieser Lederverwendung läfst sich
Verkümmerung der Bogen hier im Süden mit Leichtigkeit nachweisen.
Denn die Bogen der südwestlichen zurückgedrängten sind lebenskräftiger
und vollendeter als die der südöstlichen Völker reicheren und l>esscron
Klüturbesitzes. Den Grund festzustellen ist nicht schwer. Wir sehen liier
als siegreiche Waffen Assagei und Fellschild. Sie tragen die Merkmale der
Jugend und frischen Auflebens, die Bogen den der Zurückgesetztheit.
Für eine Vorgeschichte der süd- und ostafrikanischen Bogen endlich
ist es von grofser Bedeutung, dafs Rotangringe als Schmuck des Bogenstabes
in Südafrika mehrfach vorkommen, dafs des ferneren im unteren Sambesi-
gebiet Bogen mit Bastknoten u. s. w. eine bessere Besehnungsart haben.
Wir werden hierauf zurückzukommen haben.
h) Der nordnfrikanlftche Bopron. Was im Süden als Schmuck oder
Verbesserung auftrat, Bekleidung des Bogenstabes mit Leder ist im Norden
Wesenszug. So weit nämlich sich die asiatischen Rundschilde verfolgen
lassen, so weit treten uns in Afrika auch die asiatischen Bogen formen ent-
gegen. Der asiatische Bogen ist zusammengesetzt, zweiarmig mit einem
1) Holub bildet (Maschukulumbe Bd. I, S. b'29) einen Bogen der Mankoja (nörd-
lich von den Maschukulumbe) ab, der .schon einen fast den ganzen Stab bedeckenden
Überzug mit Lederumwicklung zeigt.
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eingedrückten Scheitel und Aufbiegung der Enden. — Echt asiatische, zu-
sammengesetzte Formen von geringer Hohe, meist reich verziert, werden in
Lederscheiden getragen. Sie kommen überall vor, wo arabisch -maurische
Kultur sich eingewurzelt hat, also in Nordafrika, dann aber auch im cen-
tralen Sudan (Ratzel). Typische Formen sind mir aus Senegambien, Sokoto,
Baglrirmi (?), Darfor und Nordostafrika (hier handelt es sich anscheinend um
eine direkte Verschleppung) bekannt.
Als bezeichnende Merkmale für die Verwandten dieser
Form in Afrika möge der eingodrückte Scheitel, die Auf-
biegung der Enden, demnach die Zweischenkligkeit, sowio
die Umwindung mit Leder oder Eisen angesehen werden.
Im übrigen ist ein bedeutender Unterschied zu erkennen in
den eben beschriebenen echten asiatischen Bögen, zweitens
afrikanischen Formen derselben und endlich jenen vielen Er-
scheinungen, die bei afrikanischem Grundtypus vereinzelte
Merkmale, aber nicht tiefergehendo Eigenscliaften des asiatischen
Bogens übernommen liaben.
Die zweite Gruppe der in Afrika selbständig gewordenen
Bogen umfaßt mehrere Formen am Sudrand des Nordachsen-
gebietes, sowie die meisten der Verbindungsachse. Typisch
siud vor allem im Nordwesten die sogenannten Haufsabogen,
die sich nicht etwa nur auf die Haufsastaaten in der Ver-
breitung beschränken, sondern bis zur Elfeubeinküste sich
eingebürgert zu haben scheinen. Ratzel hat einige solche
Bogen, die der Gouverneur Zimmerer dem Münchener Museum
zugestellt hat, und an denen ihm besonders die Befestigung
der Sehne auffiel, eingehend beschrieben: Auf das 113 bis
157 cm lange Holz ist keine grofse Aufmerksamkeit ver-
wendet; halbroh, knotig, Bambus oder an das Rotholz der
Amerikaner erinnerndes dunkles Holz, fast gerade, selten
symmetrisch gewölbt, in der Regel auf derjenigen Seite leicht
aufgewölbt, wo die Sehne festgemacht ist. Ein Rifs ist durch
einen Messingring kuriert. Etwas glattere Arbeit zeigt deu
Versuch, den Rücken abzuflachen. Nach den Enden zu sind Haut- und
Lederstücke fest, wie angeleimt, umgelegt und unter eins der ersteren
sind einige Steine geschoben, welche wohl das Festlialten erleichtern sollen.
An einigen sind aus demselben roten Leder, welches wir in unseren Museen
an den schönen Ledertaschen und -scheiden aus dem Mandingogebiete
finden, Schlingen zum Umhängen angebracht. Die Seime ist ein gedrehter
Lederstreif und liält fest au dem einen langsam sich verjüngenden Ende,
Fig. 26.
Dinka- Bogen
(Mu9.f.Volkerk.
in Leipzig).
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wahrend sie an <lem anderen in einen tiefen seitliehen Einschnitt ein-
gehängt ist — Der Bogen, den ich in Fig. 27 abbilde (ich verdanke ihn
der Güte des Mstr. Elton), gehört zu dieser Gruppe. Er zeigt
die leichte Biegung an einer Seite und an derselben die asiatische
Einhängungsweise (de). An dem anderen Ende ist die Sehnen-
befestigung eine ganz andere. "Wir werden auf diese zurück-
zukommen liaben.
Im Nilgebiet findet sich die zweite typische afrikanisch -
asiatische Bogen form in dem der Dinka. Im Zustande der
Ruhe hat dieselbe 120 — 135 cm
Scheitellänge. Es ist ein wenig ge-
krümmter Stab, der erst an den Enden
die wunderlichsten Auf biegungen zeigt.
Meist ist der Bogen vollkommen mit
Eisenblech umwunden. Die Sehne
besteht aus gedrehtem Ijoderstreif
(Fig. 20). — Ich habe die Abbildung
eines solchen Bogens an den Anfang
dieses Abschnittes gebracht, weil seine
Form ein wichtiges Licht auf die
Zeit und Form der Ausbreitung asia-
tischer Merkmale in Afrika wirft. Es
ist das nämlich die einzige in Afrika
einheimische Bogonform nordöstlicher
Herkunft, die den Unterschied «1er
Kuhe und der Spannung in der Kon-
struktion als wichtiges Konservierungs-
merkmal berücksichtigt. Die in Schei-
den getragenen maurisch-arabischen
Bogen sind bei weitem nicht in diesem
Maßstäbe vor der in gespanntem Zu-
stande vor sich gehenden Erschlaffung
geschützt.
Endlich halien wir als dritten
dieser Keihe den Somalibogen zu be-
rücksichtigen. Der Stab dersell.cn
nimmt von der Mitte mich den Enden
ziemlich regelmälsig ab. Der Scheitel ist sehr stark eingedrückt, so dal's
der Bogen zweischenklig ist. Die Sehne ist aus Tierdarm beigestellt, an
den Bogeuenden mittels Schlinge befestigt; die Enden dersell>en sind mit
Fig. 28.
Semali -Bogen.
(Im Besitze des
Freiherrn von
Sehreuk-Xostiz.)
Fig. 27.
Haufsa bogen aus dem
Xordou von Aschanti.
(Im Besitze des Ver-
fassers.)
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— G3 -
feinem Zwirn oder mit schwachem Drahte umwickelt. — Der Gallabogen
entspricht übrigens nicht diesem Typus. Wir finden aber Bogen von der
Form der Fig. 28 in ziemlicher Ausdehnung, wenigstens bis an den Vik-
toriasee, von dessen westlichen Gestaden in jüngerer Zeit mehrere ver-
wandte Gestalten bekannt geworden sind.
Drittens sind endlich noch jene vielen äufserlich gebliebenen Ver-
mächtnisse des asiatischen Bogens zu erwähnen. Sie finden sich vielfach
bis an die Westküste verbreitet, erstrecken sich in das nördliche Kongo-
l »ecken und in das Seengebiet hinab.
Das wichtigste Merkmal ist die Ledeibekleidung des Bogenstabes, die
im Nilgebiet durch Eisen ersetzt wird. Die grofse G nippe dieser leder-,
feil- oder eisenumkleideten Bogen umgiebt wie eine äufsere Vorposten kette
die asiatisch -afrikanischen Bogen. Im Osten fielen Stuhlmann die leder-
umgOrteten Massaibogen als denen der Nilvölker ähnlich auf. Ein Bogen
von Simbodja im Besitze des Freiherrn von Sehrenk ist ganz in Leder
gehOUt. Vom Nil aus erstreckt sich ein breiter Gürtel der Verbreitung
mit Fell umwickelter Bogenhölzer bis an den Kongo. Drei Bogen im Leip-
ziger Museum sind vollständig in Fell gehüllt. Ein solcher von Rafai zeigt
Einschränkung des Schmuckes bis auf die Enden. Zum Schlüsse kommen
am Stanley -Pool kleine Fellstreifen als Koste vollständiger Bedeckung vor.
An der Westküste sind diese Bogen mehrfach vertreten. Leder-
umwicklung ist besonders im Haufsagebiete keine Seltenheit. Ihr Vorkom-
men reicht bis nach Senegambien, d. h. so weit die Ilaufsa- und Mandingo-
iudustrie sich erstreckt. Ein trefflicher Bogen aus Salaga möge wenigstens
einen Haupttypus repräsentieren. (Vergleiche die beigeheftete Tafel.) Er
besteht aus Holz, die Schnur aus gedrehter Haut. Lederringe umgeben in
bestimmten Absätzen das Bogenholz, welches vollkommen mit farbigem, fei-
nem Leder überzogen ist. Die Sehnenbefestigung wird dadurch noch
sicherer, dafs sich am Ende unter dem Lederkleide dickere Ringe befinden,
so dafs durch den Überzug starke Knoten gebildet werden. Auf diese Sehnen-
befestigung werde ich noch zurückzukommen haben.
An diesen Südrand der Verbreitimg des asiatischen Bogens in Afrika
reihen sich dann im Osten noch Formen schwächerer Entwicklung geogra-
phisch an und leiten zum ost- und südafrikanischen Bogentypus über.
e) Der westafrikanlKriic Botren. Von den aMitralafrikamsehen Bogen
giebt Ratzel folgende Beschreibung: Mittlere Länge 140 — ICO cm, flache
Biegung, flach rechteckiger bis halbkreisförmiger Querschnitt, kurze gleiche
Spitzen , an denen die Sehnen festgehalten werden durch Wülste oder Ringe
aus Rotang oder Holz oder beiden, indem Holzpflöcke oder -knöpfe mit
Rotang überflochten sind; dieselben sind entweder dem Bogen aufgesetzt
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oder angeschnitzt — Ein ganz eigentümlicher Zug ist, dafs wegen der
Zerbrechlichkeit der Rotangsehne die Besitzer dieser Bogen jeweilä mehrere
Reservesehnen lim Stirne oder Ilals tragen.
Die zwei Schwierigkeiten, welche die anatomische Zergliederung der
Formen vom ersten Betrachten an zu überwinden liat, sind Mannigfaltigkeit
der Formen bei Ungesetzmäfsigkeit der Verbreitung. Lassen sich doch nicht
einmal feste Linien als Umgrenzung des fraglichen Verbreitungsgebietes
ziehen. In Nordguinea greifen asiatische Formen mit Lederbekleidung und
tierischer Sehne vielerorts bis zum Küstensaum über. In Südguinea kom-
men festere Formen bis an die Grenze des Kongobeckens überhaupt kaum
in Betracht und die einzige klare Bogengestalt, die der Wute, zeigt Merk-
male asiatischer Herkunft ebenso wie ausgesprochene Charakterzüge des
westafrikanischen Bogens. Im Norden des Kongobogens erscheinen Fell-
bekleidung über Rotangwülsten bei den Mädje und bei Rafai, dazu tierische
Sehne neben Rotang- Ringschmuck und Knaufenden am Unterlaufe des Kassai.
Nur im Osten läfst sich einigennafsen Abgeschlossenheit nachweisen, aber
wir werden sehen, dafs die pflanzliche Sehne hier weitere Verbreiterung,
nämlich bis über den Albert Edwardsce hinweg, gefunden liat als andere
Cliarakterzüge des westafrikanischen Bogens. Im Südosten reicht die tierische
Sehne bis zum Lualaba an einigen Stellen; die Besehnungsart in Kugel-,
Kragen-, oder Knaufendeu aber erstreckt sich in entgegengesetzter Richtung
bis fast an den Tanganjika. In Malange kommen neben westafrikanischen
südafrikanische Bogenformen vor, im Westen reicht der letztere Typus bis
zum Norden Angolas, 1 im Osten herrscht der westafrikanische allein. Unter
solchen Verhältnissen den Weg der Entwicklung zu verfolgen, ist ungemein
schwer.
Nun bietet der in Frage stehende Bogen aber ein Merkmal, das so
ausgeprägt ist, dafs es oftmals den Reisenden aufgefallen ist. Es ist die
Rotangsehne. In wie weit die anderen Eigenschaften mit dieser Erschei-
nung Hand in Hand gehen, werden wir zu untersuchen uns bestreben,
zunächst aber die Verbreitung dieser einen, wenn auch nur flüchtig, skizzieren.
Die Nordwestgrenze der Verbreitung der pflanzlichen Bogensehne
liegt in Senegambien. Zur Sehne bedienen sich die Jolof einer anderen
Art von Holz, welche sie selir künstlich zuzubereiten wissen — sagt ein
alter Bericht Dagegen giebt Jobson die sehr wichtige Mitteilung, dafs die
Sehne ans eben dem Holze, woraus der Bogenstab verfertigt ist, hergestellt
1) Die Jaga und die Stämme des Kongorciches „tragen Bögen von starkem
Holz, die sich aber bitten, 5 — 6 Spannen lang, an beyden Seiten zugespitzet, daran
die aus zartem Leder gemachte Strick zu binden, welche sie aus der Tbieren In-
gewayd und Därmen machen; die aber sehr hoch geschätzt werden." Cavazzi. S. ISO.
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frobomus, Arnkainsche Kulturen.
Taf. I.
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Vorlacr von <*»hrüd»r H.mirii.mr IWlin
— 05 —
Bei. Die Bogen der Volker zwischen Kap Blanco und Sierra Leone seien
aus Schilf oder Rohr gemacht, versichert Moores, und dem Bambus in
Ostindien Ähnlich. Die Sehne ist eine Art von Rohr, die sehr artig zer-
schnitten und zu diesem Ende zubereitet ist. Einen Bogen mit Rotang-
sehne — „heute schon eine grofse Seltenheit" — liat Büttikofer aus Liberia
mitgebracht. Die besten älteren Naclirichten über die Völker der Sierra
I/eoneküste bietet Winterbottern. Die Bogen der Fulbe sind nach ihm sehr
elastisch und stark; und statt der Sehne befestigen sie an denselben ein
dünnes Stück Bambus, das der Länge nacli gespalten ist. Nach Dapper
bestand die Bogensehne an der Goldküste aus Bast. 1
Nunmehr Süd- Guinea. Bogen aus dem nördlichen Kamerun mit
Rotangsehne liegen im Leipziger Museum für Völkerkunde (Slg. Fichtner).
Die Bogen der Wute liegen im Grenzgebiet ; sie sind mit einer Tierhaut,
„oft auch nur mit einem Baststrick 11 besehnt. Die alten Anziken, die von
Nordosten gegen Kongo anstürmten, liatten kurze Bogen, die mit Schlangen-
haut umwunden, und deren Sehnen Grashalme waren. Östlich liiervon
füliren die Bongo als die am meisten gen Norden Wohnenden Bogen mit
Rotangsehnen. Ihnen folgen im Süden die Sande. Der Bogen der Mangbattu
hat nach Schweinfurth „zur Sehne einen Strang von einfach gespaltenem,
spanischem Rohr." 2
Wir betreten nunmehr den grofsen Wald in der Nordostgegend. Am
mittleren Aruwimi fand Stanley Bogen aus zähem, hartem, braunem Holze
und etwa 90 cm lang; die Sehne bestand aus einem breiten Streifen sorg-
fältig geglätteten Rotangrohres. Die Rotaugsehne fand Stuhlmann bei den
Walegga, Wcstlendu, Pygmaeen, Wawira, den nach Süden gewanderten
und unter den Wawira ansässigen A-Lur und den Wassongora. Wir müssen
nach Osten den Wald verlassen, um die äufserste Verbreitungsgrenze der
pflanzlichen Sehne zu erreichen. Bei den Wawamlia Tenge- Tenge's im
Ssemilikithale waren die Seimen der Bogen „nicht wie bei anderen Völkern
aus Bast oder Tierfaser gedreht, sondern aus einem Streifen Rotang von
3 — 4 mm Breite hergestellt.'* In Karagwe ist die Bogensehne aus Bast
verfertigt. 8
Im südlichen Teile des Waldgebietes herrseht nun durchgehends die
Rotangsehne. In einer verlassenen Butembo -Hütte fand Götzen einen Bogen
1) Moores: „Reisen in Afrika 14 , S. 121. „Allg. Hist. d. R.*. Bd. III. S. 172.
Büttikofer, Bd. II, S. 268. Winterbottom, S. 211 212. Dapper, S. 470.
2) Morgen: „Kamerun", S. 201. Ratzel: „Geographische Verbreitung*-. S. 246.
Schweinfurth, 8. 296. Heuglin: „Keise in das Gebiet des weifsen Nil-, 8. 214.
3) Stanley: „Dunkelste Afrika-, Bd. I. S. 172. Stuhlmann, S. 307, 382,383,
433,434, 452. 490, 533, 547, 604.
Froboniu*. Afnknni-cho Kulturen. 5
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— G6 —
mit Rotangsehne. In gleicher Weise ist der Bogen der Bakumu des
Waldes bis zum Kongo besehnt ; hier tritt dann eine aus Raphiafaser gedrehte
und gerötete Sehne auf. Aufser auf Beobachtungen Ratzels an Wiener und
Berliner Museen ist auf Bogen in Leipzig zurückzugehen. Auf seiner ersten
Durehquerungsreise fand Stanley im südlichen Waleggaland kleine aber starke
Bogen, „deren Sehnen aus schmalen Streifen des Rotang- Rohres verfertigt
werden." Im übrigen erwähnt Cameron Bogensehnen aus Rohr. 1
In Angola waren früher 3 Fufs lange Bogen „mit Sehnen aus Baum-
rinden üblich/ 1 Das erinnert an einen Bogen, den Wifsmann von seiner
Reise 1885 aus nicht entfernt liegenden Gegenden mitgebracht hat und
dessen Sehne ausnahmsweise aus Raphiafaser gedreht ist. Sonst erblicken
wir überall Sehnen „aus der von Rotang abgeschälten Rinde'', wie sie
Wifsmann hei den Bena Tscliia (Balubastamm) auffiel und die nach seiner
Angabe im Gebiete der Bena Samba einer solchen aus Tierfaser Platz macht.
Von anderen ist sie noch weiter westlich beobachtet (siehe die Angabe von
Cameron). Bei den Bakuba hat der 1,5 m lange Bogen eine Sehne aus
gespaltenem Rohr; am unteren Kassai begegnet uns dagegen wieder die Tier-
sehne, wahrscheinlich ein Entgegenkommen von Norden. Während westlich
vom Kassai am Kuango und Kuilu die Rotangsehne bis zur Mündung des
Kongo — siehe Bogen in Leipzig von Bomma! — hervortreten , bietet der
Unterlauf des Kassai und der Mittellauf des Kongo — soweit Bogen hier
überhaupt vorkommen — aus Pflanzenfasern gedrehte dicke Schnuren. 3
Diese Rotangsehne nun stellt in einem bestimmten Verliältnis zu
anderen Eigenschaften des westafrikanischen Bogens. Mit einer derselben
machen wir zu unserem Bedauern in den Museen Bekanntschaft; nach
einiger Zeit platzen die Sehnen, wenn sie beständig gespannt bleiben. Es
ist sehr bezeichnend, wenn v. Francois einen Bogen der Balolo wie eine
Peitsche d. h. mit geradem Bogenholz und einerseits befreiter Sehne abbildet.
Thatsächlich ist denn auch ein nauptzug dieser Bogen, dafs sie in Ruhe-
1) Goetzen, S. 200. Stanley: „Dunklo Weltteil", Bd. II, S. 100. Cameron, engl.
Ausg., Bd. I, S. 348. Angaben über Bakumu -Bugen bei Ratzel: „Bogon-. Es scheint
nicht notwendig, nähere Litteraturaugabeu über die Ratzelschcn Bogenarbeiten zu
geben, da dies zu weit führcu würde. Im allgemeinen ist das Material in der Haupt-
arbeit desselben niedergelegt.
2) „Allg. Hist. d. R. tt , IM. V, S. 42. Witsniann-Pogge, S. 110, 172. Wifs-
mann -Wolf, S. 251. Das Leipziger Museum besitzt aus dieser Gegend 1 Bogen
der .Inkka am Kuango, 2 Bogen aus Bomma am Kongo. 1 Bogen von Mayombo (alle
mit Rotangsehnen), 1 Bogen der Bateke am Kongo, 3 Bogen von Stanleyfalls mit
aus Fasern gedrehten Sehnen. 1 Bogen mit Tierhaut (Sammlung Wolf) von Kassai;
den anderen 3 Kassai bogen fehlt die Sehne. 2 Bogen aus dem Ubangigebiet besitzen
Rotangsehnen.
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stand versetzt werden können. Das ist al>er dadurch erreicht, dafs die Sehne
leicht ein- und auszuhängen ist. 1 Den ostafrikanischen Bogen mangelt diese
Eigenschaft. Auch läfst deren Besehnungsart ein solches Verfahren nicht
zu, es fehlt eine Vorrichtung: der Knopf, Knauf, die Scheibe oder der
Knoten am Ende des Bogens als Träger. Eine weitere Eigenschaft, die
auf diese Sehne zurückzuführen ist, ist die schwache Wölbung, die den
meisten dieser Bogen eigen ist. Wo die Faser-
sehne herrscht (z. B. an den Stanley -Fällen), sehen
wir beständige Befestigung und stärkere Biegung.
Die Knotenenden treten nun in drei ver-
schiedenen Formen auf: erstens als aufsetzbare
Holzknöpfe und Scheiben, zweitens als aus dem
Bogenholz geschnittene Knöpfe und Verdickungen
und drittens als Rotangknöpfe. Dazwischen giebt
es mancherlei Variationen, wie rotangöbersponnene
Knaufenden und -Scheiben. Ferner erinnere ich
an den oben beschriebenen Bogen von Salaga,
der aufser seinen asiatischen Elemertten die durch
untergeschobene Lcdorringe hervorgerufene Ver-
dickung zu Knoten als westafrikanisehes Kon-
struktionsmoment bietet. Bemerkenswert ist end-
lich, dafs keine dieser Befestigungsweisen auf ein
Gebiet allein beschränkt zu sein scheint, oder in
einer Gegend allein vorkommt. Meine Kenntnis
ist noch sehr schwach, das Material in Museen
noch unverhältuismäfsig klein; oft bieten unter
allen vorhandenen Formen eine jede einen eigenen
Typus. Deslialb möchte es zunächst am richtigsten
sein, aus jeder Gegend des westafrikanischen
Kulturkreises alle die erwähnten Besehnungs-
arten zu erwarten.
Die aufgesetzten Holzknöpfe scheinen be-
sonders im südwestlichen Gebiete vom Bangala-
Lunda- Stamme bis in die Nähe des Tanganjika
vorhanden zu sein. Schon Cameron fielen diese
aufgesetzten Knöpfe auf und er bildete sie als Baluba-Beschnungsform ab.
An Stelle der Knöpfe treten hier Scheiben hervor, bei den westlichen Bangala
1) Dies wird auch deshalb schon zur Notwendigkeit, weil währenddes Kampfes
sicherlich oft eiuo Sehne springt und sie nun sc-huell ersetzt werden mufs, weshalb
ja jeder Krieger auch eine Reservesehne um Hals oder Stirn geschlungen trägt.
5*
Fig. 20.
Bogen aus dem Hiuterlande
der Goldküste (Slg. Steiner
im Loipziger Mus. f. Volkerk.).
Die Sehne fehlt.
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dagegen Propfen. Wir können liier ein neues Vorkommnis feststellen: einen
Bogen mit abnehmbaren Holzknöpfen aus dem Inlande der Goldküste. Der
Bogen ist verhältnismäßig gut gearbeitet, von heller Farbe, die Knaufenden
von dunkler. In der Mitte ist dos Bogenholz dicker als den Enden zu.
Eine Bearbeitung mit Öl hat nicht stattgefunden. Die Sehne dürfte den
Kugelenden nach zu schliefsen aus Rotang bestanden haben (Fig. 29).
Zweitens; aus dem Bogenholz geschnittene Knopfe und Verdickungen
(Fig. 33 und Fig. 31 das obere Ende) kommen auch häufig vor. Am
Fig. 30. Fig. 31.
Bogen ans der Gegend von Bogen vom Kassai
Djabir, aus Ländern süd- (Slg. Wolf im Leipziger
lieh der Helle stammend. Museum f. Völkerkunde).
(Im Besitze des Verf.) Die Sehne fehlt
meisten finden sie im Westgebiet, zwischen Kassai und Angola Verwendung.
Hier ist der Bogendurchschnitt meist rechteckig, das Holz flach (Fig. 33).
Der Bogentypus dieser Gegend schliefst sich insofern näher an die süd-
und ostafrikanischen Formen an, als die Enden stärker herabgebogen sind.
Es sind im westafrikanischeu Kulturkreise vor allem drei Biegungen bemer-
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kens werth: die erste, eben erwähnte, mit herabgebogenen Enden, die zweite
flachgewölbte, die dritte starkgewölbte im nördlichen Kongo- und Wald-
gebiet. Die erste Form neigt zur Zweischenkelbildung, die anderen beiden
folgen der naturgemäfsen schwächeren (die zweite) oder stärkereu (die dritte
Form) Biegung. — Im südlichen Kassaigebiet und im Balubaland wird die
einfache Holzkugel häufig mit Rotang überzogen, wodurch eine birnen-
förmige Bildung entsteht. Schwächere Knaufenden dieser Art (Fig. 31)
neigen schon zu einer einfachen Verdickung, wie sie im Osten, aufserhalb
des westafrikanischen Kulturkreises, bei den Völkern des unteren Sambesi,
auch zu beobachten ist. 1
Endlich haben wir die Rotangflcchtknßpfo zu berücksichtigen. Sie
gehören zum Teil dem Kassai an, zum Teil dem nordöstlichen Waldgebiete.
Aufserdem aber können sie jetzt auch für den Norden und Süden des
Ubangitliales nachgewiesen werden. Eiuen Bogen aus weniger gut bearbei-
tetem Holze, mit Rotangschne und solchem Rotangknaufe, der noch mit
Fell bekleidet ist, besitzt das Leipziger Museum. (Slg. des Kongostaates.)
Er stammt von der Station Rafai. Der Knoten ist hier beiderseits weniger
schön und sorgfältig gearbeitet wie anderweitig. Bei der Abbildung (Fig. 35 d)
war ich bedacht, den Fellmantel etwas zurückzuschlagen, was ohne Be-
schädigung möglich war, da er locker gearbeitet ist. Einen zweiten Bogen
verdanke ich der Güte des Mr. Rose. Dieser Bogen ist sehr sauber gearbeitet,
das Holz gut geglättet und schön mtbraun. Die Rotangknöpfe sind aufser-
ordontlich zierlich und laufen besonders an dem einen Ende (unten auf
der Abbildung) in Streifen aus. Rotangstreifen kehren als Schmuck ja
an vielen dieser Bogen wieder. Vorliegendes Stück ward auf der Station
Djabir erworben und soll von einem südlich der Uelle wohnenden
Stamme herrühren. Ein im Besitze des Leipziger Museums (ohne genaue
Provenienzangabe) sich befindender Bogen ist sehr ähnlich, etwas gröber
in der Arbeit, ein wenig gröfser und ohne Ringverzicrung. Die Holzscheiben
an den Balubabogen sind einerseits oft mit solchem Überzuge vorsehen,
oftmals aber auch durch Rotangknöpfe ersetzt. Diese sind dann etwas
anderer Herstellung. 2 Ob die Knaufenden an den Ituribogen mit oder ohne
Holzunterlage gebildet sind, mufs ich dahingestellt sein lassen.
Neben diesen Knaufenden kommen nun noch eine zweite und dritte
Form der Sehnenhaltung in Betracht. Der zweite Typus, den wir als
1) Ein Belegstück findet sich in Hans Meyers Sammlung im Leipziger Museum
für Volkerkunde. — Für den Unterlauf des Kiissai gilt die entgegengesetzte Entwicklung,
also bedeutende Vergrößerung der Knaufenden : -Am Bogen fielen die grofsen Knöpfe
auf, welche als Sehuenhalter an den Enden angebracht waren. u Wift mann -Wolf, S.37G.
2) Abbildung bei Ratzel: „Völkerkunde-, 2) Bd. I, S. 670.
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„Verjüngung" bezeichnen wollen, erfreut sich einer aufserordentlichen Ver-
breitung. Ich habe ihn auf Fig. 27 unten abgebildet, feiner auf Fig. 31,
ebenfalls unten. Er kommt sowohl bei Haufsabogen als Hererobogen 1 vor.
An beiden findet er sich nur an einer Seite, cl>enso am Kassaibogen. Auf-
fallend ist es, dafs aber auch ein \V utebogen 2 die gleiche Besehnungsforin
nur einseitig besitzt. Ein Kameruner Bogen im leipziger Museum ist der
einzige mir bekannte, der beiderseits diese Sehenbefestigung aufweist. Es
ist dies ein wenig gutes Stück zudem, auf dessen einzelne Elemente ich
wenig Wert legen mochte. Er ist offenbar liederlich gearbeitet. Ein mit
ihm gemeinsam erworbenes Exemplar ist noch schlechter und erinnert in
jeder Beziehung an das traurige Wort: „Fabrikation für Sammler". Diesem
einen Exemplar gegenüber kommen aber noch eine ganze Anzahl von Bogen
in Betracht, die die zweiseitig verschiedene Sehnenbefestigung zeigen. Da
ist vor allem ein Ituri- Bogen der Sammlung Stuhl mann. Am einen Ende
zeigt er einen Knoten, am anderen die Verjüngung. Ferner ein Bugen
vom Kuilu der Sammlung Kund und Tappenbeck und ein Bogen der Ban-
gala der Sammlung Schutt (beide im Berliner Museum), die beide auf der
einen Seite Knaufenden, auf der anderen verjüngte Enden besitzen. 3 Wir
sind also sehr wohl berechtigt, aus dem gemeinsamen Auftreten der leiden
Eigenschaften: 1. Besc hränkung der Verjüngung auf Fälle, in denen 2. ver-
schiedene Bogeneuden vorlwnden sind, — bei einer derartigen Verbreitung
(Goldküste, Wuteland, Kassai-, Ituri-, Kuilu-, Quango- Gebiet, Südwest-
afrika) auf eine tiefergehende Beziehung zwischen beiden zu schliel'sen.
Von den anderen Besehnungsarten 4 interessiert uns eine sehr merk-
würdige Form besonders. (Fig. IV2.) Der Bogen, dei hier in Frage kommt.
1) Belegstück: Bo^en der Hcrero (Sammlung- Pechuel I/>escho im Leipziger
Museum für Völkerkunde'). Es ist ein braunes (geöltes) altes Exemplar. Oben ist er
abgeflacht Am einen Ende Verjüngung, am anderen Umwicklung der Sehne wie an
anderen Bogen des Südwestgebietes.
2; Belegstück: Bogen der Wüte- [Sammlung Morgen. Leipziger Museum für
Völkerkunde Lange ca. 170 cm. Sehne aus gedrehter Baut. Innen eine Rinne.
Auf der einen Seite Verjüngung, auf der anderen Durchbohrung ohne Umwicklung.
Das Exemplar ist gut. Holzfarbe braun. Andere Wutehogen seheinen die gleiche
Besehmuigsart zu besitzen (vergl. Watzel: „Geographische Verbreitung". Fig. Tu.
3; Abbildungen bei Watzel: „ Bogen % Nr. 40 u. 41; „Geographische Verbreitung".
Fig. 3. Stuhlmann, S. 4Ö4.
4i Ich will hier auf eine anscheinend wichtige Form nicht eingehen, weil das
Material noch nicht zu weiteren Schlüssen hinreicht. In Anmerkung soll sie wenigstens
Erwähnung finden: Camcron bildet unter den Balubabesehnungsarteu eine solche ab. bei
der die Sehne im Sinne des auslaufenden Bogeneudes über einen seitlichen Ast läuft
und zurüekgesehlap'U ist. Auch am Ituri kommt eine Besehuung derart vor. dafs die
Sehne über das Dienende, welches verbreitert und eingeschnitten ist. verläuft. Ähn-
liche Besehnungsarten sind nur vom Stanleypool und von der Ixiaugoküste bekannt.
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stammt angeblich von der Loangokfistc. Ich möchte aber wegen der starken
Verwendung des Ledere die Angabe als falsch zurückweisen und die Her-
kunft des Objekts an die Nordguinea-
kflste verlegen, wo Ähnliche Leder-
arbeiten häufiger sind als hier in einer
Umgebung, die fast ausschlieft ich
pflanzliche Stoffe zu allen derartigen
Arbeiten verwendet. Stab und Sehne
dieses Bogens bestehen anscheinend aus
Bambus. Es gemahnt das wiederum an
nordwestliche Thatsachen, an Jobsens
Worte: die Jolof stellen Stab und Sehne
aus dem gleichen Holze her. Die Be-
festigung der Sehne ist beiderseits eine
verschiedene. An der Sehne sind am
Ende Knoten beim Abschneiden bewahrt
worden. Sio verhindern das Entgleiten
aus der Schlinge; ein naheliegendes
Übel bei solcher Befestigungsweise. Auf
der einen Seite ist das knotige Sehnen-
ende an den Stab festgebunden (auf.
der Abbildung unten), auf der anderen
ist es an einem feingeflochtenen Leder-
ring befestigt, der (Iber das Bogenende
(oben auf der Abbildung) geschoben ist.
Damit dieses bewegliche Ende beim
Spannen festliege, ist etwa 4 cm vom
Stabende entfernt ein Lederknoten an-
gebracht. Das obere Ende der Sehne
kann somit vom Bogen stabe abgenommen
werden.
Auf den ersten Blick scheint diese
Bogenform in Afrika vereinzelt da*
zustehen. Bei näherer Untersuchung
ergiebt sich aber eine tiefe Überein-
stimmung mit jenen Formen, die zu-
letzt eine Erörterung fanden (Fig. 31),
die nämlich zwei verschiedene Enden
haben und auf der einen Seite in Verjüngung abschließen, auf der anderen
ein Knaufende besitzen. Ja wir können sogar noch die Hauisaform als ver-
Bogen, angeblich von der Loaugoküste
Stammend (Mus. f. Völkerk. in Leipzig).
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wandt hinzuziehen. Auch sie bietet ein festos Ende mit Verjüngung und
ein bewegliches, dieses tillerdings mit asiatischer Einhängung (Fig. 27). Aber
ich darf darauf verweisen, dafs diese Bogen an der Grenzo asiatischen (Xonl-
achse) und westafrikanischen Einflusses (Westküste) sich herausgebildet haben,
was sich ja auch in der Verwandtschaft der Enden kund thut, daher recht
wohl bei Fragen nach der Beziehungsgeschichte der westafrikanischen Bogen-
elemente mit in Betracht gezogen werden dürfen. Nun können wir beim
Haufsabogen ein Unten und Oben unterscheiden. Das „Oben" ist an der
Einhängung — auf welcher Seite ja auch die Wölbimg liegt — zu suchen.
Ebenso darf bei dem Bambusbögen (Fig. 32) das bewegliche Ende als das
Oben angesehen werden. Demnach liegt die Verjüngung beiderseits unten.
Die Verjüngung gewinnt daher den Eindruck, das Zeichen der festeren
Verkettung von Bogenteil und Sehne darzustellen oder einmal dargestellt
zu haben.
Die Sehne bietet ebenfalls noch Anlal's zu einer Umsclian. Das obere
Ende des Bambusbogens zeigt einen schönen Flechtring (Fig. 32). Derart feine
Flechtschleifen, im Oegensatz zu einfacheren Knotenschleifen (z.B. Fig. 33)
Itesitzen auch Rotangsehnen. Ratzel bildet ein typisches Beispiel ab. 1
Eine solcher Ausarbeitung nahekommende Sehnenschleife besitzt auch Fig. 30.
Fernerhin ist der Knoten an den beiden Enden der Bambussehne (Fig. 32)
in Knoten wieder zu erkennen, die im Inneren der Sehnen mit Rotang-
schleifen liegen (Fig. 35). Somit können wir auch die merkwürdige oliere
Sehnenbefestigung des Bambusbogens in seinen Elementen wenigstens über
den gesamten westafrikanischen Kulturkreis verfolgen.
Der Bogenstab mufs endlich noch zur Erörterung eines letzten wich-
tigen Merkmals der westafrikanischen Bogen in Augenschein genommen
werden. Er ist oftmals noch durch eine innere Rinne ausgezeichnet. „Die
Rillen sind für die Bakuba charakteristisch*', hat Wolf von deren innerer
Hogenausarbeitung gesagt. Ratzel hat auch Verzierungen, die in diesen
Rinnen augebracht sind, beschrieben, wie z.B. in der flachen Rinne eines
Kassaibogen drei scharf ausgebildete Parallellinien erhöht hervortreten. Bei
einein anderen ist in der vertieften Innenseite ein 57 cm langes Zickzaek-
band erhaben herausgearbeitet, während der Grund weil's gemacht ist.
Diese Rinnen treten bald Schürfer ausgeprägt, bald abgeflachter auf. Der
Bogen Fig. 31 zeigt etwa die Mitte zwischen den beiden Extremen an,
Fig. 33 die Verdoppelung solcher Kehllinien. Im Norden hat Passarge starke
Rillen in Fulbebogen aus Adamaua erwiesen, weiter südlich Morgeu solche
1) Ratzel: „Völkerkunde 14 , 2) B<1. I. 8. 670; .Bogen - , Fig. 42. Ein Bogen der
Bnngnla mit sehr schöner Flechtschleife am Sehncnende ist hier beidemal abgebildet.
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aus dem Wutelando nach Berlin gesandt. 1 Das Endergebnis der Ent-
wicklung dieser inneren Einschnitte sind die halbkreisförnügcn Durchschnitte
vieler westafrikanischer Bogen, die somit eine Abflachung innen annehmen,
wälirend die asiatischen Verwandten zu einer Abflachung auf der Aufsenseite
neigen. (Haufsa-, Somali-, Massai- und Südwest -Bogen vergl. Fig. 27 u. 28.)
Fassen wir alles das zusammen, so bemerken wir, dafs die west-
afrikanischen Bogen durch folgende lange Reihe sehr wichtiger, aber be-
weglicher Merkmale ausgezeichnet sind:
Einfache, meist flache Biegung des Bogenstabes; mittlere Länge 130
bis 150 cm; extreme Längen 70 cm und 190 cm; Sehne aus Rotangstreifen,
seltener aus geflochtener Raphiafaser bestehend; Befestigung an den Bogen
meist durch Überhängen, zuweilen auf einer Seite durch Festwicklung; die Ein-
hängeösen entweder geknotet oder geflochten; Sicherung der Sehnenüberhänguug
durch angeschnitzte Knüpfe, übergesehobene Holzscheibeu oder -knöpfe oder
geflochtene Rotangwülste ; Bogenstab innen mit einer Rinne oder einer Ab-
flachung versehen; Schmuck des Bogens durch Rotangringe oder geschnitzte
Reliefarboiten auf der Innenseite; aufserdem sorgfältige Arbeit. — Als
besonders wesentliche innere Beziehung tritt die Verschiedenartigkeit der
Seimenbefestigung an den beiden Enden , einerseits Beweglichkeit am Knauf-
ende, andererseits Festlegung am umwickelten, verjüngten Ende hervor.
Und (Linn: Alleinherrschen pflanzlicher Stoffe als tiefste Wesenseigenschaft.
Also ein Bogentypus tritt uns hier wohl entgegen und zwar ein
solcher, der den nord-, ost- und südafrikanischen Bogenformen fast oder
ganz beziehungslos gegenübersteht. Aber der eine Typus ist durch Mannig-
faltigkeit der Spielformen bei fast vollständiger Gesetzlosigkeit in der Ver-
breitung charakterisiert. Wir vermögen keinen geographischen Entwicklungs-
zug zu erkennen; denn wolü sind die Baluba-Bogen durch die Scheibenenden,
die Kassai-Bogen durch die innere Rinne, die Quango-Bogen durch Holz-
knaufe, die Ubangi-Bogen durch besondere Rotangwülste etc. ausgezeichnet,
aber das eine Merkmal bleibt nur das Zeichen besonderer Liebhaberei in
bestimmten Gegenden; die anderen Eigenschaften mögen ebenso fest an be-
stimmte Gegenden gebunden sein , aber es liegt vollkommene Willkürlichkeit
in der Bevorzugung bestimmter Elemente bei der Ausgestaltung einer beson-
deren Bogenform.
Diese Thatsachen wiederholen im wesentlichen das, was die Betrach-
tung der Sehildformcn gelehrt hat: Im Norden, auf Nord- und Verbindungs-
achse Vorherrschen asiatischer Einflüsse, auf der Südachso schwache, voil-
1) Pa-ssarge, S. 439. Morgen berichtet S. 201, dafs die Wutebogon aus einer
Rippe dor Rapbia hergestellt werden. Ratzel nennt die Rinne der Wutebog'.'n „eiuo
mehr oder weniger breite, flache Vertiefung*. Ratzel: „ Geographische Verbreitung". 8.38.
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ständige Entwicklung unter nördlicher Einwirkung. Im Westen dagegen
freies Aufwachsen und üppige Entfaltung malajonigritischer Eigenarten.
Der malajonigritische Ursprung der westafrikanischen
Bogenformcn ist eino schon von Ratzel in Frage gezogene Thatsaohe. Mit
unserem reichen Material dürfen wir die Erscheinung noch eingehender erörtern.
Die Rogen von Neuguinea, die wir zum Vergleiche heranziehen
wollen, bestehen zum Teil aus Holz, zum Teil aus Barnims. Ihn? Biegung
ist keine sehr starke. Fast durchgehend« neigen sie zu einer Abflachung
auf der Innenseite, die wir auch hier als Nachwirkung einer Rinnenbildung,
wie sie Holzbogen von den Fidschi- und den Tongainseln zeigen, beobachten
können. Eine Entstehung der Rinne lehrt uns anscheinend Fig. 37. deren
Auslaufen in Abflachung aber Fig. 34. Wird der Bugen aus einem Streifen
stärkeren Bambus hergestellt, so stellt sich ein gebogener (Querschnitt des
Botrenholzes ein, wenn die Wölbung naeh auTsen gebugen ist (Fig. 3C). So
erklilrt sich vielleicht diese Entstehung der Rinne und der Abflachung aus
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— 75 —
der Eigenart eines Materiales, das in dieser Weise (Bambussplitter!) nicht oder
sicher nur sehr selten zur Herstellung afrikanischer Bogen dient (vgl. Kap. 10).
Hier in Neuguinea troffen wir weiterhin auch die Knaufenden wieder,
sowohl die aus dem Holze geschnittenen (Fig. 34 und 37), als die auf-
gesetzten Holzscheiben (nach Ratzel) und endlich auch die Rotangwulste,
denen sich hier ebenfalls Rotangringschmuck anschliefst. (Fig. 3G.) "Was
aVier ganz besonders wichtig erscheint: wir können nicht nur die Verjüngung
an Bogen von Neuguinea nachweisen, sondern
nach Ratzels scharfsichtigen Beobachtungen
auch am gleichen Bogen zwei verschiedene
Enden und Besehnungsarten.
Die Ungleichheit der beiden Bogenarme
gelangt zum Ausdruck in der verschiedenen
Längo der Bogenspitzen, d. h. der nach aufsen
vom Sehnenansatze liegenden Abschnitte,
dann aber besonders in der bevorzugten Ver-
zierung der längeren Spitze, welcho nicht
nur in mannigfaltiger Weise durch Schnitz-
werk ausgezeichnet, sondern auch durch Bei-
gabe von Anhängseln hervorgehoben wird.
Selbst die einfachen Rotangringe erscheinen
manchmal nur auf der Seite der längeren
Spitze; oder es kommen hier zehn vor, dort
nur zwei. Eltenso ist die ihr zugehörige
Sehnenschlinge kunstvoller geflochten als die
des entgegengesetzten Bogenarmes.
Einen Bogen der so von Ratzel be-
schriebenen Art wollen wir des näheren in
Augenschein nehmen. Derselbe besteht aus
Holz, ist in der Mitte bei grofser Flachheit
ziemlich breit und nimmt nach den Enden B °g° n ' auf dt?r 8tatk,n Hafai
orworben (Museum für \ulkerk.
in Leipzig, Slg. Kongostaat).
Fig. 35.
hin an Breite bis zum Auslaufen in Spitzen
ab. Wie der auf Fig. 3G bei a gezeichnete
Querschnitt zeigt, ist das Holz, wie es der entsprechende Splitter aus Bam-
bus auch sein würde (vergl. den Querschnitt des Bogens Fig. 37), gewölbt.
Die spitz zulaufenden Enden sind mit Rotangknöpfen versehen. Bei dem
einen (Fig. 3Ga und b) fehlt jeder weitere Schmuck; bei dem anderen (c) sehen
wir aber eine überaus reiche Verzierung durch Flechtwerk, Rotangstreifen
und herabhängende Schnüre, Lappen und Federn. Besonders die beiden auf
der Innenseite des Bogens, vom Rotangknopfe der Mitte zu angebrachten.
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an einigen Stellen durch Ringe am Holze festgehaltenen geflochtenen Schnuren
am geschmückten Ende (Fig. 36 c) sind besondei-s merkwürdig. Sie erscheinen
wie eine Nachbildung der Sehne. Solche Pseudosehnen, wie wir diese
Sehmucksehnüre nennen wollen, finden sieh häufiger,
aber stets nur an einem Ende. Wenn in ihnen
irgend ein Wesenszug aus der Vorgeschichte dieser
Bogenformen zu suchen ist, so wäre nur an eine,
der unteren Sehnenbefestigung von Fig. 32 gleiche
Besehnungsweise zu denken. Es wurde die Pseudo-
soline also der Rest einer festen Sehnenver-
schnüning sein und wir könnten demnach die
^ n |u verscliiedene Besehuung an dem ursprünglich mit
f
i { 1
Fig. 3i i.
Bogen A nn Neuguinea i Museum
für Völkerkunde in Leipzig).
zwei ungleichen Bogensehnen ausgestatteten Bogen
so rekonstruieren, dafs am unteren Ende die Sehne
festgelegt war. indem der Botangknoten ühor sie
ge sei iob« mi wurde, dnls das andere, ohoro Ende der
Sehne beweglich war: indem sie mit einer fein-
geHochtenen Schlinge über den Bogenslab gesclioben
war: dafs sie beim Spannen uieht allzuweit nach
der Mitt- nickte, verhinderte ein Rotangknoten.
Somit finden vir also an den Neuguinea -
Bogen Andeutungen , die darauf hinweisen, dafs
sie ni.-ht allein den gleichen Entwicklungsgang wie
die •westafrikanisehen Bogen durchgemacht haben,
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sondern dafs sie auf eine Form zurückgeführt werden können, die der Fig. 32
nur in einem Punkte nicht entspricht: diesem afrikanischen Bambus- Bogen
fehlt die innere Rinne. Dagegen besitzt der afrikanische Bogen in den
Knotenenden der Sehne ein wichtiges Belegstück.
Doch wenn wir unsere Untersuchungen mit der Betrachtung der Sehnen-
enden fortsetzen, eröffnen sich auch liier vollständige Übereinstimmungen.
Die Enden der afrikanischen Rotangsehnen waren charakterisiert: erster
Typus, durch einfache Knotenschlinge, in
der eine einfache Erliabenheit die Zu-
ziehung der Schleife verhindert (Fig. 35);
zweiter Typus, durch Auslaufen in eine
zierlich geflochtene Schlinge (Fig. 30,
bessere Forin bei Ratzel „Bogen 41 Fig. 42);
dritter Typus, durch Auslaufen in einen
Knoten, der eine zierlich geflochtene
Schlinge trägt (Fig. 32 oben). Die beiden
ersten Typen sind entstanden in Aus-
nutzung der zwei die dritte Form aus-
zeichnenden Merkmale. Demnach erseheint
der dritte Typus als der älteste. — In
Oceanien und zwar zwischen Indien und
Neuguinea lassen sieh alle drei Formen
der Sehnenenden nachweisen. Die beiden
ersten sind auf Neuguinea aufserordent-
lich häufig, ja es sind die bei weitem vor-
herrschenden, da Sehnen aus geflochtenen
Pflanzenfasern alsSchnursehnen selten sind.
Die dritte interessante Form mit den
eine Sclüinge tragenden Knotenenden habe
ich bis jetzt nur in Hinter- und Vorder-
indien auffinden können. In Abbildung
gebe ich (siehe beigeheftete Tafel) einen
solchen indischen Bogen wieder. Die Sehne ist ein feinbearbeiteter Bambus-
splitter, an dessen Ende zwei Knöpfe erhalten sind. Eiu hübsches Schnüren-
geflecht stellt die Verbindung des Bogens und dieser Sehne in Schlingenform
dar. Der Bogen selbst verrat aufser dieser malajonigritischen Eigenschaft
folgende Hauptmerkmale: einfache Biegung ohne Herabbiegeu der Enden;
Sehnenbefestigung durch eine Verdickung, mit dem Ende zu folgender Ein-
schneidung als beweglich gestaltet. Während erstere Eigenschaft entschieden
südlicher Natur ist, ist in der Einhängungsweisc doch schon asiatischer Ein-
Fig. 37.
Bogen aus der Mac Cluer-
Bai auf Neuguinea (Museum
für Völkerkunde in Leipzig).
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flufs zu erkennen. Es ist hier weder das Knaufende, noch eigentlich Ver-
jüngung besonders ausgebildet, vielmehr eine Einkerbung, die an vielen
asiatischen Bogen in ähnlicher Weise auftritt. Immerhin weist der ganze
Typus im Gegensatz zu diesem einen, zudem noch unklaren Zuge nach Süden,
und desha'lb ist es uns wichtig, diese Sehnenform an ihm wiederzufinden.
Ich stelle demnach fest, dafs folgende Wesenszüge den malajo-
nigritischen Bogen Oceauiens und denen Afrikas gemeinsam sind: verhältnis-
mafsig schwache Biegung des Rogenholzes, Querschnitt desselben zwischen
Kreis, Halbkreis und Breitrechteck schwankend; innere Rinne mit Ansklang
als innere Abflachung des Bogenholzes; 1. geschnitzte Knauf enden, 2. auf-
gesetzte Holz- oiler 3. Rotangwülste, oder 4. verjüngte Bogenenden; Schmuck
des Bogens in Rotangringen, sowie in Relief geschnitzten Ornamenten;
Sehne Rotaugstreifen oder Pflanzenfaserschnur; Enden der Sehne: 1. Knoten-
schlinge mit Anschwellung, 2. geflochtene Schlinge, 3. geflochtene Schlinge
um den End knoten.
Diese grofse Anzahl von übereinstimmenden Eigenschaften beweist
aber nicht nur die Verwandtschaft afrikanischer und oceanischer Bogen,
sondern sie werfen in Anbetracht dieser merkwürdigen Konservierung ein
klares Licht auf die Urform des malajonigritischen Bogens. Da wir uns
aber mit diesem im physiologischen Teile noch näher zu beschäftigen haben,
wollen wir hier nur auf dieses Problem verweisen. (Vergl. Kap. 10.)
Übersicht der Bogen formen Afrikas.
Im Süden tritt der Bugen in Afrika schwach entwickelt auf und er-
reicht auf der Südachse dem Norden zu erst jenseits des Sambesi einen
festeren Typus, der nun einen einfachen Holzbogen mit mehr oder weniger
stark herabgebogenen Sehnabelenden mit einer aus Leder oder Tiersehnen
gedrehten, in Umwicklung befestigten Sehne zeigt. Das Bemerkenswerte bei
dieser Verbreitung und Formbeziehung ist die Zunahme der Lederbekleidung,
welche im Übergang zur Verbindungsachse den ganzen Stab bedeckt. Dieser
Gang deutet auf Auwachsen asiatischer Einflüsse.
Die asiatischen Hegen formen beherrschen den Norden Afrikas und
treten in drei Kreisen oder Schichten auf: 1. innerer Kreis der Nordaohse,
Vorkommen echt asiatischer Bogen in Ledertasche: 2. südliches Randgebiet
mit 3 afrikanischen Bogenformen asiatischer Herkunft; a) im Westen den
sohwaehgewölbton Haufsabogon mit asiatischer Bogeneinhängung, b) den
Nilbogen mit Eisenumkleidung, c) den unljodeckten S«>malil>ogon. Alle dieso
Bogen sind zweischenklig; 3. äufseres Einflufsgebiet in Ostafrika (Umwicklung
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des Bogens mit zurückgewundener Lederschne) , Centraiafrika (Bekleidung
und Schmückung des Bogens mit Fell und Haut), Nordwestafrika (Loder-
bekleidung des Bogenstabes). * Wenn die äufsere Abflacliung des Bogenstabes
als asiatisches Einflufsmerkmal angesehen werden kann, so sind noch die
Massai- und Hererobogen zu nennen.
Die malajonigritischen Bogenformen lassen an der Ostküste und in
Südafrika schon in seltenerem aber doch vorhandenem Rotangringschmuck
und in der Bogenendenverdickung im Sambesidelta einige Anzeichen ver-
spüren, treten aber erst im Kongobecken und an der Westküste geschlossen
auf. Charakteristisch ist die üppige Formfülle bei Ungesetzmäfsigkeit in der
Verbreitung. Diese macht es dann auch unmöglich eine festere Gruppieniug
vorzunehmen. Die malajonigritischen Bogeu in Afrika werden nur alle zu-
sammengenommen verstandlich. 1
1) Wenn ich in der nun folgenden systematischen Übersicht trenne: Nordkongo- .
bogen, Südkongobogen und Westbogen, so folge ich folgenden ausserhalb des fraglichen
Formproblemes liegenden Gesichtepunkten. Hier handelt es sich um geographische
Lage und Beziehung der Formen untereinander. Während nun der Südkongobogen
den asiatischen Bogen nicht berührt, übt der letztere einen starken Einflufs auf die
Formen nördlich vom Kongo aus. Fellschmuck ist hier eine häufige Erscheinung.
Dagegen ist der westafrikauische Küstenbogen durch spärliche Verbreitung nicht allein
gekennzeichnet, sondern auch durch häufige Aufnahme asiatischer Elemente. So ist
das Leder und die Lederumwicklung an dem sonst typisch malajonigritischen Bogen
(Fig. 32) ein Zeichen asiatischer Einwirkung.
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Systematik.
A) Der afrikaaiHche Bofeu:
1. Südgebiet (.seltenes Vorkommen).
2. Südwestgebiet (äufsere Abflachung). ( Südaclise.
3. Ostgebiet (Zunahme der Lederl>e-
kleidung dem Norden zu).
4. Vereinzelte Vorkommnisse im Nilgebiet l , . , .
b \ ^ erbindungsachse.
mit zunehmender Lederbedeckung. J
B) Ber asiatische Bogren:
1. Echte Fonnen, zweischenklig. Sudan
und Nordostafrika.
2. Haufsabogen
3. Nilbogen > abgewandelte Formen.
4. Somalibogen
Im An Schlüte an die letzten Formen
Lederbekleidung in Ostafrika.
€) Der malajonljnrtt Ische Bogen:
1. Südkongogebiet, üppigstes Aufwachsen.
2. Nonlkongogebiet, Einflute von Norden,
im Fellsehmuck erkennbar.
3. "West gebiet, durch den vereinzelten
Durchbrueh asiatischer Elemente und
s|»arliehe Verbreitung gekennzeichnet.
Verbindung mit Asien
und Nordachse.
Verbindungsachse.
Westliches Ablagerungs-
gebiet.
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— 81 —
II. Die afrikanischen Messer.
Unsere bisherigen Untersuchungen erstreckten sich auf Gegenstände,
die dadurch ausgezeichnet waren, dafs fast ausnahmslos nur eine Form im
Besitz jedes Volkes ist und dafs sie nur aus tierischen und pflanzlichen
Stoffen hergestellt werden. Ganz anders gestalten sich nun die Verhältnisse,
wenn wir die Messerformen des näheren untersuchen. Vor allem tritt hier
eine fraglos verhältnismäfsig junge Industrie, die des Eisens, in den Vorder-
grund. Damit verlangt ein neues und schweres Problem Berücksichtigung.
Die Afrikaner stellen die gröfste Völkergruppe dar, die die Europäer
im Besitze des Eisens angetroffen haben. Kenntnis des Eisens, des Schmelz-
und Schmiedeprocesses hatten weder die Amerikaner noch Oceanier, die in
bedeutenderer Entfernung von Asien, jenseits der Molukken und Philippinen
wohnten. Da aufserdem Ägypten in den Bereich der Geschichte als Besitzer
einer noch jungen Eisenindustrie eintritt, so liegt die Frage als eine sehr
berechtigte offen, ob die dunkelhäutigen Afrikaner selbständig dieses Gewerk
erlernt oder von einem asiatischon Muttervolke empfangen haben.
Nach unseren bisherigen Erfahrungen dürfen wir den Negern Afrikas
kein besonderes Zutrauen in dieser Richtung entgegen bringen. Die Völker
der Nordachse leben fast vollkommen unter asiatischem Einflüsse. Ihr
Klüturbesitz weist aufser wenigen Dingen, die noch erörtert werden sollen,
sehr wenig eigene Schöpfungen auf. Die Zwischenachse leitet nach der im
Süden über, die allerdings eigene Formen bietet; aber es sind das Formen,
die mehr auf selbständige Verarbeitung als auf eigene Schöpferkraft schliefsen
lassen. Der Fellsehild folgt einer nördlichen Eingebung in der Verbreiterung,
zeigt aber keine schöpferische Idee. Der Bogen ist im Süden so arm an eigenen
Merkmalen, vor allem an entwicklungsgeschichtlichen Wesenszögen, dafs wir
ihm keinen anderen Wert beifügen können als den, den ein in der Übernahme
verkümmernder Gegenstand besitzt, auch wenn ihm in der Verbreitung nach
Norden die Reste asiatischen Bogenwesens felüten: Herabbiegung beider
Enden und Lederumwicklung. Die westlichen Elemente nun gar sind so
absolut und vollkommen denen des an Schöpfungen so reichen malajo-
nigritischen Kulturgebietes gleich, dafs hier jedes Suchen nach einer eigenen
Schöpfung der Afrikaner von vornherein verfehlt und aussichtslos erscheint.
Nur der Stockschild bleibt also übrig und der ist uns aus Australien so
gut bekannt, dafs auch hierin die Skepsis rege wird, wir müfsteu denn
annehmen, dafs die Australier ihn von den Afrikanern entnommen haben,
oder bei der Schöpfung gemeinsam gehandelt ha1>en.
Was haben wir in Anbetracht dieser Verhält nisse nun von der Ent-
wicklung der Eisenindustrie zu denken? — Seine Untersuchung der Metalle
Frobenius, Afrikanische Kulturen. G
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bei den Naturvölkern ist eine der schönsten Arbeiten Richard Andrees. Sie
macht uns darauf aufmerksam, dafs die Eisenarbeit in Afrika vom Nilgebiet
südwärts sich sichtlich verschlechtert Es schliefst daher auf Übernahme
des Eisens aus dem Norden oder Nordosten. Wandern wir mit dieser An-
schauung ausgerüstet durch ein Museum für Völkerkunde, so finden wir in
vieler Hinsicht in der That solche Annahme durch den Augenschein be-
rechtigt. Welche ^nächtige Entwicklung des Eisengewerbes im Sudan! Die
Panzer ans Ketten und Platten, die Eisenbeschläge am Zaumzeug der Kriegs-
rosse, die Säbel, Schwerter etc. sind schwierige Leistunge», denen gegen-
über die eisernen Assageien, die fast lächerlichen Messer und sonstigen
wenigen Eisengeräte der Kafferu jämmerlich minderwertig, der ganze Eisen-
schatz sehr arm erscheint
Und doch stolpern wir an einem Steine des Anstofses, nämlich im
Kongobecken. Die tauschierten und in zierlicher Durchbrechung oft aus
verschlungenen Streifen zusammengefügten Eisen- und Kupferklingen an
Ixten der Bassonge, die prächtigen Speerklingen, Messer, Scepter übertreffen
die Eisenwerke des Sudan nicht allein an Kunst in der Ausführung und
Schönheit der Form sondern auch durch Selbständigkeit Dabei ist so ein
Sichelschwert vom Kongo oder ein Schwertmesser der Kioke weder sonst
afrikanisch noch asiatisch. So wird denn dieser Stein des Anstofses zunächst
nicht nur zu einem solchen für die Ansicht, dafs die Eisenindustrie aus
dem Norden stamme, sondern auch für den sich nach dem bisher Dar-
gelegten natürlich aufdrängenden Gedanken, dafs die Kultur dieser Völker
von den Oceaniern hierhergetragen sei. Denn diese Oceanier verstanden in
der Zeit dieser Kulturverpflanzung sicherlich nichts vom Eisen ; soviel lehrt
der Zustand ihrer derzeitigen Kultur sogar noch.
So tritt denn zu der Freude über die grofse Klarheit, in der sich
das Beziehungsbild bisher enthüllt hat, zunächst eine sehr gesunde Er-
nüchterung, die den Anspruch an uns stellt, die Verhältnisse noch schärfer
und kaltblütig ins Auge zu fassen.
Es giebt nun besonders in Nord-, West- und Ostafrika eine so grofse
Anzahl von Messerformen , dafs eine eingehende Behandlung der sämtlichen
Gestalten und aller Typen zur Abfassung eines eigenen Werkes führen würde.
Ich beschränke mich daher auf die Betrachtung «1er hervorragendsten Typen,
wobei allerdings hier und da der Blick auch auf seltenere Erscheinungen
notgedrungen gerichtet werden mufs.
a) Die Messer SUd- und Ost -Anikas. Messer sind ursprünglich im
eigentlichen Kaffernlande nicht gebräuchlich gewesen, indem die Klinge des
Assegai auch bei friedlichen Verrichtungen als schneidendes Instrument benutzt
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wurde; jetzt sind solche von enropüischem Fabrikat ziemlich häufig (Fritsch).
Die Betschuana besitzen dagegen schon die übliche Form eines etwa 15 cm
langen Messers, doch tragen sie es nicht, wie sonst in Afrika üblich, am
Arme, sondern hängen es um den Hals. Die Messer der Südwestafrikaner
werden an den merkwürdigen Schwalbenschwanzenden am Griffe mit Leder-
riemen am Arme festgebunden. Beifolgend abgebildetes Exemplar stammt
von den Ovambo und hat eine Länge von 22 cm.
Die Messerklingen der Betschuana und Südweststämme sind mm eben-
falls nichts anderes als Speerblätter und das läfst sich aus der Form recht
gut nachweisen. Die afrikanische Speerklinge spielt nämlich in verschiedenen
Umgestaltungen einer Grundform, die wir, um uns botanisch auszudrücken,
als spitzeiförmig bezeichnen wollen. Die ver-
schiedenen Umgestaltungen sind für bestimmte
Provinzen charakteristisch, so eine Verschmä-
lerung in Südwestafrika, die eine genau der
Messerklinge der Fig. 38 angehörende Form her-
vorruft Und derart zeigt vollkommene Identität
der Speer« und Messerklingen in Afrika meist
auf Hervorgehen der letzteren aus ersteren hin.
Das beweist vor allen Dingen die sich sehr oft
wiederholende Gleichheit bei häufiger Be-
stätigung durch die Reisenden.
So sagt auch Hplub von den Marutse-
Mambundame8sern : Manche dieser Dolche sind
die Klingen der Hand-Assegaien und werden
von der tapferen Zulu- Rasse ähnlich wie
letztere Waffen gebraucht, ja es geschieht oft,
dafs im wilden Handgeraenge der Matabele-
Kricger seinen Assegai unter dem Eisenteile Messer der Ovambo mit Scheide,
abbricht und, mit letzterem bewehrt, den (Im Besitze des Verfassers.)
Feind zu töten strebt. 1
Zu diesen Formen gesellen sich in Ostafrika Parallelstücke: die Lanzen
werden verkürzt, so dafs sie messerähnlich an Länge werden. Eine „kurz-
geschäftete wie ein Messer gebrauchte Lanze" aus Uniamwesi bildet Hart-
mann, einen Elephantenspeer der Waganda von der gleichen Eigenart Ratzel
1) Fritsch, 8.67,175. Holub: „Kulturskizze*, S. lia Vergleiche auch Notizen
bei Liviogstone, Moffat, Casalis etc., die beweisen, dafs diese Entstehung der Messer
sieh über ganz Südafrika bis zur Wasserscheide zwischen Kongo und Sambesi erstreckt;
ferner sind noch Belegstücke in den vollkommen aus Eisen hergestellten „Dolchen"
geboten. Vorkommen: oberer und mittlerer Sambesi.
6*
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ab. — In Usindja fand Stuhlmann die ordinären, aus Lanzenspitzen ge-
maehten Messer ohne Schueide kaum erwähnenswert 4 '. Die Lur-Ti haben
dagegen wieder verkürzte Lanzen, die nun ganz zur Messerform gelangt
sind, und den Speerklingenursprung nur noch neben der Mattform durch
eine am Ende des Griffes, wie an einem Speerschaft befestigte Eisenzwinge
verraten. Die Wambuba benutzen die Speerklinge als Messer, über die
Messer der A-Lur berichtet auch Emin selu' eingehend. Neben einigen
gebogenen Formen zeigen die Messer für den Kriegs- und Luxusgebrauch
die Gestalt der Speerklingen. Als Messer für den täglichen Gebrauch werden
gewöhnliche Lanzenspitzen benutzt, die in einem meist mit Draht umwundenen
Holzgriff stecken. Zum Rasieren benutzt man scliarf geschnittene Speerblätter. 1
Hier am Südrande der Verbindungsachse wundern wir uns nicht, neue,
liedeutsame Formen anzutreffen, so eins der typischen Messer, die z. B.
Baumanu in Urundi traf. Er sagt von ihnen: neben den eisernen Spaten
dienen eigentümliche sichelförmige Haumesser, die sich ähnlich in Ukerewe
und dem nördlichen Zwischenseengebiot finden und die auch zum Lichten
der Papyrussümpfe benutzt werden. Diese Sichelmesser sind bis Udjidji am
Tanganjika gelaugt, sind aus Karague, Usindja, Ruanda etc. bekannt. Auch
liier zeigt sich wieder eine Wechselbeziehung zwischen Messer und Speer,
indem solche Messer mit langen Speerschäften als Scepter oder Hirtenstab
vorkommen. — Wir gehen wohl nicht irre, wenn wir diese Form auf eine
richtige asiatische Sichel zurückführen. 2
Eine weitere Form wird der RückMick von Nordafrika kennen lehren.
b) Die Messer und Hehwerter Nord- Afrikas. Im nördlichen Afrika be-
gegnet uns sogleich eine aufserordentliehe Fülle von verschiedenen Gestalten,
so dafs eine gewisse Übersicht von vornherein gewahrt werden mufs. Es
ist das nicht sehr schwer, denn soljald das Auge sich einigermafsen an
den Ge8taltenrcichtuin gewöhnt hat, entwirren sich bald die unklaren An-
sammlungen und es treten bestimmte Verwandtschaften hervor, unter denen
1) llartmann, Bd. 1, S. 239. Ratzel: , Völkerkunde" 2| Bd. II, S. 237. Stuhl-
mann, S. G74, 434 (Abb. S. 437), G20. Emin ebenda S. 520/521. Diese Eutwicklungs-
lime Hilst sich bis iu das Nilgebiet verfolgen, klingt aber hier dem Norden zu aus.
Wir treffen sio im Kongogebiet wieder.
2) Baumann: „Massailand*, S. 219. Stuhlmann, S. 242. Abbildungen von
Sichel messe rn bei Goetzeu, S. 172. Stuhlmann. S. 243. Cameron (deutsche Ausgabe).
Bd. 1, S. 204. Stanley: «Dunkle Weltteil», Bd. I, 8. 429. Baumann: „Massailand*.
S. 262. Abbildung einer Sichel ebenda S. 212. Vergi. auch das Urasmesser aus den
Haufsuländern bei Pas-sargc. S. 225; Messer der Marutse-Mambunda bei Holub:
«Kulturskizze- 4 , S. 119. Das sind Formen, die weniger ausgeprägt sind, jedoch eben-
falls auf eine solche Sichelform weisen.
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ich drei Gruppen als besonders wichtig hervorhebe. 1. Die Schwerter und
Scli Wertmesser, die gerade sind. 2. Die Säbel und Säbelmesser. 3. Die
geraden Dolche mit Verdickung dem Griffe zu, richtiger wohl als Stilette
bezeichnet. 4. Die Wurfmesser. Dafs vielfach hier und da auch noch die
Speerklinge als Messer oder Dolch Verwendung findet, ist sicher. Doch
spielt die Erscheinung hier, neben wichtigeren und handlicheren Messern, keine
besonders hervorragende Rolle.
1. Die geraden Schwerter und
Sch Wertmesser. Es sind das Schwerter
mit mehr oder weniger langen, fast der
ganzen Länge nach gleich breiten Stahl-
klingen und einem Quereisen als Hand-
schutz, einer Parieretange. Das neben-
stehend wiedergegebene Exemplar des
ethnographischen Museums in Basel ist
folgendermafsen beschrieben:
Nr. 537. Sudanisches Schwert mit
Lederscheide. 95 cm lange, 5 cm breite,
völlig gerade, zweischneidige Klinge, in
der Form entsprechend einem Ritter-
schwerte des Mittelaltere. Die ganze
Klinge ist bedeckt mit arabischen Buch-
staben (Koran Sprüchen?). Klinge aus
sehr gutem Stahl (wahrscheinlich Solinger
Klinge). Am Griff einfache, eiserne,
filiere Parierstange. Griff mit Leder um-
wunden, oben vier kurze und eine lange
Lederquaste. Schcido aus rotem Leder,
das Ledergehänge mit Kauris verziert.
Angeblich aus Darf ur, aus der Kriegsbeute
der Mahdisten stammend (Rfltimeyer).
Dieses Schwert, dessen Vorgeschichte
bis in die Kreuzzilge reichen dürfte, hat
sich auf der Nordaehso bis nach Seno-
gambien hin verbreitet. Als Waffe der Fundj ist es bei Hartmann, als die
der Liberianer bei Ratzel und Bflttikofer abgebildet. Seine äußersten Aus-
läufer sind weit im Süden zu suchen, bei den Stämmen von Kamerun.
Während es bei den Völkern Adamauas noch die unveränderte Form be-
halten hat, ist es in Kamerun kürzer geworden. An Schwertennessern
der Fan -Stämme läfst sieh noch insofern ein letzter Rest beolmehten, als
Fig. 39.
Schwert aus Darfor.
(Ethuogr. Mus. in Basel.)
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— SG-
hier am Griff noch die Parierstange, wenn auch aus Holz nachgebildet, sich
erhalten hat 1
Vom Tedaschwerte sagt Nacht igal: Dies Schwert, welches breit,
zweischneidig, von ansehnlicher Lange, gerade und mit Kreuzgriff versehen
ist, kommt zu ihnen aus dem Lande der Tuarik, stammt aus Europa und
zwar vorzugsweise aus Deutschland (Solingen) und ist keineswegs im Besitz
aller. Das Schwert der Hauisastaaten hat Staudinger als eine sehr ver-
breitete Waffe geschildert. Es ist gerade und verjüngt sich allmählich nach
der meistens mehr rundlichen Spitze. Es scheint mehr zum Hauen als
zum Stechen angewendet zu werden. Die Länge beträgt 60 — 100 cm
und die Breite an der Basis wohl 6 — 8 cm. Es wird weniger im Kriege
als im Streite von den zanksüchtigen Haufca gezogen. Die Eingeborenen
befestigen es an einem Tuchstreifen oder an einem von den Arabern ein-
geführten Wehi'gehäuge und hangen es über die Schulter. In Ilorin scheint
eine kürzere, breitere Form dieser Hiebwaffe Mode zu sein. Die Schwerter
der Asbin sind etwas kürzer und bedeutend schmaler. Sie behalten dieselbe
Breite bis kurz vor der Spitze. Auch die Scheide und namentlich der Griff
ist anders geformt Letzterer hat eine eigentümliche kreuz- oder doppel-
kreuzfDrmige Gestalt. Ein kurzes Schwert tragen diese Wüstenvölker manch-
mal an einem Lederring, welchen sie um das Handgelenk befestigen. — Bei
den Bussa erwähnt Clapperton das Schwert und in Sokoto führten zu dieser
Zeit „alle ein Schwert, das über die linke Schulter geworfen wird." Nach
Passarge hat sich das lange gerade Schwert über den ganzen Sudan ver-
breitet und wird in Adamaua von den Durru z. B. wohl nach eingeführten
Mustern geschmiedet 2
Endlich ist im Südosten noch ein Messertypus hier zu erwähnen,
der ein Verwandter dieser Gruppe sein dürfte, das ostafrikanische Küsten-
schwert. So ist das echte Pareschwert 1 m lang, bespitzt und von der in
diesen Ländern gewöhnlichen lanzettförmigen Klingenforra. Der Schwer-
punkt liegt bei den meisten dieser östlichen Formen ziemlich weit vorne,
da er vorn auch ein weuig breiter ist wio am Griffansatz (zuweilen von
der doppolten Breite) und dann ziemlich schnell in die Spitze verläuft.
Nur in Ruanda haben die Schwertklingen der ganzen Länge nach bis kurz
1) L. Rütimoyer in den v Mitteilungen aus der ethnographischen Sammlung der
Universität Basel", Heft II, 181)5, S. 148. Abbildungen ferner bei Hartmann, Bd. II,
S. 85. Ratzel: „Völkerkunde", 1) Bd. I, 8.581; 2) Bd. II, S. 325, 33, 427.
2) Staudinger, S. 705/706. Naehtigal, Bd. I, S. 453. Passarge, S. 43C. Clapper-
ton: „Zweite Reise*, S. 155 und 289. Nach freundlicher Mitteilung finden sieh in
Paris gleiche Waffen mit der Angabe: „Senegambieu". Auch sollen sie in Timbuktu
heimisch sein.
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vor der Spitze die gleiche Breite. Eine Querparierstange fehlt Die Ver-
breitung reicht vom Somaligebiet bis in das südliche Sansibarland und bis
zum Tanj^anjika. 1
Einen selbständigen Typus dieser Art haben demnach nur die Haufsa-
völker und die Ostafrikaner herausgebildet, eine Erscheinung, die lebhaft
an die gleiche Abwandlungsweise des asiatischen Bogens erinnert (vergl.
auch die Schildformen!). — Wenn dieses Schwert in letzter Linie auch aus
Europa stammt, so darf seine Verbreitungsweise doch auf asiatische Be-
wegungen auf der Nordachse Afrikas zurückgeführt werden.
2. Die Säbel und Säbelmesser. Neben dem „deutschen Ritter-
schwert« fällt der „türkische Säbel" auf. Wir dürfen diese Gruppe um
so eher kurz berühren, als diese maurischen Waffen ebenso weit verbreitet
sind wie anderer kriegerischer Besitz der Mauren, wie ihre an der Mündung
weit geöffneten Gewehre, ihre Ausrüstung der Pferde zu Kriegszwecken,
ihre Panzer, Schilde u. s. w.
Es sind wesentlich die zwei Grundformen des schmalklingigen, meist
zweimal gebogenen Säbels und des breiteren ein-, seltener (so bei Haden-
doa etc.) zweimal gebogenen Säbeldolches zu erwähnen. Im Nordosten
tritt die Herkunft um so klarer hervor, als diese Waffen aus Arabien be-
zogen werden. Im Westen, zumal in Senegambien ist die Einfuhr von
Marokko aus bemerkenswert Tuarik und andere Wüstenvölker beziehen sie
zum einen aus dem Norden, tragen sie zum andern nach dem Süden, wo
sie den Formen der Südachse entsprechend sich verbreitert haben.*
Es hat sich ein eigener Typus aus dem Bereiche dieser Waffen nicht
herausgebildet, sie sind im Sudan nicht oder wenigstens nicht wesentlich-
umgestaltet worden. Ihre Ausdehnung erstreckt sich im Südosten bis zur
Sansibarküste hinab, wohin sie die Somal tragen; an der Westküste kommen
sie vereinzelt zum Verkauf und im Sudan führen sie maurische Reiter in
Adamaua und Baghinni. — Es mag jedoch Erwähnung finden, dafs sogar
der mittlere Kongo und Gabun mit ihnen Bekanntschaft gemacht haben.
Hier liegen auch die einzigen einigermafsen selbständig gewordenen Formen
vor. Doch sind sie so selten, dafs sie kaum in Betracht kommen. 9
3. Die Stilette und Dolche. Diese Waffen uehmen bei den Nord-
afrikanern eine sehr verschiedene Stellung ein. Während Staudinger von den
1) Baaniann: „Massailand", S.221; „ Usamhara", S. 233^234. Siehe auch Stuhl-
mann und andere.
2) Belegstück fast in allen wichtigeren Museen für Völkerkunde, besonders in
Berlin, München, Leipzig. Abbildungen bei Paulitechke, Hartmann, Batzel etc.
3) Zwei solche Formen sind abgebildet bei Stanley: „Dunkle Weltteil", Bd. IL,
S. 261, und Ratzel: „Völkerkunde", 1) Bd. I, 8. 582; 2) Bd. H, 8. 326.
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Haufsa versichert: sie kennen Dolche nicht, auch das Messer gebrauchen
sie wohl selten als Waffe — beschreibt Nachtigal bei den Wadawi drei
Formen: zwei Arradolche, einen kleineren, der über dem Ellbogen getragen
wird und einen anderen am Handgelenk, etwa von der Größe unserer
Hirschfänger, dazu noch ein langes Handmesser. Die Teda führen den
Handdolch, welcher die Länge unserer Hirschfänger hat und den sie durch
einen dreifingerbreiten Lcderring am linken Handgelenk befestigen, so zwar,
dafs bei herabhängendem Arme dio Spitze nach oben sieht und der Kreuz-
griff der Innenfläche der Hand anliegt. Seine Form ist stets dieselbe, da
er ausschließlich aus den heimatlichen Werkstätten Bardalfs hervorgeht;
höchstens wechselt seine Länge unbedeutend. Der Dolch der Tuarik ist
vierschneidig, d. h. die Mittelrippe ist bis zur Bildung zweier neuer Schneiden
entwickelt. Hinten bietet der Griff einen großen Handteller. Den gleichen
Dolch führen im Süden die Sande. Schwere Dolche sind end-
lich in Baghirmi (Norden), Borau und endlich dein Westsudan
bekannt; in Futa Djalon führt ihn fast jeder, nur weuige da-
gegen den gebogenen Dolch. Im Osten jedoch kommt er aulser
bei Nubicrn, Abessyniern etc. eigentlich nur im Besitze der
Galla vor, die ihn nach abessynischcm Vorbilde zum Abschnei len
der Geschlechtsteile getöteter Feinde benutzen. 1
Dem Süden zu gehen die Formen , an Schwere , Spitzigkeit
und Dicke abnehmend, in die einen Formen über, die wir als
Abkömmlinge der Speerklingen schon kennen gelernt halnm.
Fig. 40 Eine Grenze ist nicht zu ziehen. Adamaua — Baghirmi wäre
Spannmesser höchstens als Grenzzone zu erwähnen. 3
aus Borgu Während aber alle diese Formen nicht Zeugnis von einer
(Ethnograph, sonderlich selbständigen Entwicklung ablegen, haben wir doch
. . ' . ' eiuo Ausnahme zu betonen: das Spannmesser der südwestlichen
m Leiden). 1
Sudanvölker. Schon Staudinger 3 lernte es bei den nicht-
mohammedanischen Stämmen des Haufsalnndes zwischen Katill und Mundsclii
kennen. Es ist ein seheidcnloses Messer. Der Griff wird fest über die
vier Finger des Handgelenkes geschoben und das Messer dient erstens zum
1) Staudinger, S. 705/700. Nachtigal, Bd. I, S. 453; Bd. III, S. 253. Paulitsrhke,
S. 119. Cailliö, Bd. I, S. 161. Abbildungen bei Ratzel: „Völkerkunde*, 1) Bd. I. S. 532;
2) Bd. II, S. 206, 502, 505.
2) Abbildungen von Cbergaugsformen bei Nachtigal, Bd. II, S. 006. rassarge,
S. 443, 471.
3) Staudinger, S. 706. Abbildungen bei Passarge, S. 353. v. Luchan: „Bei-
träge", Taf. XXIV, Fig. 17. Vergl. Morgen. In Leiden (ethnographisches Hciubs-
museum) befinden sich Sammlung 73!) Nr. 148, 790. 708, 709, 817. 834, 841 etc.
Spannmesser dieser Art aus Borgu und von den Ornoy- Negern I?) im Haursagebiet
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— 89 —
Sinnen der Bogen und hat zweitens den Zweck, stets eine Waffe nach
dem Abschiefsen des Pfeiles zur Hand zu haben, um Feinde, welche von
der Seite oder gar vom Rücken her eindringen, niederstechen zu können.
Es dient indessen auch als Werkzeug.
Passarge hat solche Messer in Adamaua erworben, Krause in Borgu;
es sind mir auch solche aus Mossi bekannt geworden. Ein interessantes
Beispiel für Handel und Verkehr bietet ein Spanumesser typischer Borgu -
Form, das am Nil erworben wurde. — Diese Messer bestehen aus einem
Stück und sind nicht zusammengesetzt (vergl. Fig. 40). 1 Wie gesagt stellt
es einige der wenigen, selbständigen Sudanmesser vor, deren Entstehung
ims noch interessieren wird. 2
Wir hätten hier eigentlich noch eine vierte Messerform zu erörtern:
das Wurfmesser, ziehen es aber vor, diese Waffe gemeinsam mit den Wurf-
hölzern zu besprechen und zwar in einem eigenen Abschnitte.
Abgesehen also von diesem Wurfmesser können wir die Entwicklung
der Schwerter, Säbel, Dolche und Messer im nördlichen Afrika trotz einer
regen Zufuhr von ausländischen Formen als eine schwache und unselbständige
bezeiclmen. Ganz anders werden wir dio Zustände in West -Afrika finden.
c) Die Messer West- Afrikas. Im Gegensatze zu Ost- und Süd -Afrika
mit seinen mangelhaften, kümmerlichen, zu Nord- Afrika mit seinen vielen
fremden und wenigen selbständigen Messerformen treffen wir liier auf eine
Fülle völlig neuer, beweglicher, in unglaublichen Variationen spielenden
Grnndgestalten. Der Eindruck des Formreichtums, den die Betrachtung der
Schilde und der Bogen wach rief, wird durch den üppigen Schatz der
Messergestalten noch weit übertroffen. Auch ist die Untersuchung liier noch
schwieriger. Schilde und Bogen boten wenigstens in kleinen Kreisen typische
Formen. Das fällt bei den Messern ziemlich fort; hier hat jeder Stamm,
ja jeder Mann so und sovielc verschiedene Messer. Das Launenhafte in
der Verbreitimg tritt hier fast noch stärker hervor, während die Einheit-
lichkeit im Gesamtgrundtypus fortfällt. Denn hier erstrockt sich die Variabi-
lität nicht nur auf einen Ausgangsgegenstand, sondern mehrere. Das bemerkt
schon der erste Blick. Streng symmetrische Messer mit gerader Grundachse,
unsymmetrische Messer mit gerader Grundachse und völlig ungleichseitig aus-
1) Die Ausschmückung derartiger Spannmesser ist häuög eine zierliche und
eigenartige. Es werdon nämlich auf dem Griff nicht nur die gewöhnlichen Ritzen
angebracht, sondern Rankenwerk und allerhand Schnörkel in Relief und Vertiefung.
Unter anderem verweise ich auf dio Loidenor Stücke.
2) Hier nur so viel, dafe wir fraglos eine zusammengesetzte Waffe in diesem
Spanumesser erblicken dürfen. Ich bin geueigt, es für eine Eutwicklungsform der notd-
afrikanischen Schlagringe zu halten, eine Aunahme, die ich noch zu erörtern haben werde.
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— 90 —
gestaltete Messer mit gebogener Qrundachse zeigen sich hier bald in gewisser
Ähnlichkeit und aus verschiedenen, weit entfernten Orten, bald völlig ungleich
aus der gleichen Qegend stammend.
Aus diesem jrrofsen Formschatze. der grösstenteils dem Kowrobecken
angehört, greife ich zwei verschiedene Grundformen heraus, eine symmetrische
und eine unsymmetrische Form. Im dritten Teile dieses Kapitels kommen
dann noch die Wurfmesser des Kongobeckens zur näheren Betrachtung.
1. Symmetrische und gerade Messer aus West-Afrika. Die
naheliegende Annahme, dafs diese Messer des Kongogebietes ebenso wie die
Süd- und Ost- Afrikas mit dem Blatte der Speere in Beziehung stehen, wird
nicht nur von Reisenden, 1 sondern auch durch einen Vergleich der Formen
bewiesen. So zeigen gewisse Lanzen der nordöstlichen Völker, z. B. Sande
und Mangbattu unter dem spitzeiförmigen Blatte eine Zweiteilung des
Eisens, die sich jedoch schnell wieder schliefst und nur eine Öhrbildung
unter dem Blatte zur Folge hat An Messern aus diesem Gebiete sehen
wir nun eine gleiche Eisenöse zwischen dem Griff und der Klinge. 8 Ferner
zeigen einfach spitzeiförmige Messerklingen der Bonjo, Afuru, Babangi,
Ngbirri, vom Sanga, der Bassongo Mino, Baluba etc. eine gleiche Ent-
stehung bei vollkommener, formaler Übereinstimmung mit Speerklingen der
gleichen Stamme an. 8 Ein bei Stanley abgebildetes Messer der südlichen
Walogga hat sogar noch ein ziemlich langes eisernes Schaftstück zwischeu
Klinge und Griff als Erbteil der Lanze. 4
Doch sind diese einfachen Formen weniger wichtig wegen ihrer an
und für sich nicht grofsen, den anderen gegenüber fast verschwindenden
Anzahl als wegen des Hinweises, den diese Formen auch auf die Entwick-
lung anderer Messer bieten. Thatsächlich zeigen auch diese anderen, durch
ihre grofsen breiten Klingen, merkwürdige Gestalt auffallenden Messer zum
gröfsten Teile Analogieen zu denen der Speerklingen.
Fassen wir daher die Speerklingeu des näheren in das Auge. Wir
sahen an den südafrikanischen Messern (Fig. 38) die spitzovalen bis spitz-
eiförmigen Speerklingen noch an den Messern. Sie wiederholen im weseut-
1) Wolf schreibt im Reisetagebuch am Unterlauf dos Kassai: „Als Messer dienen
kleine und große Lanzenspitzen, welche, mit einem Iiolzgriff versehen, trotz der un-
vollkommenen Bearbeitung ihrem Zweck genügen." Wifsmann-Wolf, S. 37G.
2) Eine solche Lanzenspitze ist im Berliner Musetun z. B. lIlA b 276: Lanzen-
spitze der Sande; Messer der Art ebenda III A b 761 < Mangbattu) III A b 1055 (Sande).
Sammlung Langheld 160, 169 etc.: Messer der Badschua am Kongo.
3) Abbildungen bei Jean Dybowski, S. 126, 129, 157; ferner bei Coquilhat und
H. II. Johuston. Berliner Museum: 1110.3351»* Babangi; III C. 4067 Baluba; III C.
4012 Bassongo Mino; III C. 4078 Lomaini; III C 3062 Tscbuaua.
4) Stanley: „Dunklo Weltteil", Bd. I, S. 379.
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— 91 —
liehen nord- und ostafrikanische Formen. Vielleicht
kann man diese im Durchschnitt als breiter und
starker bezeichnen. Aufserdem sind viele nordost-
und nordafrikanische Speere durch Blutrinnen
charakterisiert, eine Eigenschaft, die an den Messern
wiederkehrt Ausnahmen von diesen spitzovalen
Speerklingen zeigen nur Verbreiterung oben oder
unten, oder Verlängerung oder Vergröfserung der
Klinge im ganzen, oder aber die Pfeilfonn übt eine
Einwirkung aus — wie ja die meisten westlichen
Wurfspeere nicht mit diesen spitz-
ovalen Speerklingen, sondern mit
pfeilförmigen ausgerüstet sind — ,
aber sie bieten nichts tiefergehend
Neues. Anders nun die Speorklingen
des Kongogebietes, die in den mannig-
faltigsten Gestalten auftreten.
In Fig. 41a gebe ich eine der
wichtigsten Speerformen wieder. Das
Blatt ist sehr lang und in der Mitte
von den Seiten leicht eingeschnitten.
Dem Schaft zu läuft es nicht langsam
aus, sondern schliefst in Bogenformen
schnell ab. Diese Speerformen nun,
die, wie wir sehen werden, einem
grofsen Teile der westafrikanischen
Messer die Gestalt verliehen haben,
müssen verstanden werden, um den
Messern gerecht werden zu können.
Es mufs nun auffallen, dafs diese
Formen nicht nur in Eisen vorkommen,
sondern auch aus Holz gearbeitet.
Nicht nur Stanley machte auf dem
Marsche zur ersten Kongothal fahrt im
Gebiet zwischen diesem Strome und dem Tanganjika
Bekanntschaft mit hölzernen Speeren, 1 sondern wir
l)StuhlmaDO,S.504. Ratzel: „Völkerkunde", 2) Bd. II,
8. 263 Abbildung. Hölzerne Speero finden sich auch in
der Sammlung Kollmanu des Leipziger Museums für Völker-
kunde. Livingstone weife von den W'akonde zu berichten,
41 a. 41 b.
Fig. 41a. Speer
der Basoko.
(Antwerpen.)
Fig. 4 lb. Ruder
der Bonjo (nach
JeanDybowski).
Fig. 42. Eisengeld,
Raderblatt und Speer-
klingo von den Stanley-
fällen (SIg. Kongostaat im
Museum in Leipzig).
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— 92 —
haben sie auch aus dem Nordosten kennen gelernt. Eine Privatsammlung
hat midi Beispiele dieser Holzspeere aus Manjema kennen gelehrt. Sie hatten
die gleiche Blattform. Und diese Form ist auch vielen Rudern aus dem
gleichen Gebiete eigen (Fig. 41 b).
Diese Verwandtschaft der Formen ist nicht nur auf eine Zufälligkeit
ziiruckzufiihren. Riesengrofse Eisenklingen wie Fig. 42 sind heutzutage Geld ;
bei festlichen Gelegenheiten dienen sie als Speerklingen und sonst als Ruder-
blätter. Von Stanley ist das bestätigt worden.
Am Aruwimi lernte er 3 m lange Ruder kennen,
von denen einige eiserne Spitzen hatten. Da-
neben fielen die gewaltigen Speere auf. — Dazu
kommt noch als treffl icher Beweis dio Mitteilung
Masuis, dars im Kongogebiet sowohl Häuptlinge,
wie freie Männer, als auch sogar Frauen zier-
liche Luxusruder gleichsam als Spazierstöcke
benutzten. 1
Die Formen der Si>eerblätter, für deren Her-
vorgehen aus dein Ruder nicht nur die formale
Verwandtschaft, d. h. 1. die aufserordentliehe
Entwicklung der Klinge zur Breite und Länge
und 2. die fundamentale Gleichheit derselben
und der Ruderblätter, sondern auch ähnliche
Verwendung und in dieser wechselseitige Be-
einflussung und Austausch spricht, lassen sich
auf zwei wichtige Grundformen zurückführen.
Die Umrandung der einen Blattfblohe — siehe
Speer Fig. 41a und Ruder Fig. 41 b — bezeichne
ich als ausgcl>ogen . die Umrandung der zweiton
als eingebogen. Die Lanze Fig. 43, deren Holz-
schaft mit zwei Blättern versehen ist und ein
Produkt der Baschobe* ist, zeigt beide Formen.
Die obere ist aus-, die untere eingebogen. Der
Unterschied liegt darin, dafs das erstere Blatt
bogenförmige, das zweite spitze Vorsprunge zeigt.
Eingebogene Blätter treten auch an Rüdem vom
Kongo auf, das beweist Fig. 44.
■
45a,
Fig. 43 a oberes Blatt, b unteres
Blatt eines Speeres der Ba-
schobe. Fig. 44. Ruder (Welt-
ausstellung in Antwerpen).
Fig. 45 a. noheitszeichen in
Ruderform von d. Savage-Insel
(Mus. f. Völkork. in Leipzig).
dafs sie wegen Eisenarmut hölzerno Speere benutzen. Liviugstoue, „Last Journals 14 ,
Bd. I, S.89.
1) Masui, S. 100.
2) Berliner Museum für Völkerkunde III C 3558.
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— 03 —
Die Messer nun zeigen einen Ausgang von den gleichen Formen.
So mag eine Reihe von Abbildungen, Fig. 45 — 48, dio wesentlichen von
Natur gebotenen 4 Spielfonnen zeigen. Fig. 45 ist oben und unten gebogen,
Fig. 46 an der Griffseite (der Abbildung nach oben) gespitzt, unten gebogen.
Fig. 47 obon gebogen und unten gespitzt und endlich Fig. 48 zeigt auf
beiden Seiten oben und imten die seitlichen Spitzen.
Während damit die wesentlichen Grundformen sich wenigstens einiger-
maßen festlegen lassen, mufs jeder Versuch, die weiteren Gestalten in be-
stimmte Gruppen zu bringen, an der unendlichen Variabilität scheitern. 1
Es mufs uns genügen auf einige wesentliche Entwicklungserscheinungen
hinzuweisen. Eine Beobachtung der durch die Randschwingung gebildeten
45. 40. 47. 4S.
Fig. 45. Messer der Bakumu (SIg.
Langheld, Mus.f.VöIkerk.in Berlin).
Fig. 46. Messer vom Mongalla (Lei-
den, ethnogr. Reichs -Mus., S.958,
Nr. 5). Fig. 47. Messer der Baluba?
(Mus. f.Völkerk. in Berlin III C. 3957).
Fig. 48. Messer vom Sanga (Leiden.
Reichs -Mus., S. 958, Nr. 77).
49. 50.
Fig. 49. Messer der Baluba (Berlin
III C 4065). Fig. 50. Messer vom
Sankurru (Berlin III 4320). Fig. 51.
Messer der Wakussu (Leiden, S. 863,
Nr. 63). Fig. 52. Klinge eines
Messers aus Bihe, Benguela (Mus.
in Amsterdam).
Ausbuchtungen oder Spitzbildungen führt zu einer Entstehung von Lappen.
Solche mag man an Fig. 50 erkennen. Hier sind sie durch die übermäfsige
Herausbildung der Biegung am Griffende entstanden. Anders dagegen
Fig. 49, die eine Verkümmerung jenes bei Fig. 50 höchst entwickelten
1) Deshalb ist auch ein Versuch, die Beziehungen der Völkor aus der Be-
ziehung der Messerformen im Kongogebiet heraus zu erklären , wie ich ihn noch 1894
(Globus Bd. LXV. S. 208) unternommen habe, verfehlt. Der Grund liegt im Besitze
des Museums für Völkerkunde in Berlin, dessen Kongosammlungnn zumeist aus süd-
lichen Gegenden stammen. Leiden dagegen, das ich seitdem aufsuchte, ist überreich
mit Sammlungen des nördlichen Kongobeckens bedacht
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Teiles und dabei eine starke Ausbildung der Spitze zeigt. Oder aber die
dem Griff zuliegenden Ausbuchtungen kommen nicht zur Entwicklung, da
der Griff bis zur Mitte reicht. (Fig. 51 und 52.) Der Spitzenabschlufs
schwankt zwischen einem Bogenende (Fig. 46) und einer langgezogenen
Spitze (Fig. 51). Für andere Erscheinungen bietet diese auch dann Raum,
wenn die kleine Spitze wie sie sich schon an Fig. 42 zeigt, wichst und
eine neue Anschwellung zur Folge hat Wird sie sehr stark ausgebildet,
so ergiebt sich eine Klingenform mit 2 statt 1 Einschnürungen und daher
3 statt 2 Anschwellungen. Solche Form zeigt Fig. 52.
Die fast stets sehr sauber aus Holz geschnitzten, mit Kupfer-, Eisen -
und Messingdraht umwundenen oder Blech beschlagenen Griffe zeigen eine
grofse Mannigfaltigkeit: Knoten, Teller, Spitzen, Kreuzhölzer. Oft sieht
am Ende noch die Spitze des eingelassenen Klingeneisens hervor, die dann
auch wohl zu einer eigenen Spitze ausgearbeitet wird , wie an Fig. 45.
Keiner der Griffe, deren Entwicklung eine der praktischen Anwendung sehr
natürlich folgende ist, vermag uns aber so zu interessieren wie die lange,
hölzerne Spitze, die Fig. 51 besitzt. Woher stammt sie? Ich habe diese
merkwürdigen Enden nur in zwei , allerdings greisen , aber so entfernt von-
einander liegenden Gebieten nachzuweisen vermocht, dafs eine lokale Ent-
wicklung ausgeschlossen ist. Sie sind einmal am Sanga und Ogowe und
dann im Bassongegebiet zwischen Sankurru und Lualaba anzutreffen. Wir
werden sogleich auch den Ursprung dieser Eigenschaft kennen lernen.
Die Verbreitung anbelangend, kann aufser einer allgemeinen Um-
grenzung des Kongogebietes wenig angegeben werden. Srtüüniann hat ver-
wandte Formen im Nordostwaldo am oberen Ituri getroffen. Im Norden
wiegen sie etwa bis zum Uelle-Ubangi über und verschwinden nördlich des
oberen Ogowe. An der Westküste zeigen seltene Stücke, dafs sie auch hier
einst eine lebhaftere Entwicklung, in neuerer Zeit ak>r Unterdrückung durch
das europäische Buschmesser erfahren liaben. Im Süden reicht ihre Ver-
breitung bis in das Lundagebiet, wo sie einen eigenen Typus (Fig. 52) ge-
zeitigt liaben, den die portugiesischen Reisenden beim Casemba, Togge
und Buchner bei den Angolastämmen und Muata Jamwo, Wolf beim Jakka-
Fürsten Kassongo kennen lernten. Bei Baluba und Kalunda fehlt die üppige
Entfaltung, sie tritt aber bei den Bas songe stammen zwischen Kassai und
Lualaba desto lebhafter hervor. Hier kann Neigung zur Verbreiterung als
allgemeine Tendenz, im nördlichen Kongogebiet dagegen eine solche zur
Verlängerung hervorgehoben werden. Im mittleren Kongothale treten diese
Formen gegenüber den im nächsten Absatz zur Besprechung gelangenden
Messern bedeutend zurück. Nur auf der Strecke zwischen Mongalla und
Aruwinii ist die Entwicklung einer Form, die zwischen Fig. 41 und
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4
Fig. 52 liegt, für die allgemeine Bewaffnung von grofser Bedeutung ge-
worden 1
Wie es früher nicht möglich war in den analogen Fällen, so lafst
sich auch für diese Messerformen eine Entwicklung in einer geographischen
Richtung nicht nachweisen. Auch hier wieder müssen wir uns mit den
Entwicklungsreihen der Formen begnügen und ihre Ureprungsform feststellen,
wenn wir tiefer in ihre Urgeschichte eindringen wollen.
Blicken wir nun noch einmal zurück, was uns die Beziehung der
Formen gelehrt hat. — Wir können die Entwicklung der Speere aus den
Rudern beobachten. Bis in die Einzel-
heiten, nämlich den ein- und ausgebogenen
Rand, stimmen Ruder- und SpeerblÄtter
überein. Sie wechseln sich in der Ver-
wendung ab, die eisernen Si>eere werden
zu Rudern und die hölzernen Ruder dienon
als Speere. Diesen Blättern entsprechen
die Messerklingen. Wie jene nehmen sie
eine zweifache Form der Randbildung an,
demnach bald Spitzen, bald Bogen an den
Seiten bildend. In .gewisser Launenhaftig-
keit erstarren sie bald hier, bald da zu
konventionellen Formen, ohne dabei irgend
einem durchaus neuen Typus das Leben
zu verleihen.
Diese eisernen Messer sind also in
letzter Linie aus einem Ruderblatte, also
einem Holzgeräte hervorgegangen. Da ist
es uns auch sehr interessant, sie auch als
Holzwaffen im Kassaigebiete wieder zu
treffen. Ein wunderschön geschnitztes
Exemplar besitzt das Berliner Museum für
Völkerkunde (Fig 53). Es stammt vom
Kassai oberhalb der Sankurrumündung. Die
feine Schnitzarbeit, die auf beiden Seiten verschieden ist, lafst Muster er-
kennen, die auf die Textilindustrie zurück geführt werden müfsen. (Siehe
das Ornament in der Mitte des Blattes!) Die Kerbmuster des Griffes sind
V
i
Fig. 53. Holzmesser vom Kassai
( Mus. f. Völkerk. in Berlin HI C.3535).
Fig. 54. Holzmesser vom Kassai
(Weltausstellung in Antwerpen).
1) Abbildungen dieser eigentümlichen Messer bei Baumann: „Beiträge". S. 11.
Hier mit der Angabe: Babangi. Femer bei Jameson. Berliner Museum für Völker-
kunde IUC. 2062 , 2083, 2084. 2085. 3949, 4072, alle mit der Angabe Aruwimi;
IIIC 3037 vom Kongo; HI Q 4071 „MopambaV
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— 96 —
die üblichen. Das zweite hier abgebildete Messer (Fig. 54) habe ich auf
der Weltausstellung in Antwerpen gezeichnet, wo mehrere Exemplare dieser
Form und einer anderen auslagen und den Vermerk trugen: „Kassai, couteau
de bois, embleme de paix chez les Bakomos. 1 * Die erste nähert sich dem
Typus Fig. 49, die zweite dem Fig. 50, sind also im wesentlichen der
gleichen Entwicklung unterworfen und bieten nichts Neues in der Form.
Ihr Vorkommen beweist aber wieder, wie nahe hier noch Holz- und Eisen-
gerate verwandt sind, bringen somit nach dieser Richtung einen neuen
Beweis fflr die Richtigkeit unserer Annahme: Entstehung dieser eisernen
Messer aus dem hölzernen Ruderblatte.
Wenn wir nach alle diesem nun die Frage nach dem Äufsersten
Quellgebiet der Messerformen aufwerfen, so dürfen wir nicht nach Messern,
sondern müssen nach Ruderblättern dieser Gestalt Umschau halten. Wir
sind es schon gewohnt, den Blick von West-Afrika nach Oceanien zu werfen,
wenn Probleme dieser Art gelöst worden sollen, ein Unternehmen, das auch
diesmal von Erfolg gekrönt ist. Die vielen Ruderformen Oceaniens bieten
viele entsprechende Erscheinungen, unter denen uns auch wieder die Ein-
um! die Ausbiegung als bezeichnend auffallen. Ruder von Hortlock mögen
für die letztere als Beispiel herangezogen werden. 1 Die Form ist an-
nähernd die der Fig. 42. — In Oceanien werden die Ruder, wie diese, zum
Tanzgerät, zur Keule und zum Hoheitszeichen. In Afrika entspricht die
Entwicklung auch der einen Seite; sie werden zum Zeichen der freien
Männer, Frauen und der Häuptlinge. — Den zweiten Typus der eingebogenen
Formen mit Spitzen bietet Fidschi. Dies gleiche Gerät als Waffe und Häupt-
lingszeichen in der Hälfte der Gröfse der Ruder besitzen auch die Samoanor
und Savage- Insulaner. Die Abbildung eines solchen Instrumentes (Fig. 45a)
zeigt uns auch gleich die spitzauslaufende End Verdickung, die an Fig. 51
auffiel. Das ist sicher eine sehr interessante Parallelerscheinung.
Es ist nun bei dieser Identität afrikanischer Ruderblatt-, S{>eerspitzen-
und Messerklingen -Formen und oceanischer Ruderblätter von aufserordent-
lichem Werte, auch in Oceanien diese Werkzeuge zur Waffe, und zwar
zur Keule unigewandelt zu sehen. Ja, hölzerne Speerspitzen von Neu-
Britannien zeigen ebenfalls diese Form, so dafs die Analogie sich noch
weiter ziehen läl'st und wir noch mehr Berechtigung erhalten, diese afrika-
nischen Messer auf occanischc, malajonigritisehe Ruder zurückzuführen. 5
Die anderen symmetrischen und geraden westafrikanischen Messer zeigen
ein Hervorgehen aus Beilklingen und Pfeilspitzen. Da sie jedoch weit
1) Belegstücke: „Tanzruder von Mortlock*. Museum für Völkerkunde in Leipzig,
Sammlung Godefroy.
2) Belegstück: Sammlung Anderson, Museum für Völkerkunde in Leipzig.
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weniger häufig und wichtig sind, darf icli mir wohl ein Eingehen auf sie
sparen, zumal hier die Thatsachen ganz klar zu Tage liegen.
2. Asymmetrische und ungerade Messer aus Westafrika. Was
oben von der Verbreitung der vorigen Messerformen gesagt wurde, gilt im
allgemeinen auch von der der vor-
liegenden. Auf eine Abweichung
werden wir später zurückkommen.
Um mich möglichst kurz
fassen zu können, sind diese Messer
von vornherein in der Reihenfolge
zur Darstellung gebracht, die ihre
Formen etwa durchlaufen haben.
Fig. 55 — 58 zeigen die Formen,
die noch symmetrisch insofern
genannt werden können, als hier
nur die Biegung der Spitze, diese
allerdings in zunehmendem Mafse,
nach einer Seite, der rechten oder
inneren, wie wir sie nennen wollen,
die Regelmäßigkeit abgebrochen
hat. Dabei steht Fig. 55 den
Messern Fig. 5G — 58
gegenüber. Das Blatt
der erstoren Waffe ist
einfach spitzoval mit
ol>erer Biegung. Die
anderen drei jedoch
sind an der Basis ab-
gesetzt, so dafs beider-
seits ein Dorn, eine
Spitze entsteht. Diese
Erscheinung ist nicht
allein auf die zu-
nehmende Breite zu-
rückzufahren. Frag-
los liegt hier noch ein
Messer vom Sanga (Museum im
zoologischen Garten in Rotterdam). Fig. 56.
Messer der Mangbattu (städtisches Museum
iu Frankfurt). Fig. 57. Messer von der West-
küste (Mus. f. Völkerkunde in Berlin III C. (331).
Fig. 58. Enthauptungsschwert aus Dahome
(Museum im Yachtklub in Rotterdam).
59.
60.
61.
62
Fig. 59. Messer aus dem nördlichen Kongogebiet (Museum
in Leiden, S. 484, Nr. 4). Fig. 60. Sceptermesser der
Pharaonen (nach Hartmann). Fig. 61. Messer vom Sanga
(Museum tri Leiden, S. 958, Nr. 83). Fig. 62. Messer vom
Kongoflufs (Museuni im Yachtklub in Rotteidam).
Einflufs der vorher er-
örterten Messerfonnen vor, die ja von vornherein eine solche Bildung begünstigen.
Ebenso verständlich sind die weiteren Vorgang«.'. Durch die Unibiegung
der Spitze ist eine Schwerpunkts Verschiebung gegeben, die eine verschiedene
FroKcnius, Afrikanische Kulturen. 7
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— 98 —
Ausbildung der beiden Seiten ganz naturgeniäfa zur Folge hat. Die beiden
Spitzen geraten in Bewegung und mit zunehmender Schwöre der Waffe
rückt die untere (äiüsere) nach unten (Fig. 58, Cl, C2), wird an Fig. 62
zu starker Verbreiterung und verschwindet (Fig. G3 — GG). Dabei ist wohl
l>eiuerkenwert , dafs auf dieser äufseren Seite nun auch (Fig. 64) die Schneide
wegfällt. Am bekanntesten von allen diesen Waffen wurden durch Schwein-
furth und Junker die r yataganähnlichen Sftl)elinesf»or tt der Sande, die eine
Klinge etwas schmaler wie Fig. Gl mit einer kleineren Verbreiterung an
der Spitze, als sie Fig. G2 besitzt, aufweisen. 1 Als Trninbasche der Maug-
battu und Momfu sind Messer wie Fig. 5G, 59 2 und G-4 durch Junker und
Sehweinfurth uns vertraut geworden. Nach dem Wesen der Waffen und
Erkundigungen sind es jedoch keine Wurfmesser, was aus dieser Bezeich-
nung geschlossen werden konnte.
Mit diesen Mangbattu - Messern
steht die Hypothese ägyptischer
Ver\vandt>eltaft in Beziehung.
Wenn man nun ein solches
ägyptisches Scoptennesser, wie
es in der Hand der Pharaonen
zu Knrnak, Medinet, Abu Derr
und Abu Simbil dargestellt ist
(Fig. GO nach Hartmann, dem
eifrigsten Verfechter der Hypo-
these, dafs die Mangbattukultur
von der dos alten Kulturlandes
am Nil abstamme), mit den
Mangbattuwaffcn vergleicht, so
wird man eine Beziehung nicht
abstreiten können. Doch ist sie umgekehrt zu suchen. Dafür logt dreierlei
Zeugnis ab: 1. Die sämtlichen inner- und westafrikanisehen Säbelmesser zeigen
eine Mittelachse, die, wenn sie verschoben wird, an den Aulsenrand rückt;
dadurch wird ja z. B. Fig. G4 zur einschneidigen Waffe. Das Messer der
Pharaonen zeigt aber die Mittelachse au den Innenrand verschoben (man
1) Diese Formen wurden als Sande -Säbel abg* lüKIet von Sohweinfurth. Junker,
Heuglin, Maruo, von Stanley als A-Babua- Messer, von Baumanu als solche der Bnssoko.
Stucke des Berliner Museunis sind in YainbitiL'a, an der I/omainimündutig (eine Miniatur-
ausgabe;) und besonders am Aruwimi gesammelt. Jameln bringt ein Mes>er der
Bassoko gleich Fig. 05. aber ohne den Dorn an der Innenseite zur Darstelluug.
•_>i Abbildungen bei Junker. Bd. III. S. IL*_\ Katze!: „Völkerkunde-, 1) Bd. 1,
S. 510. Stuhlmaun, S. r.OG. Sehweinfurth. S.
G3. 64. «5. GG.
Fig. <»3. Messer vom Sanga (Museum in Leiden,
S. 9.">8, Nr. 83). Fig. G-l. Messer vom Kungo
(Mus. in Leiden, S.4S4, Nr. 10). Fig.G5. Messer
vom Kougi.»(im Besitze des Verf.). Fig. GG. Messor
dor Yangere (Slg. Flegel im Borliner Museum).
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— 99 —
rekonstruiere an Fig. CO eine Mittellinie, wie sie Fig. 59 bietet), so dafs der
innere Absatz zu einem auswachsenden Dorn, statt als Dornfortsatz ausgestaltet
ist. Das deutet also eine seitwärts von der Entwicklungsstrafse vor sich ge-
gangene, in gewisser Weise dem Mißverständnis seine Entstehimg verdankende
Neubildung an. 2. zeigt wohl "West- und Innerafrika eine Entwicklungs-
geschichte der Waffe, nicht aber Ägypten oder Westasien, denn 3. hier steht
die Form vereinzelt da. Also liegt im ägyptischen Sceptermesser eine Ab-
zweigung innerafrikanischen Waffenwerkes vor.
Westafrika bietet im Gegensatz eine reiche Fülle
von Formen, die in entwicklungsgeschichtlicher Be-
ziehung stehen. Wir haben nur eine verhältnismäßig
kleine Anzahl gebracht, weil es weniger der Zweck
dieser Abhandlungen ist, erschöpfend alle Nuancen der
Entwicklung zu bieten, als die Entstellung zu verstehen.
Die einfache Grundform, auf die ziiriickgegriffen werden
mufs, ist aber fraglos
in einer Bildung wie
Fig. 55 zu suchen.
Dafs auch diese
eigenartigen Messer
auf Holzw affen zurück-
zuführen sind, ist aus
dem Vergleich von
Fig. G7, einem Holz-
messer des oberen
Tschuapa, mit Fig. 55
leicht ersichtlich. Bie-
ten doch diese, im
Kerne des Kongo-
lieckens nicht so sehr
seltenen Holzwaffen
auch für die Erschei-
nung des Absetzen* und Dornenbildens an der Basis der Messerklinge, wie
Fig. 69, eine Holzkeule der Kanioka Belegstücke. Auch finden sieh sonst
Extreme in der Entwicklung dieser älteren Waffen. Fig. 70 stellt die ent-
wickeltste Form, Fig. GS die niedrigste dar.
Nun gilt es aber einen Unterschied zu ziehen bei weiteren Schlüssen.
Ein gebogener Stab wie Fig. 08 bietet noch nicht die „Blattfläehe*. Die
gebogenen Stäbe finden sich bei allen Nigritiern, auch bei den Australiern.
Aber die Blattbildung, also eine Verbreiterung der Hauptfliiehe läfst sieh
7«
J
GS. 61). 70.
Holzkeulo vom oberen
Fig. 88. Holzkenle der
Imballa. Fig. G8. Holzkeule der
Kanioka (alle drei im Berliner Mus. ).
Fig. 70. Holzwaffe aus Westafrika
( Museum in Leiden).
Fig. 71.
Keule von den Salo-
monen (Museum in
Leipzig, Slg. Godo-
froy, Nr. 1212).
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— 100 —
nur an Keulen der Malajonigritier nachweisen. Ich wenle auf S. 109 hierauf
zurückkommen. Typische Verwandte der afrikanischen Form (Fig. G7) finden
sich z. B. auf den Salomonen, von wo wenigstens eine Keule dieser Art,
allerdings ohne die feine Ornamentierung, die sie schmückt, wiedergegeben
werden möge (Fig. 71.)
Die Verbreitung dieser Messer in Afrika ist eine sehr eigenartige.
Während nämlich die hölzernen Urformen (Fig. G7 — 70) auch im inneren
und südlichen Kongobecken heimisch sind, fehlen die eisernen Messer hier.
Diese wurden desto häufiger vom Kongo nordwärts bis in das südliche
Adamaua (Fig. 6G) und von dem Manbattugebiete bis an die Westküste,
an dieser hinauf bis zu den Bissagos -Inseln 1 gefunden. Im folgenden
Teil ül>er die Wurfmesser werden wir die Erklärung für diese merkwürdige
Verbreitung kennen lernen.
III. Die afrikanischen Wurfkouleii, Wurfhfllzer, Wurfhiesser.
Es ist sehr bedauerlich, dafs die Reiselitteratur den Unterschied
zwischen Wurfholz und Wurfkeule so aufserordentlich selten berücksichtigt.
Unter Keulen dieser Art haben wir hölzerne Stöcke, die bald länger, kild
kürzer, bald stark, l»ald wenig verdickt, ImUI gebogen, meist aber gerade
sind, deren wesentliches Merkmal aber in dem meist kreisrunden, seltener
(quadratischen Durchschnitt liegt. Die Wurfhölzer dagegen zeichnen sich
vor allen Dingen durch den streifenförmigen Durchmesser aus. Es sind
platte Waffen, die in den meisten Fällen nur einfach gekrümmt sind. Be-
tnichten wir nunmehr die Bedeutung und Verbreitung dieser Waffen im
afrikanischen Kriegs- und Jagdwesen.
a) Die afrikanischen Wtirfkculc». Die bekanntesten Wurfkeulen sind
die des Südens, die gemeiniglich „ Kirri u genannt werden. Bei den Hotten-
totten führen die Ilolzsehilde diesen Namen. 2 Die Kirri sind häufig als
die gefährlichsten Waffen der Kaffern bezeichnet worden. Es sind kurze,
1) Ob das Sccptermesser des Muata Jamvo in diese Gruppe gehört, ist trotz
Pogges Mitteilung über seine wundersame gebotene Gestalt nicht festzustellen. .Pogge,
S. 234. Gekrümmte Messer von der Westküste werden erwähnt: Bissagos- Inseln,
Allg. Bist. d. K., Bd. II. S. 427. 4ÖO. Nord-Guinea, B-sman. S. 226; Allg. Bist d. R.,
Bd. III. 53. 4ÖÜ; Bd. IV. S. 10». Bowdieh, S. 117. Adamaua (Süden), Passarge. S. 436.
2) Wenigstens in Anmerkung soll auf die linguistische Verwandtschaft afri-
kanisch -nigritischer und australisch -nigiitischer HolzwaftVn hingewiesen werden. Kirri
heifsen die Stoekschildc der Hottentotten (Kiurr die der Dinka). sowie die Wurf-
keulen der Kaffernstämmv. Kerrern oder Gee-am heifsen gewisse Speersclnlde der
Australier Südostneuhollands.
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101 —
rundliche, mit einem dickJaigelförmig angeschwollenen oberen Ende versehene
StOcke. Holub nennt sie die gefürchtetstc Waffe der Zulu -Rasse, der Matabele-,
Swazi-, Zulu - u. s. w. Krieger. Am wirksamsten von allen "Waffen in der Hand
derDamara nennt Ratzel dieKirri, dieses sei Mittelding von "Wurf- oder Schlag-
stock und Ketde. Im Wurfe toten sie mit grofser Sicherheit damit kleinere
Tiere. Jeder Daraara führt in seinem Schnurgurte einige dieser Waffen. Am
genauesten hat sie Fritsch erörtert, der sich folgendermafsen über sie äufsert:
Bewundernswürdig ist die Gewandtheit der Kaffern mit der Wurfkeule,
Induku, gewesen. Die Waffe dient sowohl zum Schlag als zum Wurf; ihr
Gewicht ist daher nicht sehr bedeutend, die Länge wechselt zwischeu 40
und 70 cm. Die gewöhnlichste Form, welche man beständig in der Hand
der Kaffern sehen kann, ist aus schwerem Holze von grofser Festigkeit
(wilde Olive, Stinkholz, Eisenholz) so gewonnen, dafs man Stammchen oder
einen Ast mit Erhaltung des sich daran anschliessenden knorrigen Teiles
der Wurzel oder des Stammes herausschneidet, und den letzteren alsdann
zur Keule abrundet, den Ast selbst aber als Stiel benutzt Seltenerfindet
man im eigentlichen Kaffernlande Kirris aus dem Horn des Rhinoeeros,
welches Tier in diesen Gegenden beinahe schon gänzlich ausgerottet ist.
Der Kirri in seiner gewöhnlichen Gröfse und seinem gewöhnlichen Gewicht
ist keine sehr furchtbare Waffe, und es gehört schon eine gewisso Ausdauer
dazu, um den dicken, mit dichtem Haarpolster bedeckten Schädel eines Kaffern
damit zu durchdringen, wie sich oft genug gezeigt hat; aber als Wurfgesehofs
leistet er in den Händen der Kaffern wirklich Erstaunliches. Es ist natürlich
Übertreibung, wenn behauptet wird, kein Feind könne ihm entfliehen, solange
er seinen Kim bei sich habe; ein Wurf mit einer so leichten Waffe wird,
unglückliche Zufälle abgerechnet, keinen Menschen im Laufe aufhalten,
wohl aber kleine Antilopen, Hasen, Klippschiefer, Perlhühner und ähnliche
kleine Tiere. Nach solchen wirft der Neger den Kirri auf 20 — 30 Schritt
und trifft dasselbe häufig im vollsten Laufe, obgleich die Geschwindigkeit
des in der Luft sich drehenden Holzes keine sehr grofse ist; die Kraft des
Wurfes reicht hin, um kleine Tiere zu betäuben, oder ihnen ein Glied zu
brechen, worauf die Hunde des Jägers das Werk vollenden. Auch Yögcl
im Fluge fallen ihrer Geschicklichkeit im Werfen dieser Waffe zur Beute.
Bei den Ama-Zulu scheint diese Waffe zugleich als Spielzeug zu dienen
und zwar in ähnlicher Weise wie die kleinen Stöckchen europäischer Stutzer.
Bei ihnen sind aus der Waffe des Nashorns verfertigte Kirris schon häufig, wenn
auch anscheinend nicht in dein Mafse wie bei Betschuana und Marutse u. s.w. 1
1) Fritsch, S. Gß uud 120. Ratzel: „Völkerkunde*. 1) Hd. I, S. 328,320.
Holub: „Sieben Jahre*, Bd. IT, S. 37Ö; „Kulturskizzo*. S. 110.
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— 102 —
Im nördlichen Teile Afrikas tritt die Keule als Wurfwaffe zurück.
Die Angabe, dafs in Abessynien Wurfkeulen auf der Jagd Verwendung
finden, dürfte dahin zu modificiereu seiu, dafs es sich um Wurfhölzer handelt.
— Ein Bericht über die Wurfkeulen in Weida an der Goldküste beschreibt
diese eine Elle lang und 5 — 6 Zoll dick, sehr rund und eben, an einem
Ende mit einem Kolben eine Hand breit und drei Finger dick versehen.
Jeder Krieger soll 5 — G "solche Waffen bei sich führen ; sie sollen feiner
aus schwerem Holze bestehen und in der Hand eines geübten Mannes
nicht ungefährlich sein, denn wo sie nur hinfallt, da zerschmettert sie alles
und zerbricht die Gliedinaisen. Eine Abbildung bei Barbot erweist, dafs
das, was die Beschreibung des Blattes schon ahnen läfst (eine Hand breit
und 3 Finger dick), zutrifft; es liandelt sieh hier um ein Wurfholz.
Auch andere Mitteilungen aus Nordafrika wissen nichts von Wurfwaffen
dieser Art zu melden. Es wurden stets nur Schlagkeulen erwähnt. Bei
den Fulbe sind diese eisenbeschwerten Waffen, die zum Teil ihren süd-
afrikanischen Verwandten, den Kirris, in der Form sehr gleichen, sehr
wichtig. Sie vertritt bei ihnen gewissermafsen die Streitaxt, sagt Passarge.
In Wadai hängen diese Keulen am Sattel. 1 Alter auch sonst ist dio Keule
dem Norden zu in wenig kräftiger Entwicklung begriffen. Den Massai dient
sie nach Baumann zum Begleiten der Rede durch Gestikulation, im Kongo-
gebiet wird sio zierlich geschnitzt, mit Menschenbildern und allerhand
sonstigem Bildwerk versehen und gilt als Scepter und Hoheitszeichen.
Demnach wäre der Südachse die Wurfkeule und — wie wir sehen
werden — der Nordachse das Wurfholz zuzuerteilen.*
b) Die afrikanischen Wurfhölzer. Das Wurf holz, eine gebogene, flache,
meist gleichbreite, streifen fürin ige Holzwaffe, ist im ganzen Nordafrika nach-
gewiesen. Die alten Ägypter verwandten es zur Vogeljagd. Solche Waffen
der Tuarik liegen in London; Marno liat sie bei den Bertat, Hartmann bei
den Fundj kennen gelernt. Wurfhölzer aus Senegambien sind elienso wie
solche aus östlich hiervon gelegenen Gebieten nach Europa gelangt. Zumeist
scheinen sie hier der Jagd auf Hasen, Geflügel und kleine Vierfflfsler zu
dienen. Jedoch machten auch die Engländer in ihrem unglücklichen Mahdi-
Feldzug mit ihm Bekanntschaft Auch alte Waffe nlresehreibungen von der
Goldküste erwähnen ähnliche Geräte.
Es ist jedoch weniger wesentlich, die Verbreitimg über die Nord-
achse nachzuweisen, als die Beschränkung auf dieses Gebiet. Es liegt,
1) Passargo. S. 13(3 (Abb.). S. 87. 119, 123, 258. 2S5r Höhnel, S. 604. Stau-
dinger, S. 708. Kachtigal. Bd. III. S. 2öS. Clapperton: „Zweite R<ise-, S. 155.
2» Auch auf der Yeibindun^aehse ist dio Wurfkeule nachzuweisen Dinka
und Schilluk verstehen sie trefflich zu führen.
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— 103 —
soweit meine Kenntnis reicht, kein Zeugnis für ein südliches Vorkommen
vor. Auch das Kongogebiet liat noch kein Wurf holz geliefert.
Allerdings besitzen einige südafrikanische Stämme Holzwaffeu, die in
Betracht gezogen werden müssen. Da sind zunächst die „Wurfstöcke" der
Mamtso erwähnenswert Es sind das meist 1 — 1 Vs m lange > finger-, doppel-
fingerdieke, aus liartem Holze hergestellte Stöcke, die am oberen, etwas
dickeren Ende, bisweilen auch an den beiden Enden mit einem spiralförmig
gewundenen Eisenbando versohen sind. Diese Stöcke werden meist als
WurfwafFe auf grössere *\Vasservögel gebraucht, die man in geräuschloser
Bootsfahrt in den Binsen und längst den Rohrdickichten überrascht oder
auf sonstiges kleineres Wild und Raubgetier, das man beschleicht. Ein
solcher Stock ist auch in der Regel ein steter Begleiter eines Unterthanen
im Marutse- Reiche, wenn er sich auf Reisen begiebt. — Der Rackuin der
Hottentotten fernerhin ist von Oliven- oder Eisenholz
geschnitzt, ist etwa einen Daumen dick und nicht
mehr als einen Schuh lang; an einem Ende ist er zu-
gespitzt. „Sie gebrauchen ihn wie einen Wurfpfeil
und bedienen sich seiner auf eine merkliche Weite,
fast ohne jemalen zu fehlen" — so versichtert der alte
Kolben. 1
Es ist klar, dafs dies keine Wurfhölzer in unserem
Sinne sind. Sie besitzen keine Krümmung und keine
Schärfe; sie sind im Querschnitt offenbar nmd. Wenn
wir hier also auch keine der gesuchten Werkzeuge vor
uns haben, so interessieren dieso Hölzer doch. Denn
Wurfkeulen sind diese Waffen auch nicht: wir haben
eine dritte Gruppe von Wurf - Holz waffen vor uns. Das
erinnert zu sehr an australischen Reichtum an solchem
Wehrz,eug, um nicht aufzufallen. Und in diesem fehlt
der Wurfstab auch uicht, ebensowenig wie das schneidige
Wurfholz und die stumpfe Wurfkeule. Dazu besitzen die Australier den
gleichen Stockschild. Das ist aber nigritischer Besitz an Holzwaffen.
Dabei ist für Afrika bezeichnend , dafs jede der drei Holzwaffen kaum
eine zweite neben sich duldet. Die Hottentotten haben nur den Wurfstab,
die Südvölker nur die Wurfkeule, die Nord Völker nur das Wurfholz, das
sich in deren Händen zu einer der merkwürdigsten Waffen entwickelt hat.
c) Die afrikanischen Warftnesser. Die Wurfmesser der Neger sind von
H. Schurtz im Internationalen Archiv für Ethnographie 1889 sehr eingehend
72 b.
Fig. 72 a. Wurfholz
aas Darfor (Mus. f.
Völkerkunde i.Wien).
Fig. 72b. Alt-
ägyptisches Wurfholz
(agyptologiscb.es Mus.
in Berlin, Nr. 1077).
1) Holub: .Kulturskizze-, S. 116; .Sieben Jahre", S. 374; Kolben, S. 8G und 87.
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— 104 —
besprochen und es ist für die Gründlichkeit dieses Autors und die Richtigkeit
von dessen Sehlufsfolgerungen selir bezeichnend, dafs, trotzdem seit damals
einige der wichtigsten Gebiete, über die die Waffe verbreitet ist, erst
eröffnet sind, nicht viel Neues zu seinen Darlegungen hinzuzufügen ist. Wir
können uns daher auf seine Arbeit im weitesten Sinne stützen.
Schultz giebt folgende, alle Formen umfassende Schilderung der Waffe:
Das Wurfeisen ist eine messerartige, schneidende Wurfwaffe, aus Eisen
gefertigt, in der Regel mit einer oder mehreren vorspringenden Klingen
versehen, die mit dem eigentlichen Messer in einer Ebene liegen; ein mehr
oder minder kunstvoller Griff fehlt fast niemals. Die Waffe wird horizontal
geschleudert, wobei sie Drehungen um sich selbst beschreibt und, wenn
sie trifft, durch ihre schneidenden Flächen wirkt.
Die Verbreitung der Waffe im Norden, Osten und Süden darzustellen,
ist leicht: im Westen ist ihre Ausdehnung unbekannt, im Norden über-
schreitet sie das Gebiet der Teda nicht, im Osten erstreckt sie sich
nicht über Senaar. Die nördlichsten und südlichsten Stämme bevorzugen
das Wurfmesser am meisten, nämlich die Tu und die Völker zwischen
Adamaua und Baghinni. Ober seine Südgrenze haben wir uns später klar
zu werden. W r ie weit im Westen diese Waffe zu den bevorzugteren gehört,
ist, wie gesagt, nicht ganz sicher; in Borau führte es noch zu Rohlfs
Zeiten die Fufsarmee. — Ein Messer dieser Art brachte Rüpj»el aus Kordofan
mit; Hartmann lernte es bei den Fundj kennen. Die Völker Dar-Bandas
führen „kurze Wurfeisen." 1
Die grorse Menge der Formen dieses Wehrstückos läfst eine Entwicklung
recht wohl erkennen. Es handelt sich zumal dämm, Klarheit über das
, . . . Anwachsen der Klingenzahl zu
~
gewinnen. Eine schematische
Zeichnung führt ein schnelles
Verständnis herbei. An dem
/ einfach gebogenen Eisen entsteht
auf der Innenseite ein Ausläuferfc,
der dem Zwecke der Trag-
erleichterung — das Wurfeisen
wird gewöhnlich über die Schulter
gehängt getragen — oder der Schwerpunktsverschiehung dient, wogegen c aus
der Grundachse des gebogenen Stabes aufwächst Dieses neue Blatt nimmt
aber im allgemeinen eine dienende Stellung ein und liat seine senkrechte
1) Xaditigal, Bd. I, S. 452 453; Bd. II. S. 368. 531, 5SU, 605, 650; Bd. III,
S. 183. Barth, Bd. II, S. 642; Bd. III, 8.178. Ratzel: .Völkerkunde", 2» Bd. II,
S. 424 und 505. Uartmann, Bd. II, 8. 85. R.-ldfs. IM. II, 8. 5.
Fig. 73. Die Entwicklung
der Wurfeisenklingen (nach Schurtz).
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— 105 —
Stellung bald eingebüfst. Der Vorsprang d entsteht als kleiner Haken, der
der Griffbildung durch eine Umschnürung zunächst Halt bietet, sich jedoch
später sehr frei und kräftiger als selbständige Klinge entwickelt. Der Grund-
zug der ganzen Entwicklung ist: Streben nach möglichst strotzender Klingen-
menge. Es mag das darauf zurückzuführen sein, dafs das Wurfeisen in der
Kichtung dieser Entwicklung eine Drohwaffe wird, die ein möglichst schreck-
liches Werkzeug dem Feinde scheinen soll.
Diese Entwicklung vermag man aus der Nebeneinanderstellung von
Fig. 74 — 77 sehr gut zu ersehen. Nun hat schon Schultz darauf hin-
gewiesen, dafs das grofso Gebiet der Verbreitung und die grofse Menge der
Formen in zwei Gruppen geteilt werden können. Schurtz unterscheidet eine
nördlicho Vcrbreitungszono und eine südliche: Zu der ersteren gehören die
Wurfmesser der Teda, Bornus, der Marghi, Musgu und Tubori, der Wandala
und Logone, dann die
Stämme, die Baghirmi
im Süden umgrenzen und
endlich Senaars und Kor-
dofans, wir können also
kurz sagen: alle "Wurf-
messer der Nordachsen-
völker. Was sie den
Formen des Südens gegen-
über vereinigt, ist: Fehlen
des Vorsprunges d und
jedweden schmückenden
Auswuchses, wesentlich
gleiche Breite der Klinge,
an allen 1 — 3 Klingen,
Einfachheit des Griffes (eine Umschnürung mit Strick oder Draht). Es sind
also einfach praktische Waffen (Fig. 74 — 76).
Fassen wir nun dem gegenüber die AVurfmesser des Südens in das
Auge. Fig. 77, das aus dem südlichen Adamaua stammt, ist ein gutes
Beispiel. Da ist zunächst d hinzugetreton. Die oberen Spitzen a, b und c
sind wolü noch erhalten, aber es ist an Stelle jener hochehrbaren drei Spitzen
hier ein lustiges Völkchen möglichster Un Gebundenheit getreten. Der Vor-
sprung b hat sich aus seiner einsamen Stellung am Unterteile zu den
Kameraden a und c verfügt. Diese leiden nun blicken nicht mehr mit der
früheren Geradheit in die Welt, sondern geben heiterer Zaekenbildung (c)
und fröhlichen Krümmung (a) Raum. Fig. 78 ist etwas gröberer Natur,
zeigt al>ereine übermäfsige Anschwellung der Glieder an Stelle jener schlanken,
74. 73. 70. 77.
Fig. 74 und 76. Wurfmesser der Musgu (nach Barth).
Fig. 75. Wurfmesser der Fundj (Mus. auf der Chrischona).
Fig. 77. Wurfmesser aus Adamaua (Slg. Flegel, Mus.
f. Völkerkunde in Berlin).
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gleichmäfsigen Magerkeit, die gute Kriegswaffen (Fig. 74 — 7G) auszeichnen
soll. Nun, wir haben hier auch keine Kriegssache mehr vor uns, sondern
„Geld" und für den biederen Rentier ziemt sich solche Leibesbeschaffenheit
recht wohl.
Fig. 79 zeigt Verlust von b, eine Eigenschaft, die, wie schon erwähnt,
fast (Fig. 78 ist die einzige bekannte Ausnahme aus dem Süden) allen
78. 79. 80.
Fig. 78. Wurf messer als Geld vom oberen Mongwandi (Museum in Leiden , S. t»4t>.
Nr. 27). Fig 79. Wurfmesser vom Stanley -Pool (Museum in Amsterdam).
Fig. 80. Wurfmesser der Fan (Museum für Völkerkunde in Leipzig). Fig. 81.
Hölzernes Messer vom Kassai (Weltausstellung in Antwerpen».
Messern südlich von Baghirmi und
Adamaua eigen ist Auf Fig. 80 ist
die Verschmelzung der Klingen a und
c im Werden begriffen. Fig. 81 end-
lieh, auf das wir noch zurückkommen
werden, stellt ein hölzernes Messer
vom mittleren Kassai vor und ist (wie
Fig. 54) bezeichnet als: „Oouteau de
bois, embleme de paix, chez les Ba-
komos". Es zeigt Vorsprung c als
kleines Restchen in der Verlängerung
der Grundachse, also wo es ja hin-
gehört. Auch d ist ziemlich erhalten.
Ich schliefse, ehe ich die Frage
beantworte, was diese wunderliehe
Entwicklungsweise bedeute, noch eine
Thatsache an. Es ist nämlich noch ein Vorkommen von Wurfmessern zu
erwähnen und zwar am linken Kassaiufer, nördlich von der Einmündung
des Sankuru. Diese Messer (Fig. 82 u. 83) haben den lobenswerten Zweck,
N2. 83.
84.
85.
Fig. 82 u. 83. Messer vom Kassai (Mus.
f. Völkork. in Berlin LUC. 3325 u. 3323).
Fig. 84. Messer der Bona Lussambo
(ebenda III C. 4187). Fig. 85. Axtklinge
von Chiloango (Mus. in Amsterdam).
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gegen die Beine geschleudert zu werden. 1 In formaler Hinsicht haben wir
hier nichts mit diesen Flundermessern zu thun. In dieser wäre nur zu
bemerken , dafs sie der Axtklinge (siehe obeu) ihr Dasein verdanken. Fig. 85
zeigt eine solche und deren unmittelbaren Nachkommen in Fig. 84, von
denen Fig. 82 und 83 nur insofern abweichen, als sie an der Schneidenseite
der Axt verkümmert und an deren Grundteil mächtig entwickelt sind.
Von den Völkern des Kongogebietes ist im übrigen zu merken, dafs
auf dem Südufer überhaupt Wurfmesser nicht verwendet werden. Ferner
dafs die nördlichen Kongoansassen sie von den Inlandstämmcn eintauschen
(siehe Coquilliat) und dafs sie liier weniger als praktische Waffe, als zum
Drohen benutzt werden. — Versuchen wir es nunmehr, das Problem der
Verbreitung zu lösen.
Wir sahen eine klare und ziolbewufste Entwicklung des Wurfmessers
bei den Stämmen der Nordachse, die den praktischen Zweck nirgends aus dem
Auge läfst Im Süden sehen wir dagegen alle möglichen Unarten auftauchen.
Seine Verwendimg als Waffe tritt vom Sudan aus eher zunück als Schultz
es noch wissen konnte. Seitdem sind viele Expeditionen den Ubangi hinauf
gezogen und sie trafen das Instrument erst im Norden des Ubangi in
seinem Heimatland d. h. einem Gebiete, wo es jeder führt und mehrere
als Waffen bei sich trägt. So berichtet Masui von den Sangos. Dybowski
fand es auch bei den BuzCtou, aber als Kuriosität: £1 sert d'arme d'apparat
quo le chef tient ä la main, en guise de seeptres. Aber bei den N'Gapou
im Norden des Ulmngi- Bogens, da ist es noch Waffe im wichtigen Sinne
einer volkstümlichen Waffe. 8 Wenn sie zum Kongo- gelangen, dann ver-
lieren sie diese Bedeutung ganz. Das ist ganz natürlich: die Kriege werden
hier auf dem Wasser oder im Walde geführt. Der wahrscheinliche Verlust
an Material ist aber allein schon zu grofs, um als Kriegsgerät auf dem
Wasser angewendet zu werden. Daher verschwindet es als wahres Wurf-
gerät — im Walde ist es so wie so nicht von grofseni Nutzen — und
wird als Schreckmittel dem Feinde vor Augen gehalten. Daher sprofsen
denn die Zacken und Klingen in flppigster Fülle, und jo schrecklicher die
Waffe aussieht, desto mehr gewinnt sie für den Kongostrand- und -waldsassen,
wogegen sie für den praktischen Gebrauch an Zweckdienlichkeit abnimmt.
Wenn diese Waffe somit auch nicht auf das südliche Kongoufer ge-
langt ist, so führt doch eine ziemlich direkte Strafse in das südliche Becken:
der Kassai. Und so treffen wir denn an dessen Mittellaufe den äufsersten
Ausläufer der Verbreitung. Und in wie charakteristischer Form! Das eine
1) Kund in der Zeitschrift der (lesellscbaft für Erdkundo in Berlin, Bd. XIII,
S.322; vergl. auch Wifsmann-Wolf, S. 371.
2) Dyltowski, S. 3l>4 und 30"). Masui. S. 131.
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ist eine Holznachbildung (Fig. 81), die unmöglich verwendbar sein kann.
Alier das ist auch nicht ihr Zweck, denn das Mordinstrumont, das am Kongo
Schrecken verbreiten soll, ist hier — „embleme de paix!" Und das andere
Wurfmesser? Gewifs, es wird auch geworfen, aber es stammt aus einer
ganz anderen Welt , nicht aus der des vielklingigen Wurfeisens (Fig. 82, 83).
So liat sich denn Zweck und Form getrennt und lieidc fflhrcn ein be-
scheidenes, beziehungsloses Dasein.
Und dann noch ein Merkmal dieser Entwicklungsrichtung. Die Tummok
im Süden Baghirmis nehmen kein anderes Zahlungsmittel als Wurfmesser.
Also so wert und gleichzeitig allgemein sind hier diese Gerate, dafs sie als
Geld kursieren. So pflanzt es sich fort dem Süden zu und wird hier zum
Gelde, ohne eigentlich noch Waffe zu sein (Fig. 78).
Dürfen wir unter diesen Umstünden das Wurfmesser noch zu den
Waffen des westafrikanischen Kulturkreises rechnen? Ich meine: nein.
Die wichtige Entwicklung der Waffe spielt sich auf der Nordachse ab, bei
jenen Vulkeni, die auch das Wurfholz benutzen. Die grofse Gruppe der
Kongowurfeisen aber tragt alle Merkmale des Weiterwuchcrns in der Ab-
gelegenheit ohne Ziel und Aufsicht.
Dieses Resultat ist wichtig. Ganz abgesehen davon, dafs wir so einmal
in den Stand gesetzt sind den Gegensatz der Fonnbildung im westafrikanischen
Gebiete und in einem tler Achsenlagen zu beobachten — wobei die Fonn-
freudigkeit im erstcren in die Augen springt — können wir nunmehr be-
merken, dafs Westafrika dieser Wurfinstrumente bar ist. Der Norden hat
Wurfeisen und Wurf holz, der Süden die Wurfkeule und der Südwesten den
Wurfstab, der Westen aber keinen Ersatz. Das ist so schwer nicht zu er-
klären. Hier liegt der Gegensatz von Plateau- und Steppen - Bewohner
einerseits und Wald-, Thal-. Nicderungs- Bewohner oder par Stromansasse
andererseits vor uns. Für solche wird daher die Wurfkeule zum zierlichen
Schmuck- oder Scepterstab, das Wurfmesser zum grotesken Schreckgespenst,
in dessen greulicher Ausstattung die Phantasie ein köstliches Tuinmelfeld findet.
Wir sehen aber auch noch etwas: einen bedeutenden Einflul's des Nordens
auf das Westgebiet. Die Bewohner zwischen dem Kongo und dem Schari
leben in doppelten Beziehungen. Sie führen den Korbschild, Messer malajo-
nigritiseher Abstammung und teilweise auch malajonigritisehe Bogen.
Andererseits aber haben die Sande das Stilett der Tuarik und alle diese
Völker das Wurfmosser. Immerhin verleiht die südliche Verwandtschaft
neben der überzahl an Kulturelementen ihnen auch den Charakter südlicher,
nialajonigritischer Entwieklungsweise. Dafür legt die lustige Ungebunden-
heit der Wurfmesser wieder einen wichtigen Beweis ab.
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Greifen wir jetzt nochmals zurück auf die oben besprochenen asym-
metrischen und ungeraden Messer Westafrikas. Wir sahen deren Hervor-
gehen aus einer Art Blattkeule (Fig. 67 — 70), wie sie sich auch bei den
Malajonigritiern der Südsee (z. B. in Fig. 71) findet. Ohne mich in eingehende
Beweisführung einlassen zu können, will ich wenigstens deren Entwicklung
kurz andeuten. Diese Keulenform findet sich auf den Salomonen, Niua,
Neukaledonien, Neuseeland etc., also einem grofsen Gebiete, das im Nord-
osten Neuhollands gelegen ist. In diesem selben Gebiete treten nigritische
Elemente ziemlich scharf hervor und wir werden auch nicht irren, wenn
wir diese Blattkeule auf das nigritische Wurfholz, den Bumerang, zurück-
führen. Sehen wir doch im gleichen Gebiet, auf den Neuhebriden , sogar
noch das Wurfholz, wenn auch aus Stein, in Gebrauch.
Demnach hätten wir nicht nur die Blattkeule (Fig. 71) und die afri-
kanischen Holzwaffen (Fig. 07 — 70) auf das Wurfholz zurück zu verfolgen,
sondern in letzter Instanz auch die Messer (Fig. 55 — GG), welche demnach
als afrikanische Ausgestaltungen eines in der malajonigritischen Kultur um-
gebildeten Gegenstandes nigritischen Ursprunges anzusehen sind.
Anhang: Die geographische Beziehung der Messer formen.
Nachdem wir somit auch diese Wurfmesser kennen gelernt haben,
können wir den wichtigsten Messerformen Afrikas eine kurze Übersicht
gönnen. Ich will absolut nicht behauptet haben, alle Typen dieser afri-
kanischen Waffen liier anatomisch zergliedert zu haben, es bleibt vielmehr
noch vielerlei zu thun übrig. Es ist aber wenigstens ein Bild über die
allgemeine Entwicklungstendenz gewonnen worden und dieses wollen wir
uns hier noch einmal vor Augen halten.
Die Messerformen lassen drei greise und wichtige Hauptgebiete der
Verbreitung in Afrika erkennen. Im Süden und Osten treten sie nur schwach
auf. Sie lassen sich besonders im Süden in der Entstehung verfolgen, die
ein für allemal auf die abgebrochene Speerspitze zurückführt. Der Yer-
bindungsaebse zu tritt als eine Nebenform die Entstehung aus der verkürzten
Lanze mehr hervor. Bis in das Nilgebiet, in den toten Winkel zwischen den
3 Achsen und dem westafrikanischen Kultlirkreis, sowie in schwacher Weise
auch in das letztgenannte Gebiet lassen sich diese Lanzenspitzeninesser
verfolgen.
Dagegen bietet der Norden eine grofse Menge von Gestalten, die sich im
wesentlichen aber auf asiatische Zuflüsse zurückführen lassen. Grofse Typen-
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— 110 —
menge verhältnismäfsig geringer Variabilität ist bezeichnend. Selbständige
Formen haben sieh nur in sehr geringer, ganz unwesentlicher "Weise heraus-
gebildet. Als specifisch westasiatisch oder mediterranen Kulturursprunges,
der sich zum Teil bis in das Mittelmeer verfolgen liefs, traten 3 Gruppen
hervor: 1. dio Schwertmesser, 2. die Säbelmesser, 3. die Dolche oder
Stilette, (letzteres eine Sanimell>ozeichnung).
Im 'Gegensatz zu dem nordlichen Gebiet zeigt der westafrikanische
Kulturkreis eine überaus grofse Mannigfaltigkeit der Formen, die sich alle
in langen Entwicklungsreihen aneinanderschliefsen und ebenfalls aus aufsor-
afrikanischer, nämlich .malajonigritiseher Quelle flielsen. Die Westafrikaner
haben diese fremden Elemente verartaitet und ihnen einen eigenen Charakter,
der ihrem formfrondigen Schöpf ungsgeist entspricht, nämlich den der Be-
weglichkeit verliehen. Wir verfolgten eine Reihe bis zum Speer- Ruder und
eine andere bis zur Blattkeule zurück, doch mufsten wir uns darauf be-
schränken, die wesentlichsten Entwicklungszüge hervorzuheben.
Im Anschlufs hieran wurden die Wurfkeiden, Wurfhölzer und Wurf-
eisen in Augenschein genommen, die drei nigritische Quellelemente zeigten:
Wurfstock, Wurfholz, Wurfkeulc. Von ihnen hat jedes einen Bezirk inne.
Aus dem Wurfstab hatte sich das Wurfmesser in gleicher Gegend, auf der
Nordachse, ausgebildet. Dabei war nach Süden, in dem westafrikanischen
Kulturkreis eine Ablagerung vor sich gegangen, die aber wegen der terrestri-
schen Beschaffenheit ohne bedeutende Einwirkung auf das Waffenwerk in
dieser Region, die auch keine der hölzernen Wurfwaffen besitzt, geblieben
zu sein scheint.
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— 111 —
Systematik.
Entstehung aus der
Speerspitze.
A) Die nlgrritta'lieu Holzwurfiraffeii etc.:
1. Wurfkeule.
2. Wurfstab.
3. Wurfholz.
4. Wurfmesser.
B) Das afrikanische Messer:
1. Südafrika
2. Ostafrika
3. Nilgebiet
C) Die asiatischen und Mittelmecrraesser:
1. Schwertmesser.
2. Säbelmesser.
3. Stilette etc.
D) Die nialajoiilfrritlscheit Messer:
1. Das Messer aus dein Ruderspeer ent-
standen.
2. Das Messer aus der Blattkeiüe im
Kongogebiet.
3. Das Messer aus der Blattkeule in Nord-
guinea. 1
!
Sudachse.
Süd westgebiet.
Nordachso.
Sudachse u. toter Winkel.
Nordachse und Verbin-
dung mit Asien.
Westafrikanisches Ab-
lagerungsgebiet.
1) Hier hat sich oin eigener Typus, zumal an der Goldkuste, herausgebildet.
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- 112 —
IV. Schlafs.
Es handelt sieh nunmehr darum, durch Ausfüllen der einen oder der
anderen Lütke das Bild der afrikanischen Waffenkunde nach Möglichkeit
fertig zu stellen. Erschöpfend hier alles zu behandeln, wo nur der kleinste
Teil bisher erörtert war, das ist nicht möglich. Wohl aber wird sich noch
hier und da einiges nachtragen und ergänzen lassen.
Die Frage nach dem Entwicklungswege der Eisenindustrie beschäftigte
uns im Anfange des zweiten Teiles dieses Kapitels. Das Eisenhandwerk
soll von Norden gekommen sein. Dennoch sollte der Sudan bessere' Hand-
werker besitzen, als das von melanesischer Kultur genährte Kongogebiet. Dem
widersprach der Thatbestand. Jetzt verstehen wir die Verhältnisse schon
besser. Allerdings sind auch die Sudanwaffen meistenteils asiatischer Herkunft,
wie ja die Eisenindustrie. Wie diese Sudaner aber nicht verstanden, diese
Waffen durch Einverleibung unter die afrikanischen Tyi>en sich ganz zu eigen
und selbständig zu machen, so vermochte auch die ganze Industrie sich nicht
so einzubürgern, dafs sie neue Sprossen und neue Thatsachen hervorbrachte,
es sei denn, dafs sie eine Waffe wie das Wurfmesser schuf.
Ganz anders der Westafrikaner. Er hat nicht den Quellen zuflufs an
Eisen Waffenmodellen erfahren, wie der günstiger an der Verkehrsstrafse
wohnende Nachbar. Aber der Malajouigritier Afrikas verfügt eben über die
gleiche Gabe seiner Vettern in Oceanien, nämlich das Vorhandene zur höchsten
Blüte zu bringen. So ergriff er die malajonigritischen Hol/.geräte und bildete
sie um zu Eisenwaffen.
Und nun wollen wir noch einigen Waffenbesitz der Afrikaner zer-
gliedern und sehen, ob dieses Bild uns überall entgegentrete. Wir wollen
unser Auge über die Streitäxte, die Speere, Pfeile. Schlagringe etc. gleiten lassen.
Es ist eine alte Behauptung, dafs die Afrikaner nur eine Form von
Bellen hätten. Ich weifs nicht, wer sie aufgebracht hat. Sie ist jedenfalls
irrig. Ich will aus der grofsen Zahl der vorkommenden Formen fünf her-
vorheben und näher in Augenschein nehmen.
Die eiste Form (Fig. SG) ist die typisch ostafrikanische, nur ist sie
oben ausnahmsweise mit einem zierenden Köpfehen versehen. Die Streitäxte
dieser Art stellen einen geraden Stab, der nach oben zu an Dicke ein
wenig zunimmt, dar, und in den das keilförmige Eisen von sehnig unten
nach schräg oben hineingetrieben ist. Dieser ostafrikanischen Form 1 steht
1) Uber ostafrikanische Beilformen: Burton: «Lake Kegions-, Bd. II, S. 23.
OG, 307. Stanley: .Wie ich Livingstone fand-. Bd. I. S. Hill, 233, 242. Borrmanu in
„Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten-, Bd. VII, S. :>1 (Südafrika). Fiitseh.
S. 174. Bolub: _Kultur>kizze", S. 1 10 117.
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— 113 —
eine vermutlich nordafrikanisehe (Fig. 87) gegenüber. Ein vorn breites, oft
und meist kunstvoll geschmiedetes Blatt ist in einen nach vorn gebogenen Stab
eingelassen. Es ist dies Vorkommen, wie gesagt, wesentlich nordafrikanisch.
Die Horstammung der Form ist leicht zu beobachten: sie ist aus der Erd-
hacke entstanden, welche auch im südlichen Afrika eine ahnliche Form
besitzt, aber nicht zur "Waffe umgebildet ist — Die dritte Oestalt, welche
im Sudan ziemlich häufig ist (Fig. 88), wird nur wiedergegeben, um den
grufseren Formenreichtum des Sudan 1 hervorzuheben, wogogon Fig. 89 eine
Axt der Bassongc aus einom anderen Grunde herangezogen wird. Dadurch,
dafs die Klinge mit Blutrinnon versehen ist, was durch eine Verstärkung
dos Randes erzielt wird, werden schaftlappcnailige Bildungen hervorgerufen,
SC. 87. 88. 89.
Fig. 86. Stroitaxt der Man jema (Berliner Musoum 1IIC. 2082). Fig. 87. Streitaxt
aus Dahome (Musoum für Völkorkundo in Bremen). Fig. 88. Streitaxt aus
Mosi (Loidou, Reichsmuseum, S. 739, Nr. 176). Fig. 89. Streitixt der Bassongu
(Museum für Völkorkundo in Leipzig).
die ein charakteristisches Zeichen nur dieser Bassonge - Beile im west-
afrikanisehen Kulturkreise sind und vielleicht eine weit hinaus in das Kongo-
becken versprengte Eigentümlichkeit der alten Mittelmeerkultur ist. Also haben
sich anscheinend auch die Reste alter nordafrikanischer und nicht nur die
malajonigritischcr Kulturejjochen in diesem Ablagerungsgebioto erhalten.
Fig. 86 stellt die eine Hauptform der afrikanischen Streitäxte dar,
neben denen die anderen wegen grofsorer Seltenheit und unverhältnis-
1) Nordafrikanisehe Beile: Barth: „Reisen 0 , Bd. II, S. 473; Bd.V, S. 205, 287.
Anderen Ortes ist mit „Handbeil* offonbar das Wurfmosser gemeint. Nachtigal, Bd. II,
S. 430. Passarge, 8. 436. Staudinger, S. 707/708.
Frobenius, Afrikanische Kulturen. 8
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— 114 —
mäfsig geringerer Verbreitung und Selbständigkeit weniger bedeutend sind.
Dagegen kann eine westafrikanischo Form 1 der ostafrikanischen rocht wohl
gegenüber gestellt werden. Dieso Beile nun sind durch den stark zurück-
gebogenen Oberteil des Stabes, in den die Klinge versenkt ist, charakteri-
siert. Diese Beile sind von der Nigonnündung — eine westlich hiervon
heimische Form werden wir unten kennen lernen — bis nach Bcnguela
und zum Sambesi verbreitet, kommen jedoch auch noch südlicher vor. In
manchen Gegenden seheint der Stab von vornherein, statt hinten, vornüber
getaugt zu sein. So zumal im Ogowe- Bocken. Ich habe je« loch drei solche
Axtstiele nebeneinander wiedergegeben , aus denen die langsam vor sich
gehende Verschiebung aber auch sogar bei stark entgegengesetzter Bieguugs-
90. 91a. 91b. 91c.
Fig. 90. Kioke-Boil (Museum in Borliu (III C. J 273). Fig. 91a — c. Dio
Biegung dreier AxLstielo (im Leipziger Museum für Völiorkuude).
tendenz 2 (Fig. 9 Ii) noch Beste der Rüekhicgung zu spuren sind (vergl. die
Richtung der Linie x — y).
An diesen Beilen fällt aber sonst noch mancherlei auf. Da sind z.B.
die eigentümlichen Ornamente auf dem Rücken von Fig. 90. Diese erscheinen
1) Westafrikanische Beile: Dapper, 8. äS2. Bowdieh, 8. 58. Zöller: „Kamerun 44 ,
Bd. I, S. 44. Falkensteil., S. 152, 151. Wilson: „Westafrika" 4 , 8. 224. II. II. Johu-
ston: „Der Kongo", S. 405. Baumami: „Beitrüge 44 , S. 12. Caineron (deutsche Ausg.),
Bd. f, S. 280. Uatzel: „Geographische Verbreitung-, S. 239, 240. Wifsmanu - Wolf ,
8.284. Wifsmann-l'ogge, 8. 110. Wifsmann: r Zweitc Durchquerung 44 , 8. 86. Pogge,
S. 74, 151. Westermann, Heft 303, S. 39(i.
2) Bio Ursaeho dieser Tendenz zur Vorbiegung ist in der Einwirkung einer
audoron Waffe dieser Gegend zu suchen: des Wurfmessers.
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— 115 —
oftmals wie Reste von Flecht-
mustern. Die Klingen aber fal-
len durch ihre Schmalheit sehr
oft auf (Fig. 92). Es sind ein-
geschliffene, runde Eisenstabe.
Diese Eisenstäbc aber können
auf Steinklingen (Fig. 93), die
Stei nklingen auf solche aus
Muschelschalen (Fig. 94)
zurückgeführt werden. 1
Nun darf dorn Band-
ornament auch eine tiefere
werden. Es läfst also 92 -
diese Axtform auf ein Stein-
beil schliefsen, auf dessen
nach hinten zurückgebogenes
Ende der Stein aufgebunden
wurde — das ist die mela-
nesische Steinaxt. Verwandte
Holzfornien sind noch in Streit-
äxten aus dem Hinterlande
Togos erwähnenswert (Fig. 95),
ferner ein sehr interessantes
Kultusgerät oder Waffenstück
der Bube auf Fernando Po.
Es ist (Fig. 9G) eine Holznach-
bildung einer melancsischen
Steinaxt, die mit Seegras und
Muscheln umgeben ist.
Da wir den westafrika-
nischen verwandte (zurückge-
bogeue) Streitäxte auch bei den
Südafrikanern antreffen, so er-
öffnet Bich uns hier wieder ein
Bück in die Vergangenheit, in
jene Zeit, in der die malajo-
93.
Fig. 92. Eisonklinge eines Kioko - Beiles.
Fig. 93. Steinbeilklingo von Nouhannover.
(Museum in Leipzig.)
Fig. 94. Instrument zum Schaben der
Kokosnüsse von Neumecklenburg (Museum
in Leipzig, Slg. Godeffroy 1908).
Fig. 95. Drei hölzerno Sehlachtiixte aus Jikuku
(nach Zeichnung von Hauptmann - Kling).
1) Dio Schaftlappenbildung an den Bassongo - Heilen kann auch auf eine solche
tiefgehende Schleifweisc zurückgoführt werden.
8»
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— 116 —
nigritischen Beziehungen und Formen der „Steinzeit - auf beiden Seiten des
Indischen Meeres gleichartig waren.
Noch eine andere Thatsache führt einen ahnliehen Rückblick herbei,
die Verbreitung der Speerformen. Afrika bietet im wesentlichen zwei
Speerformeii, von denen die eine durch eine in den Schaft eingelassene,
die andere durch eine den Schaft umspannende Ei anklinge ausgezeichnet
sind. Das eingelassene Eisen ist den
südafrikanischen (Südachse), das um-
fassende Nordafrika und dem west-
afrikanischen Kulturkreis eigen. So
sehen wir denn wieder, dafs die West-
afrikaner nicht nur den melanesischen
Kulturschatz erhalten haben, sondern
mancherlei von im Norden eni|>or-
blflhenden Industrien gelernt halten.
Die Fomi der Südachso ist die altere,
sie leitet wahrscheinlich auch auf die
„Steinzeit - zurück. — Anders ist das
Bild der Verbreitung von Merkmalen
an den Pfeilen. 1 Hier treffen wir
die umfassende Eisenspitze nur im
Kongogebiet, Die eingelassenen Pfeile
beherrschen Nord-, Ost- und Süd-
afrika. Dann wieder wird Afrika mit
dem Süden verkettet in der Be-
liederung der Pfeile, die in Nord-
afrika kaum mehr vorkommt, alter
von West-, Ost- und Südafrikanern
angewendet wird. Aus alledem er-
giebt sich aber ein gewisser Unter-
schied der nord- und südafrikanischen
Kultur, von denen beiden der Westen
bald entgegennimmt, bald ablehnt.
Das Bild läfst sich noch ergänzen. Der Norden dem Süden gegen-
ültor ist im Durchschnitt bedeutend reicher Itcdacht. So ist ihm die
Schleuder eigen. Die Wambugwe im Osten, die Haufsa und Liberianer
1) Immerhin ist auch daran zu denken, dafs die umfassondon Spitzen an den
afrikanische» Pfeilen vielleicht auf die Knochenspitzen zurückgeführt werden müssen,
die an melanesisoho» Pfeilen (Aru - Inseln, Tanimbar, Neuguinea ete.) häufig ange-
troffen werden.
Fig. 96. Waffe oder Kultusgeriit der Hube
aus Holz (Museum in Leipzig).
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— 117 --
im Westen sind dio südlichsten, die Schleudern führen. 1 Hei einer anderen
Waffe, dem Schlagring beobachten wir da« Gleiche. Von Wakamha und
Wanika, Galla, Lakka (Adamaua) ist er bekannt. Auch Messer wie Fig. 40
führe ich auf einen Schlagring zurück. Aber weiter südlich fallen Mit-
teilungen über solcho Waffen fort.
Doch nun genug von wildem Kriegsgerdt. Prüfen wir, ob die Künste
des Friedens dio gleiche Entwicklung zeigen und greifen wir zur afrika-
nischen Psalter.
1) Baumann: „Massailand", S. 185. Staudinger, S. 710. Büttikofor, Bd. II.
S. 279. Und dann noch auf Madagaskar.
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5. Die afrikanischen Saiten- und andere Musik
instrumenta
(Vorgl. Kartenblatt 2, Nr. XVI).
Uer Begriff: „musikalisch" mag sehr eng aufgefafst werden — etwa
als eiue Sammelbezeichnung für alle die Eigenschaften, die der wahre
Musiker besitzen soll, wie Takt, Melodie, Gedächtnis etc. — , man wird
die Neger Afrikas trotzdem stets als musikalisch l>ezeichnen mflssen. Es
scheint ja fraglos, dafs der Rhythmus in aller afrikanischen Musik das
Mafs des melodiösen Schöpfungsvermögens auf ein sehr niedriges Niveau
heraMrückt , dafs ihm zuliebe der Reichtum an Motiven sich in jedem
Werke auf eines beschränkt, das immer wiederholt wird. Aber es ist
falsch, wenn behauptet wird, dafs die Afrikaner gar keine Melodieen hätten.
Und ebenso unrichtig ist, ihrer Musik nur die Tongewalt, die Stärke alles
übertönender Laute als Gipfelpunkt musikalischen Iieistcns zuzuschreiben.
Wenn nichts anderes dies bewiese, so ist es die Untersuchung der Saiten-
instrumente, die fast durchgehend* eine sehr geringe Tonstärke besitzen.
So wissen aber die Reisenden sehr wohl zu berichten, wie die Neger
sich stundenlang an sentimentalem Geklimper ergötzen können, so Junker
von den Sande, Bowdich von den W.estafri kauern , Fritsch und andere von
den Stämmen des Südens. Und dafs sie derart still- wehmütige Hingalte
gar sehr lieben, «las beweist auch die Menge und die Foruifülle an Ton-
gerät, das durch seine Leistungsfähigkeit von vornherein als solchem Seelen-
geflüster gewidmet, erachtet werden mufs.
Die Frage interessiert, weil sie das Sehöpfungsvermögon angeht.
Künstlerisches und praktisches Schöpfungsvermögen erscheint so sehr als
zweierlei. Das erstere fehlt nach allgemeiner Ansieht den Negern und ich
will mit meiner Reliauptung vom musikalischen Sinn der Neger dem nicht
widersprochen liabcn. Die Afrikaner liaben nur eine grofse Schöpfung auf
dem Gebiete der Kunst zu verzeichnen: die Pyramide. Sie weist auf
Massenbewältigung. Die M;issenschöpfung ist aber nicht auf musikalischem
Boden eine Leistung. Die Tongewalt der afrikanischen Trommelkonzerte,
die ja im selben Sinne eine Masseu Wirkung bedeutet, ist vollkommen un-
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künstlerisch. Das Problem liegt jetloch auf einer anderen Seite. Denn
musikalische Schöpfung und plastische, malerischo oder architektonische ist
verschiedener Art. Dio grofsen Künstler, die wir in Konzerten bewundern,
sind meist durch das künstlerische Nachempfinden ausgezeichnet. Dieses aber
kenizeichnet nach allen Beobachtungen auch den Neger und es spricht auch
aus jenen stillen Tonstücken. Das betone ich , weil die Frage des Schöpfungs-
vermö^ens eine sehr wichtigo in diesen Blättern ist. Wir liaben bis jetzt
gesehe.1, wie dio Neger Afrikas kaum eine einzige wichtigo Waffe selbst
geschaffen liaben. Wenn diese Völkor nun auch mehr Saiteninstrumente als
irgend ein grofsorer Völkerkomplex auf Erden haben , so beweist dies nicht
etwa ein besonderes musikalisches Schöpfungsvermögen.
Unsere gröfston Ethnologen, wio Ratzel und Schurtz, liaben in all-
gemeinen Sätzen die Entstehung der Saiteninstrumente aus dem Bogen an-
genommen. Wenn auch mit solcher Annahme das Problem nicht ganz richtig
gelöst zu sein scheint, so weist sie wenigstens auf ein solches hin. Die
Betrachtung der Formen hat also diese Fragestellung stots im Auge zu
behalten.
Die wichtigsten Gestalten der Saiteninstrumente zeigen eine Verbreitung,
dio ungefähr der anderer Geräte im wesentlichen entspricht. Und das ist
sehr bedeutungsvoll, denn „hierbei handelt es sich nicht um Dinge der
Notwendigkeit" (Ratzel). Dio Ungleichartigkeit in der geograpliischen Ver-
breitung ist nichts anderes wie eine wenig wichtige Lückenhaftigkeit des
allgemeinen Vorkommens.
Indem ich nun die Formen in drei Gruppen als dio der Südafrikaner,
der Nordafrikaner und der Westafrikaner erörtere, kann ich diese Trennung
nicht vollkommen durchf üliren , sondern mufs das eine und das andere über
die Grenzen des gröfseren, heimatlichen Kulturkroises hinweg verfolgen. —
Die Saiteninstrumente der Afrikaner sind neben den Trommeln, wenn man
sie als solche bezeichnen darf, deren wichtigste Musikinstrumente. Wir
werden einige der anderen wenigstens im Anliang Israeliten.
u) Die süd- und ostafrlkantscuen Saiteninstrumente. Ein eigentümliches
Stück des südafrikanischen Kulturbesitzes ist ein Instrument, das wir kurz-
weg mit den Zulu als Gubo bezeicluien wollen. Bei diesen besteht es aus
einem kurzen Bogen, der mit einer Sehne bespannt ist Es stellt also ein
Monochord dar. Gegen das eine Ende hin trägt es eine kleine Kalabasse
als Resonanzboden. Gespielt wird die 1 Gubo, indem man die Saite mit
1) Es dürfte wohl am richtigsten soin, alle Saitoniustruinente „weiblich* zu
bezeichnen. Die Autoren haben sich verschiedentlich und wonig konsequent in diesem
Sinne gezeigt. Wir haben im Deutschou die Violine, die Mandoline, die Ouitarre,
die Zither etc.
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— 120
einem Stäbchen schlügt, während die Finger der anderen Hand regulieren
Die Basuto haben zwei Arten der Gubo. Da ist zunächst die Lesiba oder
t Gora, deren durchdringende Töne nach Casalis selbst die wenig ncrvöani
' ' Personen zum Davonlaufen bringen konnte. Eine der Quinte einer Geige
ziemlich ähnliche Saite ist längs Mier einen leicht gekrümmten Bambus
gespannt. Diese Saite endigt an einem Ende in einen der Länge nach
aufgeschlitzten und platten Federkiel. Der Spielende legt das Ende, an
dem der Kiel befestigt ist, zwischen seine halbgeschlossenen Finger und
die Handfläche und bläst stark, worauf Federkiel und Schnur vibrieren.
Es entsteht daraus ein durchdringender und näselnder Ton, ähnlich dem
einer Klarinette. Die zweite Form der Gubo, die Tumo, ist der Gora
ziemlich ähnlich, es ist ein kleiner Bogen, der aber mehr gestreckt ist.
Der Federkiel fehlt. Der Bogenstab ist au einer dicken, durchbohrten
Kalabasse befestigt. Um diese Tumo zu spieleu, hält man sie an einem
Ende in der linken Hand, so dafs Daumen und Zeigefinger frei sind und
nach Belieben die Saite pressen können. Die andere Hand ist mit einem
leichten Stäbchen versehen , mit «lern man die Saite bewegt. Der Ton
wird stärker dadurch, dafs ihn die Kalabasse wiedergiebt. Man kann ihn
variieren lassen, indem man die Saite an verschiedenen Stellen prefst.
Die Gora, die also nicht wie die Gubo gescldagon, sondern geblasen
wird, findet sich auch bei den Buschmännern und Hottentotten. Bei letzteren
fiel sie dem alten Peter Kolbei^ auf. Er nennt sie Gom Gom, was seinem
an linguistische Aufmerksamkeit noch nicht gewöhnten Ohre zuzusehreiben
ist. Die hottentottische Gora besteht aus einein Bogen von Oliven -Holz,
dessen Sehne von wohlgedrehten Schafs -Därmen oder Nerven {!) gesponnen,
etwa so dick als das A auf einer Violine. An dem einen Ende, da sie
an den Bogen festgebunden wird, machen sie einen abgeschnitteneu und
aufgeschlitzten Federkiel fest, welchen sie samt der durchlaufenden Saite
in den Mund fassen, damit ihnen das Zittern der Saite nicht wehe thue,
noch dieser der Klang benommen werde, den sie ihr durch das Einholen
und Wiedervonsichblasen des Odems beibringen. Wollen sie die Gora noch
mehr perfektionieren, so stecken sie an das obere Ende, ehe die Saito an
den Bogen gespannt wird, eine wohlgereinigte Cocosnufs- Schale, von welcher
man vorher etwa den dritten Teil oben absägt und zwei Löcher gerade
gegen ül»er durchbohret, wodurch die Saite gezogen. Auf diese Weise
klinget nicht nur das Instrument viel heller, sondern sie können auch durch
das Hin- und Herschieben der Schale alle Töne verändern, die auf einem
so simplen Instrumente nur immer mögen ausgedrückt werden. Er crzälüt
auch von der musikalischen ljcistungsfähigkeit der Hottentotten und dieses
Instrumentes: Wenn drei oder vier Personen zugleich auf ihrer Gora spielen,
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so fand ich in Wahrheit etwas Annehmliches an solcher Musik, zumal
wenn die Tone tief lauteten; ich fand sie so annehmlich, dafs die zartesten
Ohren sich damit l>egnügen konnten. Ja, da ich einmal bei stiller Nacht
dieses Instrument spielen horte, wurde ich von dem lieblichen Klang der-
malen eingenommen, dafs ich mit allem Fleifse zuhorchte. Anfänglich
glaubte ich, diese Musici wären einige geschickto Europäer, welche die
Kenntnis dieses Instrumentes bis auf den höchsten Gipfel der Vollkommen-
heit getrieben hätten; allein wie sehr erstaunte ich, da ich mich bei meiner
Annäherung an den Ort, wo die Musik sich hören liefs, befand, dafs es
zwei Hottentotten waren, die ihren Liebsten ein Ständchen brachten.
üie GuIjo fand Holub häufig' sudlich vom Samliesi. Sie besteht aus
einer ziemlich offenen, mit einem aus Hast- oder Grasst rickchen gefloch-
tenen Kranze an ihrem Boden verschonen und damit an der Aufsenperiphorie
eines ein oder etwas über ein Meter langen Holz -Rogens senkrecht be-
festigten Kalabasse. Eine Sehne oder eine feine Grasschnur spannt beide
Bogenenden. Beim Spielen des Instrumentes wird dieses mit der Linken
am Bogen unter der Kalabasse gefalst und so gegen die Brust gedrückt,
dafs die Öffnung des Gefäfses vollkommen geschlossen wird; die Grassaite
97 a. 97 b. 97 c
Fig. 97 a. Gora blasender Hottentotte. Fig. 97 b. Gora dor
Hottentotten (nach Petor Kolbof). Fig. 97c. Saite der Gora
mit dem Federkiel (nach Wood).
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— 122 —
wird wie ein Har f e n s t ran g , mit den Fingen der Rechten geschlagen oder
man thut dies, was auch häufiger der Fall ist, mittels eines dünnen,
kurzen Rohrstäbchens. 1
An der Westküste nach Norden gehend treffen wir verschiedentlich
Qubo und Gera an. In Angola führt die Gubo nach Falkenstein den Namen
Ilungo, in Benguela nach Magyar die Bezeichnung Burumbumba. Das
Instrument ist das gleiche, aber die Handhabung weicht ein wenig ab.
An einem m langen, k>gonförmig gekrümmten Stab ist die Saite
bofestigt Ein an seinem unteren Ende angebrachter leerer Kürbis , welcher
mit der offenen Rundung auf die Magengegend gesetzt wurde, bildete den
Fig. 98a. Guboschliiger dur Basuto (nach Casalis). Fig. Ü8l>. Hand-
halteu Im 'im (iulx-s. hlagen dor Bangala (nach Capello und Ivons).
Resonanzboden , während man mit einem Stäbchen die Saiten in Schwingung
versetzt. Tains erwähnt Saiten aus starker Pflanzenfaser und auch solche
aus einem Metalldraht. Der Nagel des Daumens wird bald hier, bald da
auf die Saite gedrückt, wodurch naturgemäfs die Höhe desselben verändert
wird. Der Ton soll unbedeutend und schwach sein. Während bisher Gubo
und Gora die einzigen Musikinstrumente waren, stellen sieh hier im west-
afrikanisehon Kulturkreise neue Formen daneben ein, die wir später kennen
lernen werden. Die Haltung der Gubo gegen den Magen weicht von der
1) Fritsch, S. 133. Kolben, S. 113/114. Uolub: „Kulturskizie«, B. 138/139.
Casalis, S. 15G/157.
98 a.
98 b.
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Handhabung im Süden ab; diese scheint jedoch auch noch vorzukommen 1
(vergl. Fig. 98 b).
Die Gora ist in der Kamorungegend vorzüglich im Gebrauch. Diese
„feinklingende Flöte" heifst bei den Bnkwiri „Mundinde". Das Instrument
ähnelt auch hier einem Bogen, wie er zum Pfeilschiefsen benutzt wird.
Über einen leicht gekrümmten Stab von etwa einom Moter Länge ist
cino Schnur von Fell oder Grasern gezogen. Auf diese Saite haucht
man mit dem Munde, indem man zugleich mit der rechten Hand mittels
eines Stäbchens auf dieselbe sehlägt. Auf diese Weise erzielt man die
verschiedenste Modulation in der Stärke wie der Höho der Töne. Dio
Klangfarbe hat etwas Einschmeichelndes, doch erfordert die Handhabe des
Instrumentes grofse Fertigkeit Form und Gebrauch der Mundinde, die
eine Zwischenform von Gora und Gubo ist, entspricht bei den Bube dem '
eben von den Bakwiri Berichteton. Das eine Ende des mit einer Bastsehne
bezogenen Bogens wird gegen den Mund gestemmt; die Rechte schlägt mit
einem kleinen Stäbchen gegen die Saite, wälirend die Linke einen Messer-
stiel daran drückt. Durch Verschieben dieses letzteren und mehr oder
weniger Öffnen des Mundes werden einige Töne hervorgebracht. — Bentwa
heifst dies Instrument bei den Asclianti. Bowdich beschreibt es folgender-
mafsen. Der Stab ist mit einem dünnen und gespaltenen Rohre bezogen,
das der Spieler au einem Ende mit den Lippen hält und mit einem kleinen
Stäbchen schlägt, während das andere Ende zu gleicher Zeit mit einem
dickeren Stabe berührt wird. Es werden auf der Bentwa verschiedene
Lieder gespielt Die verscluedenen Töne werden durch dio Lippen her-
vorgebracht'
Im Osten reicht die Verbreitung der Gora- Gubo bis in den Sudan. —
Burton erwähnt ihrer als einer Form der „Kinanda", unter welchem Namen
in Ostafrika anscheinend mehrere Saiteninstrumente im Gebrauche sind. Die
Gubofonn der Kinauda ist eine kleine Bogenguitarre mit einem offenen
Kürbis an dem einen Teile des Griffes; manchmal geht der Bogen auch
durch diese Kniahasso. Das Instrument wird in der linken Hand gehalten,
wälirend der Musiker den einzigen Ton mit einem dünnen, etwa einem
Fufs langen Stocke hervorbringt, durch Söllingen der Saite. Der Kalabassen-
resonanzboden ist oft schön verziert. 8
1) Magyar, Tat VI, Fig. 1. Capello und Ivens, Bd. I, S. 326. Falkeustein,
8. 195/190. Tanis, S. 110. Monteiro: „Angola", Bd. 11, S. 139/1-10.
2) Baumann: „Fernando Po u , S. 98/99. Schwarz, S. 1G0. Bowdich, S. 400.
3) Burton: „Lako Regions", Bd. II, S. 293. Stanley: „"Wie ich Livingstone
fand-, Bd. U, S. 168, Nr. 13.
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124
Auf der Verbindungsichso vonlringond, troffen wir bei den JSongo die
gleiche Mittelform der Gulm-Gora wie in Kamerun an. Das Monochord
derselben besteht aus einem kleinen Bambusbogen, auf dessen straugcspannter
Sehne mit einer feinen Gerte aus Bambus gesehlagen wird, nur dient als
Resonanzboden nicht eine am Boden befestigte Kalabasse, sondern die Mund-
hohle des Spielenden selbst und allein, denn vor sie wird das Ende des
Bogens gehalten. Mit der anderen Hand wird die Sehno reguliert. Oft
sitzen sie stundenlang vor einein solchen Bogen, den sie in die Erde gesteckt
f haben und dessen Sehne sie über eine mit Kinde verdeckte Grube
befestigen, welche sich nebenbei in einem Scliollloche öffnet. Indem sie
nun die Hand bald an diese, bald an jene Stelle des Bogens legen und
mit der anderen die Gerte fahren, erzeugen sie eine Menge schwirrender
und summender, oft ganz hübscher Melodien. Besonders pflegen sich die
Knaben Itei der Htttung der Ziegen auf solche Weise die Zeit zu vertreiben. 1
— Dieser Bericht Sehweinfurths lehrt uns die zweite Form des Schall-
kastens, die Erdhohle, kennen. Ich werde spater auf die Bedeutung des-
selben zurückzukommen haben. Ich mache hier nur darauf aufmerksam,
dafs sie sich in einem der „toten AVinkel", einer zwischen den wichtigen
Hauptachsen gebildeten Ablagorungseoke, in der auch der nigritische
Stockschild noch in alter Form (des Kuerr »1er Dinka!) nachgewiesen wurde,
erhalten hat.
Um die Frage nach der eventuellen aufserafrikanisehen Herkunft
dieses Instrumentes beantworten zu können, müssen wir noch eine beson-
X
deie Form desselben berücksichtigen: die Zeze der O.stafrikanor, die an der
ganzen Sansibarküste und tief im Inland) ' sich eingebürgert hat. Der
Kesonanzkasten dieses meist einsaitigen Instrumentes ist ein grofser aus-
gehöhlter Kürbis, der unten geöffnet, oben oft durch ein geschnitztes Ver-
1) Kchweiufuith, S. 110.
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125 -
bindungsstuck mit dorn geraden Stabe verbunden ist Auf der Oberseite sind
Saiten befestigt. Das Griffholz oder der Stab ist aus leichtem Holze
geschnitzt von 18 Zoll bis zu 2 Fufs Uingo. Das äufserste Ende dos
langen Schenkels hat drei Grififpfosten , gebildet durch Kerben in den
Zwischenräumen. Demnach bietet die ganze Reihe sechs Töno. Die ein-
fache, aus der Faser der Raphiapalme gedrehte Saite ist an dem Kopfe resp.
Knopfe des Holzes befestigt, welcher von dem geschickt gearbeiteten äufsersten
Oriff hervorspringt Am unteren Ende ist sio Aber eine Brücke, nämlich
einen gel>ogonon Federkiel (Fig. 99 bei z), geleitet, welche, wenn die Zeze
gestimmt werden soll, gehoben oder niederged rückt wird und zuletzt ist
sie an das obere Ende des sehwalbonsehwanzfürmig geschnitzten auslaufenden
Unterteiles, also am Kurzschenkel jenseits der Kalalusso, befestigt. Manch-
mal ist, wie bei unserem Instrumente, um den Bafs oder ein gewisses
Summen hervorzurufen, eine zweite, auch wohl eine dritte Saite gleich-
artig längs der Armseite befestigt, während die obere Hauptsaite den Dis-
kant darstellt 1
Die Zeze ist kaum als afrikanisches
Instrument anzusehen, denn nicht nur
von Madagaskar, sondern auch anderen
Küsten des Indischen Oeeans ist sie be-
kannt Und ebenso verhält es sich mit
der Gubo und Gera, Gutartige Saiten-
instrumente sind von Florida (Salomonen),
den Marianen, den Philippinen und end-
lich auch Neu-Pommern bekannt Die
Tangola der Blanche - Rai auf Neu -
Pommern besteht aus einem ca. GO bis
70 cm langen, im Feuer gehärteten,
etwas gekrümmten Stock, der mit zwei
Saiten aus Bindfaden bespannt ist, von
denen die eine durch eine Schlinge mit
dem Stocke verbunden ist und dadurch
, straffer und loser gespannt werden kann.
Die Spielerin setzt den Bogen mit einem Ende an die Lippen, spannt mit
dem Daumen der Linken die eine Saite und spielt mittels eines kurzen,
dünnen Stöckchens mit der Rechten auf den Saiten, die nur einen sehr
leisen Ton, ähnlich einer kleinen Kinderguitarre, hervorbringen (Fig. 100).
1) Burton: „Uko Regions", Bd. 11, S. '291 — 293. Stanley: „Dunkle Weltteil«.
Bd. I, S. 249. Ratzel: „ Völkerkunde«, 2) Bd. I, 8. -119; 1) Bd. I, S. 449.
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— 126 —
Wir bemerken hier etwas Neues. Suchen wir nämlich die nächsten
Verwandten der Tangola in Afrika, so müssen wir die westafrikanischen
Spielformen als diese bezeichnen. Im Süden Afrikas ist die Zweiteilung
in die geschlagene Gubo und die geblisene Gora vor sieh gegangen. Die
Westafrikaner, Bube, Bakwiri, Aschanti, Angola, als deren westlichster
Ausläufer die Oubo-Gora der Bongo auffallt, dagegen liaben das gleiche
Instrument, das in dieser einheitlichen Form daher als malajonigritisch
bezeichnet werden kann.
Ich habe gelegeutlieh der Erörterung der Schilde und Bogen schon
darauf hingewiesen, wie sich im Osten und Südosten einzelne kleine Reste,
versprengte Vorkommnisse finden, die den Weg wie Meilensteine anzeigen,
auf denen die malajonigritische Kultur nach Westafrika gelangt ist Jetzt
haben wir im weiteren solchen Meilenstein in diesen Saiteninstrumenten
gefunden. Das Bezeichnende daran ist, dafs dies Instrument sich bei diesen
Süd- und Ost -Völkern, die den malajonigritischen Kulturbesitz nicht rein
und voll zu erhalten vermocht haben, auch nicht ganz hat erhalten können.
Aus dieser Auflösung und Trennung des Tangola in Gubo und Gora spricht
abermals Verkümmerung.
Aber noch ein Merkmal weifs von der Verbreitungsgescldchte zu er-
zählen, ein linguistisches. Tangola und Gola oder Gor« ist das gleiche
Wort. Auf dem Wege bis Westafrika hat es aber seinen angeborenen
Namen eingebüfst.
Wir können demnach drei Formen der einfachen Bogen -Saiteninstru-
mente nachweisen: 1. Die Tangola der Westafrikaner, 2. a) die Gubo und
b) die Gora der Südafrikmior, 3. die Zeze der Ostafrikmier. Von diesen
ist die erstero reiu malajonigritisch, die zweite afrikanisch und die dritte
ambisch. Dabei betone ich, dafs die Semiten nur die „Zwischenhändler"
waren, die das wohl anderweitig umgearbeitete Musikinstrument nach Ost-
afrika gebraelit hal>en. Denn sie sind ja in allen Dingen nicht Schöpfer
neuer Weite und Formen, sondern nur die durch Handel und Verkehr sie
Verbreitenden, diese Semiten.
Hinsichtlich der Tangola der Blanche- Bai wäre noch auf die merk-
würdige Sj»annung vermittelst eines Ringes aufmerksam zu machen, auf die
ich noch zurückzukommen habe.
b) Die nordafrikanlm-hen Saiteninstrumente. Ks ist weniger schwer,
die Formen und Wesenszügo der nordafrikanischen Saiteninstrumente sowie
deren Verbreitung festzustellen als ihre Abstammung. Wir sahen schon
das gerade Schwert hier eingebürgert und kamen zu der Überzeugung, dafs
wohl die Araber die Überbringer, die Europäer aber die ursprünglichen
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Erfinder dieser Waffen gewesen seien. Das Schwierige für die Beurteilung
der Abstammung afrikanischer Saiteninstrumente hegt in der Geschäftigkeit
und dem musikalischen Sinn der Neger, die sie schnell dieso Werkzeuge
des Kuusttriebs annehmen lassen. An verschiedenen Punkten der West- j
küstc werden heute Violinen hergestellt, die die Neger durch die Euroi>äer '
kennen lernten. Man mufs hier europäischen und asiatischen Einflufs mög-
lichst auseinanderhalten.
Unter den nordafrikanischen Saiteninstrumenten lassen sich drei mit
ziemlicher Sicherheit als aus Asien stammend , oder in Asien vielleicht unter
afrikanischem Einflüsse ausgebildet, nachweisen: 1. die Violine, 2. die
Guitarre, 3. die Rababa.
1. Die Violine ist nicht nur in Abcssynien, sondern im gesamten ^ ,' $
Sudan da heimisch, wo arabische Spielleute au Höfen oder auf den Plätzen
Fig. 101.
Abessynischo Geige (Baseler Missionsmuseum , Slg. Krapf).
Konzerte veranstalten. Clapporton erwähnt die arabische Geige in Kiama.
Aber nicht nur Araber handhaben sie, sondern einige Völker haben Nach-
bildungen in ihren Kulturl>esitz aufgenommen. So mag ein ziemlich be-
deutsames Beispiel Erwähnung finden, im Bericht von Bowdich über das
Musikinstrument im Hinterlande von Aschanti — in Aschanti wurde es
noch nicht beobachtet — , welcher lautet: Die Mosis, Mellowas, Burucos
und die Bewohner der entfernteren Länder im Innern spielen eine Art
plumper Violine. Das Gestell ist ein Kürbis, oben ist er mit Rehhaut
überzogen, worein zwei grofse Löcher geschnitten sind, aus denen der Ton
hervorkommt. Die Saiten oder vielmehr die Saite ist aus Rindshaaren ge-
macht und so breit, wie die des Bogens, mit dem sie spielen und der einem
Violinbogen gleicht. Sic machen dabei Fratzen wie ein italienischer Buffo;
sie begleiten sich gemeiniglich mit der Stimme und vermehren das Komische
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dieser Musik durch einen starken Nasenton. — Eine einsaitige Violine mit
viereckigem , fellul>erzogenem SchaUkasten, dein die Schalllocher fehlen, ist
auch die Maseng«'» der Galla und Amharinor. Ähnliche verkümmerte Violinen
kommen auch in Scuegamhien vor. 1 Man kann aher sagen, dafs alle diese
Streichinstrumente der Negor sehr schwach entwickelt sind.
2. Die Guitarie. Dieso Instrumente liat>cn eine ungemeine Ver-
breitung gefunden. Bezeichnend an ihnen ist: 1. sie besitzen stets mehrere
Saiten; 2. dieselben sind meist aus Tierfasem hergestellt; 3. sie sind durch
Wirlnil am Hals befestigt und gespannt; 4. der Schallkastcn ist mit Haut
fllierzogen und 5. mit einem oder zwei Schall löchern versehen; G. ein Steg
fehlt. Dieso Instrumente sind im ganzen Sudan und Nordosten heimisch
und wir wollen die Form1>cschreihung gleich mit den aus letztgenannter
Gegend stammenden Belegstücken im Baseler ethnographischen Museum be-
ginnen, wie sie Dr. L. Kfitimeyor besehrieben hat:
No. 338. „'Ud u , die Ägyptische Laute, mit ölten rechtwinklig ab-
geknicktem Halse und ovalem, bauchigem Kesonaiizltoden von Tannenholz,
mit rot und braunen Streifen liemalt Der Hals mit den 11 Wirlteln aus
Buclienholz, unliemalt. Im olieren Teile der Voixlei-fläche oin sternförmiger,
ausgesagter Ausschnitt „Sehemesch*. 6 Doppelsjuten von Scliafdarm. Unter
dem Teile der Saiten, wo gespielt wird, ein bisquitförmiges, dünnes, schwarz
1) Clapperton: „Zwoito Reiso*, 8. 113. Bowdich, 8. 4M 467. Raulitsehke,
8. 14H und Taf. XVII, Fig. 59. — Eino Masengo findet sich auch im Baseler Missions-
mu8t'Uin (alto Katalognummor 695). — Im Katalog des ethnographischen Museums in
Basel sind zwei Formen der ägyptischen Violine verzeichnet (S. 106), nämlich: Nr. 227
die „Komcogoh". Der Resonanzboden bestellt aus einer mit kleinen Lochen» durch-
bohrten, am einen Ende abgeschnittenen Kokosnms, die hier mit Fischhaut (vom Fische
„Bajar u , einer Silurusart) ti borzogen ist. Hals und Griff der Geige sind cylindriseh
aus braunem, hartem Holzo, 2 Wirbel mit grofsen Knöpfen von Holz, der Fufs aus
einem eylindrischou Eisenstab, 2 Saiten aus je 60 em langon, schwarzen Pferdcbaaren,
die dicht untor dem Schallkörper an einem Metallringo befestigt sind. Iüngo 91 cm,
nöhe des Schaltkastens 10 cm. — Dazu Nr. 328 „Kos". Der lk>gen besteht aus Eschen-
holz, die Hotshaare des Bogens sind auf einor Seite durch ein Loch geführt und durch
oineu Knopf, am anderen Endo aber an einem King befestigt, der durch eine Schnur
goht und mittels Schnur mit einem zweiten Hinge verbunden ist, wodurch die Rofs-
haare straffor gespannt werden können. Länge des Bogens 77 cm. — Nr. 329 die
„Rnbäb-osch-Schaer", Geige des öffentlichen Erzählers, besonders dos Romanos von
Abu-Zejd, deshalb auch die „Abu-Zejdi -Violine- genannt. Der Resonanzboden be-
steht aus oinem hölzernen Rahmen, dor oben mit Pergament überzogen ist Hals und
Griff mit 2 Wirbeln sind aus hartem, braunem Holz; der 31 cm lango Fufe besteht
aus einem starken eisernen Stabe. 3 Saiten, die an einem Kisenringo untor dem Sohall-
körper befestigt sind. lüngo 9t cm. — Dazu Nr. 330, der Bogen. Die Rofshaare
des Bogens sind oben durch ein Loch gezogen, unten an einer durch einen Ring
gehonden Schnur befestigt. Irrige des Bogen* <!0cm (Dr. Rütimeyer).
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bemaltes Stück Holz aufgeleimt. Das 'Ud dient bei Privatkonzerten und
wird mit einem Piektrum (Geiorfeder) geschlagen , eR wird seit Jahrhunderten
von den besten arabischen Musikern gebraucht. Länge 80 cm, Höhe 15 cm.
No. 529. Nubische Guitarre, in der Form ähnlich der Ägyptischen
Laute 'Ud, mit oben abgeknicktem, mit Wirbeln versehenem Hals. Glien
geschnitzter Vogelkopf aus Elfenbein. Als Resonanzraum dient ein mit
schwarzen Zeichnungen von Fischen, Eidechsen versehener halber Kürbis;
Schallraum überdeckt mit dünnem Tannenholz, in welchem 5 kleine Sehall-
löcher; um das oberste ringförmige (3 cm Durchmesser) Elfenbeineinfassung.
Hals der Guitarre und Rand des Resonanzbodens ornamentiert mit ab-
wechselnden Einsätzen von Elfenbein und braun und schwarzem Holze.
5 Saiten aus Sehnen mit niedrigem Steg (!) — Nubien. Gesamtlänge 63 cm,
Breite des Resonanzbodens 18,5 cm, Höhe 10 cm.
Darfur, Kordofan oder Senaar. No. C16. Negerguitarre. Oben
an dem mit 5 "Wirbeln versehenen, gekrümmten Halse ein roh geschnitzter
menschlicher Kopf; dieser ist mit einem kleinen Nasenring und 2 Hals-
bändern geschmückt, von donen das eine aus kleinen, bunten Glasperlen,
das andere aus einer Kette von Perlen und etiropäischen Kleiderknöpfcn
besteht Auf den Wangen je 3 Striche (Stammesabzeichen?) sowie die Haar-
frisur eingebrannt. Der hölzerne, löffelartigo Resonanzboden mit einer oben
rot bemalten Tierhaut überzogen, die auf dem Rücken zusammengenäht ist
und vorn 2 Schallocher hat. Die (5) Saiten fehlen. — Sudan. Länge
70 cm, Breite 15 cm, Hohe 11 cm. 1
Es sind damit die wesentlichen Züge der Guitarren beschrieben, die //
wir im centralen Afrika so aufserordentlieh häufig antreffen. Am bekanntesten
wurden sie durch Schweinfurths klassisches Work, in dem die Gukarren
der Sande eingehend besprochen wurden: Ihr Saiteninstrument ist eigentlich '
ein Mittelding zwischen Harfe und Mandoline; mit ersterer hat es die in
Gestalt von Bogensehnen frei ausgespannten Saiten und ihre vertikale Stellung
gegen die Fläche des Instrumentes, mit letzterer die Form des Resonanz-
bmlens, den Hals und die zum Anspannen der Saiten dienenden Wirl>el
gemein. Der nach allen Regeln der Akustik konstruierte Resonanzboden
ist aus Holz geschnitzt und oberseits mit einem Stück Haut überspannt,
das zwei Schalllöcher hat. Die Saiten l>estehen aus feinen Bastfäden und
den dicken drahtartigen Haaren des Giraffensehwanzes. Ein murmelndes,
näselndes, weinerliches Roeitativ l>egleitet das ewige Einerlei der Akkorde,
aus welchen sich kaum eine bestimmte Melodie heraushören läfst. — Be-
1) Dr. L. Itütimeyer in den „Mitteilungen ans der ethnographischen Sammlung
in Basel", S. 108, 141, 150. Vorgleiche auch Nr. 529, S. 140; Nr. 52S, S. 14r»/14€i;
Nr. 693, S. 152; Nr. 620 und 621, S. 154.
Frobonio«. Afrikanisch* Knlturen. 9
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zeichnend ist bei dieser Musik, wie sie uns Sehweinfurth und Junker
liosehriebcn haben, die grofse Ausdauer der Spielenden, die sieh stunden-
lang diesem, der Ausdauer entsprechenden , feinklingenden und nur gefQhl-,
nie charaktervollen Geklimper hingeben.
Die Sudgivnze der Verbreitung dies««r Gwitarren liegt jenseits der
Walegga-Londu-Wousitze. Hei diesen wurden sie am .oberen Aniwimi von
Stanley und Stuhlmann angetroffen. Eine solche Guitarre
der I/»>ndu liesteht aus einer Kalabasse, dem Resonanzboden,
die mit Haut Oberzogen ist. Die Saiten sind aus Tier-
sehnen verfertigt. Weiterhin ist Uganda als Südostvorposten
in der Verbreitung zu nennen. Ein solches Musikinstrument
im leipziger Museum ist mit 10 Wirbeln und unregel-
mäßig dazwischen am Halse verteilten Ringen aus Ei-
dechsenhaut geziert. Sie heißen Nanga. In Ussoga werden
sie am besten hergestellt. Die Saiten sind aus Därmen
verfertigt.
Naeh Westen deckt sich die Ausdehnung des Ver-
breitungsgebietes etwa mit der der Sande-Verwandten. Sie
erreicht den Kongo anscheinend nicht, lieaehrankt sich also
auf «las obere Uliangi- Teile -Thal. Hei den Ngapoil fand
Dybowski eine solche Quitarre mit 5 Wirbeln und Saiten
aus Rotang. Es ist genau die Form der Sandeguitnrre.
Der Schallkasten ist ung» fahr wie der der Violine Fig. 101
gebildet, nur ganz überzogen, mit 2 Schall löchern aus-
gestattet und Vorder- und Hinterteil gleich stark aus-
gebaucht. Bei den Gaben, also ein wenig nördlich, lernte
Nachtigal „vicreaitige Mandolinen" aus Holz oder Kürbis-
Bchalen kennen. 1
Weiler nach Westen vordringend begegnen wii im
Hinterlande von Kamerun mehreren derartigen Instrumenten.
Sie zeichnen sich durch viele Wirbel ans. Eine „Harfe
ans Antilopenfell ans Tihati" ».. sitzt 10 Wirtiel. Eine
flnitarre der Mbum im Süden Adamauas ragt durch Grofse
hervor.
In der Südwestecki' der Verbreitung, in Gabun und
Lounge, erreicht sie die Küste. Schon I'igafotta lieachlicb
tg. 102.
t ,-t t ' (juitarre der Wa-
ganda (Museum f.
Völkerkunde in
Leipzig.
I) Schwetnfartll, B. 24 1 und 244. I\>t.>rtuanns Mitleiltmgen (Kigiiuzungstiand 11),
Taf. Fig. S. Junker, Casati etc. Stuhlmann, S. 17S, ö:t«i. <*. Peters: Deutsehe
Kmin Pas« ha- Expedition*, 8. 388. Stanley: „Dunkle Widtt.il-, IM. I, S. 2411. Der-
selbe: „Dunkelst.' Afrika-, Bd. U. S. 3<;i. .leau DvlK.wski. S. :to:;. Nachtigal, Bd. II,
S. 024/025.
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- 131 —
solches Musikgerät von <ler Loangoküsto: Der Leib und Hals gleichet einer
Laute, der Irnich aber, wo die Rose gemeiniglich eingeschnitten ist, ist
nicht von Holz, sondern von einer Haut, die so dünn wie eine Hlaso ist
Die Saiten sind starke und undurchsichtige Haare aus einen» Elephanten-
schwanze oder Fäden von Palmbäumen, die von unten bis an den Hals des
Instrumentes gehen und an verschiedenen und nebeneinander stehenden
Hingein, wovon einige höher, andere niedriger sind, befestigt werden. An
den Ringeln hangen sehr dftnnc Platten von Eisen und SiMmt (?) von ver-
schiedener Gröfse und von verschiedenen Tönen. Wenn die Saiten gerührt
werden, so Im* wegen sich die Ringel, welche an die Platten anschlagen und
i einen verwirrten Gloekenklang
machen. Diejenigen, die auf
diesen Instrumenten spielen,
greifen die Saiten akkordmiifsig
und reiison sie wie eine Harfe
mit den Fingern.
Wichtiger als dies uns
unbekannt gebliel>ene Instru-
ment sind die Guitarren vom
Ogowe M den Fan, nach
117 *', Lenz „bestehend aus einem
iv ungefähr 4 Fufs langen Schaft,
mit 4 aus dünnen Lianen
verfertigten Saiten und einer
als Resonanzboden dienenden
Kalabasse.« Nach Du Chaillu
sind die Saiten verfertigt „out
of the dried root of a species
of treo." Instrumente aus Holz sind liäufiger wie solche mit dem Kasten aus
Kürbisschalen. Sie zeigen eine von der der Sande etwas abweichende Form.
Es fallt schon auf, dals bei den Guitarren dieser nördlichen Instnimeute der
Menschenkopf am Griff des Halses angebracht ist; bei denen vom Ogowe aber
vidierst «ich, wenn nicht der ganze Schallkasten eine geschnitzte Figur (wie
»mm Fig. 103) darstellt, der Kopf oUmi an den Schallkasten an. An diesen
oln-ren Kopffortsatz ist auch «ler Hals angebunden, während er bei den nörd-
lichen Guitarron durchweg durch den Schallkasten durchgesteckt ist, so dafs
sein Ende oft unten wieder herauskommt Daher sind bei diesen Guitnnvn,
. bis auf die vom Ogowe, die Sailen beiderseits am Stabe, aber wo dieser als
Hals aus dem Kasten heraussieht, durch WirM befestigt; unten, wo er
durch den Ilaiitfii>er/iig «lern Auge verborgen ist — die Sailen gehen durch
tr
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diese Haut hindurch — sind die Saiten einfach an den Bogen festgebunden.
Anders nun Ihm den Guitarren vom Ogowe. Hier sind die Saiten auch an
einer Seite am Hals durch Wirbel befestigt und sie versehwinden unten
ebenfalls durch den Hautfiberzug. Sie sind aber hier unten nicht am Bogen-
stabe ^festigt, denn von diesem existiert nur ein halber Schenkel , der mit
seinem Fufsende am Kopf des Schallkastens angebunden ist. — Daher kann
man die nördliche Form kurzweg als die altere, echte bezeichnen. Der
Bogen ist ganz erhalten und der Schallraum ist angefügt. E« wachst al>er
an der südlichen, jüngeren Ogowe-Form die Saite einerseits aus dem
Scliallkasten als der Konstruktionsbasis und andererseits ist sie gescannt
durch das sekundäre Konstruktionsgliod , den Hals. Ich werde auf den
wichtigen Unterschied späterhin zurückzukommen haben. 1 Hier soll nur
auf die erste Umgestaltung des nordafrikanischen Saiteninstrumentes im
westafrikanischen Kulturkreise hingewiesen sein.
Es kommen nun noch hie und da Notizen ül>or Guitarreu in den
nordwestlichen Tündern vor, aber sie sind wenig klar. Nur aus Senegambien
hören wir noch von Harfen, Guitarren oder tauten, deren Sehnen am Hals
durch Wirbel befestigt seien. 2 Das ist hier entscheidend. Wir haben
nämlich eine zweite Form der umgebildeten (iuitarre zu berücksichtigen,
deren Verbreitung von den Haufsaländem an der Küste sich hinziehend bis
in das südliche Senegambien erstreckt Wir nennen diese Ouitarren nach
der wichtigsten Form die Asehant i-Form.
Die Aschanti - Guitarre tritt uns, wie gesagt, im Haufsalande in
Gestalt der zweisaitigen „moloru u entgegen. Sie ist nur durch eine nach
einer Skizze von Passarge gefertigten Zeichnung bekannt. Der Stilb reicht
durch den Schallkasten, er ist ziemlich gerade. Die Saiten sind an ihm
oben (am Langschenkel) und unten (an einer kurz, vorsehenden Spitze) fest-
gebunden. Wirbel fehlen nlso. Der SchaUkasten hat eine Öffnung. Merk-
würdigerweise fehlt in der Zeichnung der Steg, der Ihm" der kaum merk-
lichen Biegung des Stabes notwendig ist, denn ohne ihn liegen die Saiten
auf der Unterseite mindestens am Rinde des Schallkastens auf, was die
Töne anfserordentlieh Itecinflussen niiifs. Vielleicht hat Passarge den Steg
vergessen oder der Zeichner ihn übersehen.
Bowdich hat von der Aschanti -Guitarre eingehend l>erichtet Nach
ihm ist die „Sanko u ein achtsaitiges Musikinstrument mit einem von Kroko-
1) Morgen, S. 270. Passargn, 8. 470. Du Cliaillu, S. 294. Lenz, R. 80. Piga-
fetta, S. 152,153. Papper, S. 152/153. — Am < Igowo sind diese Ouitarren so aufser-
onlentlieh häufig, dafs fast jedes ethnographische Museum und sicher alle größeren
Belegstücke besitzen.
2) Gray und Pochani, S. 300 301, Fig. H. ,Allg. Bist. d. R.", Bd. HL S. 202.
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(Iiis- oder Antilopenliaut ül>ersponnenen Schallkasten. Ein Steg ist vorhanden.
Die obere Saite entspricht unserem Tenor -C und die tiefere der darnntor
liegenden Oktave; zuweilen sind sio allerdings in diatonischer Folge, aber
nur zu häufig die Zwischensaiten auf das Geratewohl gestimmt, so dafs
sie Erhöhung und Erniedrigung in jeder chromatischen Verschiedenheit her-
vorbringen können, obschon die Aschantis nicht geschickt genug sind, dies
auszunutzen. Die Saiten bestehen aus Baumranken, der Schallkasten ist oft
aus Holztäfelchen zusammengebunden und mit Brand werk geziert. Alle
Melodien werden auf diesem Instrument sehr schnell gespielt und es ist
selbst einem erfahrenen Spieler kaum möglich, ein langsameres Tempo an-
zunehmen, wobei sie jedoch, so schnell es auch immer sein mag, auf eine
überraschende Weise stets
im Takt bleil>en, was be-
sonders auffällt, da jede
Melodie mit Verzierungen
überladen ist. Sie liaben eiue besondere Art,
die Saiten mit den Fingern zu dämpfen, die
eine recht angenehme und sauft.- Wirkung
hervorbringt, pj„ jq^
Diese Saiteninstrumente, wie sie zwischen Sanko/'Guitarro der Aschanti
Benin und Senegambien, also an der Nord- (Brit. Mus. in London).
Guineaküstc heimisch sind, mögen in Einzel-
heiten abweiehen, so z. B. statt des Holzkastens einen Hautboden, statt 8
etwa 4 — 6 Saiten etc. aufweisen — im Princip bleiben sie gleich und das
Wesentliche ist: schwache Krümmung des Bogenstabes, Fehleu der Wirbel
und Vorliandensein des Steges. 1
Es läfst sich also hinsichtlich der Gtutarren feststellen: 1. eine asiatische
Form im Sudan, auf der Verbindungsachse und auf dem afrikanisch -asiatisehen
Beziehungsgflrtel ; 2. eine abgewandelte Form im Südwesten des west-
afrikanisehen Kulturkreises: die Ogowe-Guitarre; 3. eine abgewandelte Form
im Nordwesten des westafrikanischen Kulturkreises: die Asclianti-Guitarre.
3. Die Jiababa, ein Instrument, das schon die alten Ägypter besalsen
und arabische Sänger in ihrem Heimatslando verwenden. Sie ist im Nord-
westen Afrikas aufscrordentlich häufig. Mehrere Exemplare des Baseler
Museums werden lolgendermafscn von Rütimcyer beseluieben:
No. 531. Nubische „Rababa", Resonanzboden besteht aus einer
hölzernen Schüssel, die. mit Fischhaut als Resonanzboden überzogen ist,
1) Passarge, S. 47G und 8. 68. Gray und Buchara", 8. 300/301, Fig. 7. Bow-
dich, 8. 405/406. „A% Hist. d. R.", Bd. IV, 8. 157 ff. Bosmauu, 8. 171/172.
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letztere, seitlich mit Schnüren Itefestigt, hat 3 Schalllöehor. In den Reso-
nanzboden eingesteckt, bilden 2 seitliche Still >c mit einem oberen Verbinduugs-
8t ab einen rohen, dreieckigen Kähmen, von dem ans 5 Saiten ans Sehnen
ül>er einen hölzernen Steg filier den Resonanz! >odcn gezogen und an dessen
Schnüren unten befestigt sind. Der obere Stab des Kähmens mit einigen
Lumpen umwickelt. Nubien. Höhe 52 cm, Breite 42 cm. Kesonanzraum :
Durchmesser 23 cm, Höhe 11 cm.
No. 532. Grofse Laute „Kahalia u eines fahrenden .Sängers aus dem
Sudan; der greise schüssel form ige Resonanzboden aus Holz mit einer mit
starken Schnüren befestigten
Tierhaut überzogen, mit 2
Schal I löchern ; der hölzerne
dreieckige Kabinen wie bei
Nu. 531 — doch viel gröfeer
— ist umwickelt mit bunten
Tüchern und Bändern. An
den oIhmvu aufscren Ecken
je ein Kiindel von Straufsen-
federn. Kinzelne kleine
Täschchen aus Tuch ent-
hielten Amulette, die bis auf
ein Stin k Horn vom Inhaber
der Quttarre, einem Neger,
beim Verkauf entfernt wur-
den, ü starke Saiten aus
Sehnen gehen über einen
hölzernen Steg zu einem
Eisen ring am unteren Ende
des Kesonanzbodens. Höhe
116 cm, Breite 9G cm. Kesonanzraum: Durchmesser 53 cm, Höhe 20 cm
(Fig. 105).
Es ist das die arabische Kerar, wie sie auch dio Abessynier und die
Galla fQhren, wie sie des weiteren von Schweinfurth l»oi den Mittu Madi
im Bahr el 0 basal -Gebiet Angetroffen wimle. Nach den Roisenden gleicht
das Saiteninstrument dieses Völkleins der Kabaha Nubiens wie ein Ei «lern
anderen. Die 5 Saiten sind ül>er einen Steg gespannt, den die greise
Schale einer Anodonta- Muschel darstellt Der Resonanzboden ist vierkantig
und wird v<»n einem mit Haut überspinnten Gestell gebildet. Kunde Schall-
löcher sind an den Ecken desselben angebracht. Die Raltaba der Bertat
auf der anderen Seite des Nil entspricht nicht nur diesen Formen, sondern
. Fig. 105.
Nubwoh« liabal* (Bthnogr. Mus. in Basel).
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i
auch Saiteninstrumente vom Nianza, nämlich solche der Waganda, Wassoga
und sogar dor Wangaroine sind vollkommen ebenso gestaltet. 1
Demnach findet sich die arabische Kerar als Kababa nicht nur in
Übergangs- oder ßeziehungsstreifen zwischen Afrika und Asien, sondern auf
der ganzen Verbindungsachse in einer unveränderten Gestalt.
e) Die wetitarrikaiilHclion Saiteninstrument«. Wir trafen jetzt schon
mehrmals auf unseren Wegen im westafrikanischen Kulturkreise ein. Die
südlichen und westlichen Instrumente Gubo und Gora ffdirten uns hierher.
Alier auch die Guitarron leiteten in dies Gebiet, das umgewandelte Gestalten
bot. So scheinen denn hier viele, ja die meisten Formen zusammen zu
kommen. ITnd dieser Schein trügt nicht. That sächlich ist nicht nur die
Menge und Formffdle der westafrikanischen Saiteninstrumente erstaunlich,
sondern hier im Westen treten alle Beziehungen zusammen, eine Erscheinung,
die uns zwar nicht neu ist (vergl. unser Messcrstudium), die aber wieder
die Aufmerksamkeit straffer anzieht, denn durch dieses Gewirr von Formen,
in denen sich dem oi-sten Anscheine nach oft die entlegensten und fremd-
artigsten Elemente vereinigen, Ordnung zu bringen, dazwischen den Faden
der Entwicklung zu finden, ist eine nicht zu unterschätzende Aufgabe.
Demnach erseheint es am richtigsten, auch hier wieder der lieihe nach
die wichtigsten Formen äulserlieh zu betrachten, um auf ihren anatomischen
Hau danach einzugehen. Wir haben folgende llaupttypon zu besprechen:
l. die Bambuslaute; 2. die Tangola; 3. die Sambi; 4. die Kru- und Man-
dingo- leinte; 5. die Kinanda'-' und als Anhang die Negerzither etc.
1. Die Bambuslaute, wol»ei man aber nicht an ein dem mittel- - '
alterlichen ähnliches Laub-iiinstrument denken wolle. Die Beschreibung,
die Zenker von diesem Instrument gegel»en hat, ist jedenfalls noch die
beste: Ein Instrument, das aus einem Bambusstabe besteht, aus dessen
Kinde vier Streifen losgetrennt sind, die dann mittels eines mit Ausschnitten
versehenen Steges in der Mitte auseinander gehalten werden. Eine am
unteren Ende des Instrumentes befestigte halbe Kürbisschale dieiit als Ke-
sonanzlKMlen, zum Anziehen der Saiten dienen Hinge, welche je nach Be-
dürfnis auf- und niedergeschoben werden können. Dieses Instrument dient
zum Begleiten der Gelegenheitslieder. 3 Es ist sehr zu bedauern, dafs die
1) L. Kütimeyer in „Mitteil. a. d. Baseler etbn. Mus.-, S. 141 und 146; vergl.
auch Nr. 615, S. 142; Nr. 699, S. 144 ; Nr. «22, S. 151. Paulitschke. 8. 148. Taf. XVIT,
Fig. 58. Schweinfurth, 8. 163. Mamo 1874, Taf 7, Nr. 8. Stanley: „Dunkle Welt-
teil*, Bd. I. S. 24!). C. Peters, 8. 388. Bauinann: „Massailamh, S. 57 und 202.
2) Daran geblieben sich an: 6) die Ogowo-Guitairo, 7) die Aschantj-Ouitarre.
3) Zenker in den „Mitteil. a. d. Deutschen Schutzgeh. 1895, Bd. VIII, S. 59;
vergl. auch Guiral, S. 174 etc.
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Mitteilungen über die Musikinstrumente so aufserordentlich sehwach sind.
Wenn nicht Abbildungen oder musikale Belegstücke zu Hülfe kämen, wäre
es oft nicht möglich, ein klares Bild zu gewinnen. So kann ich auch ül>er
die Verbreitung der Bambuslauto wenig sagen. Die Abbildung liei Guiral
(Fig. lOGa) beweist, dafs dies Instrument bis zum Kongo Verbreitimg ge-
funden hat und bei den Bateke heimisch ist, eine weitere in Gerlands
- Völkerkmidenatlas, dafs sie auch bei den IIkj am Niger verwendet wild.
Meine Belegstücke (Fig. 10Gb u. c) stammen aus Kamerun und zwar nicht
dem südlichen, wo Zenkers Yaunde herrschen. Man kann zwei Formen
106a. 106b. 100c.
Fig. 100a. Ein die Bambuslaute spielender Muteke (nach Uuiral).
KiL r . 106 b. Bambuslaute ohnu Itesonanzboden (Museum in Ix-ipzig).
Fitf. lOOo. Bambuxlauto mit Resonanzboden (Musoum in Bremen).
Beide aus Kamerun.
unterscheiden. Der eine Typus ist durch einen Stab als Steg und eine
Kalabasse als vermittelnder — er wird auf die Brust gedruckt — Resonanz-
boden ausgezeichnet. An diesem Instrument liegen die Saiten in Kerben
des Stabes übereinander. Der anderen Form dient ein Brettehen als Steg
und die Saiten liegen nebeneinander. Eine Kalaluisse fehlt ihr. Von den
Kotangringen ist zu sagen, dafs sie nicht allein zum Anziehen der Saiten
notwendig sind, sondern dafs sie auch das Absplittern der aus dem Stabe
geschnittenen Saiten verhindern müssen. Endlich ist Doch hinzuzufügen,
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dafe der echte Bambus nicht sehr oft zur Herstellung dicaer Instrumente
in Afrika dient; meine allerdings schwache botanische Kenntnis läfst mich
viel häufiger auf Bambuspalme schliefsen. Doch dies nur nebenbei.
2. Die Tangola wurde schon oben besprochen. Die Verbreitung
erstreckt sich von Angola bis zur Nord- Guineaküste. Wenn wir hier auf
sie zurückkommen, so geschieht es, um auf zweierlei aufmerksam zu machen.
Einmal wird nach Holub im Marutse Mambundagebiet die Gubo mit der
Kalabasse als dem vermittelnden Resonanzraum ebenso gegen den Leib
gedrückt wie die Bambuslaute in Kamerun und zum anderen wird die
eine Saite der Tangola in der Blanche-Bai auf Neu- Pommern in gleicher
Weise wio die eben besprochene laute durch einen Ring (dort Schlinge
genannt) gestimmt (Fig. 100).
3. Die Sambi. Dies In-
strument ist weitaus am häufigsten
in der Gabungegend. Seine Ver-
breitung erstreckt sich vom Niger
bis in das südliche Kongobecken.
Am besten sind die Berichte
Bowdichs über die Sambimusik, denen wir
hier zunächst folgen.
Die Musik der Pangwe (am Gabun) ist
im allgemeinen viel schlechter als die der
Asclianti. Die Sambi ist ihr einziges eigen-
tümliches Instrument. Sie gleicht der Mando-
line, liat aber nur 5 Saiten, die aus den
Wurzeln des Palmbaumes gemacht sind. Der
Hals besteht aus 5 Stücken Bambusrohr, an
welchen die Saiten befestigt sind, die sich
leicht, aber nicht sicher stimmen lassen. Sie
spielen dies Instrument mit beiden Händen. Die
Töno sind sanft, liaben aber nur wenig Kraft
uud Abwechslung. An mondhellen Abenden
werden lange Geschichten in Recitativfurm
zur Sambi erzählt. Eine Lieblingsgeschichte
ist eine Erzählung der Kunstgriffe, durch
welche die Sonne die Oberhand über den
Mond davontrug, der zuerst von ihrem ge-
meinschaftlichen Vater ihr gleich geschaffen wurde. Im Qegensatz zu dieser
Musik beschreibt Bowdich die Ton«? der Ogowe-Guitarre „voll, harmonisch
und tief/
Fig. 107.
Sambi der Mussorongo;
a clor Stimm ring.
(Museum in Bremon.)
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13*
Und dieser Unterschied ist nicht ol »erfläch lieh aufzufassen, er geht
tiefer. Dort der mit Haut überspannte Schallkasten , die Saite aus Tierfaser,
die Stiinmweisc mit Wirbeln. Hier fehlt das „tierische" Material. Der
Resonanzboden int vollkommen aus Holz oder einer Kalabasse (verhältnis-
mäfsig selten) verfertigt. Die Saiten aus Pflanzenfasern sind dureh die
gleichen Ringe (Fig. 107a) gestimmt, wie sie auch die Bambus-Laute und
die Tangola Ifesitzen.
Für Nordkamerun liegen verschiedene Belegstücke, für Südkamerun
der, Berieht Zenkers vor. Durch, umfangreiches Sammlungsmaterial ist das
Vorkommen der Sambi an der Loangoküste und der Kongomündung erwiesen.
Nur um ein Beispiel der merkwürdigen Art, wie die Musikinstrumente selbst
von Musikverständigen beschrieben werden, füg« 1 ich den Berieht Merollas
über die Sambi an der Loangoküste an: Die Sambi gleicht einer Zither (!),
sie hat keinen Hals, sondern an dessen Stelle 5 kleine, eiserne (!) Bogen,
! welche, wenn sie gespielt wird, mehr oder weniger in den J^eib des In-
strumentes gedrückt werden (!). Die Saiten sind von Palm hau mttldon. Die
Sambi wird mit beiden Daumen gespielt und hangt dann dem, der darauf
musiciert, gerade an der Brust 1
Im Kongogehiet. scheint die Sambi am vollkommensten gespielt zu
werden. Wenigstens wird die Musik der Bajansi oder richtiger Bahangi
und der Batcke mehrmals Inland erwähnt. So liei Johnston: Wegen wirk-
licher Schönheit des Tones berühmt ist die . r > saitige Leier vom Kongo, auf
welcher die eingeborenen Musiker el»enso seltsame als rührende Melodien
zu spielen verstehen. Die pentatonische Skala ist allein im Gebranch und
die Töne der Sambi sind: C DKG A C Das F und H unserer Tonleiter
fehlen demnach. — „Dies Mittelding zwischen Mandoline und Guitarre*
wird nach Wolf l>ei den Bnkuba „Lukonde" genannt. Der an einem Ende
offene Resonanzboden derselben ist gewöhnlich mit zierlichen Schnitzereien
verseilen. Die Saiten sind feine Fällen aus Bast, Gras, Rotang oder Raphia-
faser. — Magyar bildet eine dreisaitige Sambi aus dem südlichen Kongo-
becken ab als Kissumba (Tamtam oder Tamburin -). Tamtam oiler Tamburin
ist entschieden gut. Aber, wehe heilige Musika! was ist nicht alles Tam-
tam, Zither .-tc genannt wurden.
Ol» die Sambi an der Xord -Guineaküste heimisch ist, wird mit Sicher-
heit erst noch festgestellt werden müssen. Binger erwähnt in Wassaln ein
1) Bowdich, S. 509 — 571. „Allg. Bist. d. R. 4 -, Bd. IV, 8. 714. Zenker in den
«Mitteil. a. d. Deutschen Schutzgebieten", Bd. VIII, 1N9.">, S. 5<J. Kalkonstein, S. 193.
Burton: „Twu Trips to Gorilla Land", Ixindon 187(», Bd. 1 . 8.121.
2) Johustou: «Der Kongo", S. 403 '4(14. Wilsmann -Wolf , 8. 253/254. Magyar,
Taf.Vl, Nr. 0.
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hei «Ion Hainham verbreitetes Musikinstrument mit Namen Dian-no. Dieses
besteht aus einer Kalaliasse, die von drei starken Bambusstäben durchquert
wird; jeder ist mit einer Darmsaite versehen, Befestigung an einem Holz-
gestell. Man spielt es wie. eine Harfe. 1 c , /,
4. Die Mandingo- und Kru-Laute. Wenn die Samhi auch wirk-
lieh in Oherguinea fehlen sollte, so ist hier doch noch lange kein Mangel
an Saiteninstrumenten. Vor allem ist hier die Mandingo- und die Kru-
*.«•,', irfitrte zu erwähnen, zwei Instrumente, die im inneren Wesen sehr viel
gemeinsam hahen. Die letztere ist die bekanntere, weil diese Kru, wie
Fig. 108 b. Eine Eni -Laote, in Banana erworben (Museum in Bremen).
iH'kannt ist, als tüchtige Sehiftsarl>eiter und Strandlotscn an der ganzen
Westküste hinab bis Benguola ein arbeitsfrohes Lol»en führen. So ist denn
die taute (Fig. HrHb) in Banana an der Kongomündung erworben.
Dieses Instrument besteht aus einem Kürbis, der als vermittelnder
Resonanzboden gegen die Brust gedrückt Wird. Aus diesem Sehallraum
wachsen" entweder im rechten Winkel sieh trennend zwei Stühe am gleichen
1) Binger, Bd. I, S. 76. Ganz deutlich ist Binger auch nicht immer. Auf der- j t
selben Seite beschreibt er ein „F;ibrcsnro u genanntes Instrument. Dieses soll noch
/ ...
unerträglicher sein. Ein Kein , au dessen beiden Enden 2 klein»- Kalabassen angebrac ht
sind, wird wie eine Flöte geblasen.
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— 140
Platze heraus oder nur ein Stab, an dem im rechten Winkel oder wagerecht
zur Seite abstehend ein zweiter liefest igt ist Das Dreieck wird oben ge-
schlossen, indem ein dritter Stab die Enden der etwa gleich langen Stäbe
verbindet und ihnen so Halt giebt. Parallel diesem dritten Stabe werden
nun an den beiden Grundstäben 5 — 10 Saiten so befestigt, dafs sie durch
*
Löcher an dem einen gezogen, um den anderen aber gewickelt werden. —
j Ein Instrument in einer Privatsammlung, das leider nicht abgebildet werden
kann, zeigt einen wichtigen Unterschied. Die beiden Grundstäbe gehen
nicht im rechten Winkel, sondern in einem Winkel von etwa 145° aus-
. einander. Eine dritte Verbindungsstange fehlt, und — was noch wichtiger
ist — die Spannung der Saiten ist durch Ringe wie an der Sambi er-
; möglicht, >
Die zuletzt beschriebene ist nur die fTbergangsform zur Mandingo -Lante.
Es sind an dieser nicht mehr 2 Stäbe als Saitenträger vorhanden, sondern
nur noch einer, der getragen ist. Etwa in der Mitte ist an der Peripherie
die Scliallkalabassc gebunden (Fig. 108a). Betrachten wir die tieiden Formen
umgekehrt., so ist dies wohl richtiger. Dann erscheint der Dogen als Aus-
gangsform; die Kru- Laute zeigt nur den zerbrochenen Saitenträger. Dann
können wir noch weiter zurückgehen und dio Mandingo- Harfe mit der
Tangola in Beziehung bringen. Diese letztere liat nur eine Saite, die Man-
dingo- Harfe alier ca. fünf. Andererseits wird uns liier eine Beziehung
wahrscheinlich nach anderer Richtung. Denn die Form der Mandingo -Harfe
und der Tangola wird vereinigt in der Hambos- taute, die auch mehrere
Saiten wie das nördliche Instrument hat. Diese Erkenntnis wird uns später
von großem Nutzen sein.
5. Die Kinanda. Den Weg, der zur Klarheit führt, verlassen wir
anscheinend vollkommen, wenn wir uns jenen schalenförmigen mit vielen
wagerecht und |ian»llcl laufenden Saiten versehenen Musikinstrumenten zu-
wenden, die ich unter dem Namen Kinanda zusammenfasse.
Den verbreitetsten Typus, der auch hier und da in Ostafrika vorkommt,
beschreibt Burtun folgendei-nudsen: Es ist ein flacher Kasten von einem
einzigen Stück Holz geschnitten, 13 Zoll lang und 5 oder C Zoll breit und
ungefähr 2 Zoll tief; 11 oder 12 Saiten sind straff ülicr die Öffnung ge-
zogen. Das Instrument wird gewöhnlich auf den Schoßt gesetzt und mit
2 Händen darauf gespielt. Zuweilen wird die Kinanda auf dio Öffnung
eines grofsen runden Kürbis gesetzt, welcher sodann die Rolle eines Resonanz-
bodens übernimmt. Eine solche ostafrikanische Kinanda ist in Fig. 112
abgebildet. Zu diesem Instrument bemerkt der Sammler (Schüler): Der
Schallboden ist nach vorne zu setzen, während die Spitze des Instrumentes
an der Brust angesetzt wird, also umgekehrt, wie bei uns. Das Spielen
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geschieht durch einfaches Anschlagen der Saiten mit beiden Händen, während
des Haltens. — Die Saiten bestehen aus Tiersehnen.
Diesem ostafrikanischen Typus 1 der Kinanda 2 stehen die westafrika-
nischen insofern gegenüber, als sie nicht die Schalenform haben und mit
zwei Stegen verschen sind. Es sind einfache Bretter mit zwei Leisten dem
Ende zu, über die die Saiten gezogen sind. Zuweilen, aber durchaus nicht
immer sind sie mit einem Kflrbis als Resonanzboden versehen (Fig. 111).
Stanley bildet ein Exemplar (Fig. 109), das von den Walegg a stammt, ab,
das ein gebogenes Brett
mit den Randleisten ist.
Aufser diesen beiden
Leisten finden sich aber
kleine Stäk-hen, die nnf-
recht gestellt sind, als
Stege.
Die Verbreitung die-
ser Kinanda ist eine
wesentlich westliche. Sie
erstreckt sich von der
nördlichen Gninoakfisto
bis in das südliche Kongo-
becken und bis in die
Waldregion am oberen
Aruwimi. Alle westlichen
Formen sind schalenartig
und es mangeln ihnen
die Stege. Aufserdon)
zeigen die westliehen
Kinanden Saiten aus ge-
drehter Raptuafaser und
Rolang, die westliehen
solche aus Tiersehnen.
Dieser Unterschied beschränkt sich nicht auf die Kinanda. Auch sonst
sind diese Merkmale für den Gegensatz von .Ost-, Süd-, Nord- und Westafrika
Fig. 109 und 110. Saiteninstrumente der Walegga
(nach Stanley). Fig. 111. Saiten instrument von der
Goldküsto (mich Barbot). Fig. 112. Kinanda aus
Usangu (Slg. Schüler im Leipziger Museum).
1) Derselbe findet sich, allerdings den anderen gegenüber, auch im Westen, | \
so an der Loangoküste. — Die Belegstücke des Leipziger Museums mögen allerdings
zum Teil aus dem Osten stammen. Jedoch ist durch zuverlässigeres Museumsmatorial
■neb die westliche Heimat sichergestellt.
2) Burton: „Lake Regions", Bd. II. S. 293. Baumann: „Massailand*, S. 202
und 190. Stuhlmann, S. 558.
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bezeichnend. Der Steg bedeutet einen besonderen Wesenszug, vermittelst
seiner wird das Grundmnterial , und wenn es nur ein Brett wie bei dieser
Kinanda ist, zum Resonanzboden.
>•'■•>
C. Die Ogowe-Gu>tarre. Nunmehr wollen wir die zwei wostafrika-
nisehen Können der Guitarre, die ursprünglich aus dem Norden slamint,
auf ihre westafrikanischen Elemente prüfen. Die asiatische Oyüttirre der
Afrikaner war durch starke Betonung <les Bogens charakteristisch. An ihm
waren oben (durch Wirbel) und unten (im Schall räum) die Saiten befestigt
Am Wirbelonde lauft er oft in einen Menschen- oder Tierkopf aus. Im
Öeg(;nsatz hierzu fanden wir eine starke Verkümmerung dieses Bogens an
der Ogowe-Guitarre und im Gegensatz eine kräftige Entwicklung des Schall-
kastens, der nicht nur in Menschenform ausgearbeitet, sondern auf dem
auch jenes letzte Stück des Bogens, der die Wirbel und die einen Enden
der Saiten trügt, aufgesetzt ist.
Vergleichen wir dies mit der Samhi (Fig. 107), so sehen wir sogleich
eine tiefe Übereinstimmung, die die Ogowe-Guitarre den westafriknnischen
' c Musikinstrumenten noch näher verwandt erscheinen läfst, als den nord-
afrikanischen, trotz der Wirbel. Diese Verwandtschaft liegt darin, dafs die
Saiten einerseits an den dem Sehall kästen angefügten Halse, andererseits
am Schallkasten seihst liefestigt sind. Wir kennen demnach den Unterschied
der westafrikanischen und der nordnfriknnischcn Saiteninstrumente dieser
Art feststellen: Bei den nordafrikanischen Guitarren verwächst die Saite auf
beiden Seiten mit dem Bogen, bei den westafrikanischen auf der einen Seite
mit dem Schal Ikastcn, auf der anderen mit dem Rest der übriggcblieltenen
Hälfte des Bogens.
Wir werden sehen, wie diese Definition sieh in anderen Vergleiehs-
fällen verwenden läfst.
7. Die Asehanti-Guitarre. Das eben Gesagte jalst hier anscheinend
ganz und gar nicht. Denn die Saiten sind ganz regelrecht an beiden Seiten
des Stabes befestigt; allerdings ist dieser nicht gelegen oder nur sehr wenig
(vergl. Fig. 104). Aber andere westafrikanische Merkmale können wir in
drei Elementen feststellen. 1. Die Saiten sind am Griffende mit Vcrschlingnng
am Holze befestigt (statt mit \Virl>eln) und zwar so, dafs ein festeres An-
ziehen dieselU'u spannt. Hierin ist die westafrikanisehe Ringspannung
wiederzuerkennen. 2. Der Resonanzkasten ist ans Holz gezimmert und die
Saiten bestehen aus Haunirankeii. Das ist westafrikanisehe Pflanzenfaser-
Verwendung. 3. Ein Steg ist vorhanden.
Da mul's denn doch die Frage herausgezogen werden, weshalb dies
Instrument zu den nnrdafrikanisehen Guitarren bei so viel westafriknnischen
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Elementen gerechnet werden müsse? Nun: „weil bei den nordafrikanischen
Guitarren die Saite auf beiden Seiten mit dem Bogen verbunden ist. a
Ja ist das denn bei westafrikanischen Saiteninstrumenten nicht der
Fall? Bietet nicht die Bambuslaute das allerbeste Beispiel hierfür?
Also haben wir mit diesor Definition den Kern der Sache noch nicht
getroffen. Und er ist auch nicht zu erkennen, ehe wir nicht die Beziehung
der westafrikaiiisch.cn Saiteninstrumente unter einander aufgedeckt haben.
Wir haben aber doch einen Anhaltepunkt, eine Ausgangsstelle aus diesem
Ijabyrinth gewonnen. Wir brauchen nur noch die letzte der in dieser Reihe
sich aufdrangenden Fingen yi den Vordergrund zu bringen. Sie lautet:
Die Konstruktion der Ouitarrc leitet auf den Bogen zurück: die einfache
Ba rt t hu rtkwte ist eine Bogenkonstruktion verwandter Art. Was ist Wider
Unterschied?
Die entwicklungsgeschfchtlichen Beziehungen
der wcstafrikaiiischen Saiteninstrumente.
So sind wir denn am Endo der Boschreibung der Formen gelegentlich
des Dilemmas, zu welcher Grupjx? man diese oder jene Gestalt zu nehmen
habe, wieder in die Nahe jener Hypothese gelangt, die uns im Anfange
interessierte, dafs nämlich alle Saiteninstrumente auf den Bogen zurück- [
zuleiten seien. Denn wenn ich auf die obige Finge antworte: dio nord-
afrikanischen Saiteninstrumente sind auf einen Bogen mit Tiersehne zurück-
zuführen, während die westafrikanischen Bambuslauten ans Pflanzenfasern
bestehen; so wird man sehr richtig hinzubemerken: das trennt auch die
Bogenformen Nord- und Westafrikas. Also spricht das für die Annahme,
dafs die Saiteninstrumente aus dem Bogen hervorgegangen seien.
Fassen wir die Verhältnisse schärfer in das Auge und betrachten
die westafrikanischen Saiteninstrumente im engen Kreise. Für sie ist
folgendes charakteristisch:
1. Die Saiten. Die Berichte mögen noch so verworren und unver-
ständig sein, jeder Beschreiher westafrikanischer Saiteninstrumente hebt eine
Eigentümlichkeit «1er Saiten hervor, dafs sie nämlich aus Pflanzenfasern
bestehen. Nur an einigen dem nord- oder ostafrikanischen Kulturkreiso
näher gelegenen Orten werden Schwanzhaare und Tiersehnen erwähnt.
2. Die Spaunung der Saiten wird nicht durch einen Wirbel erreicht,
sondern durch Ringe aus Rötung oder Schlingen aus Raphiafäden. Wir
lernten solche an der Tangola der Südsee, ferner der Bambuslaute , der
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Sarul»i , der Km- und Mandingolautc (bei letzterer nicht ganz sieher!) und
etwas Verwandtes bei der Aschanti-Guitarro kennen.
3. Der Schallkasten. Wir können dreierlei Schallk&sten unter-
scheiden. Die erste Form des SchaJlkastens bietet das Brett der Kinanda
und der Stab der BanYhuslauto. Die zweite Form des Schallkastens
sehen wir in den unten angefügten Kalabissen. Die dritte Form des Schall-
kastens endlich besitzt die Sambi. Es ist dies der ausgearbeitete Schallkasten.
4. Der Steg. Das Vorhandensein oder Fehlen des Steges teilt die
westafrikanischen Saiteninstrumente in zwei Gruppen. Die erste Gruppe
umfafst die Ramhuslaute, die Kinanda, die Sambi. Die zweite Gruppe
wird gebildet durch die Tangola, die Kru- und die Mandingolaute.
Nun mnfs die erste Gruppe schon deswegen als speeifiseh westafrikanisch
liezeichnot werden, weil sie geographisch als solche gekennzeichnet ist.
Der Osttypus der Kinanda, die Gora und die Gul>o, sind auch Verwandte
dieser westafrikani sehen Tangola und Knilaute, al>er sie zeigen Verlust und
Verkümmerung gleichzeitig mit der externen (aufserhalb des westafrikanischen
Kulhirkreises) Lage. j
Wenden wir uns demnach zunächst der ersteren Gruppe zu: Bambus -
Ijaute, WcKtkinanda, Sambi. Die westliche Verbreitung und das eharak-
113a.
113h
Fip. 113a. Bamltuslautu von Madagaskar. Fig. 113b. Bambuslaute von
<lon Niknharen (Museum in Iißipzig).
teristiseho Merkmal strenger Pflanzenverwendung liifst uns schon ahnen, dafs
hier inalajonigritisehe Geräte vorliegen. Und das ist richtig. So beschreibt
zum Beispiel Rissler die Musikinstrumente der Insel AVetter: Von einem
Stück Bambus ist an mehreren Stellen die Schale so sorgsam abgelost, dafs
sie an beiden Enden am Bambus fest sitzen bleibt. Durch untergescholiene
Holzpflocke wird dann eine Saite hergestellt, die M der Berührung mit dem
Finger einen Ton giebt. Die Saiten, bis 10 Stück, liegen oft so dicht neben-
einander, dafs sie durch ein einziges Stück Holz auf jeder Seite gleichzeitig
gespannt wenlen können. Das Instrument ist ca. 40 cm lang.
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Em Beispiel dieses ersten Typus der Bainbuslauten , die über ganz
Indonesien verbreitet sind, ist Fig. 113a, ein Instrument von Madagaskar.
Der zweite ist in Fig. 113b, einer Dangang von den Nikobaren, zur Dar-
stellung gebracht. Svoboda hat diese Dangang folgendennafsen l>osehrieben :
Ein Bambus oder hohler Stamm in verschiedenen Grofsen, ist der Länge
nach mit einer einzigen Pflanzenfaser, einer Rotangsaite oder Rohrfaser V/. .>■'>•
bespannt, die filier einen Pfalz (Steg) läuft, um gespannt zu bleiben. Der
Spieler hat nur eine kleine Anzahl Tone und begleitet damit seinen mono-
tonen, näselnden Gesang. Verschiedene Grossen Verhältnisse schwanken
zwischen 58 und 107 cm Länge bei 5 — 9 cm Breite.
Dafs die Bambnslautc Kameruns eine Nachkommin derer Indonesiens ]
ist, brauche ich wohl nicht erst zu beweisen, auch nicht auseinanderzusetzen,
dal's das Instrument der NikoUiren ein wichtiges Mittelglied zwischen der
vom Schall kästen selbst geborenen Bambussaite und der der Sambi an-
gehefteten Rotangsaite ist. Von hier aus tietrachtet, ist auch die West-
kinanda verständlich. Statt der Rolle ist ein Brett die Basis des Instru-
mentes, die Saiten wachsen nicht aus diesem heraus, sondern werden
ubergehängt. Aber die beiden Stege sind noch vorhanden. Natürlich ist die
Ostkinanda eine jüngere Form, an der dio beiden Stege durch Aushöhlung
des Brettes zur Schale ersetzt sind.
Als dritte Form der ersten Verwandtschaftsgruppo w r ard die Sambi
genannt. Immerhin ist die Beziehung keine so innige wie zwischen West-
kinnnda und Bamhuslaute. An ihr wächst die Saite einerseits aus dem
Schallkasten, von dem sie durch den Steg entfernt gehalten wird. Auf der
anderen Saite ist sie an Bogenstäben befestigt und wird hier durch Stimm-
ringe in der Spannung reguliert.
i. . .
Die Tangola, die Mandingo- und dio Krulaute bilden die zweite
Gruppe. Die Tangola ist einsaitig, die anderen beiden sind mehrsaitig.
Die Krulaute ist nur die Folgeform (mit dem gebrochenen Saitenträger) der
Mandingokwite (mit dem gebogenen oder Bogen -Saiten träger). Dio letztere
ist von der afrikanischen Tangola immer dadurch unterschieden , dafs diese
einsaitig ist und sie fem er auch geblasen und mit einem Stabe geschlagen
wird. Demnach inufs die konstruktive Beziehung der Tangola zur Bambus- -
laute vor allen Dingen festgestellt werden.
Wenn ich anstandslos behaupte, dafs dio Bambuslaute den Ausgang
auch dieses Instrumentes bilde, so belege ich das 1. damit, dafs die
Bambuslaute aus einem Stück gearl»eitet ist; sie ist gleichsam ein Produkt
«ler Beschaffenheit des Materiales, des Bambus; 2. damit, dafs in Oeeanion,
dem Heimatlande dieser Instrumente und der Dangang der Nikobaren (Fig. 113 h),
ja lieobaehtot wird, wie auch die rhergangsform zur Tangola noch Saiten -
Frobonin«, Afrikanische Koltnmn 10
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— 146 —
und Schallkasten aus Bambus, also dem gleichen Material bietet; 3. damit,
dafs die eine Saite der Tangola NeujMunmorns noch mit der Stimmschlinge,
die im Ursprung ein Konstruktionsglied der Bamhuslautc, nicht al>er der
Tangola ist, gespannt wird; 4. damit, dafs die Tangola eine bedeutende
Vermehrung der Konstruktionsglioder zeigt, nämlich einmal den vermittelnden
oder direkten Schallkosten, eine Kalabasse und zum anderen das Piektrum,
ein Schallstäbchen.
Diese Vermehrung bietet uns auch die Möglichkeit festzustellen, unter
welchem Einflufs die Bambuslaute zur Tangola geworden sei. Die ägyptische
Laute „'Ud tt wird, wie wir (S. 129) sahen, auch mit einem Piektrum
geschlagen. Die Beziehung eines Stabes zum Saiteninstrumente liegt auch
dem Bogen der Violine zu Grunde, wobei ich nicht ohne weiteres beliauptet
haben will, dafs der Violinbogen aus dem Plektrum entstanden sei. Weiterhin
mufs es sehr auffallen, dafs aus so alter Zeit, wio der malajonigritischen
Kulturepoche noch eine linguistische Eigenart sich so klar erhalten habe.
I Jedenfalls liegt im Plektrum ein Beleg für asiatischo Beziehung, die
sehr alt sein kann, jünger aber sein dürfte als die Bambuslaute. Ferner
j giebt die Verwendung des Kürbis einen Fingerzeig. Die allgemeine Ansicht
neigt dahin, diesen in Indien als seinem Heimatlande aufzusuchen. Und
mit einem eventuell indirekten Einflufs können wir auch die tierischen
Saiten der Gubo und der Gora erklären.
Unwillkürlich sind wir damit in den Wirrwarr occaniseher Probleme
hineingeraten, die hier ja eigentlich nur dann herflek sieht igt werden sollen,
wenn afrikanische Kulturfragen es beanspruchen. Deshalb soll dieser Faden
schleunigst abgerissen und nur das eine Ergebnis im Auge Inhalten werden,
dafs auch die Saiteninstrumente der Melanesier zweierlei verraten 1. malajo-
nigritischen Ursprung, 2. asiatische Beeinflussung. Beleg für ersteren ist
die Bambuslaute, ein solcher fflr letzteren die Tangola.
Nun Afrikas südliche und westliche Saiteninstrumente in ihrem Ver-
wandtschaftsverhältnis zu den nördlichen. Wenn wir bedenken, dafs die
malajonigritischo Bainhuslaute der Ausgangspunkt eigentlich westafrikaniseher
Saiteninstrumente ist und die Tangola sichere Abwandhing nach asiatischem
Vorbilde zeigt, dafs die asiatischen Saiteninstrumente in Afrika mit allem
Reichtum wie Wirbel, Hautkasten, Tiersaiten auftritt, dafs diesen zumeist
(Violine und Guitarre) die einfache Bogenkonstruktion zu Grunde liegt,
welche auch die Tangola aufweist, so können wir sagen, dafs diese Tangola,
Gul»o und Gora die Ausgleichung zwischen malajonigritischen und asiatischen
Formen darstellt. Und das entspricht den bisherigen Ergebnissen der
Studien über Schilde Bogen etc. vollkommen. Der afrikanische Bogen mit
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der einfachen Krümmung und der tierischen Sohne steht in der Mitte
zwischen den asiatischen und malajonigritischon Formen.
Das erinnert wieder an das Problem vom Ursprünge der Saiteninstrumente.
Sind sie nun alle wirklich vom Bogen ausgegangen? Der Bogen der Tangola
verdankt seinen Ursprung der Bambuslaute, wie sie etwa die Kameruner
Form darstellt ; das hat die anatomische Zergliederung vollkommen erwiesen.
Daher stimmt die Hypothese für die nialajonigritischen Saiteninstrumente
nicht. 1 Dio Vorgeschichte der Rahalia, Violine und Guitarre, die alle
fraglos nicht afrikanisch sind, liegt für uns noch im Dunklen. Hier kann
das entscheidende Wort noch nicht gesprochen werden.
Übersieht der Saiteninstrumente Afrikas.
Im Norden treten d/ei Formen vollendet in Afrika ein 1. die Violine,
2. die Öuitarre, 3. dio Raliaha. Sie haben eine Verbreitung, die der Nord-
achse, der Verbindungsaohsc und der Ül»ergangszono nach Asien entspricht.
In diesem Gebiete machen sie keine wesentliche Veränderung durch. Erst
in der Berührung mit westafrikanischer Kultur gehen zwei neue Formen
der Guitarre hervor, die bei wesentlich asiatischer Konstruktion , westafrika-
nischc Elemente zeigen, die Äschanti- und die Ogowe- Guitarre.
Der Westen bietet eine Gruppe malajonigritischer Formen: Bambus-
laute, Kiuanda, Sambi, von denen die letztgenannte schon den Einüufs
einer zweiten Gruppe zeigt: Tangola, Mandingo-, Km letztere
sind schon in Oceanien unter asiatischem Einflüsse aus der Bambuslaute \ [
entstanden. Ihre afrikanische Verbreitung bedeutet: Innehalten der Grenzen
des westlichen Kulturkreises.
Im Osten und Süden zeigen sieh einmal Obergangnformen, zum andern
und vor allem aber eine gewisse AbschwOehnng. Die Ostkinanda ist eine
solche Abflachung, die Gu1m> und Gera eino Auflösung, die Zeze ein Ül»er-
gang von der Tangola zur Guitarre (die Griff tasten!). Die Verbreitung deckt
sich mit der südlichen Haupt- und ihrer westlichen Nebenachse.
Die Konstruktion der nördlichen Formen weist unbe<lingt auf tierische
Materialien hin (die Wirbel eine Folge der tierischen Saite! Der Hautkasten),
die der westlichen auf lediglich pflanzliche. Die südlichen und östlichen
zeigen Mischung beider.
1) Die Fragen, dio sich hier aufdrängen, und die Weitorverfolgung dieses Ge-
dankenfadens werden im Kapitel „Kulturformen und Kulturzeiten" Enirtorung linden.
10*
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Iis
Systematik.
\) Die afrikanischen Saiteninstrumente:
(AMlachung malnj« »n ii^ri t i si -hör und asiatischer
Elemente.)
1. Osikinanda( N^chkonunederWcstkinaiida).
1" ^" ,>0 \ (Auflösung der Tangoin).
3. (jora )
4. Zezo (Verbindung vonCmitanv u.Tangola).
B> Die asiatischen Saiteninstrumente:
(Tierische Materials, Wirlw l . Ilautk;isten,
Tiersaite.)
1. Violine.
2. Guitarro. 1
3. Rakaha.
(') Die nialajonterltlselicn Saiteninstrumente:
(Pflanzliche Materialien.)
1. Gruppe (Ursprungsfnnn und direkte Nach-
kommen; Steg, Stiuiiiischliugc):
1. ltomhnslaute.
2. Westkinanda.
3. Sambi.
2. Gruppe (Nachkommen der Ruiilnislaute, in
Oeeanieii entstanden. Fohlen des Steges,
zuweilen auch Stiininsehlinge):
1. Tangola.
2. Maudingo- leinte.
3. Kru- Lunte.
Sudachse.
Verbindung mit Asien,
Nord- und Vcihindungs-
aelise.
Westliches
gi 'biet.
A Magern ngs-
I) Di«' Asrhanti- und O^mve-Unitarrcn, _asiatisrhc Saiteninstrumente mit
malaj<mii:ntiseheii Merkmalen im westafrikanischon Kultui kreis", sind nicht wichtig,
«lafs. si«' hier aufjjcfiihrt werden iniifsten.
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Auhaus; Uber verschiedene afrikanische Musikinstrumente.
Aufser diesen Saiteninstrumenten sind als afrikanische Musikinstru-
inente aufzuführen: Zithern, Blashöraer, Flöten, Pfeifen, Risselstäbe, Rassel-
körbe, Glucken, Marimba und Trommeln. Die beiden letzteren sind so
wichtig, dafs ihnen ein eigenes Kapitel gewidmet werden mufs. Die anderen
bieten im allgemeinen so wenig Abwechslung und ja auch wenig Gelegen-
heit zu mannigfaltiger Entwicklung, dafs sie für Untersuchungen der vor-
liegenden Art wenig geeignet sind. Ich will mich daher darauf beschränken,
das Wesentlichste von dem hervorzuheben, was in Betracht kommt.
Vor allem müssen die z'Uherartigen Instrumente interessieren, deren
Beschreibung ich nach Holub (über die Zithern der Marutse Mambunda) gebe.
Das Instrument besteht a) aus einem länglich viereckigen, am oberen und
unteren Ende oft mannigfaltig ausgeschnittenen oder geschnitzten, 2 — 4 cm
starken, 8 — 12 cm breiten und 15 — 20 cm langen, der Länge nach ein-
seitig ausgehöhlten und an der kurzen unteren Seite offenen, an der Vorder-
fläche leicht konkav ausgemeifselten Brettstüek; b) aus einem darüber an
der Vorderfläehe quer gespannten Eisenstäbchen, und mehreren mit diesem
in ihrem oberen Drittel befestigten, parallel mit der Länge des Brettchens
laufenden, ebenfalls dünnen, platten Eisenstiften. Auch in der Höhlung
Huden sich einige Iiängs- und ein Querstäbchen; c) aus einer meist rund-
lichen, mit einer Öffnung versehenen und dem Brettchen mit einem Riemen
anhängenden, in der Regel reichlieh mit eingebrannten Zeichnungen ge-
zierten Kahdmsse von 4 — 15 cm Höhe und 8 — 12 cm Breite. Das In-
strument wird in der Weise gehandhabt, dafs die Linke die Kalabasse mit
der Öffnung an die untere Fläche des Instrumentes selbst preist, und zu-
gleich beide festhält, und dafs die Finger der Rechten abwechselnd die
freien Enden der an den Querstäbehen der oberen Fläche befestigten Längs-
stäbchen niederdrücken. Holub erwähnt, dafs die Oberfläche des Brettchens
seicht -konkav ausgehöhlt ist.
Summa summarura : wir haben Instrumente vor uns, die etwa Fig. 1 10 bis. 7.
112 entsprochen, nur fehlen die Saiten und an ihrer Stelle sind kleine }
Stäbchen angebracht, die über zwei den beiden Stegen bei Fig. 111 ent- '
sprechenden Hölzchen liegen und du roh ein drittes, das zwischen diesen
beiden und parallel mit ihnen liegt, in ihrem Mittelteile so herabgedrückt
werden, dafs die Enden frei in die Luft stehen.
In der geographischen Verbreitung ist wesentlich: es giebt zwei
Gruppen, 1. die westliche ist ein Brettcheu mit oder ohne gezimmertem
Kästchen (Resonanzl>oden !) darunter; die SUtbchen bestehen aus Holzsplittern.
2. die östliche und südliche Gruppe ist gekeimzeichnet durch Ausschälung
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des Brettes, darunter befestigte Kalabasse als Resonanzboden und statt «1er
Holzstäbchen solche aus Eisen. Die Verbreitung der ersten Gruppe ent-
spricht etwa dem westafrikanischen Kulturkreis, die der zweiten dem Ein-
flufsgebiet der Sfldachse. 1
Ein Vergleich dieser Zither und der Eigenart bei
'entsprechender Verbreitung lehrt uns, ilafs wir es mit_^
Urbildern der Kinanda zu thun haben. Und wenn wir • -
bedenken, dafs diese Holzstälichen aus liambusartigen
Stoffen hergestellt werden, so sehen wir ihre Ent-
stehung aus ganz ähnlichen oeeanischen Bambus- ^
instrumenten deutlich vor Augen.
Unter den Flöten und Pfeifen finden einige nmlajo-
nigritische Können in Westafrika um so mehr und be-
rechtigter Aufmerksamkeit, als die afrikanischen Flöten
im Gegensatz zu den oeeanischen auf der Seite geblasen
werden. Nur der Westen bietet Ausnahmen. Ich bilde
hier eine Doppelflöte der Yauudo in Kamerun ab, die
von oben geblasen wird (Fig. 114). Die Verwandtschaft
spricht aus der Atdage der Blaseoff nung, der DopjH'l-
bildung und endlich daraus, dafs in Kamerun auch ^ *
Haeenflöten lienutzt werden. (Oh dies eine solche ist,
ist mir unbekannt.) Das sind alles Momente, die
nach Melanesien, dem berühmten Gebiete der
Naseidloten , weisen.
Ferner erwähne ich eine sehr grofso Selten-
heit: eine Muschel als Blasinstrument von der
Goldkuste Afrikas. Das ist ein sehr vereinzelter
malajonigritischer Rest. Paul Steiner hat ein
solches Stück dem leipziger Museum geschenkt
Es dient zum Alarmsehlagen in Kriegszeiten etc
Endlich möge noch eine prächtige afrikanisch-
melanesische Parallelerseheinung vermerkt wenlen:
die Blasekugel. Solche wenlen von unseren guten
Landsleuten auf Noupommorn ganz gerade so her-
gestellt wie von denen in Kamerun (Fig. 11-ld).
An der Loangüküste sind sie sogar aus Thon
Fig. 114.
Doppelflütod.Yaunde
(Musoum in Leipzig).
Fig. 115.
Blasekugeln,
a aus einer Fruchtsehalo
(Neupommeru), b uu<l d aus
Fruchtsehalen, c aus Thon;
alle von der Westküste Afrikas
(Museum in Leipzig).
1) Diese Zithern sind in unseren Museen (oft und Hilst blieb unter dein Namen
„Marimba*) so häufig, dafs ich darauf verzichte, sie eingehender zu behaudeln oder
abzubilden.
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nachgebildet (Fig. 115c). Dort sind auch die schönsten Stücke aus Frachten
zu finden (Fig. 115 1>). Das südlichste Vorkommen dieser Art scheint Angola
zu bieten. Im Norden beobachtete Baumann dieso Blasekugeln bei den Bube. 1
Gezahnte Holzstflcko werden auf Neumecklenburg zur Musik verwandt, ^;
indem man die Zähne in Schwingung versetzt Das erinnert an die afri-
kanischen Raspelstäbe, Stöcke mit Kerbon, an denen man mit einem Stabe
hin- und herfährt etc. — Doch genug von diesen Kleinigkeiten, deren Auf-
zählung ermüdet. Liegt ja auch weiter kein tieferer Wert in solchen ober-
flächlichen Tabellen von Übereinstimmungen.
1) Im östlichen Kongobecken, bei den Warna, von Cameron vormerkt.
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(>. Die afrikanischen Trommeln und Holzpauken.
(Vergl. Kai-U-nblatt 2, Nr. XVII und XV11I.)
Kaum irgend ein anderer Gegenstand hat in Afrika eine gleich üppige
Entwicklung erlebt wie die Trommel. Kaum zwei afrikaniselie Trommeln
gleichen einander vollkommen. Denmx'h ist es sehr schwer, den allgemeinen
Entwicklungsgang mit einem klareren Lichte zu beleuchten. Irgend eine
festere Linie des Werdens können wir auf den ersten Blick sicherlich nicht
erkennen. Vielleicht würde es leichter sein in die Entwicklungsgeschichte
der afrikanischen Trommeln einzudringen, wenn die Litferaturberiehte ein-
gehender oder das Sammlungsmaterial reicher wäre. Die Trommeln sind
aber meist so schwer, dals ihr Transport grofse Unkosten verursacht.
Allerdings ist ein wesentlicher Unterschied nicht zu verkennen. Es
kommen zwei grofse Gmp|>en in Betracht: 1. die fcllhcsnanntcn Trommeln
und 2. die des Felles baren Holzpauken. An die letzteren schliefst sich
dann sacldich die aus Holzplatten bestehende Marimba an. Holzpauke und
Muri m ba bieten schon durch ihre geographische Verleitung ein ausgezeich-
netes Wesensbild. Die Felltrommeln aber wirbeln ordnungslos durchein-
ander und es gehört eine energische Hand dazu, Ordnung in das Chaos
der Formen und Verbreitung zu bringen.
I. Die Fell trommeln.
Das Wesentliche der Felltromineln ist 1. die Bcspannungsweiso und
2. die Trommelgestalt. Wie wenig besonders über den ersten Tunkt die
Littcratur bietet, mag eine Auslese von Beschreibungen, die auch sonst von
Nutzen sein kann, bieten.
A) Berichte über afrikanische Fclltrommeln.
Die typischen Trommelformen Nordafrikas sind von liütimeyer im
Baseler Kataloge beschrieben wie folgt:
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Nr. 339. Trommel, wie sie von den Musikanten bei Brautaufzügen
und ähnlichen Piwessionen gel »mucht wird. Die Trommel besteht aus
einem runden Holzrahmen, über den ein Pergament gespinnt ist, und wird
mit zwei Stäben gesclüagon. Auf der Innenseitc des Rahmens 14 dünne
Messingdoppelringe befestigt. Durchmesser 35 l /2
cm, Höhe 0 cm. In Kairo
erworben.
Nr. 324. „Tar u , Tamburin, besonders in den Harim der Wohlhaben-
den vou den Frauen zur Unterhaltung gespielt. Besteht aus einem mit
Perlmutter und Hein belegten und cingcfalstcu llolzrahmon, auf einer Seite
mit einer gespannten Seh weinsb läse überzogen. Im Rahmen drei Ausschnitte,
in denen an einem Draht 10 Paare Scheiben von Messingblech befestigt
sind, die beim Schlagen des Tamburins klingeln. Das Tar wird mit einer
Hand am Rande gehalten, mit den Fingern der anderen Hand geschlagen.
Durchmesser 23 cm, Hoho 6 1 /., cm. In Kairo erworben.
Nr. 32G. „ Darabukkoh u , eine Trommel in der Form einer umgekehrten
Flasche, deren Hoden mit Fischhaut überzogen und deren Hals offen ist.
Aus Holz in abwechselnd gelben und braunroten Streifen gearl>eitet. Wird
gewöhnlich in den Harim gebraucht zur Unterhaltung der Damen. Wird
unter dem linken Arm gelullten und mit beiden Händen geschlagen- Höhe
35 cm, oberer Durchmesser 15 l / 2 ein. — Diese Trommel form, aus Holz
hergestellt, ist verhältnismäfsig selten, wogegen die gleiehgcstalteten aus
Thon verhältnismäfsig sehr häutig erwähnt worden, so aus Marokko, Tunis,
Fezzan, Senegambien, Ägypten, aber auch aus der Sahara (Tuarik) und dem
Sudan. Doch diese Angabe nur nebenbei und als Ersatz für viele Exeerpte. —
Nr. 722. Doppelpauke aus Holz, bestehend aus zwei einzelnen Trommeln
aus Holz in abgestumpfter Kegelform, oben je mit einer starken Tierhaut
überzogen. Die beiden Trommeln sind miten durch einen Querstab und
starke Lederriemen, oben durch Lederriemen miteinander verbunden und
haben einen gemeinsamen Tragriemen. Auch jede einzelne Trommel mit
starken, das Trommelfell festhaltenden Lederriemen umschnürt. Durchmesser
27 cm, Höhe 21 cm. Sudan.
Für Nordostafrika ist des ferneren die Kesselpauke bezeichnend.
Rütimeyer beschreibt auch ein solches Exemplar: Nr. «23. Ägyptische
Trommel, bestehend aus einer halbkugelfömiigen Kupferseliale , die in der
Mitte ilu-er Wölbung eine kleine Öffnung hat. Am oberen Rand dieses
Resonanzraumes dienen neun 2 cm lange Kupferstifte zur Befestigung des
aus einer enthaarten Tierhaut bestehenden Trommelfelles. Ein Tragband
aus Leder dient zum Umliängen der Trommel um den Hals. Die Trommel-
schläge! fehlen. Diese Trommeln wurden von deu Musikanten bei Umzügen
geschlagen. Durchmesser 24 cm, Höhe 10 cm. Li Assuan erworben. —
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•
Die abessynisehe Nagarit erinnert nicht nur äufserlich an «Hose Form; es
ist im wesentlichen die gleiche Trommel. Auch fuhren die Völker des
Osthornes: Schoaner, Galla, Danakil, die Kassel- oder Trommelklingel, ein
tamburinähuliehes Instrument. 1
Für die Trommelformen des Sudan ist Schweinfurths Beschreibung
der Bongotrommeln bezeichnend: sie gleichen den vorderindischen Tamtams,
es sind die nämlichen wie die der meisten Negervolker in der nördlichen
Hälfte Afrikas. Aus einem sehr dicken Bauinstamme, am liebsten aus der
Tamarinde, wird ein konisch cylindrisehes Stück zugehauen und ausgehöhlt;
l>eide Enden, das hohle wie das solide, werden mit enthaartem Ziegenfell
überzogen und mit Riemen aneinander geschnürt und zusammengespart
Dasjenige, welches die Höhlung deckt, dient dann als Trommelfell. — Für
die südlichen Baghirmi- Länder beschreibt Nachtigal die „ landesübliche u
Trommel als etwa 1 m lang, mit einem weiteren, offenen und einem kleineren
15 — 20 cm im Durchmesser haltenden und mit Fell üt>crzogenen Ende.
Die Trommeln der A-Lur sind von Emin Pascha sehr eingehend be-
sprochen worden. Den grofsen, die in ihrer Form von den übrigen Neger-
trommeln nicht abweichen und teils an Seilen um den Hals getragen, teils
auf der Erde stehend geschlagen werden, sind die kleinen Trommeln der
Kinder ähnlich. Man verfertigt sie gewöhnlich aus gröfscren Stammstücken
leichter Hölzer, wie Rubiaceen, die durch Feuer und Auskratzen gehöhlt
werden. Überspannt werden sie, wenn sie nicht zu grors sind, mit Häuten
von Varanus, oft aber auch mit dünn geschabten Antilo[>cn- und Ziegen-
feilen. Um die gespannte Haut vor Feuchtigkeit zu schützen, wird sie
bisweilen mit Hyänenkot oder verwittertem Feldspat weifs oder rot ge-
tüncht. Mit den Trommeln werden die üblichen Signale zum Aus- und
Eintreiben der Herde," zu den Hausversammlungen der Männer und zum
Kriege gegeben, und zwar wird das Signal vom Hause des Chefs ausge-
sandt mid von Gehöft zu Gehöft wiederholt. Die Trommclu spielen ferner
beim Tanz eine grofyc Rolle.*
Uganda besitzt verschiedene Formen von Trommeln, so röhrenförmige,
auf einer Seite bezogene, vor allom aber Kesselpauken, die mit Fell be-
sannt sind. Diese schliefsen sich im wesentlichen an die Trommeln der
Somal an. Sowohl bei den Waganda als bei den Wanyoro gelten die
Trommeln als Hoheits- und Feldzeichen, wie l<ei uns die Fahnen. Hir
Verlust wird für ebenso schlimm wie eine NiedorLige angeschen. Die
1) l'aulitscbko, S. 148. Kütimover in don „Mitteilungen aus dorn Basolor
ethnographischen Museum 44 , 8. 103, ICK», 108, 134, 152.
2) Steinfurth, S. 110. Nachtigal, Bd. II, S. «07 608. Emin Taucha bei
Stuhlmaon, S. 521/522.
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Trommeln des Königs und die Kriegstrommeln werden in ganz besonderer
Weise gesclilagen und durch sie eine vollkommene Signalsprache geführt. 1
Die Trommeln der Ostafrikaner zwischen Njansa und Njassa Bind ent-
weder mit Ochsenhaut oder mit der der Varanus überzogen, sind entweder
durch geflochtene Lederstricko oder eingeschlagene Holzpflöcke bespannt
So werden uns röhrenförmige, urnenförmige, mörserförmige und sanduhren-
förmige bosclirieben. Die kleinen Trommeln der Wanjamwesi sind mit der
Haut der Vaniei — Spannung vermittelst Stricken — , die grofsen mit Ochsen-
haut überzogen. Diejenigen der Wadoe (Ostafrikas) dienen den Tanzbe-
lustigungen und bestehen aus ausgehöhlten Stammstücken, deren eines offenes
Ende mit einem durch zahllose Pflöcke befestigten Antilopenfell geschlossen
ist, während die andere Seite offen bleibt. Trommeln, zumal die grofsen
der Häuptlinge, get»en Signale bei Gefahren und bei Einberufung von Ver-
sammlungen. Trommeln der Wabondei, sowolü einfach als doppelt bespannt,
dienen der Begleitung beim Tanz und werden mit Taktfestigkeit gerührt.
Die Trommeln der Wasegua gleichen jenen der Küstenleute und sind viel-
fach doppelt bespannt Sie geben einen schönen Klang und werden in
Vollmondnüehtcn außerordentlich geschickt und taktfest geschlagen.
Die Chevas werden durch die Imbire-bire genannte Trommel zum
Kriege gerufen. Diese hat ungefähr die Gestalt eines grofsen Zuckerhutes
und ist aus einem einzigen Stück Holz verfertigt. Sie ist 6 Fufs lang und
an der Basis über 2 Fürs breit Das Trommelfell besteht aus einer Ochsen-
haut oder dem Ohr des Elephantou.'-*
Von Norden kommend und an der Westküste Afrikas herabfahrend
treffen wir erst die thönerne Standtrommel im Norden des Senegal (siehe
weiter oben), in Senegambien Trommeln aus einem hohlen Baumstamme
von 3 — 5 Fufs Länge, oben mit Bocksfell überzogen, unten offen, bei
den Jolof: „hohle Baumstämme, mit straffem Schaf- und Zicgenfell über-
spannt", die manchmal mit den Fingern, doch noch öfter mit zwei Klöppln
von versclriedener Dicke und mit runden Köpfen gerührt werden. Die
Trommeln sind aus schwerem Holz hergestellt und liabcn verscluedene
Dicke und Länge, „um des verschiedenen Schalles." Die Trommeln der
Mandingo sind nach Moore eine Elle lang, olien 1 Fufs und 20 Zoll im
Durchmesser, unten weniger stark. Sie werden mit einem Schlägel und
mit der linken Hand geschlagen. Jobson sagt, dafs sie eine kleine Trommel
unter dem liukeu Arm zu halten pflegen, dio mit den Fingern von dieser
1) Stuhlmann, S. 324. Ratzel, 1) Bd. I, S. 4<i5. Tiedomann, S. 238. Stanley:
„Dunkle Weltteil", Bd. I, S. 249.
2) Barton: „Lake Regions", Bd. I, S. 294/295. Stuhlmann, S. 90 und 37. Bau-
uiuan: „Usarabara", S. 137 u. 275. Gamitto in der »Zeitschrift für Erdkundo", 1856, S.299.
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— 15ü —
Hand und mit einem krummen Knuste], den sie mit der rechten Hand
regieren , gerührt wird. An der Sierra- Leone -Küste bestehen einige Trommeln
aus einein G Kur» langen Stamme eines Baumes, welcher an beiden Enden
mit einem Schaf- oder Ziegonfell ülM-rzogon ist, auf welches man mit einem
Stück Holz schlagt, das beinahe wie ein Hammer geformt ist. In Ardrah
winl der Takt zum Tanze auf langen Trommeln, die an einem Ende spitz
zugehen, geschlagen. An der Goldküste werden Trommeln aus einem Stück
Holz gemacht und mit einer Ziegeuhaut bedeckt, teils auf die Erde gesetzt,
teils an einem Strick um den Hals gehängt.
In Asehanti sind grolse röhrenförmige, kleine sanduhren förmige und
mittlere mörserförmigo Trommel» heimisch. Die greisen Trommeln, die ein
Mann auf dem Kopfe trägt, während zwei andere sc hlagen, sind mit den
Schenkelknochen der Feinde umgeben und mit deren Schädeln gesclunückt.
Auf den auf dem Hoden stehenden und mit Leopardenhaut bezogenen Banken
kratzt man mit nassen Fingern. Kleinere Trommeln hängen an Streifen
roten Zeuges vom Halse herab. — Ein grofser Ganga des Adolilandos hatte
mveh Kling eine tonnonförmige, mit Leojiardeiifell überzogene Trommel, die
zum Unterschietie von den anderen nicht geschlagen, sondern mit dem
Schlägel gestrichen wurde, was ein eigentümlich schnarrendes Geräusch
hervorbringt. Loyer bemerkt, dafs die Trommeln derer von Issinie aus
einem Stück Holz gemocht seien, welches nur an einem Ende ausgehöhlt
und mit einem dicht über die Öffnung gezogenen Elephantenohro bedeckt
ist Sie schlagen solches mit zwei Stücken Holz, die wie Hämmer gestaltet
und mit einem Ziegenfelle überzogen sind. — Zoeller äulsert sich über die
Trommeln in Westafrika dahin, dafs sie ihm die einzigen wichtigeren Musik-
instrumente zu sein schienen, deren mannigfaltigste Allen er im Gebrauch
gesehen habe, wogegen die Saiteninstrumente nur zuweilen zum Verkaufe
angeboten, die Blasinstrumente aber überhaupt nicht zum Vorschein ge-
kommen seien. 1
Nunmehr Südguinca. Die Verbreitung der fellbespannten Trommeln
ist keine durchgehende. So will Schwarz bei den Dualla keine solchen ge-
sehen haben, weshalb ihm die langen, mit einem Fell überzogeneu Sjvm-
fässer auffielen, die er bei den Itakundu kennen lernte. Pauli bemerkt
allerdings, dafs die Dualla „nebenher" auch andere Trommeln, ausgehöhlte
Baumstämme mit darüber gespannten Ziegenfellen, besonders bei Spielen
gebrauchen. Immerhin sind sie seltener als jene Holzpauken, die wir nach-
her zu besprechen haben werden.
1) r Al!g. Hist. d. R.*, Bd. III, S. 201, 205. 4o4; Bd. IV, S. 157/158, 430. Kling
in don „Mitteilungen aus de« Deutschen Schutzgebieten*. Bd. III . S. 47 48. Buwdieh,
S. 55, 50. Wintorbottom, S. Hüft Banner, S. 350. Zoeller: „Kamorun*, Bd. II, 8. U8.
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Tin südlichen Kamerun und im Gabun- Gebiet herrscht das gleiche
Verhältnis. Lenz sah bei den Fan gn>fse und kleine Trommeln überhaupt
nicht. Und doch finden sieh in unseren Sammlungen „Trommeln der Fan-
stiimme." Die Aduma und Oscheba haben gewöhnliche Trommeln, die aus
einem Stück ausgehöhlten Holzes bestehen, das mit Ziegenfell überspannt
ist. — Bowdich verdanken wir die merkwürdige Nachricht, dafs am Gabun
der Kautschuk nicht anders Vorwendung finde, als dafs er zum Spielen in
Kugeln gerollt oder über die Trommeln gezogen wird. 1
An der Loatigoküstc erwähnt Bastian: Sitz-
1 1*0111 mein, Stehtrommeln, Balstmmmein , Haud-
tromineln, Schlagt romim-ln. Schütteltromnieln,
jede mit einem *'inh* iinis*h*'ii Namen. Alte
Berichte erwähnen nicht so viele Arten. Da
winl orst eine Tromm« 1 aus ausgehöhlten
Stücken Holz lies« hrieben von \ \ ., Ellen Länge
(Hier auch mehr, l'm den Hals gehängt ivicht
sie bis zum Boden. Oben und unten ist sie
mit Tiger- oder undeivr Haut überzngen. Sie
winl mit der Hand gesehlagen. Eine kleinere
Fig. 11G.
Negor mit der Tanztrommel N'dungo:, Loango (nach Photographie).
Art (ukamki) wird entweder aus der Frucht des Alikondabaumes oder aus
Holz gemacht. Sie ist auf einer Seite überzogen und winl bei jenen Festen
und Gelagen angewandt, die den alten Missionaren so verhafst waren. Eine
weitere Trommel wird ebenfalls aus einem ausgehöhlten Stück Holz ange-
fertigt und an einem Ende mit Leder oder Tierhaut bedeckt, am anderen
bleibt eine kleine Öffnung von 2 Finger Breite.
Falkenstein liesehreibt zumal die N'dungo, eine Langtrommel, bestehend
aus einem 2 — 5 m langen, konisch verjüngten Holzcylinder von ca. 25 cm
1) Schwarz, S. 253. Pauli bei Petermann, 1885, S. 10. Lenz, S. 286/287, 86
Bowdich, 8. 5(i6.
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Durchmesser am breiteren Ende, das mit einem Fell fllierspannt ist, wühtvnd
das schmalere unten'» anf zwei kleinen Rädchen ruht (Fig. 110). Die Trommel
winl geschlagen, indem der Spielende sie wie ein Steeketipfenl zwischen
den Beinen festgeklammert halt und mit beiden Händen, zuweilen mittels
eines Tmmraelstockes auf dem Fell herum arbeitet Diese Trommel liefert
die Musik bei allen Tänzen, bei welchen häufig mehr als eine in Bewegung-
gesetzt winl. — Derartige Sitztrommeln sind vielfach in Afrika heimisch.
Die Rädchen sind im speziellen typisch für die I/oangokflsto und die Folge
europäischen Einflusses.
Aus Angola beschreibt Tams drei Trommeln, die alle aus einem Stück
Holz hergestellt waren, die l>eiden kleineren zwischen 2 und 3 Fufs lang,
an beiden Enden mit Ziegonleder straff uberzogen, während die gn'fste,
wenigstens gegen 5 Fufs lang, nur an einem Ende fll »erzogen war. Die
lange wunle zwischen den Beinen, die leiden kleinenm waren unter dem
linken Arm gehalten und hingen an einem Kiemen. 1
Das eigentliche Kongobeeken bietet fraglos weniger Felllmmmeln als
andere Gegenden Afrikas. Wo sie vorkommen, sind es die uns bekannten
Typen. Vielleicht mufs der Nonlen und der Süden ausgenommen wenlen.
Bei den Bangala stehen die Trommeln nämlich auf Fflfsen, im Süden da-
gegen ist eine sonderliare Abart der Sanduhrentrommcln heimisch, die
später erörtert wenlen soll. — Im allgemeinen ist jedenfalls die Thatsache
bemerkenswert, dafs oftmals die Trommeln von den Nachkirn gekauft
wenlen, so von den Waldnegern am obenan Ituri, von den Volkern des
mittleren Kongo und nach mündlicher Auskunft auch am unteren Kassai. Die
Trommeln sind sowohl mit Ziegenfell als mit der Haut des Phyton Um-
spannt, kleinere mit Varneihäuten. Die Spannung ist dmvh Riststricke
oder auch Rotangstreifen vorgenommen. Fellriemen kommen am ol>ercn
Kongo (Stanley Falls) vor. 2
Der Südwest- und Sudrand des Kongo -Beckens bietet wieder eine
gWifsero Fülle und allgemeine Verluvitung. Im Sambesi - Becken (aber nur
im nördlichen Teile desselben) ist dann der Höhepunkt im Fonnreichtum
erre i cht.
Cavazzi erwähnt zwei Tmmmoln der südwestlichen Kongostämme.
Die Aganiba oder Ingondw ist grofs, nur an einer Seite mit Fell ülierzogvn
und winl mit den Fäusten geschlagen. Die Andunga ist kleiner, aber der
vorigen nicht ungleich. Seltener ist eine kleine Tnunmel, die nur erschallt,
1) Bastian: „Loanpoküste*, Bd. 1, S. 10'J Ki3. Dapper, S. .720. „Allg. Bist. d.
R. tt , Bd. IV, S. o77, 710. Falkenstein, S. 1!>'>. Tams, S. 101».
'2) Baumann: „Beitrüge*, S. 11, 17. v. Francnis: „Tschuapa und Lulongo*,
S. 17:1. Jainoson, S. L'IT». Cofiuühat, S. 170 und 17:*. Stuhlmarin, S. .T.K) und . r >f»1.
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wenn der König sich sehen läfst und die nur die Häuptlinge benutzen.
Sie ist auf einer Seite mit Haut Aberzogen und mit eisernen Reifen umfangen.
Die Trommeln der Kalunda sind aus einem Baumstämme geschnitzt
und haben an der Seite ein kleines Loch, das mit Spinnweben bedeckt ist;
ol>en und unten sind sie mit Antilopenhai it Aberzogen und wenn dioses strafT
gespannt werden soll, so halten sie die Trommel an das Feuer, das sie
zusammenzieht. Diese Trommeln werden mit den Fingern geschlagen. —
Die Kalunda des Cazembe besitzen eine Trommel von etwa 7 Fufs Länge
und 3 Fufs Breite, welche der Muata Lequeza von dem Hofe des Muata
Jamwo mitgebracht haben soll, als er zh den Quellen des Kongo gesandt
wurde, um diese Länder zu verwalten. Die Trommel wird Cliamhancua
genannt und wurde früher nur in Kriegsfällen benutzt
Die Trommeln des Marutse-Mambunda- Reiches sind von Holub sehr
eingehend bcliandelt Drei der Formen mögen hier nach ihm geschildert
werden, während eine viorte im nächsten Abschnitt Erwähnung finden mag.
1. Die Langtrommeln sind kegelstutzförmige, an der oberen Öffnung
mit einem gespannten, ungegerbten Felle geschlossene Rohren; ihr unteres
Ende verschmälert sich, ist oft fufsartig gefonnt, oft durchbrochen, aus-
geschnitzt, um während des Gebrauches aufgestellt zu werden. Diese Lang-
trommeln zeigen folgende Dimensionen: Breite 20 — 35 cm, Länge 70 bis
150 cm, Stärke 1 — 3 cm. Bei manchen findet sich der gröfste Breiten-
durchmesser an dem oberen (Trommelfell-) Endo, bei einigen auch am ot>eren
Drittel und bei anderen in der Mitte. In der Regel sind sie mit Scluiitzereien,
meist mit erhabenen, ein bis zwei Finger starken Ringen, die bald dicht
aneinander folgen, l«üd weiter voneinander abstehen, versehen. Die Trommel-
felle sind aus ungegerbtem I^eder verfertigt und mit breitköpfigen Holzstiften
an der Holzrohre festgenagelt. Die kleineren Trommeln werden in der Hand,
die grofsen mittels eines ül>er die Schultern geworfenen Riemens getragen.
2. Die Reibtrommeln , der Gestalt nach zu den länglichen gehörend.
Dieses Instrument, das hauptsächlich bei Tänzen Verwendung zu finden
scheint, ist eine röhrenförmige, ein wenig nach unten beengte, 50 cm lange,
20 ciu im Durchmesser zählende und 3 cm starke Holzröhre, die durch
ein in der Mitte durchlöchertes, am breiteren oberen Ende der Röhre ge-
spanntes Fell zu einer Trommel gestaltet wird. In der Trommelhöhlung
steckt das eine (obere) Ende eines in dieselbe (bis zu dessen unteren Drittel)
ragenden rundlichen, fingerdiekon Stabes, der durch ein Querstflckchen un-
mittelbar unter und über dem Felle befestigt wird. Der Musiker bewaffnet
seino Hand mit einem Baststöek, in der Regel vom Boalwibbaume, und fährt
damit an dem Stabe auf und nieder, welche Reibbewegung einen tiefen
knurrenden Ton erzeugt.
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1C>0 —
3. Die Alarm-, Schlacht- und Kriogstrommeln sind lediglich könig-
liches Eigentum. Es sind stets drei bis vier vorhanden, die im greisen
Beratungshnus aufbewahrt und nur hei Überfällen der Residenz, beim Aus-
marsch in den Krieg, bei Ausbruch revolutionärer rmtriebe und ähnliehen,
plötzlichen Aufruf zu den Waffen erhei sehenden Momenten geschlagen werden.
Das Exemplar, das Holub abbildet, hat eine l>owlcnfönnige Gestalt. Die
gröfsto Breite liegt auf dem unteren Drittel. Ein Henkel und drei Füfse
charakterisieren sie. Der Autor vermutet, dafs diese Trommeln mit ähn-
lichen Schlägeln wie die Sirimki (Sing. Marimki) oder mit kleinen Kiris
»«arbeitet werden (siehe unten). Der Holzteil der Trommel ist mit rotem
Ocker bemalt, die Kurse sind klein, der Henkel gleich der Iicderumreifung
aus ungegerbten Rindsfellen gearbeitet. Diese Trommeln haben 30 — fiO cm
im Durchmesser, 40 — 5 5 cm Höhe. 1
Dem Süden zu ist der Samliesi die Grenze für die Verbreitung der
Felltrommeln. Am Westrande ist eine einfache nnlzrnh.ro mit Fellbezug am
olieren Ende, die von den Bergdamara stammt und sich im Berliner Museum
befindet, eine vereinzelte seltene Erscheinung. Zu den Kelltrommeln rechnete
ich bis dahin die Topftrommeln nicht, sondern hielt mit deren Beschreibung
zurück. Diese kommen allerdings auch im Süden, wie wir sehen worden, vor.
Der Leser wird kaum ein klares Bild aus diesen Besehreibungen ge-
wonnen halien. Das Bezeichnende ist zu selten, und Grenzen in der Ver-
breitung der einzelnen Typen nie hervorgehoben. Die Bespannungsweise
ist sehr mangelhaft geschildert, und gerade sie mufs als niafsgel>end für den
anatomischen Bau bezeichnet werden.
Tch mufs demnach von der Betrachtung des Museumsmaterials ausgehen.
B) Entwicklungsgeschiehtlicho Betrachtung
der afrikanischen Felltrommeln.
Scheiden wir zunächst einmal die Können ans, die ohne weitere Be-
ziehung zu der gröfseren Menge der Trommeln stehen, um uns so einiger-
mal'sen Luft zu schaffen. Das sind vor allem:
n) Selinmanentrommel, Kesselpauke, thtfnerne Standtrommel. Wenn ich
die erste Konn als Schamanentrommel bezeichne, so geschieht es, um
diesem Typus das Merkmal der au fsorordent liehen Verbreitung auf der Erde
mitzugeben. Die Schamanentrommel, eine über einen Holzreifen gespannte
Haut, ist vom Norden her weit nach Amerika hinein, im ganzen Ostasien,
D Cavazzi: „nistorische Beschreibung", S. MW./107. Livingstonc: „Missions-
reise", Bd. I, S. 3H2. Oamitto in der Zeitschrift, S. :«:{, 103. Ilolul»: „Stoben Jahre",
Bd. II, S. 108; „KuHurskizze", S. 139 ff. und S. iL».
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— 161 —
in Westasien und in den Mittelmeerl&ndorn vorbreitet Hier im letzt-
genannten Gebiet ist sie mit klingelnden Blechen bereichert Als Tamburin
bietet sie den Zigeunern, Griechen, Italienern, Spaniern etc. den Dienst
fröhlicher Tanzmusik. Die Tamburinform ist es denn auch, die in Afrika
Einzug gehalten hat und, soweit bekannt ist, wie der muselmanischc Griot,
also in dem weiten Gebiet der — um mit einer Thatsacho, die allerdings
nicht damit in Beziehung steht, aber in der Verbreitung ungenihr gleich
Ist, zu charakterisieren — Füllte Wanderungen.
Fast die gleiche Ausdehnung hat die Kesselpauke gefunden. Über
ein metallen«« Bansin ist eine Haut gespannt Rütimoyer hat solche Kessel-
pauken aus Ägypten beschrieben. Nach Passarge ist sie das musikalische
Begleitinstrument der Fu11k>. Eine eiserno Trommel mit Fellül»erzug —
also auch eine Kesselpauke — l>e8itzt das leipziger Museum. Sie stammt
aus den oberen Nilländorn. — Nachkommen dieser Instrumente besitzen
vor allem die Waganda. Aber auch eine Pauke der Wakara (siehe Baumann)
und solche der Somal müssen als Verwandte dieser, wenn nicht der Thon-
trommel l>ezoiehnet werden.
Die dritte der über Asien nach Afrika ge-
langten Trommeln, die thönerne Stand trommcl,
liesteht aus einer oben sich zu einem Kessel er-
weiternden Thonröhre, deren obere Öffnung mit
Haut Aberzogen ist (Fig. 117). Diese Trommeln
erklingen auf den Märkten Nordafrikas, soweit
das Bazarwesen reicht Alter sie sind hier nicht
allein heimisch. Westasien bietet viele solch« 1
Instrumente. Schliemann liat sie in Troja und
Ägypten ausgegraben. Auch «lie Perser verwenden
sie. Prähistorische Funde in Sachsen uml auch
anderweitig in Deutschland haben si«i uns auch
hier kennen gelehrt In Afrika reicht ihre Aus-
dehnnng bis zum Sudan. Ob ein grofser Teil der
hölzernen Staudt rommcln nicht auf tliost; Form
zurückgeführt werden mufs, oder ob sie aus
hölzernen VorbiUlern hervorgegangen ist, mag
dahingestellt bleiben.
Jedenfalls sind wir berechtigt, «liese drei Trommeln als asiatischen
und nuHlitcnnnen Ursprungs zu iM'zeichnen.
b) Sanduhrentromniel. Einen weiteren Typus können wir ebenfalls
ausscheiden als ziemlich klar und verstandlich in «1er Entwicklung. Das
Froboiiiun, Afrikanisch» Kulturen. ^
Fig. 117.
Thönerne Standtrommel aus
der Stadt Fees, Marokko
(Berliner Mus. f. V.-lk.'rk.).
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sind die Sanduhrentrommeln, deren Hanptformen in folgender geographischer
Verbreitung hervortreten: 1. ostafrikanische Form, 2. Form des südlichen
Kongo -Beckens, 3. Form Nordguineas.
Die ostafrikanische Sauduhrentrommel -wird schon von Burton erwähnt.
Sie ist von nicht absonderlicher Gröfse, etwa 1 Fufs oder etwas mehr hoch.
Die mir bekannten Exemplare sind durchweg mit Eidechsenliaut bezogen,
und zwar ist diese durch Nagel (Holz!) festgestiftet. Sie ist nicht sehr
hftufig, vor allen Dingen nicht über grofse Flächen verbreitet, vielmehr auf
kleine Parzellen beschränkt. Meist scheint sie nur auf einer Seite mit Haut
überzogen zu sein (Fig. 118).
118. 119. 119a. 120.
Fig. 118. Trommol der Wabundalc (leipziger Museum). Fig. 119. Trommel
uicbtmobaininedaniseher Stämme im Haufs:tgebict iliistorist hes Museum in
Born). Fig. 12t). Trommel der Marutse inacli Holub, ohne dio Ornamente).
»
Die zweite Form (Fig. 119) ist von Senegambien bis nach Adamaua
an der Westküste und in den Ländern am Unterlaufe des Niger heimisch.
Sie ist mit doppelten Trommelfellen, die durch seitliche Schnüre angespannt
werden, versehen. Der Künstler hält das Instrument unter dem Arm und
spannt durch einen Druck mit dem Ellbogen die Schnüre an, wodurch die
Tonhohe wechselt. Der Schlägel (Fig. 119a, nach Zeichnung von Kling) ist
hakenförmig gebogen. Ähnlich so wie Passarge, beschreibt Winterbottoiu
die Handhabe dieser Trommel an der Sierra -Leone- Küste. Dort ist sie zwei
Fufs lang, auf beiden Seilen hohl und mit Fell ül>crspatmt. In der Mitte
ist sie verengt. Die Neger tragen sie, wenn sie über Feld gehen, unter
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dem linken Arm und schlagen mit einem Klöppel darauf. Diese Trommeln
bewegen sich in einer Höhe von 20 — 60 cm. Sie sind mit Ochsenhaut
überzogen und die Schnuren aus Sehnen oder Hautstreifen sind gedreht und
durch den aufgewulsteten Rand der Trommelfelle gezogen. — Die Ver-
breitung an der Nordguineaküste scheint ununterbrochen zu sein.
Die dritte Form traf Holub im Marutse-Land. Er beschreibt sie (Fig. 120)
folgendermafsen : Es sind aus einem Stück Holz gearbeitete, mit Schnitzereien
ül>or und über l»edeckte, längliche, in der Mitte tief sattelförmig einge-
schnürte, an beiden Enden mit einem Felle versehene, 80 — 90 cm lange
Trommeln, welche vier über die sattelförmige Einschnürung ausgespannte
Ohren, resp. Henkel hat. Mittels eines Riemens trägt der Tambour die
Trommel in horizontaler Loge und schlagt mit beiden Händen auf die Trommel-
Fig. 121. Schädoltrominel aus Tibet (ethnographisches Museum in Basel).
feile ein. Wahrend Ostindien Ähnliche Trommeln aufweist, fand der Reisende
von Süden kommend diese Species zum ersten Male bei den Mamtse ver-
treten, und hier als Eigentum des Hofes Sepopo besafs zwei davon.
Gleiche Trommeln fand Magyar im Lunda- Gebiet, Serpa Pinto bei den
Ambuella. Wifsmann brachte eine gleiche Trommel der Baluba nach Berlin. 1
Wir sehen, dafs diese Tremmel im wesentlichen dem westafrikanischen
Kulturkreis angehört: Denn die sporadischen Vorkommnisse westafrikanischer
Formen in Ostafrika sind uns geläufig. Wir neigen also dazu , sie als malajo-
nigritischo zu bezeichnen, zumal sie uns aus Neuguinea und von den
Marschall etc. bekannt ist. Ich werde später die Gründe zu erörtern haben,
1) Burton: „Lake Regions», Bd. II, S. 294/290. Bassargo, S. 104/1 0ö, 477.
Winterbottom, S. 151. „Allg. Rist d. R.", Bd. IV, S. 158. Gray and Dochard, Taf.
S. 300/301, Nr. 4. Schürt/.: „Einleitung* (Buch der Erfindungen), S. 38 Sep. Holub:
„Sieben Jahre", Bd. II, S. 193. Magyar (ungar. Ausg.), Tafelabbildung. Serpa Pinto,
Bd. I, S. :*»S. Ratzel: „Völkerkunde», 2) Bd. II, S. 181. nolub: „Kulturskizze", S. 141.
11«
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weshalb diese Trommel nicht als malajonigritische bezeichnet worden darf,
wenn auch noch so viele Merkmale die intime Verwandtschaft der afrikanischen
und oeeanischen Sanduhrentrommeln beweisen, als da ist: Ülierzug aus
Eidechsenhaut, Henkel au den Seiten, Befestigung ohne Lederstreifen, Schmuck
an Ornamenten etc.
Wir kennen die Trommel auch aus Asien und zwar aus Ostindien,
Westindien, Japan, Tibet ete. Ich bringe hier eine bezeichnende Form,
eine Schädcltrommel aus Tibet (Fig. 121) zur Abbildung, ohne behaupten zu
wollen, dafs sie das Urbild der Sanduhrentrommeln sei. Die aufserordent-
liche Übereinstinunung der afrikanischen und der oeeanischen Trommeln
beweist nur, dafs dieselben Träger hüben und drül>en sie eingebürgert halten.
Sie selbst scheint asiatisch.
t) Topftrommel. Wenn die Südafrikaner auch keine eigentlich«' Trommel
haben, so verfügen sie doch ül>er einen Ersatz, den Kolben folgendennafsen
schildert. Das zweite musikalische Instrument der Hottentotten ist ein
irdener Topf, der, gleieh wie ihre anderen Töpfe, einer alten II nie gleich sieht.
Damit er zum Gebrauch diene, l»edeekeu sie die Öffnung mit einem sehr
sauber zubereiteten Schafsfelle, das sie mit Sehafsdärnien oder Sehnen fest-
machen, wie man ein Kalbsfell über eine Trommel spannt (?). Dieses In-
strument spielen nur die Weilar. Sie schlagen mit den Fingern darauf. —
Die Hassuto haben als Trommel eine Kalalwsse oder einen Thontopf mit
stark ausgespannter Haut überzogen. Aus dem Kongogebiet ist mir wenigstens
eine derartige Trommel bekannt. Dieselbe (Fig. 122) besteht aus einem Topf,
der mit einem Kotangfleehtwerk umgeben ist , und der das lederne Trommel-
fell hält.
Eiu derartiges Instrument aus Weida wird folgend, rmafsen beschrieben :
Sein Körj>er ist ein irdener Topf, wie ein Hall gestaltet, ungefähr einen Fufs
im Durchmesser mit einer Mündung von G Zoll Breite, mit einem Kando
von 1 Zoll Hoho umgehen. Diese Mündung oder diesen Topf bedecken sie
mit Pergament oder einem wohlgescliabten Felle nud U'festigeu es au einem
weidenen Keifen, der über dem Hand ist. Nur die Weiber spielen diese
Trommel. Sie kauern dabei auf die Erde und schlagen mit einem hölzernen
Stock, der am Ende rund ist, auf die Höhlung. Diesen Stock halten sie mit
der rechten Hand und zugleich schlag-n sie mit ihrer linken Hand oder
deren Fingern auf das Fell. Die Bewohner der (toldküste trommeln mit
der flachen Hand auf einen grofsen Flaschenkürbis, den sie mit einem Fell
überziehen und um den Hals hängen. Knlahusseiitrummclu traf Caillie mohr-
fach in den Mandingnlämlcrn, wogegen Topftroiumeln aus Thontöpfen in
Ostafrika nicht fehlen dürften. Eine „Trommel aus Usimhu", die Stanley
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abbildet, scheint derartigen Einflute zu zeigen. 1 Dagegen ist ffir den Nord-
osten Gewifsheit erlangt. Die Galla hängen nämlich leere Hydromoleimer
sehr gerne in die Wipfel der Bäume, und läuten sie, entweder um Signale
zu geben oder Schrecken zu verbreiten. Nicht selten geben die Galla -Fürsten
durch Schläge an diese tonenden Gefäfse ihren Befehlen Ausdruck. Wenn
damit auch keine Topftrommeln hier nachgewiesen sind, so wirft diese Be-
merkung doch wenigstens ein Licht auf die Entstehungsgeschichte dieser
Trommeln. Für die Kalabassen ist etwas Ahnliches nachgewiesen. Wifsmann
traf im Baluha- Lande, bei den Bena Witanda, Aolsglocken. Kalabassen
waren an gebogenen Stangen zusammen mit spannlangen Stücken ganz
trockenen Grases aufgehängt. Wenn der Windhauch sie ancinandersclüug,
erregte er ein melodisches Geräusch. 2 _
Und doch versteh«! wir auch mit Hilfe dieser Mitteilungen die Ent-
stehung der fragliehen Trommeln nicht ganz. Wir müssen zweierlei an der
Trommel unterscheiden: 1. das geschlagene Fell und 2. den wiederhallenden
Resonanzboden. Bei derartiger Unterscheidung erkennen wir sofort die Be-
deutung und Verwandtschaft, der Kalabasse und des Topfes als Schallkasten.
Die Kalabasse als Resonanzboden ist uns schon durch die Erörterung der
Saiteninstrumente bekannt geworden. Den Topf als verwandtes Gerät verstehen
1) Kolben, 8. 114. Casalis, 8.156. „Allg. Bist. tl. R. tt , Bd. IV, S. 323. Winter-
bottom, S. 151. Caillic, Bd. I, S. 209, 280. Stanley: „Dunkle Weltteil", Bd. I, S. 219.
2) Paulitschke, S. 113. Wifsmann: .Zweite Durchquerung", S. 81/82.
Fig. 122.
Trommel vom Sankuru. Thontopf mit Fell
und Kotangspaniiung (Museum in Ixjipzig,
Slg. des Kougostaates).
Fig. 123.
Hölzerne Topftrommel
der Somal
(Museum in Leipzig).
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16G —
wir als Ersatz leicht Daher wilre die Frage, ob diese Trommelf onn afrikanisch
ist oder nicht, erst zu entscheiden, wenn die Frage nach dem Ursprung des
Trommelfelles beantwortet ist
Ich schliefse hier noch eine Gruppe von Trommeln an , die entschieden
mit der thöneruen Topftrommel verwandt sind, es sind eigentlich hölzerne
Topf trommeln. Sie bestehen aus einer hölzernen Schale (Hier Urne, sind
unten spitz (wie altägyptische und griechische Gofäfse) und sind mit Fell
derart bespannt, dafs auch das spitze untere Ende mit einem Lederlappcn
bedeckt ist und die Verbindungsschnure vom Kunde des Trommelfelles bis.,
zu dem unteren Lcderlnjuen und zurück etc. gezogen sind (Fig. 123). Diese
Trommeln gehören dem nordliehen Afrika im. Das südlichste Vorkommen
im Westen habe ich bei den Stanley Falls bis jetzt festgestellt. Hier ist
die Verbindimg statt durch l,cderriemen mit Kotangst reifen erzielt Im Osten
verläuft die Verbreitung im Zwisohcnseengebiet
Demnach hatten wir die gleiche Trommel vor uns in dreierlei Spiel-
form, nämlich drei verschiedene Resonanzboden : 1. der Kalabasse, 2. dem
Thontopf, 3. dem Holzgefäfs. Die Frage, ob diese Trommeln afrikanisch,
und zwar dem Ursprünge nach, genannt werden können, erheischt Erörterung
des Ursprungs des Trommelfelles. Die gleiche Frage werden wir sogleich
wieder aufzuwerten haben.
d) Die Morsertrommel. Einige I^eutc erzählen, dafs im Anfange,
damals, als die Sonne noch nicht ihr Kind geboren hatte, kein Streit zwischen
Sonne und Mond war. Als das Kind nun das Licht der Welt erblickt hatte,
rief seine Mutter, die Sonne, den Mond und bat ihn, das Kind zu nehmen
und zu halten, dieweil sie hinginge, sich zu witschen. Mond nahm die
Tochter der Sonne in die Arme, war aber nicht im stände sie zu halten,
denn sie brannte ihn. So liefe Mond das Kind fallen; es stürzte auf die
Knie, so dafs daselbst die heifso Jahnszeit alles und joden versengte. Als die
Mutter des Kindes zurückkam, entstand grolse Fehde. — Es mag auch noch
andere Gründe des Streites geben, wenigstens wissen die Häufst! solche au-
zugeljcn. So sie aber solchen Kriegszustand am Himmel oder die Not des
Mondes erblicken, ergreifen sie ihre Mörser, ziehen eine Haut darüber und
schlagen darauf die Begleitung zu den Gesängen, in denen sie die Sonne
um eine zartere Umgangsform anflehen. — So berichtete etwa Schöns
Haufsamann.
Was die Mythe hier aus dem Haufsalande berichtet, beweisen die
Thatsachen auch aus anderen Gebieten. So befindet sich im leipziger
Museum für Völkerkunde eine Trommel der Sonial mit der Aufschrift:
„Holzmörser als Trommel 1 ' (Fig. 121). Ein Iicdcrstück ist über die Öffnung
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dieses Gerätes gezogen und durch Umlegen eines gewundenen Zengstreifens
befestigt.. Wir brauchen uns aber nicht nur diese direkte Aussage zu ver-
gegenwärtigen, um die Bedeutung des Stampfers für die Trommeln zu er-
kennen. Dio Formen sprechen oft genug selbst. Diese Trommeln mit einem
Kurse sind sehr weit verbreitet Sie sind im Sudan überall nachgewiesen,
wo die Forscher ihr Augenmerk den Dingen dieser Art widmeten. Neben
anderen Formen bietet sie Nordguinea, Man vergleiche auf der Tafel HT:
„Musikbande des Häuptlings von Abetifi" die Trommel auf der linken Seite
im Vordergrund. Es ist ein Stück solchen Ursprunges. In Südguinea sind
sie nicht sö häufig, doch erreichen sie vom Innern kommend das Gabun-
gebiet. Vom Kongo sind mir ausgesprochene Morsertrommeln nicht bekannt,
Dagegen erstreckt sich die Zone ihrer Hernehaft in Ostafrika bis in das
Livingstone- Gebirge, über den Tanganjika bis in
das Baluba-, Kalunda- und Marutse- Gebiet. 1
Demnach deckt sich die Verbreitung dieser
Trommeln auch ganz sachgemäfs mit dem Vor-
herrschen der Hirsenahrung. Im Süden nur fehlt
sie, was ein Herabsickern der Urform von Norden
odor Osten her andeutet Man könnte demnach
versucht sein, dio Entwicklungsgeschichte der
Mörsertrommel mit der Entwicklungsgeschichte
der Hirse in nahen Zusammenhang zu bringen,
da hier eine Perspektive sich eröffnet, von wo
aus dann auf spätere Entwicklung der anderen
Trommeln zu seldielsen ist, was ein verlockendes
Ergebnis von vornherein gleich verhelfst Denn
die thönerno Standtrommel (Kig. 1 1 7) wäre von
dieser (Fig. 124) niejit allzuschwer abzuleiten und
von dieser Standtrommel könnte man die Topf-
trommol abstammen lassen etc., so dafs sich ein
artiger Stammbaum ergäbe. Solche Ableitungs-
weise liefso sich aber nicht mit dem Fehlen der Mörsertrommel und dem
Vorkommen der Topftrommel im Süden in Einklang bringen. Dem wider-
spricht also die geographische Verbreitung, ganz abgesehen davon, dafs wir
oben einen anderen Gedankengang fanden, demzufolge das Trommelfell für
«He Entwicklungsgeschichte aussclüaggebend sein mufs, während die Unter-
Fig. 124.
llolzmöreur als Trommel:
„Dulbau", Soinal.
(Museum in Loipzig.)
1) Sehön: „Mangana Haufsa*, Bd. U, S. 122. Gray and Docliard, Taf. S. 300/301,
Fig. Ii. Cameron (deutsche Ausgabe), Bd. II, S. IG. Baumanu: „Massailand" 4 , S. 226.
Stanley: „Dunkle Weltteil", Bd. I, 8.249. Stuhlmanu, S. 824. Cameron, Bd. I, S. 159.
Wilsmann: «Zweite Durohmierung 44 , Taf. S. 40 etc.
— 108 —
läge, der Resonanzboden, als da ist: Thontopf, Kalabasse, Holzgefilfs und
jetzt können wir auch noch Mörser nennen, wechselt
An dieser Stelle mufs ich auf Karl Buchers treffliches Werk: „Arbeit
und Rhythmus" verweisen, in dem die Trommel wie die rhythmische
Trommelmnsik der Naturvölker zumal auf die Mörserarbeit zurückgeführt
wird (S. 92). Ohne im speziellen gegen die ausgezeichnete Beweisführung
des Autors polemisieren zu wollen, will ich nur darauf hinweisen, dafs im
Princip der Gedankengang Büchers fraglos das Richtige getroffen, im spociellen
aber hinsichtlich der Trommel ein kleiner Irrtum sich eingeschlichen hat,
auf den ich unten zurückkommen werde.
e) Abfeilschte Formen, HpannnnffsweW ete. Zwischen jenen klaren
Formen der Topftrommel (Fig. 123) und der Mörsertrommel (Fig. 124) giebt
es eine Unzahl von Variationen, deren formales Princip bald zur einen,
bald zur anderen hinfiborneigt Aber wichtiger als diese Abflachungen ist
die Umbildung der Sanduhrentrommeln (Fig. 118—120), die die Ein-
schnürung in der Mitte verlieren und als einfache Röhren nunmehr auftreten.
Es stammen zumal jeno langen Typen, wie sie l»osondors in Westafrika und
auch im Kongobecken so häufig sind (vergl. Fig. 110) von solchen Sanduhren-
trommeln ab. Andererseits wirken nun diese röhrenförmigen Trommeln auf
die Mörsortrommeln ein, indem deren früher solider Fufs nunmehr durch-
bohrt wird.
Weit wichtiger als die eingehende Erörterung dieser abgeflachten Formen
ist eine Betrachtung der Spannungsweise, von der wir besonders vier Arten
zu beobachten haben. Die einfachste Form der Bespannung ist die Beziehung
der Tremmel mit dem nassen Fell, das l>cim Trocknen sich zusammenzieht
und fest angeschlossen ist. Die thönerneu Staudt nun mein bieten viele Bei-
spiele, auch die Topftremiueln. Die zweite Methode ist die der Ver-
schnürung mit l/'dorriemcn (Fig. 1 IG — 119). Sie beherrscht den Norden und
Westen, tritt aber im Osten und Süden gegen die dritte Art der Fellbe-
festigung, die Festuagelung vermittelst kleiner Ilolzpflöcke zurück (Fig. 118
bis 120).
Die Vorschnürung mit licderricmen entwickelt sich im westafrikanischen
Kulturkreise, besonders, aber auch schon in Ostafrika in eigenartiger Weise.
Sio winl not/artig. Büttikofer hat ein gutes Beispiel aus Liberia abgebildet
Sie neigt in dieser Umbildung schon zu der vierten Sittnnungswcisc, die
ich oinfachheitshalbor zunächst als die westafrikanische bezeichne. Diese
Methode ist am klarsten im Ogowe -Gebiet ausgebildet und Vsteht darin,
dafs über dem aufgewunden Rande des Felles Schnüre hindiiivhgezogen
wenlcn, die lmton am Fufse der Tremmel um einen Ring geselllagen wenlen.
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— 1G9
Dieser Ring winl an dem Hinaufgleiten nicht nur durch den nach ol>en
sieh erweiternden, resp. im Umfange zunehmenden Trommelkörper, sondern
auch durch von oben nach unten eingefügte kleine Keile verhindert (Fig. 125).
Bezeichnend ist es, dafs nicht Ledcrriemen and Lederring zu dieser Ein-
richtung gewählt werden, sondern meistens Rotangstreifen.
Die Verbreitung dieser Befestigungsart ist eine merkwürdige. Die
eben besprochene Originalform findet sieh nur im südlichen Kamerun und
im Ogowegebiet. Aber eine Bespannung wie die an der Trommel Fig. 122
ist nicht nur infolge der gleichen Verwendung des Rotang ähnlich, sondern
es liegt ein tieferer Verwandtschaftszug in der Verflechtung unten und oben.
Rotangverschnürung findet sich auch an Trommeln vom Kongo (specielle
Provenienzen: Bangala, Stanley Falls, Balui). „Weiden-
ruten" dienten dem gleichen Zweck an den Topf-
trommeln Weidas.
Aber ich kann noch eine nähere Verwandtschaft
in Afrika nachweisen und zwar an der Goldküste. Eine
eingehende Betrachtung der Trommeln auf Taf. III (bis
auf die rechts im Vordergründe liegende gehören diese
alle dem Typus an) lehrt: Durch das Trommelfell sind
Über dessen Randwulst Schnuren gezogen, die nach
unten gehalten werden und zwar dadurch, dafs sie um
einen Keil geschlungen sind, der in den Trommelkörper
eingefügt ist. Jeder derartige Trommelkörper besitzt
unter dieser Keilreihe ein oder mehrere erhabene Ringe,
die in feinen Mustern und zwar strickartig geschnitzt
sind. Die Beziehung zu der westafrikanischen Spannungs-
weise ist nun nicht schwer zu verstehen. Die nach
unten laufenden Schnuren sind nicht wie dort um den
unteren, durch Keile nach unten gezogenen Ring ge-
schlungen, sondern, da dieser Ring fest aus Holz ge-
schnitzt ist, sind die Keile in den Trommelkörper ge-
trielien und dann die Schnuren um die Keile geschlungen. Es liegt ein ganz
prachtiges Beispiel, wie die Merkmale eines technischen Verfahrens erhalten
bleiben, auch wenn das Verfahren geändert winl, in dieser Zähigkeit, und
Ausdauer, mit der der ganz überflüssige untere Ring stets noch strickartig
geschnitzt wird.
Es winl Zeit, dafs ich der westafrikanischon Bespannungsart ihren
richtigen Namen gebe, es ist die indonesische. Es ist nicht nötig dieses
nachzuweisen, jedes greisere Museum besitzt aus Indonesien oder "West-
Neuguinea Trommeln, dio dies Merkmal tragen und zwar so vollkommen
Fig. 125.
Trommel aus dem
südlichen Kamerun.
(Mus. f. Volkerkunde
in Leipzig.)
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fibereinstimmend mit der afrikanischen Methode, dafs jeder Skrupel über
eine Hczieliung im ersten Keimen erstickt werden mufs. — Auch hier wieder
mufs ich übrigens die Annahme eines malajonigri tischen Helegstückes
zurückweisen.
Das Trommelfell besteht von Senegambien bis herab zu den Hotten-
totten aus Ziegen-, seltener aus Schafshaut. Ebenso im Süden. Von Ost-
afrika (Waden, AVanjamwesi) reicht bis über den Tanganjika (Cazenibe) eine
Zone der Verwendung von Rinderfell. Dieselbe Zone, nur ist sie ausge-
dehnter, bietet Eidechsen- und (seltener) Schlangenhaut als Trommelfell.
Trommeln vom mittleren Kongo zeigen das gleiche Material. Andere Angaben
sind selten: Leopardenfell (L<«»ngo, (ioldküste), Antiloi>enfell (Wadoe und
Kalunda), Elefantcnohr (Chevas und Assini). Die Verwendung von Fellen
dürfte nach Asien weisen, wogegen die der Varncihantu auch auf Oceanieu
weisen konnte. Solche Beziehung konnte auch aus der Darstellung von
Eidechsen und Menschen an westafrikanisehen Trommeln zu lesen sein. Doch
will ich das Problem des Trommelfells noch nicht verlassen.
f) Das Trommelfell und der Ursprung der afrikanischen Trommel. Ich
betonte oben mehrfach, dafs die Frage nach dem Ursprünge «ler afrikanischen
Trommel lediglich mit Kenntnis der Eigenart und des Wesens des Trommel-
felles beantwortet werden könne. Da wir nunmehr filier eine ziemlich ein-
gehende Kenntnis der Trommeln verfugen und gesehen haben, wie schwankend
und deshalb entwicklungsgeschiehtlieh verhältnismälsig unwesentlich die
(icstalt des Trommelkörpers, alias des Resonanzbodens, ist. so wenden wir
uns mit bedeutendem Interesse dem Trommelfell selber zu und zwar be-
trachten wir einmal die Herstellung der Felle.
Die Kürschner der Hottentotten nehmen die frischen und noch rauchen-
den Häute, reiben sie stark mit Fett, bis es recht eingedrungen ist.
Darauf ergreifen sie zu zweien die Haut gleichwie zwei Dienstmädchen einen
staubigen Teppich und klopfen sie vermittelst starker Stocke und mit grofser
Stärke etc. Die Marutse schliefsen den lWers der Feinbearbeitung, nachdem
mit dem Schabbeilehen oder anderen Werkzeugen die Fleischrestchen, Sehnen-
fasern etc. entfernt, das Fell beiderseits mit öligen oder fettigen Substanzen
gut eingeriel>eii ist, damit, dafs 2— G Männer in hockender Stellung im
Takte und unter Gesang das Fell mit ihren Händen pressen, Stelle an Stelle
aneinanderreihen, bis sich das Fell trocken und geschmeidig anfühlt. —
Die sehr umständliche und mühevolle lYoeedur des l'i-äparierens der Felle
verstehen nach Fritsch die Betsehuana besser als irgend ein anderer Stamm
in Südafrika; sie wird, obwohl dabei auch heftige Körperbewegung unver-
meidlich ist, doch mit einem Eifer und einer Energie ausgeführt, die den
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Eingeborenen bei keiner anderen Gelegenheit eigen zu sein pflegen. Die
anstrengende Arbeit, an der sieh bei gröfseren Hauten mehrere Personen, zu
beteiligen pflegen, wird ihnen zu einem geselligen Vergnügen, und das
taktmäfsigo "Walken mittels der Hände oder Füfse begleiten sie mit einem
eigentümlichen , einförmigen Summen, wodurch das Vergnügen noch wesent-
lich erhöht zu werden scheint.
Dieselben Betschuancn , denen das taktmäfsige Walken mit Händen und
Füfsen in der Geselligkeit zum Vergnügen wird, wissen bei deu Bagnerra-
festen (Mannbarkeitsceremonicn) die Trommel dadurch zu ersetzen, dafs
ihrer mehrere eine Ochsenhaut gespannt halten und mit Stötten gehörig
beart»eiten. Dazu erklingt wieder dasselbe Summen. Und gehen wir auf
unserem Wege nach Norden noch weiter, 80 troffen wir bei den Trommcl-
ceremonien der Warna einen Rückfall in die Arbeitsweise. Cameron be-
obachtete nämlich die Hochzeit eines Häuptlings. Ein wichtiger Teil der
Ceremonie bestand darin , dafs einen Tag lang ein Dutaend Männer unter
Pfeifen, begleitet von Beifallsrufen und Klatschen der Menge um cino ,
Trommel herum tanzten, just so wie jene Betschuancn im Kreise ihr Fell '
bearbeiten. 1
So ist denn ohne Schwierigkeit die afrikanische Trommel in ihrem
Aufwachsen aus der Fellfabrikation zu beobachten. Bücher hat recht, sie
verdankt der Fronde der rhythmischen Arbeit ihr Dasein, nicht aber allein
beim Kornstampfen , sondern vor allem bei der Lederwalkerei.
Ks lassen sich noch oinige Reste aus dieser „Vorgeschichte der Trommel 1 '
nachweisen, nämlich einmal deutet der hakenförmige Trommelknüpi>el auf
das Lederkratzinstruinont zurück, dann ist nur ein Trommelknüppel vor-
handen, — der Kürschner bearbeitet sein Fell ja auch nur mit einem Werk-
zeug — und endlich weiden einigen Ortes die Trommeln nicht geschlagen, '
sondern gekratzt.
Damit wird die Mannigfaltigkeit der Formen der Trommel körper in
dem Sinne erklärt, der oben schon angedeutet wurde. Das Wesentliche der
Entwicklung liegt im Trommelfell. Die Wald des Scliallkörpers ist will-
kürlich. Topf, Kalabasse, llolznapf, Mörser mögen eins wie das andere
dienen. Es liegt kein sonderlicher Zug in ihrer Bevorzugung und geographischen
Verbreitung.
Was nun aber die Verwendung des Ledere oder die Herstellung des-
selben anbelangt, so wollen wir uns hüten einen voreiligen Schlufs zu ziehen.
Es soll nicht radikal mit Hinweis auf asiatischen Ursprung der Viehzucht
1) Holub: „Kulturskizze", S. 125/12«). Fritsch, S. 185. Kolbon, S. 17"» und
Taf. XIX. Cameron (deutscho Ausgabe), Bd. II, S. 105/101).
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— 172
— Haustiere liefern zun» gröfston Teil das Material zu den Trommelfellen —
jede Erörterung abgebrochen werden. Wir kennen ja die asiatisch-afrikanischen
Beziehungen bis jetzt nur sehr wenig. Jedenfalls müssen wir alle Merkmale
zusammenfassen, wenn ein sicheres Resultat der Forsehlingen über die
afrikanischen Felltrommeln gewonnen werden soll.
C) Überblick der Formen der Felltrommeln.
Versuchen wir es nunmehr, ein klares Bild der Verbreitung der wesent-
lichen Merkmale der afrikanischen Trommeln zu gewinnen, vor. allem ihre
Beziehungen zu den Achsen festzustellen.
Der Vergleich mit den Thatsachen der Verbreitung der Fellsehilde ist
von entschiedenem Vorteile. Im Süden ward der Fellmantel am Griff des
Stoekschildes zum Zulusehilde. So wächst hier auch aus der Fellliearbeitung
die Fei blecke als Trommel hervor. Dem Norden zu mehren sich asiatische
Merkmale. Als Resonanzboden tivten Mörser, Kalabasse, Topf, llolzgefafs auf.
Wo im Norden der asiatische Rundsehild hervortrat, erscheinen die
asiatische Kesselpauke, Tamburin und thönerno Standtrommel. Sie werden
dem Süden zu abgeflacht, der Eisen- oder Kupferkessel der Pauke wird
durch die Hol/schale ersetzt. Die Mörsertrommel ist durchbohrt Gleich
wie der ostafrikanische Schild die Mitte halt zwischen dem asiatischen Vor-
bild und den schwachen Schöpfungen der Afrikaner, so lernen wir in den
Trommeln Pliergangsgehilde keimen.
Kesseljuuike, Tamburin und thönerne Stand trommel weisen nach Ost-
asien und dem Mittelmcer, die Sandiihrentroinmeln nach Südasien. Die
westafrikanisehe Mörsertrommel mit dem Bilde der Eidechse, dem Fell aus
Varnoihaut, «Ion Mensehenligiiren als plastischen Sehmuek (Baluki-Ix)ango)
den Schädeln und Menschenopfern (Goldküstc: Schadelschmuck, Bangala:
Fell aus Mcnscheuhaiit, Marutse: Amulette von Menschenopfern im Innern),
der Spannung mit Rotangst reifen, vor allem aber der indonesischen Sjvannungs-
weiso weist auf eine Beziehung mit Südasien, der in gleicher Weise Oeeanien
ausgesetzt gewesen sein mul's.
Also dreierlei Quellen im wesentlichen: 1. westasiatiseh- mediterrane,
2. südasiatiseh- indonesische, 'S. afrikanische. Von ihnen nmfs die afrika-
nische nicht nur als die schwächste an Entwickluugskmft, sondern auch als
eine sekuiuliiro angesehen werden. Wie der afrikanische Bogen und der
afrikanische Fellschild die Ansicht nahelegen, dals infolge asiatischer An-
regung die Afrikaner hier zur Schöpfung vcranlafst worden seien, so gemahnt
auch der Fellmantel als Trommel und der Mörser danin, dafs der llirse-
bau und die Viehzucht asiatischen Ursprungs sind.
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— 173 —
"Wir wollen ein« nicht vergessen. Auch die Südostaustralier trommeln
auf der ausgespannten Haut des 0]>ossum. Immerhin wäre es falsch, hieraus
auf nigritisehe Verwandtschaftszfige zu schliefsen. Vielmehr dürfte die reiche
Beeinflussung, die Australien fraglos empfangen hat, ebensogut und in der-
selben Richtung zur Schöpfung geführt haben, wie in Afrika.
Die als „ südasiatisch " liezeichnete Gruppe der Trommeln, die teilweise
frappierende Analogieen zur indonesischen Formenwelt aufweist, verrät mancherlei
Merkmal der Mischung mit malajonigritisehen Zügen. Ein solches Hegt vor
allem in der Verwendung der Rotangstroifon. Wir dürfen al>er hier nicht
übersehen, dafs einmal diese Trommeln in Afrika in einom, wenn auch in
mancher Hinsicht abgeschwächten malajonigritisehen Kulturkreiso heimisch
sind und dafs sie zum andern, wenn sie aus Südasien, wio es die "Wahr-
scheinlichkeit ist, kommen, aus der Zone des malajonigritisehen Einflusses
stammen. Das Problem ist deshalb so sehr interessant, als hier zum ersten
Malo eine zweit«? Beziehung mit jenen jenseits des indischen Oceans
gelegenen Kultuiquellländern bemerklwr wird. Auch die erste, ältere, die
malajonigritische Beziehung liat Formen nach Afrika gebracht und diese
werden wir nunmehr kennen lernen.
II. Die Holzpauke.
Die Holzpaiiken gehören ausschließlich dem westafrikanischen Kultur-
kreise an. Ihnen fehlt «las Fell. Sie werden stets mit zwei Schlägeln ge-
schlagen. — Die Litteratur ist an Berichten und zwar guten Berichten über sie
reicher als ülior die Fell trommeln. Das mag darin seinen Grund haben,
dafs die Formen auffallender und, weil auf den westafrikanischen Kulturkreis
beschränkt, seltener sind. Das ist aber von hohem Werte, denn bei dem
fast vollkommenen Mangel an Museumsmaterial sind wir auf diese Berichte
und die Illustrationen der Reisewerke angewiesen.
a) Bericht« Ober die afrikanischen Holzpauken. Im südlichen Kongo -
Bwken beginnend, finden wir Erwähnung eines „Schl.iginstrumentes, in
Gestalt eines hohlen Bauines, welches l>ei dem Beschncidungsfest der Um bei Ja
eine Rolle spielt", l*«i Schmcltz.
Die Wifsmannsche Expedition lernte eine im Besitze oiner Rangala -
Karawane, die aus der Mussumlu kam, sich befindende Schinguwo kennen,
ein eigenartiges Musikinstrument, welches sonst nur bei den Kahm da
und den Kioke vorkommt, und dessen Besitz hier als ein ausschliefsliches
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Vorrecht der Unterhäuptlinge angesehen wird. Das Instrument hatte die
Form eines Keiles von 2K cm Breite, 50 cm Hoho und 85 cm TAnge an
Boiner Schmalseite, an der ein 4 cm breiter Spalt den inneren vollkommen
hohlen Kaum mit der freien Luft verbindet Der Ton wird durch pauken-
artiges Bearlx'iten der Seitenwinde erzeugt und kann durch Auflegen von
Gummistücken der Liehhal>erei des Besitzers entsprechend reguliert werden.
Der Abbildung nach wurde diese Schinguwo in folgender Stellung geschlagen :
Statt sie auf die Breitseite des Keiles zu setzen, so dafs die Schmalseite mit
dem Keil nach oben sieht, wird sie etwas gekippt, sodafs sie auf der sehmalen
Kante am einen Ende der Breitseite ruht und durch den kniccndcn Scldäger
gestutzt wird (Fig. 12G).
Ttn Kerngebiet der Lundaländcr. in der Mussumki heifst das Instrument
nach Pogge Ginguva, nach Buchner Kinguvu. Ki ist hier Vergrosserungs-
oder Roflexionspräfix , da diese Trommel auch hier Eigentum der Herrscher
ist. Poggo beschreibt sie als einen, an der oberen Seite offenen, viereckigen
Holzkasten. Der Künstler sehlägt dieses Instrument an den beiden Seiten-
flächen, ähnlich wie eine Pauke geschlagen wird mit zwei an ihrem einen
Ende mit Kautschuk bewickelten Trommel stocken. Die Töne sind laut und
erinnern an die der europäischen Pauke.
Auch die weit nach Osten zum Lualaha gewanderte Kolonie der
Kalunda unter dem Cazembo ist im Besitze der „Chincufo", wie Ganiitto sie
nennt. Sie ist aus einein Stuck Holz gemacht und hat eine uuregelmäfsige,
würfelförmige Gestalt. An seiner oberen längsten und schmälsten Seite
befindet sich eine lange Öffnung von 1 Zoll Breite. Das Instrument ist
2 Fufs 8 Zoll hoch, 3 Fürs 1 Zoll breit und etwa 2 Zoll dick, unten nur
1 Fufs breit, aber 8 Zoll dick. Es wird hier an einer Schnur um den Hals
getragen und als Bafs zur Begleitung anderer Instrumente vennittelst zweier
Stäbchen gespielt. 1
Die Manjeiua, die Stuhlmann am lturi traf, führten ebensolche In-
strumente neben anderen Formen mit sich. Zwei zeigten prismatische Formen
mit trapezförmigem Querschnitt. In der schmalen oberen Fläche befand sich
ein langer Spalt, von dem aus das ganze (b'bilde ausgehöhlt worden war.
Es wird mittels eines Halsbandes getragen und zwar ruht die Kopfseite
des Prismas am Körper des Trägers. Diese Trommel ist also schinguwo -
artig. Die dritte Trommel war cvlindrisch und hatte oben zwei durch
einen Spalt verbundene Löcher. Sie ruht quer vor dem Leibe des Trommlers,
wird aber durch einen Holzbügel von ihm abgehalten. Beide Arten werden
1) Sehineltz im „Intern. Ar- h. f. Ethnogr.", Bd. I, S. 2:!0. Wifsmann-Wolf,
S. 54. Pogge, S. 211. (ifiinitto in der .Zeitschrift 1 *, lS'.li, S. 3ST. :N<i. r O Muata
Cazembo", Taf. 8. "J7H. Valdez, IM. II, S. 22\ ; 222.
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mit jo zwei Trommelstöcken bearbeitet, deren Enden mit Kautschuk Über-
zogen sind. Als Kriegszeichen sind diese Instrumente den Leuten heilig;
sie weigerton sich eine davon zu verkaufen.
Auch die zweite der von Stnhlmann beschriebenen Formen ist von
Gamitto beim ('azembe angetroffen worden. Die „Mondo" , wie die Trommel
hier heifst, ist ein Instrument von eylindrischer Form. Sie besteht aus
«•ineni einzigen Stücke sehr harten, ausgehöhlten Holzes, welches eine ein-
zige, der Länge nach gehende Öffnung von 1 Zoll Breite hat, die sich nach
jeder Seite hin bis zu 2 Zoll quadratisch erweitert. Dieses Instrument
wird an einer Hautschnur um den Hals gehangt und mit zwei Stilbchen
126. 1_'7.
Fig. 126. Schingnwo-Sehlüger der Wcstkaliinda (nach Wifsmann). Fig. 127. Schin-
gmvo aus dem Katangiigebiet (in einer Privatsammlung); a die Olterseite des-
selben Instrumentes.
von Kautschuk gespi.dt. Man hört die Töne derselben sehr weit. Sic dient
dazu, Signale zu geben, welche al>er nur die der Campoc'do- Sprache Kundigen
▼erstehen. (VergL Fig. 12U). Diese rund«' Trommelform hat Cameron ab-
gebildet als von den Baluha stammend. (Fig. 141). Wir treffen sie am
Kongo wieder. 1
Nördlich der Baluka-Kalunda führen im Westen die Bjikuba, im Osten
die Manjema, Wakussu, Wabujwe ete. ähnlich«! Trommeln. Die Trommel der
1) Stuhlmann. S. 591. (Ein kleiner Irrtum ist die IVutung des Namens „Mundo"
als Städt«>bezeicbnang.) Gamitto in der „Zeits« hrift", S. !W5. „0 Muata Cazembo",
S. 285, Taf. S. 276, Nr. 4. Valdez, Bd. II, S. 221. Cameron, Taf. in Bd. II.
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— 17G
Fig. 128. Trommel vom Kongo (Privat -
Sammlung). Fig. 129. Trommel der
Kalunda Cazembes (na« Ii (iamifto).
Fig. 130. Trommel der Dnalla (im
Besitze des Verl). Fig. 131. Trommel
von der Loangoküsto (nach Photo-
graphie). Fig. 132. Trommel dor
Wabujwo (nach Caineron). Fig. 133.
Trommel vom unteren Ubangi (nach
Dybowski). Fig. 134. Trommel der
Sando (nach Sch\v<-infurth).
Bokuba bestellt aus einem etwa 1 m laugen
und 0,5 m im Umfange messenden, aus-
gehöhlten Stück harten Holzes mit einem
3 — 5 cm breiten Längsschnitt Die un-
gleich dicken Wandungen wurden mit
2 Schlägeln geschlagen und konnten so-
i mit verschiedene Tone hervorbringen. Nur
der Häuptling hat das Recht, sich dieser
Trommel zu taUcnen und die Trommel
steht daher unmittellwir neben seiner Woh-
nung. — Die Holztrommoln der Warna -
Halulia sind zum Teil grofso Atisgaben
der Schinguwo, die der Wabujwe sind
t rogartige Gebilde (Fig. 132).
Die Trommeln, die Stanley und so
vielen nach ihm an den Stanleyfallen
so sehr auf Helen, sind viereckige Kisten,
die auf 4 Füfsen oder auf Baumstämmen
als Rollen ruhen. An der Seite ltesitzen
sie FortBfttze, ähnlich wie die Sande-
trommeln (Fig. 134). Die Wagenia führen
jedoch auch die Schinguwo. 1
Am mittleren Kongo, also unterhalb
der Stanlcyfälle, sind verschiedene Können
heimisch, von denen Stanley die 2 m
langen, halb so tiefen und s / 4 m breiten,
auf starken Beinen aufgestellten und aus
einem einzigen Holzblock hergestellten
erwähnt. Auf seiner Kongofahrt traf Bau-
mann die Trommeln wohl überall. Die
Bosoko haben schwarze und rote Holz-
trommoln, im Durchmesser 1 m haltend,
deren Klang weit über den Strom er-
schallt. Die Araber behaupten, dafs l>ei
diesen Lukeren-Umten eine vollständig
1) Wifsmann-Wolf, S. 228/221». Came-
ron, deutsche Ausgabe, Bd. I, S. 284; Bd. II,
S. 80 u. 81; englische Ausgabe, Bd. I, S. 329.
Stanley: .Dunkle Weltteil", Bd. II, B. 221,
271, 314. Abbildung der Wagonia -Trommeln.
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entwickelte Trommolspraohe bestehe. Vor dorn Versammlungshauso Upotos
war dio milcht ige Holztrommel aus Rotholz aufgestellt, donm Signale weithin
tönen. Bei den Monungiri waren «lic pankenformigen Trommeln in greiser
Zahl zu sehen. Die grüTsten Trommeln sind jedoch mächtige Schal Itrommoln
aus Holz mit einem Spalte. Die Signale, dio die Bewohner verschiedener
Dörfer in der Not miteinander wechseln, und die übereinstimmende Be-
wegung veranlassten, machten es zweifellos, dafs durch taktmärsiges Rühren
dieser Trommel eine Verständigung auf weite Dimensionen ermöglicht werde.
Bei ben Babaugi bemerkte Baumann diese Holztrommeln zum ersten Male.
Bei &]uateurville lernte Co^uilhat eine Trommel kennen, die der
Fig. 132 nur insofern nicht gleicht, als sie noch mit 4 Beinen versehen ist.
Das ist der eine Typus. Der andere stellt eine runde Walze dar, die
(Fig. 128) nur an der 01>erseite der Lange nach aufgeschlitzt und von hier aus
ausgehöhlt ist. 1
Im Norden des Kongo treffen wir im Gebiet des unteren Ubangi bei
den Banziri eine Holzpauke ohne Fufse (Fig. 133), bei Sande und Mang-
battu dann aber die durch Schweiufurth und Junker so bekannt gewordenen
Signalpauken. — In kirnst reicher Weise ausgehöhlt, zeigt ein solches In-
strument der Sande auf der Oberseite einen langen schmalen Spalt; die
Aushöhlung ist in der Weise angebracht, dafs die beiden Hälften ungleich
dicke Wilnde darstellen, so dafs sie beim Anschlagen zwei verschiedene Töne
von sich geben. Mit diesen zwei Tönen werden, je nachdem man sie
wiederholt oder im richtigen Takte wechseln läfst, dreierlei Signale gegeben,
1. zum Kriege, 2. zur Jagd, 3. zur Festversammlung (Fig. 134). Diese
grofsen hölzernen Signalpauken der Sande fehlen auch in keinem Mangbattu-
dorfe. Aus einem Stuck gehauen werden sie hier von 4 oder auch von
2 Füfsen gestützt. Daneben kommen hier noch glockenförmige Trommeln vor,
die nachher erörtert werden. — Die Momfu besitzen solche Trommeln nicht 8
Nun die Westküste. Südlich vom Kongo tritt die Holzpauke erst
hinter dem eigentlichen Küstenstrich auf, im Süden bei Umbella — siehe
oben — im Norden bei den Muschikongo westlich von San -Salvador, am
Quiln. Hier nämlich traf der von der Küste in das Innere marschierende
Willy Wolff eine solche, der Kameruner (Fig. 130) ähnliche Trommel.
Dieselbe wurde von dem Dache eines Hauses aus von einem Neger geschlagen.
Der Trommler teilte wahrscheinlich seinem Nachbar die Ankunft des Reisenden
1) Stanley: „Dunkle Weltteil«, 13.1. II, 8. 2S7. Baumann: „Beitrage", S. 12,
17, 20, 21. Coquilhat, S. 170 und 173. Jamoson: „Dunkelste Afrika", S. 341 (Bartelot
auf dor Trommel). Congo lllustn';, IM. I, S. 15.") (Abb.).
2) Sehweinfurth, S. 240. 21>7 29S. Junker, IM. III, S. IG. 42, r,S,r>9, 173.
Jean Dybowski, S. 150.
Friiheniiis, Afrikanixrhc Kulturen. 12
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mit, denn nach einiger Zeit kamen von verschiedenen Seiten Eingel>orene,
den merkwürdigen Fremdling zu schauen.
Erst nördlich der Kongomündung erreicht die Verbreitung der Holz-
pauken den Küstensaum und Seestrand. Da ist schon in Loango „die Koko
(Konko) genannte Holztrommel mit Schlitz; sie wird in den Händen zweier
Träger gehalten oder liegt auf Holzblocken (zur Resonanz) als Signaltrommel
dienend. 44 (Bastian.) Falkensteiu hat die Ukonko (Fig. 131) näher beschneien.
Er sagt, sie gliche einem kleinen Kauoe. Wenn man sich solches bis auf
einen länglichen schmalen Schlitz oben geschlossen denkt, so erhält man
die richtige Vorstellung davon. Diese Trommel wird auf eine hölzerne
Tntcrlage gesetzt und mit einem Holzklöppol angeschlagen. Ihr Schall
reicht sehr weit, weshalb sie auch ausseid iofslioh zu Signalzwecken dient
Am häufigsten wird sie benutzt, um alle Dörfer weit in der Runde zum
nächtlichen Tanz zusammenzurufen, oder auch um Gefahr zu signalisieren.
Sie giebt zwei verschiedene Töne an, je nachdem sie auf der einen oder
\ anderen Seite des Schlitzes angeschlagen wird. Die Eingeborenen nennen
den tieferen Ton: Mann, den höheren: Frau; dieselben Namen bedeuten
auch rechts und links.
Eine „halbmondförmige Trommel", die im Njoinl>o-Kultus eine Rolle
spielt hat vielleicht die gleiche Gestalt. Die Sammlung Soyaux im leipziger
Mussum bietet eine schwere Holztrommel , die, ans Rotholz hergestellt,
ziemlich roh gearbeitet die Mitte zwischen der Trommel «1er Dualla (Fig. 130)
und der Mondo der Kaluuda Cazombos (Fig. 129) in der Form hält. Das
Hamburger Museum besitzt „eine Signaltrommel (ausgehöhlter Haumstamm)
der Bafans u . Es dürfte die gleiche Form sein. Der Troinmeltolograph der
Yaunde, eines nördlichen Fanstammes im südlichen Kamerun, besteht aus
einem ausgehöhlten Baumstamm mit einer länglichen, schmalen Öffnung an
der oberen Seite; er wird mittels zweier Holzstöcko geschlagen. Durch
die zwei verschiedenen Töne, die mit der Trommel erzeugt werden, indem
der eine Wandteil an der Öffnung dünner als der andere ist, und durch
vei-schiedene Art des Trommeln« entstehen die den betreffenden Landes-
sprachen ähnlichen Lutte. 1 '
Bei den Dualla ltoircirnon wir den ..schwoinotrogähnliehon Klötzen"
(Fig. 131» und 1 .'»fi), auf die wir später zurückkommen werden. Im Gebiet
der Abo sah l'auli zwei grofse Kriegst romnieln v<»r dem Hause des Häuptlings
liegen, die zu schlagen man ihn verhinderte, weil sie nur im Kriegsfalle
1) Willy Wölfl": „Ymi Bauana zum Kiamwo u . S. l'»!t. Bastian: ..Loangoküsto",
Bd. I, S. KL'. Falkensteiu, S. 1 !».*>. Wilson: „WVstafrika", S. L'!C». Katalog des II am-
Imrger Museums, S. 14, Nr. li'J."». Morgen, S. ."»:t.
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gerührt werden. Dieselben waren 2 1 / 2 ra lang und hatten 2 m im Umfange.
Nach Schwoinfurth findet man ähnliehe Instrumente auch am Niger.
In Nord- Guinea fehlen diese aus einem Stuck geschnitzten Holzpauken.
Dagegen finden sich mannigfache Formen, die auf Entstehung aus verwandten
Quellformen schliefsen lassen. Sie scheinen in diesem abgelegenen Gebiete
doppelt interessant Winterbottom schildert eine solche Form von der
Sierra- Leone -Küste. Diese Art Trommel wird aus einem Baumstamm ver-
fertigt, den man zwar aushöhlt, aber an beiden Seiten mit Holz verschliefst,
und auf der Seite der Länge nach aufschlitzt. Man schlägt wechselweise
mit zwei Stöcken darauf und sie giebt einen kläglichen Ton von sich, den
man in weiter Entfernung hört. Die Mandingo scheinen hier und da gleiche
Instrumente zu besitzen. Nach Moore haben sie in jeder Stadt etwas —
und zwar kann es sich um die Felltroinmeln, die vorher beschrieben sind,
nicht handeln, — das einer Trommel ähnlich ist, mit Namen Tongtong,
welche nur bei der Ankunft eines Feindes oder bei anderen aufserordent-
lichen Gelegenheiten geschlagen wird, um die benachbarten Dorfschaften
zu Hilfe zu rufen. Ein solcher Tontong kann in der Nachtruhe C — 7 Meilen
weit gehört werden. Aus der Weise der Verwendung und der Betonung
des weithinschallenden Klanges glaube ich auf eine Holzpauke schliefsen
zu dürfen. — Wie die Sierra -Leone- Trommel sind die Trommeln Weidas
auf einer Seite, nachdem sie ganz ausgehöhlt sind, wieder mit Holz ver- ,
schlössen, auf der anderen allerdings mit Ziegen- oder Schafsfell bedeckt 1 '
. Zum Schlnfe möge noch ein vereinzeltes Vorkommen erwähnt werden.
Nel>en den thönemen Hydromeleeimern sind bei den Galla ausgehöhlte
Baumstämme, die ebenfalls zu ihrem Hausrate zählen, die sogenannten
Bideru, dem akustischen Signaldienst gewidmet und neben den Eimern
aufgehängt. 2
b) Die Trommelgprache. In Verbindung mit den Holzpauken Afrikas
mnfs etwas Eigenartiges genannt werden: die Trommelsprache. Die besten
Berichte über sie verdanken wir clen deutschen Reisenden ans Kamerun
und der ausführlichste von ihnen ist der Max Buchners , den ich hier wiedergel>e :
Etwas ganz Exquisites, ja ich glaube Einziges ist die Tremmelsprache
der Dualla. Durch sie vermag sich ein Mann kilometerweit mit einem
anderen zu unterhalten und zwar über alles Mögliche, ihn um irgend etwas
zu fragen, ihm irgend eine Geschichte zu erzählen, ihn zu rufen, zu
höhnen, zu schimpfen. Es handelt sich dabei nicht etwa um ein Signal-
1) Schwarz, S. 253. Pauli bei Potermann, 1880, S. 19. Schweinfurth, S. 297 298.
Wintorbottom, 8. 150/151. „Allg. Bist. d. K. u . Bd. IV, S. 322/323. Moore, S. 109.
2) Paulitschke, S. 143.
12*
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— ISO —
System, sondern um eine richtige Wortspraeho, auch nicht um eine rhyth-
mische Cl>ertragung von Dnalla-Worten , sondern um ein eigenes, für sich
zu erlernendes Idiom.
Das Instrument ist ein horizontal zu legendes, cylindrisches Stück
eines sehr harten, intensiv roten Holzes, etwa l L m lang, i / i m dick (vergl.
Fig. 130 und 135). In einer Ij&ngslinie der Cylinder befinden sich zwei 20 cm
lange Schlitze, von denen aus das Innere ausgehöhlt ist. Die beiden Schlitze
sind von Wülsten eingefafst, die mit zwei Schlagein angeschlagen werden, was
Kg. 135.
Dualla bei der Trommel -Unterhaltung {nach Photographie).
entsprechend einer verschiedenen Dicke des Cylinders an diesen Stellen
zwei verschieden hohe Töne ergieht. Das ist «ler ganze Apparat.
Dessen Handhabung zu erlernen und die All der Wortbildung mittels
desselben zu erforschen, wäre ungeheuer sehwierig und ohne übeigrofsen
Aufwand an Zeit und Mühe mülste man auf jede Idee eines Verständnisses
verzichten, wenn nicht noch eine Eigentümlichkeit der Trommelsprache
bestände, durch welche sie leichter falsbar wird. Das Getrommelte oder
das zu Trommelnde läfst sich nämlich auch mit dem Munde wiedergeben,
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— 181 —
wozu ganz bestimmte Si Uten gebraucht werden, und bildet so eine Art
Geheimsprache, deivn sieh die Eiiigeborneu oft bedienen, um von einem des
Dualla kundigen Weifsen nieht verstanden zu werden. Hie und da pfeifen
sie getrommelt Gedachtes, oder sie trommeln es sich leise bei geöffnetem
Munde auf die Wange.
„Wasser, Kluis'* heilst in der Duallasprache: „r... /!iba", in der münd-
lichen Trommolsprache: „tökoloulökolouko", etc. Getror.-nielt bestehen diese
Worte aus ebonsovielen Schlügen als sie gesprochene Gilten liaben, wobei
die Zweitönigkeit des Instrumentes nur einen ornamentalen Wert zu besitzen
seheint Auch von den Kingebornen sind der Trommelsprache nur die Vor-
nehmen mächtig. - Mir war diese merkwürdige. Fertigkeit vollkommen neu,
doch glaube ich jetzt auch liuditnonte davon schon 1879 in Lunda gehört
(Sehingnwo!), alter wegen ihrer rudimentären rndeutüchkeit unbeachtet ge-
lassen zu halten.
Mb die Zweitönigkeit wirklieh, wie Büchner meint, nur ornamentalen
Wert hat, will ich dahin gestellt sein lassen, jedenfalls mnfs es auffallen,
dals auch Sande und Loangoneger sowie andere Stämme (z. B. am Kongo)
dies.- Eigenschaft an ihren Instrumenten stets wahren. Büchners Angaben
werden mehrfach bestätigt. Noch eigentümlicher ist es, sagt Zoeller, dafs
die Trommelsprache auch vollkommen verständlich mit dem Munde nach-
geahmt werden und sozusagen gesprochen werden kann — eine Silben-
sprache wie das Chinesische — die mit dem landläufigen Dualla- Idiom auch
nicht ein Wort gemeinsam hat. Nach Morgen verstehen bei den Yaunde
alle, sogar auch nur halbwüchsige Jungen die Sprache und Sprachkunst
l'nd nicht nur in Kamerun ist die Trommelsprache heimisch. Stanley
weifs mehrfach zu erzählen, wie Botschaften von einem Orte zum andern,
von einem Her des Kongo zum andern auf diese Weise schnell und klar
befördert worden sind, wie die Wenja solches Vermögen wohl auszunutzen
verstehen bei der gefahrvollen Fischerei an den Fällen. Reisende vom Kongo
erzählen, wie bezeichnend und bedeutungsvoll die Trommel spräche für das
Dorfleben sei, wie das ewige Üoklapper geradezu typisch wäre, die Trommel-
konzerte oft tagelang währten. Als der Gouverneur Five einst spät Abends
auf der Rückkehr zu seinem Lager in Basoko die Mitteilung auf dem
Trommeltolegraphcn aufgegeben hatte, man möchte ihm sein Abendessen
aufbewahren und er nach einigen Stunden anlangte, traf er die gedeckten
Tische. Die Nachricht: „Abend, Hula Matadi ankommen, nicht alles auf-
essen" war schon lange vor seiner Ankunft, kurze Zeit nach der Aufgabe
des „Telegrammcs" angelangt. — Im Süden ist die Trommelsprache bei
den Haknba durch Wolf festgestellt Die Mitteilungen Wilhelm Junkers
lassen es unklar, ob hei den Sande die Sprache so ausgebildet ist, wie
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— 182 .—
im Westen und Süden, inachen es aber wahrscheinlich, 1 wie man ja aus
vielem der oben wiedorgegel>oncn Berichte auf ihre Verwendung und Kenntnis
auch anderen Ortes schlicfsen kann.* Jedenfalls ist diese Holztrummel im
allgemeinen kein Musikinstrument, sondern, wo sie vorkommt und wirklich
heimisch ist, ein ernstes und wertvolles Kommunikationsmittel. Der Tanz-
begleitung scheint sie nie oder nur selten zu dienen.
Eine sehr wichtige Bemerkung Büchners ist es, dafs man dio Trommel-
sprache auch pfeifen könne. Das erinnert an Berichte aus Aschanti und
von der Goldkflste. So Bowdich über die Aschantiflöte: diese wird aus
einem langen, hohlen Rohr gemacht und hat nur drei Löcher. Die Einge-
borenen behaupten, sie könnten durch ihre Flöten sich miteinander unter-
halten, und ein alter Resident zu Accra versicherte mir, er habe solche
Gcspracho gehört und jeder Satz sei ihm erklärt worden. Auch hat jeder
Obere des Staates, jeder Häuptling und der Fürst sein Motto (vergl. An-
merkung 2) das nicht nur getrommelt, sondern vor allem geblasen wird.
Des Aschantikönigs Hörner blasen: „Ich übertreffe alle Könige in der Welt!"
Das Motto des Chef der Stadtpolizei lautet: „Bobie schlaft nicht, er wacht
für den Reichserhalter, in der Hand des Reichserhalters wacht was' 4 etc.
Ob auch hier die Sprache der Flöte und die des Alltages verschiedene sind,
ist uns leider nicht mitgeteilt Jedenfalls ist die Flötensprache auch bei
den Bali von Zintgraff nachgewiesen. Ob die Flötenunterhaltung der Bube
als selbständige Sprache angesehen werden darf, ist von Baumann nicht
festgestellt worden. Flötensignale kommen auch sonst vor. 3
Die Mitteilung Büchners bringt diese Flötenkonversation mit der
Trommelsprache in Beziehung und wir können demnach feststellen, dafs
diese Trommelsprache zwar eine Begleiterscheinung der Holzpauke, diese
aber ebensogut eine Folgeerscheinung der TrommelBprache genannt werden
kann. Es liegt hier keine Äufserlichkeit vor, sondern ein tief einschnei-
dendes Stück des Kulturbesitzes. Der Bau dieser Sprache weicht, da sie
Silbensprache ist, offenbar von den afrikanischen Idiomen vollkommen ab.
Es ist gar nicht anzunehmen, wie es vielfach ohne Skrupel geschehen ist,
1) Buchner: „Kamerun*, S. 37 .'38. Morgen, S. 52 53. Zöllor: „ Kamerun *, Bd. I,
S. 189. Stanloy: „Der Kongo*, Bd. I, S. 119; Bd. II, S. 1(50. Wifsmaun-Wolf, 8. 228 etc.
Junker, Bd. II, S. 177.
2» An der Tangaküste hat jodor Geist seinen eigenen Trommelschlag. Baumann:
„Usambara 14 , S. 58: „Die Trommeln und Blasinstrumente jedes Grofsen in Aschanti
haben ihre besondere Weise, die durch ein Motto gekennzeiehnet ist.* Amankwas
Troinmel.signal lautet: „Drauf und dran! u Boakjo Tenk-ngs dagegen: ,Die Donko
höhnen mich, was soll das bedeuten V* etc. Kamsayer und Kühne, S. 275.
3) Bowdich, S. 401/402, 4<i4/4ij5. Ranisayer und Kühne, 8. 275. Zintgran*,
S. 313. Baumann: .Fernando Po^, S. 98; „Massailaud", S. 202.
üigitizecLhy Googk
— 183 —
daf8 aus den einfachen Signalen diese Sprache emjiorgcwachsen sei, sich
lokal entwickelt habe. Die Trommelspraehe gehört zu den ganz grofsen
Besitztümern der Kultur, deren Entwicklung mit dem physiologischen Hau
derselben auf das engste verbunden sein mufs. Daher ist die Frage ilirer
Herkunft eine hoch bedeutungsvolle.
Die Annahme, dafs diese Sprache sich an der Seite der Flöte aus-
gebildet habe, ist nicht wahrscheinlich, weil deren Schall nicht weit reicht.
In Verbindung mit dem Blasinstrument ist sie nur erhalten worden. Sie
mufs sich entwickelt haben mit jenem einzigen Instrument, dessen Klang
über Thäler und Flüsse reicht, mit der Holztrominel. Und als Begleiterin
eines Holzinstrumentes lernen wir sie auch sonst kennen.
c) Die Slrlmba. (Sing. Marimba). Die Afrikaner l>esitzen noch ein
wichtiges Schlaginstrument aus Holz, das sich an die Holzpaukcn in seinen
gröbsten, unentwickelten Formen anschliefst. Diese primitiveren Gestalten
sehen wir allerdings am Ostrande Afrikas, wenn die Marimba selbst auch
im grofsen und ganzen dem westafrikanischen Kulturkreise angehört. Jeden-
falls verdient diese Marimba schon wegen ihrer Eigenart eine eingehendere
Erörterung, noch mehr aber, weil wir von dem Berichterstatter über ihre
primitive Urform hören, dafs diese auch eine Trägerin der ausgebildeten
Tromraelsprache ist. Baumann beschreibt diesen ostafrikanischen, hier
übrigens sehr seltenen Sprechapparat folgendermafsen :
Von den Musikinstrumenten ist jedenfalls die sogenannte „Vilangwe"
am merkwürdigsten, die nicht nur in Bondei, sondern auch in Ost-Usam-
bara verbreitet ist, wo sich flbcrliaupt viele Anklänge ftn Bondei -Sitten
finden. Sie befindet sich stets am Dorfthore und besteht aus zwei ginnen
Bananenstämmen , die parallel auf den Boden gelegt werden. Daniber legt
man flach abgerundete Holzscheite; die Zwischenräume werden durch
kleine Pflöcke festgehalten. Auf diesem primitiven Cymluil pflegen halb-
wüchsige Jungen mit Schlägeln erstaunlich geschickt zu trommeln. Durch
Versehieben und Vertauschen wird das Instrument gestimmt, worauf ein
Junge, sich niederkauernd, das Spiel beginnt und ein anderer, ihm gegen-
übersitzender mit ganz wunderkarer Taktfertigkeit und Präeision einfüllt.
Das Instrument klingt sehr angenehm und läl'st sich am ehesten dem Cymbal
der Zigeunerinusikeii vergleichen. Besonders von ferne gehört, erinnert es
auch lebliaft an die Holztrommeln, die in Kamerun und am oberen Kongo
einer ausgebildeten Trommelspraehe dienen. Dieser Anklang, sowie der
Umstand, dafs die Wabondei ihre Vilangwe zu Zeiten zu rühren pflegen,
wo man sonst nicht gerade zu erheiternden Spielen aufgelegt ist, brachte
mich auf den Gedanken, dafs es sich auch hier wenigstens teilweise um
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184 —
etwas Ähnlich» 1 * handeln könne. Dies wurde auch liestätigt, und zwar
nicht nur durch mündliche Aussigen, sondern auch durch die Erfahrung.
So ergriff z. H. der Häuptling Hungura von Maramki beim Nahen meiner
Karawane die Flucht und liefs nur seinen Sohn mit einigen Leuten zurück.
Als dieser unsere friedlichen Absichten erkannt hatte, erklärte er, er wollte
den alten Häuptling rufen; dies geschah mit der Vilangwe, die von einem
andeivu Dorfe aus beantwortet wurde, worauf sieh Hungura einstellte und
mir ausdrücklich bestätigte, dafs er durch die Vilangwe verständigt worden
sei. Die Verwendung der Vilangwe zu solchen Zwecken ist im Erlöschen
begriffen und in Bondei nur noch sehr wenigen, in Ost-lsambara auch
nur einzelnen lauten geläutig, während sehr viele es als ein Musikinstru-
ment zum Vergnügen zu spielen vei-stehen. -- Die ans leichten Holzplatten
hergestellte Holzhannonika, die Stuhlmanu in den lugum- Bergen kennen
lernte, dürfte als Vilangwe gedeutet werden. 1
Auf die verwandtschaftliche Beziehung zwischen Holzj>auke und Vilangwe
brauche ich nicht erst hinzuweisen. Die Vilangwe, die hier im abgoehlol'sonen
]>äudchon allein noch ein kümmerliches Dasein fristet, ist aber die Stamm-
mutter einer l T nzahl von wenig unterschiedlichen Instrumenten, die ich unter
deren verbreitetsten Namen als Sirimba (Sing. .Marimba) zusammenfasse. Die
Marimba ist eigentlich nichts anderes als eine tragUire Vilangwe, deren
jede Taste mit einem Besonan/.bodon (auch wohl zweien) versehen ist. Der
Resonanzboden besteht aus einer KalaUisse. Eine eingehende Beschreibung
der Marimba möge hier folgen.
Die Marimba besteht aus einem länglich viereckigen Rahmcuwcrk,
welches oben zwei litten trügt, die der Ulnge nach aufgelegt sind und
auf denen über die Breitseite die KJanghöl/.er befestigt sind. Diese Klang-
hölzer sind des verschiedenen Tones wegen von verschiedener I^änge gear-
beitet. An ihrer Unterseite sind eine oder zwei Kalabassen als Resonanz-
böden angebracht. Ein hölzernes Uogenstück (siehe die Beschreibung der
Manjema- Trommel von Stuhlmann) hält d;is Instrument; wenn es getragen
wird, vom Leibe ab. Es hängt an einem Gurte um den Nacken des
Schlägers. Zuweilen wird es auf der Erle liegend gochlagen, zuweilen
von zweien, meist aber von einem. Zwei Trommelschläge!, im Süden am
Ende mit einem Gununiballe versehen, gehören dazu (Fig. l'.JG).
Die Verbreitung der Marimba deckt sich im wesentlichen mit der
Ausdehnung des westafrikanischeu Kulturkreises. Sie läl'st sich z. B. nach-
weisen: in Senegambien, bei den Maudingo (Name: Balalo), in Liberia, an
der Goldküste, in Adamaua bei den Mbum, bei den Fan (Name: Handja),
Sunde, Quadda, Batekc, Bajansi, im Fürstentum Ssongo. in MaLmge. bei
1) Baumanu: „Usambara", S. i:J»>/137. 8tiiülniann , S. 37.
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westlichen, östlichen und centralen Kalunda, Raluba (Bona Bainbue) Wabujwe
(Name: Kurandu) Warna, Marutse-Mambunda und endlich an dem Unter-
laufe des Sambesi. 1 Nach Ratzel soll sie auch in Uganda, hier aber ohne
K u rl » i sse vo r kom men .
Was hei dieser Verbreitung am meisten auffällt, ist, dafs die Ver-
breitung der Vilangwe die einzige Enklave im Osten des Kulturkreises
einnimmt, dafs die entwickelten Formen fast duivhgehends, ja ausschliefslich
dem Westen angehören, da wir annehmen dflrfen, dafs die Vorkommnisse
1) Gray aud Doohard, S. 300/301, Fig. 1. „Allg. Bist. d. R", Bd. II, S. 313
(Abb. auf Taf. 25). Serurier im [ntern. Aich. f. Ethnogr., Bd. 1, S. 155. Hüttikufer
erwähnt diu Marimba in Liberia nicht. Pasaargo, 8. 283 und 477. Du Chaillu, S. 87.
Junker, Bd. III, S. 14, 15/1«, 342. Sehweinfuith erwähnt dio Marimba bei den Sande
nicht und betoot nur das Fehlen bei den Mangbattu, S. 301. Dybowski, S. 361.
II. B. Johnston : „Der Kongo-, S. 403. Wilsmann- Poggo, 8. 137. Wifsmaun-Wolf,
S. 14, 297. Poggo, S. 241. Buchner bei Ratzel: „Völkerkunde^, 2) Bd. II, 8.228.
Cameron, Bd. I, S. 288; Bd. II, S. 80. Cavazzi. S. 107. Oamitto in der Zeitschrift,
S. 401. Bolub: „Siebon Jahro", Bd. II, 8. 198; „Kulturskizze*. S. 135-137. Ratzel,
2) Bd. U,S.20.
Fig. 130.
Marimba spielender Neger aus Salaga (nach Photographie).
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an der Samliesimündung durch eijie jüngere Verschiebung an den Ufern des
Stromes hinab hervorgerufen sind.
d) Die Entwicklung und Verwandtschaft der afrikanischen Holzpauken.
So nahe verwandt diese Holzpauke und die Vilangwe auch sein mögen,
so Bind sie doch durch ein wesentliches Merkmal getrennt; die Holzpauke
basirt auf dem Princip der Klangröhre, die Vilangwe auf dem des Klangstabes.
Klangstabe benutzen z. B. die A Bongoj sie schlagen zwei Hölzer an-
einander, wozu sie Gesänge improvisieren. Auch an der Goldküste fanden
sich früher rundo Stecken mit verschiedenen Lochern, welche, wenn sie an-
einander geschlagen wurden, „einen wunderbaren Klang" gaben. Die Bateke
Fig. 137.
Angaramutschläger von der Blancho-Bai auf Neupommern (nach Finscb).
verwenden zur Begleitung ihrer Gesänge ein einfaches Instrument, liestohond
aus zwei hohlen Stalten, die ancinandcrgcschlagcu ein gefühlvolles Geräusch
hervorbringen. 1 Da ist schon ein Übergang zur Klangröhre erreicht
Der Klangstab ist ein nigritisches Besitztum. Die Australier schlagen
zwei trockene Stäbe gegeneinander, oder mit einem Stock gegen den Wurf-
stock und es ist Ehrensache dies vollendet zu können. Schallstäbe besitzen
viele Stämme Oceaniens aufscrdein, doch ist die Verbreitung sehr spontan.
Wir können aber in den Insolgobiotcn jene Entwicklung k>ol»achten, die zu
dem afrikanischen Vilangwe geführt hat. Ich erinnere vor allem an die
Angramut genannten Schlaghölzer von Ncupominem. Diese bestehen aus
1) Lenz, S. 110 111. „AUg. Bist. d. K. u , Bd. IV, 8. IÖ7. Baumana: .Beiträge*,
S. 10. Ollirai, S. 174.
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zwei 75 cm bis 1 in langen und ca. 15 cm breiten, flachen, seitlich sanft
abgerundeten Stücken Hartholz, die an den Enden im Feuer gehärtet und
ungleich lang sind, weshalb sie verscliieden tönen. Der Angaramutschläger
(Fig. 137) macht zunächst ein Loch in den Sand, über welches er sich mit
ausgespreizten Beinen setzt, wodurch in sinnreicher Weise Resonanz entsteht;
er legt dann die beiden Schlaghölzer quer über seine Schenkel und bear-
beitet sie mit zwei kurzen, runden, hölzernen Schlägern. Die formale und
wesentliche Übereinstimmung mit der Vilangwe brauche ich nicht mehr
hervorzuheben. Noch klarer tritt die Beziehung hervor, wenn die hinter-
indischen Holzinstrumente (Fig. 138) mit der Marimba verglichen werden.
Kurz und gut, wir sind berechtigt, die Vilangwe malajonigritisch und die
Marimba eine afrikanische Variante der malajonigritischen Vilangwe zu nennen.
Fig. 138.
Holzinstrumeut vod Hinterindion , Burma (Museum für Völkerkunde in Leipzig).
Für das Klangrohr bietet Ostafrika ebenfalls einen Übergang, nämlich
in dem Natioualinstrument der Wasegeju, welches als Begleitung beim Tanze
dient und nichts anderes ist, als ein oben offenes, unten geschlossenes
Bambusrohr, das auf den Boden gestofsen einen je nach der Dicke des
Rohres verschiedenen Ton giebt. Auch die Wakamba benutzen Pauken aus
Bambusrohr vom Kenia und bei den Wapare sieht man ebenfalls hier und
da das Bambusrohr der Wasegeju. 1 Diese Bambustrommeln unterscheiden
sich allerdings sehr beträchtlich von den westlichen Holzpauken. Sie sind
nicht aufgeschlitzt, sondern auf einer Seite offen; sie werden nicht liegend
mit Klöppeln bearbeitet, sondern senkrecht auf den Boden gestofsen. Aber
sie sind einfacher, ursprünglicher als die Holzpauken, denn das Material
ist von Natur hohl. Die Entstehung der Holzpauken wird uns verständlich,
1) Baumann: „Usambara", S. 53, 243. Hartinann: „Die Ostküsto u , Bd.l, 8.233.
wen» wir annehmen, dafs sie aus dein gleichen Material wie diese west-
liche» Stampftroinmeln, aus dein Barnims entstanden seien. Die westlieliste
Form der Holzjiauke lilfst uns das vermuten. Wi'nterbottorn schildert, wie
eine Holzröhre hergestellt, diese auf beiden Seiten geschlossen und dann
oben der Schlitz angebracht wurde. Diese Holzröhre dürfte die Nachahmung
einer Bambusröhre sein.
Also: 1. Wesentlich westafrikanische Verbreitung. 2. Vermutliches
Hervorgehen aus dem Bambus. 3. Verwandtschaft mit dem malajonigritischen
Vilangwo — sollte da diese Ilolziauke nicht auch malajonigritischen Ur-
sprunges sein?
Die Oecanier besitzen drei Arten oder sogar vier von Bamhtisiviuken.
1. Typus: In einen Bambusabschnitt wird der Lange mich ein Schlitz
gemacht; die Seiten sind durch die Xodicn- Verbindung geschlossen; die
Trommel wird auf den Boden gelegt und mit zwei Schlagein l>earbeitet (in
Neuguinea). 2. Typus: Ein Bambusrohr wird auf einer Seite geschlossen
und dann die geschlossene Seite auf den Böhlen gestani].ft; meist vereinigen
sieh mehrere zu gemeinsamem Koncertstampfen. in welchem Kalle die
Trommeln abgestimmt sind (auf Tonga, Samoa, Tahiti). 3. Typus: Mehrere
überspannte Bambusrohren werden wie ein»: I'ansflöte untereinander ver-
bunden und dann geschlagen (auf Samoa). 1
1) In Anmerkung wenigstens möchte ich noch auf einige Einzelheiten eingehen ;
Erschöpfendes kann erst in dem Bande üImt die oeeanisehen Kulturen geboten werden.
Die oceanischc Bainbustrommel ist als solche auch vcrhältnismäfsig nur noch
selten, wogegen die* hölzernen Nachbildungen sich einer gewaltigen Ausdehnung er-
freuen und auf einer von Malakka bis zu den Her\e\ inselu reichenden Zono heimisch
geworden sind. Die Fläche der Verbreitung scheint allerdings und zwar zumal in
Indonesien grofso Lücken aufzuweisen. Aber auch auf Malakka ist es eino „ Signal -
trommel*. Heute haben dieso Trommeln eine eigene liedeutung angenommen, sie
dienen hier und da an Stelle von K irc henglocken.
Aufser den stehenden und liegenden Trommeln diesor Art müssen vor allem
die hängenden erwähnt werden. Sie gehören vorzüglich Indonesien an; aber auch
dio Palm der Neuseeländer war eine hängende und von einem unter ihr Kauernden
wie eine, Glocke- von innen geschlagene Holzlrommel. Diese Palm erinnert an eiu
afrikanisches Gerät, «las auch vorzüglich dem westafrikanischen Kulturkreiso angehört:
dio hölzeine Hundeglocke. Die Verbreitung derselben ist sehr bezeichnend: Kamerun,
Jturi (oberer Aruwimi) und Lunda. dazwischen l/>ango-Uguwe, Kongo und Angola,
Vielleicht stammt dieso wunderliche llolzglocko von einem Gerät wio die Pahu der
Maori Neuseelands ab. Eiu Bindeglied bietet jedenfalls eine neben der grofsen Kasten-
form vorkommend'' Holztrommel der Mangbattu, dio z. B. bei Hatzel: „Völkerkunde*,
2) Bd. H, S. 312 abgebildet ist. Auch dies ist eine Glockenform, die dem Hänge-
motiv zuneigt, wie der Einschnitt am oberen Bande andeutet.
Was dio vilangwe- artigen Instrumente anbelangt, so ist aufser der Garamut
der Papua Neupommerns auf ähnliche Instrumente in Indonesien hinzuweisen. Auch
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Von diesen Trommeln haben wir die zweite weitverbreitete an der
Ostkiiste Afrikas kennen gelernt Wie diese Bambusinstrumente wird die
Trommel der Sierra -Leone -Küste an beiden Enden mit Holz verschlossen.
Wir sahen aber, dafs die Weidaer Trommel mir an einer Seite mit Holz
verstopft war. — Die dritte Trommelform nähert sich der Vilangwe. Wir
hal>en aber auch sonst Verwandtes, wie beistehende Fig. 139 darlegen mag.
Die Trommeln sind allerdings nicht anders verbunden, als dafs sie
der Trommler zwischen die Beine quetscht. Aber sie sind hier wie auf
Fig. 139. Trommlor aus Pare
(nach Bau man u).
Samoa abgestimmt. — Der erste Typus, die seitlich geschlitzte Bambus-
trommel fehlt in Afrika.
Neben diesen Bambustrommeln besitzen die Oeeanier auch Holzpaukon,
«leren eine Form ich hier nach Parkinson schildere: Die Garamut Neu-
pommerns ist eine grofse Trommel, bestehend aus einem mittels glühender
Steinchen hohlgebrannten Baumstamm mit einem schmalen Sj>alt, der sich
an den beiden Enden zu einer handgrofsen Öffnung verbreitert. Sie hat
Handhaben an den Seiten und ist häufig roh verziert durch eingeschnittene
Ornamente oder durch Bemalung mit Kalk und roter Erde. Der Sehall ist
weithin vernehmbar, besonders wenn das Holz recht trocken ist. Die
ist hier der merkwürdige Resonanzboden, dio Erdhöhle, erwiesen. Wir lernten
ihn schon boi den Saiteninstrumenten kennen (S. 124). Dieso Erdhöhle als Resonanz-
boden kehrt wieder auf den Salomonen, den Neuhebriden und den Fidschi -Inseln.
Also ist dio Verbreitung hier eine sehr bedeutende. Keineswegs soll damit aber be-
hauptet sein, dafs dieso Resonanzboden ein malajonigritisches Kulturmerkmal ist.
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Goramut steht vor der Wohnung des Häuptlings; sie verkündet durch ver-
schiedene Signale Krieg, die Zerstückelung und Verspeisung eines erschlagenen
Feindes, eingetretene Todesfalle und sonstige Familieuereignisse, sie begleitet
die Einlage neuer Summen von Muschelgeld in das Dewarrahaus und
trommelt die Teilnehmer liei grofsen Festlichkeiten zusammen. Finsch sagt:
Die Qaramut dient zu den Signalen der verschiedensten Art, ruft die
Männer zu Festlichkeiten oder zum Kampfe, verkündet Todesfälle, dient
hauptsächlich zu Totenklagen und ist in der Stille der Nacht sehr weit
hörbar. — Diese Trommeln sind in der Sudsee weit verbreitet, von Neu-
guinea bis zu den Hervey, von den Tokelau bis Neuseeland. Sie weichen
in verwandten Stücken in der Form voneinander ab, sind bald gn'fser
und gewaltig an Dimensionen, bald klein und zierlich, aber im Princip
sind sie einander alle gleich. Die groTsten Trommeln sind wohl die der
Neuhebriden, es sind gewaltige Baumstämme, die senkrecht in die Erde
vergraben werden, al»er auch sie zeigen den Schlitz mit der Verbreiterung
an den Enden (vergl. umstehende Tafel).
Diese Holztroinmeln , deren Hervorgehen aus «lern ersten Typus der
Bambustrommeln zu selbstverständlich • ist, um noeh eingehender erörtert
werden zu müssen, sind die echten und rechten Schwestern der afrikanischen
Holzpauken. Vergleichen wir nämlich die Oaramut (Fig. 140) mit der
afrikanischen llolztrommel der Baluha (Fig. 141), so sehen wir nur Über-
einstimmendes bis ins Detail, die Handgriffe, die Umrandung des gleich-
geformten Schlitzes etc. Wir sahen, wie die Form des Schlitzes von den
runden in eckige Schnitte an den Enden übergeht (Fig. 129 und 130.)
Nun, auch Oceanien bietet diese Erscheinung, wie das prächtige und sehr
seltene Stück des Leipziger Museums von den Herveyinseln uns lehrt
(Fig. 142.) Und diese Neigung zum eckigen, statt rundlichen Gebilde
charakterisiert ja gerade die afrikanische Plastik. So bedarf es denn keines
anderen Beweises mehr, die formale Übereinstimmung ist zu frappierend,
um nicht ohne weiteres anerkannt zu werden. Wir haben also den Ursprung
der afrikanischen Jlnlzpauke aus der oceani sehen Bambustroinmel nachge-
wiesen und dürfen sie als malajonigritisch ltezeichnen.
Fig. 140.
Ilolzpauke von Neupommera
(nach Parkinson).
Fig. 141.
Ilolzpauko der Baluha
(nach Cameron).
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Aber noch eine Erkenntnis eröffnet sich uns hier. Finsch und Parkinson
haben von den Trommelsignalen gesprochen. Nach anderen Berichten sind
sie noch nicht weit geniig gegangen, es scheint sich auch um eine Trommel-
sprache zu handeln. Mehrere Thatsachen unterstützen diese Vermutung.
Auf vielen Inseln (so auf Samoa etc.) sind die Trommeln abgestimmt Das
läfst auf eine feine Schulung des Ohres schliefson. Jede Insel hat nämlich *\ .
ihren Ton. Das einzige Instrument, das ich untersucht habe, zeigt den
gleichen Zweiklang der Trommelwände wie die afrikanischen Trommeln.
Fig. 142.
Holzpauke von den Hervcy (Museum für Völkerkunde in Leipzig).
So ist zum mindesten damit nachgewiesen, dnfs die afrikanische Trommel-
sprache aus Rudimenten emporgewachsen ist, die auch den Malajonigritiern
der Sildsee eigen sind.
Alles in allem sind also die afrikanischen hölzernen und zwar ent-
wickelteren Schlaginstrumente als malajonigritisch , die primitiven Klangstäbe
al>er als nigritiseh zu bezeichnen. Wir können die Verbreitung vor-
zuglieh westafrikanisch nennen. Die Formen, die der Osten bietet: Vilangwe
und Bambusti-ommel sind beide interessante Übergangsformen aus dem
oceanischen in den afrikani sehen Formenschat», als welche sie allein schon
diese östliche verkümmerte Existenz kennzeichnet
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An Formen unter «Ion in Frap> kommenden Instrumenten sind zu
unterscheiden: 1. ilie nigritisehen Klangstahe. 2. Die malajonigritisch'*i»
Itambustrommeln. 3. Di*» nwlajonigritisehcn Holz|vnukon , unter denen ich
drei Gruppen unterscheide: a) die runde Warenform mit verbreitertem Schlitz,
die Oberall im wostafrikanisehon Kulturkreise heimiseh ist (Fig. 129 Kalunda,
Fig. 141 Raluba, Fig. 131 Loango, Fig. 130 Dualla, Fig. 128 Kongo. Im
Text erwähnt von Umbella und der Sierra -I>?one- Küste), b) die Kastenform
mit den Beinen, die hauptsächlich im nördlichen Kongobecken heimisch ist,
(Fig. 134 Sande, erwähnt von den Itangala, llasoko, Manglöttu), c) die
Keilform, die dem südlichen Kongobecken angehört (Fig. 127 und 121
heimisch bei den West-. Central-, Ost-Kalunda, Manjema und Wakussu).
4. Die Marimba, von der zwei wichtige Tvp«n in Frage kommen, nämlich
a) die Vilangwe und b) die eipntliehe Marimba.
Demnach entrollt sich dieses Bild ganz besonders klar. Wir sehen
die Formen aus dem fernen Osten stammen, auf der Wanderung am Ost-
rande Afrikas Reste zurücklassen und emilich im Westen zur fröhlichen
Entwicklung sich ansiedeln.
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Systematik.
A) Die nlgritischen Schlaginstrumente:
Die Klangstabe.
B) Die afrikanischen Schlaginstrumente:
1. Die Felldecke.
2. Die Felltrommel mit Fellspannung.
a) Topf als Resonanzboden,
b) Kalabasse als Resonanzboden,
c) Holzgefäfs „ n
d) Mörser „ „
e) abgeflachte Röhrentrommel.
C) Die asiatischen und mediterranen Schlag-
Instrumente:
I. Jüngere Formen.
1. Thönerne Standtrommel.
2. Eiserne Kesselpauke.
3. Tamburin (Scham -Tr.).
II. Altere Formen.
1. Mörsertrommel mit indones.
Spannung (Rotang); Varneihaut;
Menschenkopf etc.
2. Sanduhrentrommel.
a) Ostform,
b) Südform,
c) Westform.
D) Die malajonlgrl tischen Schlaginstrumente:
1. Die Rambustrommel.
2. Die Holzpauken.
a) Cylinderform,
b) Kastenform,
c) Keilform.
3. Die Marimba.
a) Vilangwe,
b) Marimba.
) Westliches Ablagerungs-
) gebiet.
Südachse.
\ Südachse imd westliches
/ Gebiet.
Nordachse und Zone
zwischen Nord- und
Südafrika.
Nordachse und Verbin-
dung mit Asien.
Westliches Ablagerungs-
gebiet mit Resten im
Osten.
Frobenius, Afrikanische Kulturen.
13
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7. Die afrikanischen Hütten und verschiedene Geräte.
(Vergl. Kartenblatt 1, Nr. VIII und 3, Nr. XXI.)
Auf dem Haupte des armen Ethnologen haben bis dato alle Wissen-
schaften ihren „prähistorischen' 4 Schutt abgeladen. Eine kulturgeschicht-
liche Abhandlung fängt selten an ohne Sätze wie: „Schon die alten Germanen
etc. a ; „Bekanntlich wufsten schon die alten Griechen etc." Nicht etwa,
als wolle der Autor nunmehr mit zartem Finger den Wirrwarr von Gegen-
ständen, Strömungen, alten Nachrichten auflösen, aus dem ihm jener einzelne
Stein des „Schon die 41 entgegengerollt ist und zwar meist zufällig, auf dem
Schulwege oder in irgend einem Kolleg — nein, daran denkt er nicht;
ihm ist nur dieses als Einleitung passend erschienen; es weiter zu unter-
suchen, dazu ist ja der Ethnologe da; also wird ein Steinchen mehr zum
Schutt goworfen.
Was sich so im Laufe der Zeit aufgespeichert hat, ist ganz unglaub-
lich. Wir sind ja auch merkwürdige Menschen, die ohne Murren diesen Ab-
lagerungen zusehen und nunmehr vor Bergen von ungelösten Problemen stehen,
die Kulturgeschichte, Religionsgeschiehte, Kunstgeschichte etc. aufgetürmt
haben. Daher heilst 's für den Ethnologen heute Keramik, morgen Rechts-
wissenschaft, übermorgen Religionsphilosophie etc. etc. studieren. Es ist
also kein Wunder, wenn der Schreiber dieses von Herzen dankbar dafür
ist, aus der Menge der Stoffe und Probleme, die in diesem Werke be-
handelt werden sollen, eines auf die Schultern eines speciellen Fachmannes
abladen zu können, und dadurch von der Notwendigkeit befreit zu werden,
auch noch Baukunst studieren zu müssen.
Die Schwierigkeit der anatomischen Zergliederung der Hüttenformen
liegt nicht in der Auffassungs-, sondern in der Klarlegungsweise des Stoffes.
Wenn wir lauter gute Berichte über den afrikanischen Hüttenbau hätten, wäre
die Untersuchung der Verwandtschaft der Typen nicht schwer, so al)er,
wo nur schlechte Abbildungen und noch mangelhaftere Mitteilungen Zeugnis
ablegen, gehört ein geschulter und gewandter Blick dazu, durch die äufsere
Gleichförmigkeit in das innere Konstruktionsweseu einzudringen.
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— 195 —
I. Beschreibend -anatomische Betrachtung der Hütten.
Von H. Frobenius.
Bei der grofsen Menge verschiedener Formen der Wohngebäude, welche
uns Afrika bietet, scheint es dem oberflächlichen Beobachter eine unfrucht-
bare Arbeit, Ordnung und System hineinzubringen, zumal sich häufig Bau-
werke von ganz verschiedenem Äufseren auf kleinstem Raum bunt gemischt
zusammendrängen. Ich erinnere an die Gegend nördlich des Albert -Edwards-
Sees oder gar — denn hier sind ja viele Bruchstücke verschiedenster
Stämme und Völker durcheinander gemischt — an den einen Stamm der
Bassonge , die zwei verschiedene Formen — oder an die Wasehamba (in Usam-
bara), welche gar deren drei nebeneinander haben. Man vergifst dabei
eins — und leider haben es unsere Reisenden mei9t zu wenig beachtet,
— dafs die Form, sei es rund oder viereckig im Gmndrifs, spitz oder
rundbogig im Aufbau, das charakteristisch Unterschiedliche eines Bauwerkes
niemals ausmacht, sondern lediglich die Konstruktion, d. h. die Verbindung
der einzelnen technischen Glieder zum Raumbau. Deshalb sind Grenzbe-
stimmungen, wie sie von manchen Seiten versucht wurden, zwischen Ge-
bieten viereckiger und runder Hütten, oder zwischen denen rechteckigei
Schrägdach- und runder Konushütten ohne allen wissenschaftlichen Wert;
und ebenso würde eine Unterscheidung nach dem verwendeten Material
schon deshalb unrichtig sein, weil dieses zwar im Geburtslande eines Bau-
stiles auf sein Gefüge von Einflufs gewesen ist, bei der Wanderung in
andere Länder ihn aber nicht begleiten kann; und dann hat er seine Lebens-
fähigkeit in einem anderen Material zu bewähren und wird ein anderes
Gesicht annehmen, wenn auch das Wesentliche, das Konstruktionsprincip
sich gleich bleiben nmfs.
Wir werden also bei einer Betrachtung der afrikanischen Bauten uns
nicht an Form und Material binden dürfen, sondern jenen Kern, das Kon-
struktionsprincip herauszufinden suchen, um in das Chaos der Formen einige
Ordnung zu bringen. Es empfiehlt sich zu dem Zweck, zuerst die Bau-
stile des südlichen, dann die des nördlichen Afrika zu betrachten, da sie
sich an den extremsten Stellen am charakteristischsten voneinander unter-
scheiden, und dann sie in ihrer Entwicklung bis zum Zusammenflufs im
centralen Afrika zu verfolgen.
A) Die Baustile Südafrikas.
Bei den Zwergvölkern und Buschmännern findet man den einfachsten
Bau eines Wohn- oder Lager -Raumes — denn die noch primitivere Form
der Höhle, wie sie den Troglodyten im südöstlichen Kongo-B e cken noch
13»
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zur Zeit als Wohnraum dient, ist ja kein menschliches Bauwerk — mau findet
ihn in Gestalt der aus Zweigen zusammengebogenen Kugelhütte. Halten
wir das Konstruktionsprincip fest: rings um die Bodenfläche werden bieg-
same Hölzer in dem Erdboden befestigt, die gegenüberstehenden zusammen-
gebogen und verbunden, das giebt das Gerüst. Die Vervollständigung zum
Raumbau verlangt eine Ausfüllung der Zwischenräume in zweiter Linie.
Dies kann je nach dem vorliandenen Material geschehen, entweder durch
Verflechten des Gerüstes mit anderen Ruten, oder durch Zwischenstellen
zahlreicher dünner Stocke oder Schilfbüschel oder starrer Grasstengel oder
endlich durch Bedecken mit einer Decke, sei es ein Fell, eine Matte oder Gras-
büschel. In der Herstellung des Raumabschlusses wird manches Charakteristische
liegen können; es ist aber leicht ersichtlich, dafs das tektonische Gerüst,
die Hauptsache ist.
Es ergiebt sich ohne weiteres die Kugelhütte der Hottentotten,
Kaffern, Zulu und Herero (Fig. 143) als eine verbesserte Ausführung
143a. 143b.
Fig. 143n und b. Hütte der Zulu.
der Batua -Hütte. Die Hottentotten, ursprünglich ein Nomadenvolk, ent-
wickelten aus der improvisierten Busch -Hütte eine transportable, deren
Gerüst, halbkreisförmig gebogene Stäbe, schnell im Boden befestigt und
mit Binsenmatten bedeckt werden konnte. Zum Wohnungswechsel braucht
man nur diese zusammenzurollen, die Bänder zu lösen, welche die Stäl>e
zusammenhalten, diese selbst aus der Erde zu ziehen und alles auf einem
Packochsen zu verladen. Auf die Herstellung eines festen und glatten Bodens
der Hütte wird bereits Wert gelegt; Thon oder Lehm fand sich ja leicht,
um eine Art Estrich herzustellen und auch die innere Wandung soll in
früheren, besseren Zeiten mit diesem Material gedichtet und verschönert
worden seien.
Es ist in dieser primitiven Lagerhütte bei aller Einfachheit bereits
das Streben nach besserer Wohnlichkeit, nach einem gewissen Komfort und
Schmuck zu erkennen und die beiden Elemente, die diesem Zweck dienen,
sind Fufshodcn- und Wandbekleidung mit fetter Erde. Ks sind zwei
charakteristisch e Zugaben zu dem tektonischen Gerüst der südafrikanischen
Baustile.
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Eine dritte tritt bei den Zulu -Hütten hinzu, -wie sie auch von Kaffern
und Herero benutzt wird, nämlich eine Stütze oder auch mehrere im Innern
der ganz nach dem Vorbild der Hottentottenhütte, aber meist in bedeutend
gröfserem Umfange hergestellten Kugelhütte. Die Höhe wuchs nicht über
2 m, offenbar mit Rücksicht auf die Bauausführung: man hätte bei gröfserer
Höhe nicht zu den Enden der Stangen hinaufreichen können, die man im
Kreuzungspunkt zusammenbinden mufste. Da bei dem gröfseren Umfange
eine gedrücktere Form entstand, die eine geringere Trägfähigkeit und
Festigkeit des ganzen Gerüstes mit sich führte, mufste man je nach der
Gröfse eine Stütze (in der Mitte) oder mehrere (auf den Raum verteilt) an-
bringen, damit die Last des Deckmaterials, nämlich Schilfgras, nicht den
ganzen Bau zusammendrückte. Hieraus ergiebt sich ganz folgerichtig die
Art der Stütze: eingegraben in die Erde, um nicht umzufallen, und stumpf
gegen die Wölbung gestofsen, also unverbunden mit dieser, lediglich
tragend.
Aus diesen wenigen charakteristischen Elementen haben sich alle
südafrikanischen Bauformeu entwickelt , und es wird nun zu verfolgen sein , was
die Geschicklichkeit und der Geschmack der Naturvölker unter verschiedenen
Verhältnissen daraus zu bilden verstanden.
Zunächst sei nochmals betont: das tektonische Gerüst besteht aus
einer Reihe den Raum umgebender, in den Erdboden gesteckter, biegsamer
Hölzer, welche das Gerippe zu Wand- und Deckenbildung abgeben ; als
Stützen dienen eingegrabene, ohne oberen Verltand tragende Säulen; der
Fufsboden und die inneren Flächen der aus irgend einem Deckmaterial
hergestellten Wände werden mit einem Putz fetter Erde gedichtet und verziert.
Betrachten wir zunächst die Wandlungen der Hüttenkonstruktion,
welche die ursprüngliche kugelige Gestalt annähernd beibehielten.
1. Die Kugelhütte.
Da finden wir zunächst bei den Barotse in den Nebenhänsern der
Königinnen einen kugeligen Bau mit einem Vorraum (die weitere Aus-
gestaltung des kleinen Vorraumes der Zulu- Hütte), welcher aber bei 3 m
Höhe und 3,0 — 4,0 m Kreisdurchmesser aus der Halbkugel etwas schlank
herauswächst. Eine Stütze bedurfte der hierdurch steifere und in seinen
Abmessungen beschränkte Bau nicht (Fig. 144).
Die Kugelhütte wanderte aber aus dem Becken des Sambesi und
über die Wasserscheide des Kongo hinweg, eroberte das Gebiet, welches
die Lunda- Völker in Besitz nahmen, schob sich östlich am Moero- und
Tanganjika entlang, zwischen letzterem und Albert -Ed ward -See hindurch
bis zum Viktoria- und Albert- Seo und erreichte mit seinen westlichsten
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Ausläufern bei den Songo den Kuanza. Das sind die Gebiete des Lunda-.
des Uganda- und des Songo -Typus. Während der letzte Fig. 145 nur
in dürftigen Verhältnissen sich erhielt, entsprechend der Rolle, •welche
die Songo spielen, ward er von den benachbarten Tupende in eigentümlicher
Weise umgestaltet und in der neuen Form sowohl den sie verdrängenden
Bangala übermittelt , als auch bei der Nord Wanderung nach dem Mittellauf
des Loango mit geführt. Der Tnpende-Stil verdient eine spätere Betrachtung.
In dem Reiche der mächtigen Herrscher der Lunda konnte die kleine
Kugelhütte dem Stolz und Repräsentationsbedürfnis nicht mehr genügen.
144 a. 144 b.
Fig. 144a und b. Hütte der Barotse (nach Uolub).
Man verlangte nach mächtigen umfangreichen Bauten für den Muata Jamwo
und seine Größten. Aber die barbarische Machtentfaltung vermochte auch
nur in barbarischer roher Weise dem zu genügen. Die Form ward unver-
145 a. 145 b.
Fig. 145a und b. Hütte der MaBSODgO (nach Poggc).
•
ändert beibehalten, aber ins Ungeheure (G — 8 ra Hohe und 20 m Durch-
messer) vergröfsert; eine grofse Zahl innerer Stutzen ward ein unabweis-
bares Bedürfnis, und die (niedrig gehaltenen) Zwischenwände gewährten
eine Art Verstrebung der Säulen. Der einzige Schmuck bestand aber in
Btrohtürmchen von etwa 1 ra Höhe, welche man dem Rücken der Schild-
kröte unvermittelt und zwecklos aufsetzte. Die Thür selmimpfte zu einem
Loch zusammen, durch das nur kriechend wie ein Tier der mächtige Fürst
seine Gemächer erreichen konnte (Fig. 14Ga und b).
Nicht viel anders scheint auf den ersten Blick der Uganda- Typus,
welcher in den grölsten Bauwerken d.»s König Mtesa immerhin die Grofse
von 24 m Durchmesser und 9 — 10 m Höhe erreicht haben mag. Und
- 199 —
doch ist er wesentlich verschieden. Die äufsere Form zeichnet sich aller-
dings nur durch besseres Verhältnis von Höhe und Breite aus, zeigt aber
in dem eigenartig, zu einer weiten Veranda gestalteten, Licht und Luft
sich öffnenden und einen tiefen Blick in das reich geschmückte Innere ge-
währenden Eingang einen aufserordentlichen Fortschritt (Fig. 147). Hinzu
kommt die peinliche Sorgfalt der Bauausführung, welche diesen plumpen
146 b.
Fig. 146a und b. ilütte der Kalunda (nach Pogge).
Bau bei näherer Betrachtung als ein Kunstwerk des Gewerbes erscheinen
lälst. Die einzelnen Konstruktionsteile entsprechen dabei durchaus den Ele-
menten der einfachen Kugelhütte. Die gebogenen Hölzer des Gerippes
sind natürlich hier aus Stücken stärkeren Materials zusammengesetzt; sie
müssen durch zahlreiche Saiden gestützt werden, welche durch einen aus-
gebildeteren ästhetischen Sinn in regelmäßigen Reihen geordnet wurden,
und hierdurch ward ein Mittelglied zwischen der stumpf tragenden Sanle
und den Bogenrippen notwendig, nämlich ein horizontales Trageholz, ein
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dem kreisförmigen Grundriß sich ansehliefsondos Rahmstück. Ob dieses
der Erfindungsgabe der südlichen Einwanderer seine Entstehung verdankt,
oder ob dieses neue Konstruktionsglied, welches ganz wesentlich zur Er-
möglichung dieser Bauwerke beitrug, durch die einem anderen Kulturkreise
(Zwischenachse!) angehörenden Wahuma beigefügt und durch diese üt>er-
haupt der Stil bis zu seiner jetzigen Vollkommenheit entwickelt wurde,
wird sich kaum feststellen lassen. Nur spricht dafür, dafs allerdings dieses
Rahmstück — den südafrikanischen Bauten sonst ganz fremd — bei den
nordafrikanischen des Nilgebietes überall einen wesentlichen Bestandteil bildet.
Die Hütten der Unterthanen halten sich selbst verständlich in kleineren
Verhältnissen und seilen dem südafrikanischen Vorbild um vieles älmlicher.
Sie entbehren des Rahmstückes der Wahuma- Bauten, haben aber von ihnen
Fig. 147. Hütte der Wu^anda (nach Speke).
die konstruktive Betonung und Ausschmückung des Einganges übernommen
(Fig. 148a und b). Von grofsem Wert für die Beurteilung der Herkunft
eines Baustiles ist stets die Art seiner Herstellung, denn die von den Eltern
überkommene handwerksmäßige Ausbildung hangt mit der Konstruktion
eng zusammen und wird oft selbst beibehalten, wenn Formen anderen Ur-
sprunges nachgeahmt werden. Sie repräsentiert den Standpunkt des tech-
nischen Könnens, der nicht plötzlich verändert werden kann, wie die Form
des Gebäudes.
Stuhlmann besehreibt den Bau eines (kleineren) Wagandahauses ( tt Hit
Emin Pascha" S. 179): (Der Bin) geht in der Weise vor sich, dafs an einem
kleinen Kranz von Ruten oder Rohr Rohrstäbe, die radien- und trichterförmig
zur Mitte laufen, befestigt werden. Dem ersten folgen andere, immer gröfser
werdende koncentrische Ringe, bis ein grofser Trichter entsteht. Diesen
stützt man zunächst durch einen in der Mitte aufgestellten Bananenstamm ;
sodann wird ein Kreis von starken Ruten im Abstand von etwa l / t in in die
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Erde gepflanzt, die den Umfang des zukünftigen Hauses bezeichnen. Der
Trichter wird durch Stützen in die geeignete Höhe gehoben und mit dem
Gertenkreis verflochten, so dafs schlieislich ein grofses bienenkorbartiges
Gestell entsteht, das man, von unten beginnend, mit Gras eindeckt. Zu-
letzt wird gleichfalls durch Gerten imd Rohr die Thürwölbung hergestellt.
— Man sieht daraus, dafs die Schwierigkeit, bei grösserer Höhe des Ge-
bäudes nicht hinanreichen zu können, um die Stäbe im Mittelpunkt mitein-
ander fest zu verbinden, dadurch überwunden wird, dafs man mit diesem
schwierigsten Teil anfängt, indem man auf der Erde die Verbindung her-
stellt; der anderen, hieraus sich ergebenden Schwierigkeit, die in der Mitte
verbundenen Ruten mit den unteren Enden in die Erde zu bringen, be-
gegnet man durch Gliederung in zwei Teile, die man nachträglich fest mit-
einander verbindet Man nähert sich hierdurch der Korbflechterei in grofsem
Mafsstabe. ^ SS===SS! ^
Und dafs ein so hergestelltes Gebäude auch wie ein grofser Korb,
fest in sich gefügt und verbinden, gehandhabt werden kann, ergiebt sich
aus des Grafen von Götzen Schilderung des Hausbaues in der entstehenden
neuen Residenz des Ruanda -Fürsten 1 : die Hütten wurden jeweils an den
Stellen, wo sich Schilf oder Holz fand, gleich geflochten und so, in fertigem
Zustande, von 20 — 50 Mann, die von innen und aufsen gleichzeitig an-
fafsten, auf den Berg hinaufgeschafft. — Diese Hütten werden nach des Haupt-
mann Ramsay Mitteilung nicht durch einen untergestellten Mittelpfahl gestützt.
Ich möchte an dieser Stelle gleich darauf hinweisen, wie einfach sich
bei dieser Bauweise der Übergang von der Kugelhütte zur konischen mit
cylindrischer Wand ergiebt. Wenn man die im Kreis aufgestellten Pfähle,
welche bei der Kugel hiltte gewissermafsen die losgetrennten Fufsenden der
gebogenen Stangen repräsentieren, unter sich zur Wand fest verbindet, kann
man den fertig geflochtenen oberen Teil (das Dach) auf Mittelpfalü und
1) Graf von Götzen: „Durch Afrika von Ost nach West", S. 181.
uigitizeo uy VjOO
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Wand einfach aufstülpen, ohne eines weiteren Verbandes zu bedürfen.
Behalten wir dies im Auge (und es wird später darauf zurückzukommen
sein), so ist es gar nicht wunderbar, dafs im Norden des Seegebietes beide
Formen in buntem Wechsel auftreten, dafs z. B. die Wawira, je nachdem
sie im Wald- oder im Grasland wohnen 1 , die Kegel- oder Kugelform an-
wenden. Die Veranlassuug liegt im Material und ist wohl ohne weiteres
verständlich,
Aufserorden tlich wichtig ist eine veränderte Gestalt der Kugelhütte,
welche gewissermafsen wie ein si>äterer Eruptionsstrom sich zwischen die
Gebiete der soeben geschilderten typischen Rundhütten hineinschiebt und
welche ich nach dem als Hauptträger ihr dienenden Volksstamm die Baluba-
Hütte nennen möchte. Sie herrscht am westliehen Gestade des Tangaujika
bis zu den Manjema, schiebt sich hier westlich am 5. und C. Breitengrad
bis zum Kassai und steigt in einzelnen Bruchstücken diesen Strom hinab
bis zu seiner Mündung in den Kongo. Das Charakteristische der Baluba-
Hfltte ist ihr quadratischer Grundrifs, der aber meist mit einer offenbaren
Absichtlichkeit änfserlich verborgen wird durch die Abruudung der dick
aufgelegten GrasbeUeckung. Der Cbergang aus dem runden in den quadra-
tischen Grundrifs mag durch irgend welche äufserliehe Gründe der be-
quemeren Anordnung, der besseren Ausnutzung eines bestimmten Materials
oder dgl. veranlafst sein; er kann auch auf konstruktiver Basis vor sich
gegangen sein. Wir finden nämlich bei diesem Bau zuerst einen Zwischen-
boden zwischen dem unteren Wohn- und einem oberen Dach- oder Boden-
raum auftreten und, wenn man den Gedanken gefafst hatte, bei einer
höheren Anlage (wie sie bei dein erwähnten Barotse-Bau bemerkbar -wird)
den Raum unter dem Dach auszunutzen, so m,ufste dieses notgedrungen
zum quadratischen Grundrifs führen, solange man eine einfache Unterstützung
durch die Wände erstrebte. Es mag aber auch sein, dafs sieh die Kon-
struktion der Zwischendecke als eine Folge des quadratischen Grundrisses
ergab. Über dic>e selbst giebt Pogge, der mit so grofser Gewissenhaftig-
keit beobachtete und notierte, in seinem (nicht veröffentlichten) Tagebuch einen
sehr wertvollen Aufsehlufs.
Die Hütten wechseln in der äu teeren Form und Gröfse, bald sind sie
von der Form einer Gilka- Flasche, b;dd von der einer Granate des gezogenen
Geschützes und endlich auch mit hohem spitzen Zeltdach. Das hat Ver-
anlassung gegeben, dafs man z. B. bei den Bassonge (und Bassange) zwei
ganz verschiedene Typen nebeneinander zu sehen meinte, dafs man sie als
bienenkorbartig, byzantinische Kuppeln, kugelartig, spitzdacliig, als rund
1) Stuhlmann: .Mit Emiti Pascha ins Herz von Afrika*, S. 384 und 388.
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— 203 —
und als viereckig bezeichnet hat. Und doch haben sie sämtlich dieselbe
Konstruktion.
Die den quadratischen Grundrifs (es kommen sogar rechteckige mit
ungleichen Seitenlängen vor) umgebenden langen Ruten werden im unteren
Teile durch Pfähle verstärkt (bisweilen an diese angebunden) und oberhalb
der hierdurch gebildeten senkrechten Wände entweder einfach zusammen-
gebogen (das giebt die Granatenform), Fig. 149, oder eingeknickt und gerad-
linig zur Spitze verbunden (die Pyramidenform). Wenn man die oberen
Enden einknickt und zusammenbiegt, erhält man die Flaschenform, indem
der Hals durch einen Strohaufsatz gebildet wird. Das tektonische Gerüst
bleibt demnach genau das südafrikanische. Eine Slittelstütze ist nicht not-
wendig, weil die Wände einen festen Halt geben und die hoch geführten
Ruten grofse Steifigkeit haben. Der
Lehmestrich des Fufsbodens wird viel-
fach zu einem förmlichen Unterbau
verstärkt, an den inneren Wandflächen
oft durch Matten ersetzt. Eine be-
sondere Ausgestaltung erfährt die Thür,
indem sie hoch, mit einem Thürpfosten
und vorspringender Verdachung (aus
Stroh) versehen und sogar von einzelnen
besonders geschickten Bauherren mit
verzierten Flügelthüren versehen wird. 1 xig. iw.
~. „ P „ju L.w-n Hutto dor Baluba (nach Cameron).
Die äufsere Bedeckung besteht in Gras
und wird in meist abgerundeter Form bis nahe zum Fufsboden hinabgeführt.
Um die Zwischendecke zu tragen, werden zwischen die Pfähle, welche
der Wand ihre Festigkeit geben, einzelne Gabelstützen eingeschaltet. Diese
tragen zwei Rahmstücke, auf welchen die aus Stangen gebildete Decke aufliegt.
Es ist dieses der erste Fall, dafs wir die Gabelstütze finden. Sie ist aber
lediglich zur Lagerung eines horizontal liegenden Holzes benutzt, und nur
in dieser Verwendung finden wir sie bei den Südafrikanern. Westlich vom
Lomami ward die Zwischendecke noch nicht beobachtet. Es ist überhaupt
auffallend, dafs sich nur hier und weiter östlich der Baluba-Stil zu be-
sonderer Vollkommenheit entwickelt hat. Pogge liat Gebäude bis zu 9 m
Höhe und 4 7 2 ni Quadratseite gesehen.
Eigentümlich und völlig verschieden von der Art der Bedeckung, wie
sie bei den Nordafrikanern Üblich ist, fand Pogge die Weise, wie das hierzu
dienende Kampinegras verwendet wurde. Auf die als Sparren dienenden
1) Kifuma s. Cameron: «Querdurch Afrika", Bd. II, 27 28; Pogge fand sie bei
den Bene Kalebue, beide bei 6° s. Br.
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Ruten wurde nämlich zuerst eine horizontale Lage, von Rute zu Rute
reichend, aufgebracht und geschickt befestigt. Es lagen doppelte Horizon-
tallatten, eine Aber, eino unter den Sparren, so dafs man dünne Ruten
dazwischen stecken konnte, welche die Querlage des Grases festhielten.
Auf diese innere wurde erst die äufsere senkrecht liegende Lage des Deck-
materials aufgebracht.
Es wird noch ein Blick auf die Bauten der Tupende zu werfen
sein: auch bei ihnen venoll ständigen Pogges Notizen in willkommenster
Weise die Angaben Wifsmauns. 1 Auch die Tupende sind zum «juadratischeu
Gnuidrifs ubergegangen, aber entschieden auf anderem Wege, als die Baluba.
Ihre Hütte ist nicht aus
der Form der Barot.se
ohne Mittelunterstützung,
sondern aus derderHerero
mit Mittelunterstützung
entwickelt (Fig. 150). Sie
haben den Mittelpfahl bei-
behalten, bilden um ihn
die 4 Wände aus dünnen
Pfählen und Verkleidung
mit Baumrinde und stül-
pen das aus gespaltenen
Palraripi>en geflochtene
Dach einfach darül>er. Die
Tupende sind geschickte
Holzschnitzer und deshalb
sind die Häuser derHäupt-
linge alle mit geschnitzten
Figuren auf der Dachspitze und vielfach mit ebensolchen Thüren verziert.
Die eigentümliche Form des Tupendehausos weist uns rückwärts auf
Gebiete, denen sie früher näher wohnten und mit denen sie möglicherweise
in noch früherer Zeit in engerer Beziehung gestanden haben, auf die der
Lobale, Ambuella und Bihe, und hiermit betreten wir das Gebiet der Um-
wandlung des rund- konischen Hauses in das quadratisch- pyramidische. Es
ist demnach ersteres zunächst zu erörtern.
Fig. 15il
ITütto der Tupende (nach Wifsmannl.
2. Die Kegelhütte.
In welch einfacher Weise sich aus der Kugelhütte die kegelförmige
mit cylindriseher Wand entwickelt, wurde bereits erwähnt. Die Art der
1) Wifsrnann: , Unter deutscher Flagge quer durch Afrika", S. 62.
)gle
— 205 —
Bauausführung mufste ganz von selbst dazu veranlassen. So finden wir
denn auch bei den Barotse, wo die Kugelhütte den Übergang aus der ge-
drückten und reinen Halbkugelform zum überhöhten Knppclraum durch-
machte, auch den Fortschritt zur cylindro- konischen Form in einfachster
Weise ausgeführt. Diese hat dieselben Abmessungen der Kuppelhütte, aus
der sie entstand, zunächst beibehalten, besteht aus einer ca. 3 m hohen
"Wand aus Schilfrohr, mit Sand und Thon abgeputzt, 3 — 4 m im Durch-
messer, darauf gestülpt wie ein Deckel und ohne Verbindung das flach -
konische Dach (Fig. 151).
151c.
Fig. 151a bis c. Hütte dor Barotse (nach Holuly).
In dieser einfachen Gestalt, deren Merkmale die kleinen Abmessungen,
die hieraus sich ergebende Entbehrlichkeit einer Mittelstütze, der nur um
wemges überstehende Band des einfach aufgestülpten Daches sind, fand
die Kegelhütte eine weite Verbreitung. Wie bei den benachbarten Maschuku-
lumbe (mit etwas steilerom Dach) treffen wir sie einerseits zwischen Bang-
weolo und Njassa-See (z. B. bei den Wakonde), jenseit des letzten am Rowuma
(bei den Adjuwa) und in den östlichen Teilen Deutsch -Ostafrikas; anderer-
seits hat sie ihren Weg durch das Iiand der Lobale und Bihe genommen
auf der südlichen Begrenzung des Kongobeckens. Sie ist überall aus dem
leichtesten Material, meist Schilf oder Bambus, hergestellt, der zur Dichtung
der Wand verwendete Thon als innerer oder äufserer Bewurf benutzt oder
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auch, wie bei den Wakonde, als Füllmittel der aus Bambus gebildeten
Doppel wand (Fig. 152). Er ist überall notwendig als Ersatz der wärmenden
Bedeckung mit Gras, welche bei der Trennung von Wand und Dach bei
der ersten wegfiel. Der Fufsboden wird mit Thonestrich belegt und
meist zum Schutz gegen eindringendes Regenwasser etwas erhöht
Mehr als bei der Kugelhütte wurde man bei der Kegelhütte auf Be-
nutzung der fetten Erde zur Herstellung einer dichten und gegen Witte-
rung schützenden Wandung hingewiesen und so entwickelte sich naturgemäfg
die Fertigkeit, aus Pflanzenmaterial in Verbindung mit Thon oder Lehm
— aber niemals aus letzterem allein — den Raumabschlufs zu bilden.
Dieses führte zu einer ganz eigentümlichen Umformung der Kegelhütte,
auf welche Oskar Baumann zuerst aufmerksam gemacht hat. Es ist der
Tembe-Bau. Der genannte Forscher schildert den Vorgang, der aufser-
ordentlich wahrscheinlich ist, in folgender Weise 1 : „Dort (bei den Wakuafi
in üsegua) sind heute noch drei Woh-
nungstypen im Gebrauch: Rundhütte mit
cylindriseher Lehmwand (d. h. mit Lehm-
bewurf) und Blätterdach, geschlossene
Tembe und Erdstall. Bei flüchtiger Be-
trachtung könnte man annehmen, dafs
der Erdstall, dieses Urbild einer primi-
Hütte der Kunde (Vach Wangemann). Uven hier die ursprüngliche
Form darstelle, und dafs aus dieser sich
Tembe und Rundhütte entwickelt haben. Thatsächlich ist der Gang jedoch
ein umgekehrter. Ursprünglich bewohnte man die Rundhütte, bis feindliche
Einfälle, besonders der Massai, das Blätterdach als zu feuergefährlich er-
scheinen liefsen. Man gab der Hütte ein I/ehradach. Thatsächlich habe ich
im südlichen Ikoma, wo der Urawandlungsprocefs eben im Gange ist, Rund-
hütten mit flachem Lehmdach gesehen. Es ist jedoch begreiflich, dafs
diese Form sich nicht lange halten kann, die Auswahl ungleich langer
Stangen für das Dach ist zu unbequem, als dafs nicht bald »1er Gedanke
auftauchen sollte, «lern Unterbau statt einer cylindrischen eine viereckige
Form zu geben — und der Tembe ist fertig. Doch auch dieser erscheint
zu exponiert, man baut ihn immer niedriger, man tieft den Boden, wenn
seine Beschaffenheit dazu günstig, immer mehr ein, um gebückt stehen
zu können; man macht schliefslich die Decke dem Erdboden gleich —
und der Erd stall ist gegeben.' 4
Diese Umwandlung, welche zum rechteckigen Grundrifs führt, liefs
1) Oskar Baumann: , Durch Massai Land zur NilqueUV, S. 175 76.
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langgestreckte Bauwerke entstehen, da sie ja auf der Anwendung des flachen
Daches basierte. Es zeigte sich bald, wie günstig dieser Raumbau mit
einer verteidigungsfähigen Einschliefsung des dem Vieh als Schutzort
dienenden Raumes sich vereinigen liefs und so entstanden die Hoftemben
in ünjamwesi in Anschlufs an die Tembebauten der sefshaften Völker des
abflufslosen Gebietes zwischen dem 35. und 37. Längengrad. Ursprünglich
nur zur Verteidigung benutzt, machten sie mehr und mehr dio im Hof
erbauten Rundhütten, welche den Wanjamwesi ursprünglich eigen sind,
entbehrlich, da sie auch als Wohnräume Verwertung fanden (Fig. 153).
Fig. 153.
Tembe (nach Stuhlmann).
Auf andoren Ursachen beruht der Übergang der Kegelhütte zur recht-
eckigen Form im westlichen Gebiet. Hier scheint es die Notwendigkeit
gewesen zu sein, in den sumpfigen Quellgebieten der südlich fliefsenden
Gewässer die Wohngebäude erhöht, also als Pfahlbauten, anzulegen, welche
auf der nicht wohl anders als rechteckig herzustellenden Plattform des
Unterbaues auch nur rechteckige Bauwerke entstehen liefe (Fig. 154). Da
man aber hier das geneigte Dach beibehielt, mufste man naturgemäfs zum
quadratischen Grundrifs greifen, dem man den Dachdeckel als Pyramide
aufstülpen konnte. So hat sich bei den Lobale und Bihe neben der Kegel-
hütte die quadratische mit Zeltdach eingebürgert (Fig. 155 und 156).
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Wir finden hier wieder einen Fall, dafs die Gabelstütze zur An-
wendung gelangt, ähnlich bei Herstellung der Unterbauten (wie bei dem
Httbnerhaus der Luehatse und den Pfahlbauhausorn der Ambuella). Sie dient
aber auch hier lediglieh zur Aufnahme der horizontalen Tragehölzer der
Plattform, also in demselben Sinne wie bei der Balubahütte denen der
Zwischendecke, niemals aber tils Stütze der Dachkonstruktion.
Tig. 154.
Hütte der Amhuella (nach Scrna Pinto).
Fig. 155. Hütte der Hihi« (nach Cameron). (nach Pinto).
Ich nehme keinen Anstand, die Hütten der Tupende mit denen der
Lobale und Bihe in direkte Beziehung zu bringen; sie unterscheiden sich
nur durch die — der grüfseren Breitendimensionen wegen — im Mittel-
punkte angebrachte Stütze, ein bereits bei den Kugelhütten Im 'kanntos Element.
So einfach sieh der Übergang von der Kngelhütte zur Kegelhütte
mit senkrechter Wand ergab, so einfach ist auch das Vorkommen der wand-
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losen KegelhOtte zu erklären. Man brauchte ja nur den konischen Dach-
deckel auf der Erde stehen zu lassen, anstatt ihn mühsam auf die ring-
förmige Wand hinaufzuheben. Man konnte ihn dann auch umfangreicher
machen, da man die Last nicht mehr zu heben brauchte, natürlich auch
steiler, um mehr Raum im Innern zu gewinnen. So kommen allerorten
derartige hohe Zuckerhuthäuser ohne "Wandung zwischen den cylindro-
konischen Hütten vor und so sind auch die Hütten des grofsen Wahehe -
Fürsten Kuivenga, welche Freiherr v. Scheie 1 zur Kenntnis brachte, zu ver-
stehen. Sie haben sich freilich zum Teil zu gewaltiger Gröfse — 20 m
Durchmesser und 12 m Höhe — ausgewachsen und bedurften deshalb
einer kräftigen Unterstützung im Innern, die aber — mit Vermeidung der
Mittelstütze — aus einer ringförmigen Wand besteht.
Es mag dahingestellt bleiben, ob diese Hüttenform von den durch
die Wahehe unterworfenen früheren Bewohnern des Landes (runde und
quadratische Hütten aus Pfahlwänden mit Lohmputz, und hohes Grasdach)
entlehnt oder als eine Familienüberlieferung der Zulu -Fürsten zu betrach-
ten ist Die Tembebauten, welche den Wahehe jetzt eigentümlich sind,
haben sie zweifelsohne aus ihrer südlichen Heimat nicht mitgebracht.
Es bleibt uns noch eine andere Ausgestaltung der Kegelhütte zu
betrachten, welche gleichfalls weite Verbreitimg gefunden hat und die Eigen-
tümlichkeiten der südafrikanischen Bauweise in charakteristischer Schärfe
hervortreten läfst. Während bei kleinem Durchmesser die Wände haltbar
genug waren, um den Druck des leichten Daches auszuhalten, mufste bei
etwas gröfseren Abmessungen eine Mittelstütze angebracht werden, weil
der Schub auf die Wände bei deren leichter Bauart ein Auseinanderdrücken
herbeiführen konnte, sobald die nicht unterstützte Dachspitze sich zu senken
begann. Da man aber ferner die Beobachtung machte, dafs ein weit über-
stehendes Dach manche Annelimlichkeit bot, so liefs man es weiter aus-
laden, mufste aber durch Unterstellung einer Reihe vou Pfählen wiederum
das schwach gebaute Dach unterstützen. So entstand eine ringsumlaufende
Veranda und im ganzen ein in koncentrischen Ringen gegliederter Bau,
am konsequentesten und vollkommensten durchgeführt von den Barotso
(Fig. 157a bis c).
Die Bauausführung, welche im allgemeinen den Frauen anheim fällt,
ist folgende: Eine Kreisfläche von 3 m Durchmesser wird mit Thonestrich
belegt, in einem ringsumlaufenden schmalen Graben eine ringförmige Wand
aus starkem über 4 m hohem Rohr eingelassen und mit Palmblattstücken
1) Mitteilungen von ForschungsroLsenden etc. aus den deutschen Schutzgebieten,
Bd. IX, Heft 2.
Frobeniu«, Afrikanische Kulturen. 14
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210
horizontal durchflochten und hierbei fest angezogen, so dafe sich infolge
der nach oben sich verjüngenden Starke der Rohrstengel eine konische
Form der Wand ergiebt Oben glatt abgeschnitten, wird diese nun aufsen
verputzt und ein kleines flaches Kegeldach, das die Manner währenddem
geflochten haben, aufgestülpt und von aufsen glatt verputzt So ist eine
dicke, sich verjüngende Säule entstanden, welche dem Dach als Mittel-
stütze dienen soll, deren Innenraum aber durch Einschneiden einer Thür
zugänglich und benutzbar gemacht wird. • — • -
157 c.
Fig. 157 a bis c. Hütte der Barotse (nach Holub).
Für die eigentliche Umfassungswand dos Gebäudes wird ein Graben
im koncentrischen Kreis mit 6 m Durchmesser ausgehoben, und in diesen
zahlreiche Pfähle mit höchstens 0,5 m Abstand, zwischen ihnen eine Wand
von Rohrbüscheln eingesetzt, und durch Stricke verflochten. Beiderseits
geputzt und oben glatt abgeschnitten, mit einer Thflröffnung versehen, ist
die Mauer fertig; der innere Ring des Fufsbodens wird nun auch mit Estrich
belegt und währenddem flechten die Männer auf dem Erdboden das Ge-
rippe des Daches mit 10 — 11 m Durchmesser und rammen im Kreise mit
9 — 10 m Durchmesser Pfähle rings um die Hütte ein, welche als Yeranda-
stützen dienen sollen. Der Fufsboden der Veranda wird erhöht imd mit
Estrich versehen, um das Eindringen von Regenwasser zu verhindern.
— 211 -
Nachdem also der ganze Bau bis auf das Dach fertig ist, alle Stützen auch
die der Dachneigung entsprechende Höhe erhalten haben, wird das Riesen-
dach von etwa 60 Männern mit Hilfe von Stangen so hoch gehoben, dafs
man seinen Rand auf die Mittelstatze hinaufschieben kann. Dann läfst man
es langsam in seine richtige Lage hinabgleiten; die unregelmäßig Über-
stehenden Rohrsparren werden abgeschnitten und die Frauen klettern hinauf,
um das Gerippe mit Gras zu bedecken. Zur Befestigung der 15 — 20 cm
starken Graslage dient eine netzartige Überspannung mit Fächerpalmstricken.
158 a.
158 c.
158 b.
Fig. 158 a bis o. Hütte der Betschuana (nach Fritach).
Wie ersichtlich, ist dieses genau dieselbe Herstellungsweise, wie sie
bei den Rundhütten der Waganda und bei den quadrati sehen der Tupende
beobachtet wurde und fehlt auch hier jeglicher Verband zwischen der Wand
und dem Dach. Letzteres erscheint als das zum Konus umgeformte Geflecht
von im Mittelpunkt sich kreuzenden und in koncentrischen Ringen mit ihnen
verbundener Ruten bew. Rohrstengel, wie es auch die Kugelhütte bildet
und als einheitliches Stück transportiert werden kann. Während aber das
kugelförmige Geflecht direkt auf die Erde gestellt bezw. mit eingesteckten
Pfählen verbunden werden kann (Ruanda, Uganda), bedarf das konische
Geflecht meist des eylindrischeu Unterbaues, um einen wohnlichen Raum
einzuschliefsen. Auf diesen wird es einfach aufgestülpt.
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— 212 —
Diese Form der Kegelhütte findet ihre Vertreter einerseits in den
Hütten der Betschuana, 1 also iu Südafrika, Fig. 158, andererseits wanderte sie
•weit nach Norden hinauf und findet sich vielfach zwischen den einfacheren
Hütten ohne Mittelunterstützung in Ostafrika (Kasembe, Wasukuma, Wasa-
ramo). Sie wanderte bis ins Handei- Gebirge mit den Wadschamba und
machte hier eine Wandlung durch, ganz ähnlich der Baluba- Hütte. Bau-
mann fand bei ihnen, ebenso wie Meyer bei den Wadschagga am Kilima-
ndscharo neben den Kegelhütten auch heuBchober- oder bienenkorbähnliche,
alle aber mit einer Mittelunterstützung. Da erstere aber immer in der
warmen Ebene bezw. in den Thälern, letztere in der bedeutend kälteren
Höhenlage sich finden, ist es leicht erklärlich, dafs eine Rückbildung hier
Platz griff, um mittels der bis zum Fufsboden herabgezogenen dicken Be-
deckung des Daches einen besseren Schutz gegen die Kälte zu gewinnen.
Dabei wurde — was dieser Herleitung zum Beweise dient — die aus
Flechtwerk und Lehm hergestellte Mauer beibehalten und nur durch das
lang herunterhängende Gras des Daches verstärkt.
Ii) Die Baustile Xordnfrikas.
Auf gänzlich abweichender Grundlage entstanden die Bauformen des
nördlichen Afrika. Nicht so einfach sind sie auf einen einzigen Trtypus
zurückzuführen, da hier die klimatischen und geograplüsehen Verhältnisse
— die grofse "Wüste — der Sudan — und die Küstenländer — von vorn-
herein verschiedene Lebensbedingungen schufen und durch Darreichung hier
äufserst knapp, dort reichlich bemessener Hilfsmittel eine sehr grofse Formen-
verschiedenheit bedingten. Trotzdem giebt es einen Umstand, welcher die
meisten afrikanischen Bauten (mit Ausnahme der Fulbe- Hütten, welche auf
einen anderen Ursprung deuten) in gleicher Weise cliarakterisiert, das ist
die grundsätzliche Verwendung der Eitle als Baumaterial. Wir finden sie
ja auch in Südafrika verwendet, aber lediglich als Dichtungsmittel für
Wand und Decke, als Glättuugsmittel des Fufsbodens. Die konstruktiven
Glieder gehören durchaus der Pflanzenwelt an. Anders in Nordafrika. Hier
dient dio Erde — in Gestalt von Lehm und Thon — mehr oder weniger
überall zur Herstellung der Konstruktionsteile, der Wände und sogar viel-
fach der Decke. Es erscheint deshalb richtig, zunächst diejenigen Bauwerke
ins Auge zu fassen, bei denen die Erde als liauptsacldichstes Material ver-
1) Holubsagt: „Die Baharutse sind der eigentliche von Xordon, dem centralen
Nordufer des Sambesi, herabgekommene Urstamm der Betsehuaneu, und von ihnen
stammen alle die anderen Botschuanenstämme ab, die sieh nach und nach von dessen
Hauptstamm unter der Fuhrung einzelner Prinzen aus dem königlichen Geblüt los-
lösten. 14
•
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— 213 —
wendet wird und danach diejenigen, bei denen sie erst in zweiter Linie
zur Geltung kommt.
L Die Erdbauten.
An anderer Stelle 1 habe ich den Nachweis zu führen gesucht, dafs
der Erdbau in seinen verschiedenen Formen den Sudan -Völkern ureigen-
tflmlich ist, und dafs sich die Reste der alten den Erdbaustil kultivierenden
Urbevölkerung ungefähr auf dem 11. nördlichen Breitengrad durch den
ganzen Sudan — nachweisbar vom 4. westlichen bis zum 15. östlichen
Meridian — noch heute vorfinden.
Fig. 159.
Hütte der Bobofing (nach Bingor).
; fr F
Fig. 160.
Hütte der Dohasie (nach Binger).
Fig. 161.
Hütte der Bobo-Diula (nach Binger).
Fig. 162.
Hütte der Bammana (nach Binger).
Im Westen entstand das Erdgebäude aus der in den Erdboden ein-
gegrabenen Kellerwohnung, aus dem „Erdstall", in umgekehrter Weise, als
Baumann diesen in Ost -Afrika aus der Rundhütte und aus dem auf Holz-
konstruktion beruhenden Tembenbau entstehen läfst. Deshalb beruht auch
das Gebäude im westlichen Sudan nicht auf der Holz-, sondern auf der
Erdkonstruktion. Die Bobo und ihre Stammesverwandten bezw. -Nachbarn
erbauten über ihren alten Kellerwohnungen (die heute noch benutzt werden)
luftigere und gesundere Schlafstellen in verschiedenen, vielleicht von anderen
gelernten Formen, meist Kegelhütten mit lehmgeputzten Flechtwänden.
1) „Die Erdgebfiude im Sudan. "
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214 —
Fig. 163.*
Moschee in Lokhignile (nach Binger).
Gleichzeitig können beide Geschosse nicht entstanden sein, das beweist
ihre voneinander ganz unabhängige Konstruktion; die Kellerräume waren
rechtwinklig mit Holzdecke und Bodenbeschattung in gleicher Höhe mit
dem Unterterrain (Fig. 159).
Als sie nun, fortschreitend in der Fertigkeit des Bauens und inne
geworden der Vorzüge oberirdischer Wohnungen, begannen, ihre Gebäude
mehr und mehr aus der Erde herauszuheben, behielten sie die darauf
stehenden Obergeschosse
% Btet* bei und schufen hier-
durch die eigenartigsten
Bauwerke (Fig. 160). Erst
als das Gebäude ganz aus
dem Boden herausgewach-
sen war und als flach-
gedeckter Bau mit starken
Erdwänden sich erhob,
ward man — wahrschein-
lich unter Beeinflussung
durch Mande - Herkömm-
linge — auf die Vorteile
einer zweigeschossigen Bau-
weise mit durchgehenden
Aufsenmauern aufmerksam. Es
entstanden die langgestreckten
Gebäude mit breiterem Unter-
und schmalerem Obergeschofs,
so dafs sich vor diesem eine
Veranda und eine offene Terrasse
herstellen läfst (Fig. 161).
Der den Mande (Mandingo)
angehörende Stamm der Bani-
mana usurpierte diesen Baustil,
der deshalb von mir als Bobo-Bammana-Stil bezeichnet wurde, und
verbreitete ihn weiter im westlichen Sudan (Fig. 162). Er übernahm in
dem von den Bobo erfundenen rechteckigen Luftziegel das Mittel, lotrechte
Mauern herzustellen, und, soweit er seine Wanderungen als zerstückter
Stamm ausdehnte, dort entstanden anstatt der den Mande ursprünglich
eigenen Kegelhütten mit Wänden aus Flechtwerk und Ixihmbewurf einzel-
stehende, rechteckige, flachgedeckte Häuser mit massiven Enlmauern, lot-
rechten Wandungen und Thüren. Das obere Geschofs liefsen sie fallen
Fig. 164.
Moschee in Sorobango (nach Binger).
)gle
— 215 —
(dieses wanderte dafür nach Timbuktu), entwickelten aber einen eigentüm-
lichen Kunstsinn, indem sie begannen, ihre Bauten, namentlich die Moscheen,
mit Türmen und Ornamenten zu schmücken, wobei infolge der dem Natur-
menschen eigenen Neigung zur Spielerei und zum Übermafs die abenteuer-
lichsten Gebilde entstanden 1 (Fig. 163 u. 164).
Über das Ursprungsgebiet im Quellgebiet des Comoß und Volta hinaus
gewann der Bobo- Bammana -Stil das Land zwischen den beiden Niger -
armen, vom Deboö-Seo aufwärts bis zum Bagoö, und das Gebiet dieses
Flusses, wie des Koba Diela, ferner den Bammana- Bezirk von Daba und
im Südosten inselartig zwischen die Satteldachhäuser des Küstenstils hinein-
geschoben, das Gebiet von Kong und den Comoe bis Bentuku.
Den Baustil von Timbuktu
und Djenne halte ich für einen
marokkanischen Eindringling auf
dem Wege über Arauan. Daher
stammt die vom Bammana -Stil
ganz abweichende Form des Hof-
baues und der nicht rechteckige,
sondern runde Luftziegel. Das
obere Geschofs aber ist Bobo-
Ureprungs, ward zuerst in Djenne
und danach erst in Timbuktu dem
Unterbau aufgesetzt (Fig. 165).
Zwischen dem ersten und
zweiten östlichen Meridian traf
Dr. Gruner in gleicher Breite
mit den Bobo -Völkern bei den
9 l
I
I 1 )
m
Fig. 165.
Haus iu Timbuktu (Dach H. Barth).
Ketere-Ketere kastellartige Wohnungen,
welche aus mehreren mehrgeschossigen, also turaiartigen Kegelhütten, ver-
bindenden Umfassungsmauern und horizontaler Überdeckung des einge-
schlossenen Raumes sich zusammensetzten. Die Entstehung dieser Bau-
werke ist leicht nachzuweisen, da die Bedrängung durch die umgebenden
mohammedanischen Fürsten diesen vereinsamten heidnischen Stamm, den
Überrest eines alten Volkes, zwang, einen Komplex ihrer Kegelhütten auf
die angedeutete Art zum verteidigungsfähigen und sturmfreien Kastell um-
zugestalten (Fig. 166 und 167). Eine Vorbedingung aber war hierbei, näm-
lich die Vertrautheit mit dem Erdbau, sonst wäre es ihnen unmöglich ge-
wesen, dreistöckige Türme und 4 m hohe Mauern in massivem Lehm her-
1) Vergl. H. Frobenius: ,.Die Moscheebauton im Sudan* in Afrika, Organ des
evangelischen Afrika -Vereins, 1896.
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— 216 —
zustellen und für Zwischendecken haltbar zu gestalten. Das Baumaterial
formen sie in naturwüchsiger Weise zu Klumpen, bringen dieselben nals
aufeinander und verputzen die Wan<lfläehen, so dafs man keinen Stein und
keine Fuge mehr erkennnen kann. Ks ist bemerkenswert, dafs diese Bau-
weise mit Ausnahme der Bobo- Bammana bei allen Erd- Massivbauten im
ganzen westlichen und centralen Sudan gebräuchlich ist. Wir finden ihren
Ursprung bei den Resten der Urbevölkerung am 11. Breitengrad. Eine
Folge dieser Bauweise ist die schräge Führung der Aufsenflächen der Mauern,
unten stärker als oben, da es
mit dem formlosen Material sehr
schwierig ist, lotrechte Flächen
herzustellen.
Man kann aber leicht sehen,
dafs sich aus dem Kastell der
Ketere-Ketere mit der Zeit ein
ähnlicher Flachdachbau ent-
wickeln konnte, wie die Häuser
der BolK) und Bammana, aber
aus ganz verschiedenen Anfängen
und durch ganz verschie-
dene Zwischen formen hin-
durch. Dort der Höhlen -
oder Kellerbau als Aus-
gangspunkt, daraus das
w# L rechteckige Erdgeschofs
™^ entwickelt, auf dem die
Räume des oberen Stock-
Bau der Ketere-Ketere (nach Angabe von Gruner). wcrks ohne Zusammen-
hang mit Form und Kon-
struktion des Unterbaues aufstehen; hier die konische Hütte als Element,
welche sich dem überdachten Hofe zuliebe in einen Turmbau auswächst,
das obere dem unteren Oeschofs aber durch direkte Erhöhung der Mauern
hinzugefügt. Die Treppenhaustürme , welche bei einigen Bobo -Häusern ge-
funden werden, geben den Berührungspunkt, wo beide Baustile beginnen,
konstruktiv sich einander zu nähern. So kann aus den verschiedensten An-
fängen durch Vervollkommnung nach Zwcckmäfsigkeitsrücksichten Gleiches
oder Ahnliches entstehen und Rückschlüsse auf die Entstehungsweise sind
beim Mangel von Zwischengliedern oft trügerisch.
Im Osten vom Niger, also in den Haufsa - Staaten , wurde von den
nach Süden gehenden Reisenden erst beim 11. Breitengrade eine zuneh-
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mende Geschicklichkeit im Lehmbau beobachtet. Hier waren es die Heiden-
stämme der Yesko und Korro, wo sie Staudinger, die der Kado- und
Kedje- Neger, wo sie Rohlfs besonders bemerkte (alle beim 8. Meridian,
zwischen dem 9. und 11. Breitengrad). Sie haben Rundhütten mit Lehm-
mauern; aber auch hier hat die Not der Bedrängnis zu ähnlichen Formen
geführt, wie die Ketere-Ketere entwickelt haben. Staudinger erwähnt Ver-
bindungsmauern zwischen den näher bei einander angeordneten Hütten und
Rohlfs einen zwischen zwei Kegelhütten hergestellten geschlossenen Ver-
bindungsgang.
Wichtiger für die Entwicklung des Erdbaustils sind die Bewohner
von Yauri, deren Hausbau man auf Grund der von Flegel mitgeteilten
Typen nur als einen auf jahrhundertelang geübter Fertigkeit beruhenden
Stil bezeichnen kann. Sie bauen meist in quadratischem Grundrifs und
stülpen auf den turmartigen 31assivbau ein steiles, oben abgestumpftes,
Fig. 168. Haus in Jauri Haus in Djega
Haus in Jauri (nach Flegel). (nach Flegel). (nach Flegel).
jedenfalls geflochtenes Pyramidendach (Fig. 168). Neben dem reichen Orna-
mentschmuck, mit dem die Wände bedeckt sind, ist aber das Auffallendste
das Vorkommen von Kuppelgewölben zum oberen Abschlufs auf den mit
kreisförmigem Grundrifs aufgeführten Bauwerken (zum Schutz gegen Witte-
rung mit der Strohkappe darüber), Fig. 169. Der Bau des Kuppelgewölbes
ist in weiteren Gebieten bekannt oder bekannt gewesen, das beweisen die
von Flegel in Djega und von Staudinger in Dogondatschi (beide bei Gando)
sowie in Kaschia (10 0 nördl. 7 8 / 4 0 östlich) vorgefundenen ganz ähnlichen
Konstruktionen (Fig. 170).
Es führen uns diese aber noch weiter nach Osten zu den Massa-
Stämmen, mit deren zum Teil gewölbten Bauten die der Yauri eine grofse
Ähnlichkeit haben. Auch diese Stämme, welche südlich des Tsad-Sees
sitzen, waren noch verhältnismäfsig lange Heiden, sind es zum Teil sogar
noch jetzt und stammen vom mittleren Sehari. Nach ihren Hauptvertretern,
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den Makari, habe ich ihren Baustil benannt. Sie bauen lediglich aus
Erde, haben nach Barths Ansicht früher überhaupt alle leichteren Baustoffe,
wie Rohr und Stroh vermieden, und da wir bei einzelneu Stämmen, wie
den Mussgu, zur Zeit Rundhütten mit konischem Strohdach finden, so liegt
der Schlufs nahe, dafs entweder diese Hütte von anderer Seite eingeführt
oder, wenn der Rundbau ihnen ureigen ist, dafs er früher mit einem
Gewölbe geschlossen war, über welchem man sich das Strohdach zunächst
als schützenden Deckel denken kann. Und für diese Annahme liegen aller-
dings Anlialtepunkte vor. Mag meine Vermutung, dafs die mächtigen Ter-
mitenbauten zur Nachahmung angeregt haben, richtig sein oder nicht, die
von Barth nachgewiesenen Kuppelbauten (Fig. 171 u. 172) legen den Ver-
gleich sehr nahe imd bringen jedenfalls den Beweis, dafs der Gewölbebau
früher bekannt und geübt war. Um einen Raum von 2,5 m Durchmesser
mit einem Lehmgewölbe zu schliefsen, wie Barth es gefunden, dazu gehört
eine von alters her geübte Kunstfertigkeit, die vielleicht neuerdings ver-
loren worden sein mag, wie manche Errungenschaft früherer Kulturperioden
in dem Hin- und Herwogen der Völker Afrikas.
Nach dem uns bekannt gewordenen Material liegt die Vermutung
nahe, dafs die nationale Bauweise der Mussgu früher in einer Trennung
der Winter- und Sommerwohnung bestand, erstere überwölbte starkwandige
Erdgebäude, deren Durchmesser in der technischen Ausführbarkeit eine
Grenze fand; letztere unbedeckte, ummauerte Räume, in denen man durch
Schattendächer sich Sonnenschutz verschaffte. Das Bedürfnis geräumigerer
Unterkunft zu jeder Jahreszeit, die Schwierigkeit, diese mit Gewölben zu
überspannen, sowie dio Erfahrung, dafs die Erdgewölbe, je gröfser die
Räume, desto öfter unter der Einwirkung der Witterung einstürzten, mochten
mit der Zeit dazu führen, die stets in bescheidenen Dimensionen erbauten
Jjehmcylinder der Wohnungen mit einem geflochtenen Deckel als Regenschutz
zu versehen, das innerlialb der Sommerwohnung angebrachte Schattendach
aber Über den ganzen Raum auszubreiten und diesem dann die praktischere
viereckige Form zu geben, welche das Schattendach naturgemäfs von Anfang
Fig. 171.
Hütte der Mussgu (nach Barth).
Fig. 172.
Hütte der Mussgu (nach Barth).
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an haben mufste. So entstanden runde Erdhütten mit konischem Strohdach
und die rechteckigen Bauwerke mit Flachdach, wie die nördlichen Ver-
wandten der Mussgu sie alle besitzen. Die auch hier vorkommenden,
häufig auf die terrassenartigen Untergeschosse aufgesetzten Rundhütten
haben sich die dem Gewölbe nachgeahmte völlig halbkugelige Gestalt der
Dächer bewahrt und selbst die viereckigen Häuser kleinerer Grundrifs- und
turmartiger Höhenabmessung, wie sie z. B. in Karnak-Logon vielfach mit
einem Strohdach vorkommen, haben für dieses die halbkugelige Form bei-
behalten.
Die nachdachigen Erdgebäude des Makari- Stils (Fig. 173) zeigen eine
tiefgehende Verschiedenheit von denen der Bobo und Bammana, Die auf
den Gewölbedruck ursprünglich berechnete Mauer mufste nach dem Fufs
zu sich verstärken, und das Prinzip der schräg ansteigenden Wandung
wurde sogar auf die Thüröffnung übertragen, welche oben breiter als unten
Fig. 173.
Häuser der Makari (nach Nachtigal).
ist (entgegengesetzt den nach oben sich verjüngenden Thüren, wie sie bei
allen auf Steinkonstruktion basierten Stilarten naturgemäfs sich ergeben haben).
Diese Verstärkimg der Mauern nach unten mufste um so notwendiger
werden, als die Massa -Völker den flachkantigen Ziegel der Bobo nicht
kennen, sondern mit runden Lehmklösen bauen.
Auf dies flachdachige Untergeschofs wird nun ein Obergeschofs —
nicht durch den Aufbau kleinerer Gebäude, — sondern ganz regelrecht
durch Erhöhung der Umfassungsmauern über die Decke hinauf und durch
Übereinanderstellung gleich grofser Räume aufgebaut, und da dies nicht
durch eine Thür Licht erhalten kann, werden Halbkreisfenster angebracht,
was wiederum auf den Gewölbebau hinweist.
Die Gebäudekomplexe, welche sich die Fürsten mit diesen Mitteln
herstellten, zeugen von einem solchen Geschick in der konstruktiven Zu-
sammensetzung, dafs Barth ebenso wie Nachtigal und Denham unverhohlen
ihre Überraschung aussprechen, hervorgerufen durch diese Baugeschicklich-
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keit bei einem sonst wenig kultivierten Volke. Dies steht hiermit hoch
über den ihm in vielen anderen Dingen überlegenen Völkern der grofsen
Sudan -Reiche, Bomu, Baghirmi etc. Wir müssen darin durchaus eine
autochthon entwickelte gewerbliche Fähigkeit erblicken.
Auch bei den Moschee- und Palastbauten der Fulbe- Fürsten in den
Haufsa- Staaten hat sicher die Geschicklichkeit der Ureingeborenen eine
Rolle gespielt. Es wäre den aller Wahrscheinlichkeit nach aus Ägypten
herangezogenen Baumeistern, welchen diese Bauten zuzuschreiben sind,
unmöglich gewesen, bei ihnen gewölbte Räume, wie sie verschiedenenortes
festgestellt wurden, herzustellen, wenn die Arbeiter hierin nicht eine Ge-
schicklichkeit gehabt hätten. Bei der Überspannung gröfserer Räume wurden
Holzrippen eingebaut, um einen gröfseren Halt zu gewinnen. Diese Bau-
werke können aber immerhin als autochthone nicht bezeichnet werden. Ich
halte die flachgedeckten Häuser, die pylonartigen hochthürigeu Eingangs-
bauten, die labyrinthischen Zusammenstellungen von grofsen und kleinen
Gebäuden, Höfen, Korridoren nebst ihrem Säulen- und Kuppelschmuck,
wie sie in den Residenzen der Haufsa- Staaten sich vorfinden, für eine
Mischung des Berber- Stils (in ihren Kastellbauten der Sahara) und der
mohammedanischen Bauten Ägyptens. 1
Aus der Sahara stammt aber noch ein anderer Baustil und hat eine
eigene Entwicklung in den Händen der Sudaner gefunden, das ist der in
Bornu gebräuchliche Flachdach -Stil, der Tebu-Kanuri-Stil. Die Kanuri
haben in ihrer Heimat, Kanem, Mattenhütten gebaut. Eine Tebu -Einwan-
derung (die Siäfu) brachte ihnen mit einem Herrscherstamm auch eine
neue Bauweise, und letztere entwickelte sich aus der rechteckigen Wüsten-
hütte, wie sio in leichtestem Material von den nomadisierenden Tedft (Tebu)
noch heutigen Tages, wie sie in Kyklopenmauerwerk von den sefshaften
Tebu in Borku und Tibesti gebaut wird. Anstatt des mangelnden Stein-
materials mufsten die in Kanem eingewanderten Tebu sich mit Erdklösen
begnügen und bauten nun die Mauern ihrer kleinen stets vereinzelten Häuser
aus diesen, behielten aber die dem Steinbau entsprechende nach oben ver-
jüngte Thür bei und bedeckten den Raum mit Holzbalken und Erde. Neben
der den Ureinwohnern gewohnten runden Mattenhütte bürgerte sich so in
Bornu — aber nur von der herrschenden Rasse benutzt — der flach-
gedeckte Erdbau ein, obgleich er bei dem mangelhaften Material und dem
ungünstigen Klima nur wenig haltbare Bauwerke zu Tage fördert. In ihrer
dürftigen Form unterscheiden sie sich auffallend von den Bauten des Makari-
Stils und der Haufsa-Länder. Die Fertigkeit wurde hier niemals erreicht,
1) Vergl. II. Frobonius: „Die Moscheebauteu im Sudan" in Afrika, 1896.
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wie sie sich bei den autochthonen Baustilen der Bobo- Bammana, der
Ketere-Ketere, bei den Heidenstämmen am 8. Längengrad , bei den Bewohnern
von Yauri und den Massa- Stämmen durch uralte Übung im Erdbau ent-
wickelt hat
2. Die Kegelhütten.
Die nationale Bauform aller im Sudan als herrschende auftretenden
Rassen ist — mit alleiniger Ausnahme der Fulbe — die Kegelhüttc. Sie
hat dereinst vollständig geherrscht von den Ufern des Senegal bis zu denen
des Nil. Über ihre Entstehungsweise fehlt jeder Anhaltepunkt Das haupt-
sächlichste Baumaterial lieferte im Sudan ebenso wie in Südafrika die Pflanzen-
welt, nur zur Dichtung der Wände und zur Befestigung des Fursbodens
ward die fette Erde benutzt. Sie gewann aber in vielen Gebieten doch
eine andere wichtigere Bedeutung, da der reine Erdbau der südlicheren
Völkerscliaften, auf welche die Mando, die Shonrai, die Haufsa und
Borau -Leute stiefsen, die Anregung gab, auch bei der Kegelhütte dieses
Material in erhöhtem Mafse zur Anwendung zu bringen. Es ist zwar
aufserordentlich schwierig selbst für den aufmerksamen Beobachter, zu ent-
scheiden, ob eine als reiner Lehmbau erscheinende Mauer nicht einen höl-
zernen, etwa aus Flechtwerk bestehenden, Kern enthält, und es ist deslialb
zweifelhaft, ob die massive Lehmraauer nördlich des 11. Breitengrades
wirklich bei den Rundhütten (aufserlialb der bereits erwähnten Beispiele
autochthonen Baustils) irgendwo vorkommt. AVenn dieses aber der Fall ist,
so ist sie jedenfalls von jenen in massivem Lehm bauenden Völkerschaften
übernommen worden.
Anders ist es 9üdlich des 11. Breitengrades. Hier machen sich
zweierlei Einflüsse geltend, die Giebeldächer der Küstenvölker und die
eingeborene reine Erdbautechnik. Infolgedessen finden sich hier viele
Bauwerke runden , auch oblongen Grundrisses mit Kegeldach und unzweifel-
haft massiven Wänden, dazwischen mischen sich, je weiter man nach
Süden vorschreitet, Übergänge aus dem runden in den rechteckigen Grundrifs
(der oblonge, wie ihn Flegel in Nupe fand, ist als solcher zu betrachten).
Da die Lehmmauern nur bei kleineren Dimensionen des Bauwerkes das
Dach zu tragen vermögen, wird bei gröfseren Anlagen eine Mittelstütze not-
wendig. Mit deren Hilfe werden dann allerdings Gebäude von recht bedeu-
tenden Abmessungen hergestellt, wie die von Rohlfs geschilderte Audienzhalle
in Keffi, deren cylindrische Umfassungsmauern G l / 2 m, deren Dachspitzo
annähernd 20 m Höhe, deren Durchmesser an 33 m erreichte. Neben
den runden Fonnen treten aber hier wie in Nupe beim 9. Breitengrad schon
Satteldachformen auf.
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Nicht andere im Hinterlande der Gold- und Sklavenküste, wo überall
der massive Lehmbau vorherrecht und bei den Kegelhütten, wie bei den
rechteckigen der südlichen Gebiete gleichmäfsig zur Anwendung kommt.
Das alte Salaga bot eine bunte Musterkarte der verschiedenen von den
Händlern der verschiedensten Rassen hierher verpflanzten Baustile. Bei
allen aber baute man die Mauern aus Lehm, den man mit Sand, Kies
und Wasser zu einem dicken Schlamm vermengte, um dann grofse Kugeln
zu formen und diese aufeinander zu klatschen. Es ist also die Bauweise,
wie sie im ganzen Sudan, mit Ausnahme der Bobo- Bammana, geübt wird.
Weiter westlich ist der Lehmbau in H&nden der herrechenden Mandß-
Stämme überall zur Einführung gekommen und auch in Senegambien —
wahrscheinlich infolge der vielfach geübten Anwendung zu Befestigungs-
anlagen — allgemeiner gebräuchlich geworden.
Nach diesem Überblick über das westliche Nordafrika südlich der
Sahara verlohnt es sich, noch einen Blick auf den östlichen Teil zu werfen,
wo die Niloten sich vom Bahr-el-Ghasal bis
zum Nilquellengebiet ausgedehnt haben. Sie
haben alle Kegelhütten und zwar sind diese
in der äufseren Form oft den südostafrikanischen
aufserordentlich ähnlich. Ihre Betrachtung ist
desto notwendiger, weil sich hier wichtige
Konstruktionsunterschiede finden, welche dar-
auf hinweisen, dafs die nordischen eines ganz
anderen Ursprunges sind, als ihre südlichen
Ebenbilder. Es kommt mir zu gute, dafs für
die Bauweise der Niloten -Hütte ebenso genaue
und zuverlässige Berichte vorliegen, wie für die südafrikanische.
Junker beschreibt den Bau einer in grofsen Abmessungen erbauten
Hütte. 1 Um den Mittelpunkt wurden zwei koncentrische Kreise gezogen
und sodann die Stützen eingegraben, im Mittelpunkte ein (etwa 6 bis 7m
hoher) schenkeldicker Baumstamm, in den beiden Kreisen von innen nach
aufsen niedrigere Pfähle, aber sämtlich mit Gabeln am oberen Ende, und
diese alle radial gestellt Hierauf ward ein beinstarker Kranz aus langen
biegsamen Ruten zusammengeflochten, welcher dem Durchmesser des
inneren Kreises entsprach und, in die Gabeln der Stützen gelegt, mit
diesen zusammengebunden wurde. Er bildet also das runde Rahmstück
auf den Säulen, gegen welches die Sparren des Daches sich stützen sollen
und welches gleichzeitig deren obere Enden dem Sparrenschub gegenüber
Fig. 174.
Gerüst einer A- Sande - Hütte
(nach Junker).
1) Junkers Belsen in Afrika, Bd. II, S. 1T9 ff.
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fest miteinander verbindet und ein Herausdrücken der Wand verhindert
Die Befestigung der Sparrstangen erfolgt nun in ebenso einfacher als
zweckentsprechender Weise. Sie werden nämlich mit den unteren zu-
gespitzten Enden in das Gefüge des Kranzes hineingetrieben und mit den
oberen dünnen Enden in die Gabel der Mittelstütze gelegt
Zur Vervollständigung des Dachgerüstes wurde nun eine Anzahl nach
oben zu sioh verkleinernder dünnerer Ringe, die man auf der Erde her-
stellte und dann emporhob, einer nach dem anderen, an alle Sparrstangen
fest angebunden. So wurde es ermöglicht, allmählich bis zur Spitze die
Arbeit fortzusetzen ohne irgend ein Hilfsgerüst. Die Zwischenräume der
stärkeren Sparrstangen wurden nun mit dünneren Stangen in der Art aus-
gefüllt, dafs diese nach der Spitze zu nicht dick aufeinander lagen, sondern
nach Bedarf abgeschnitten wurden, nach unten aber bis über den äuferen
Stangenkreis hinausragten. Auch dieser erhielt einen Rahm- Kranz, an
welchem das überstehende Daoh befestigt wurde und zum Schlufs die dem
Mittelpunkt zustrebende Lage von Hölzern eine Querverbindimg und Ver-
netzung mit Lianen und Ranken. Die über die Gabel der Mittelstütze
hinausragenden Sparren wurden zum Teil abgeschnitten, zum Teil eingekerbt
und zu einer Spitze fest zusammengebogen und umwunden.
Die Hüttenwand ward durch Umgebung des inneren Stützenkreises
von aufsen und innen mit einem ähnlichen Gitterwerk, wie es das Dach
bildete, hergestellt und durch Ausfüllung und Bewurf mit breiigem Lehm
vollständig gedichtet Es fehlte noch die Dachbedeckung. Hierfür wurden
Festons aus Grashalmen hergestellt, indem immer deren drei bis sechs in
kleinen Bündchen am Stammende miteinander dicht verknüpft wurden.
Hiermit bedeckte man das Dachgerüst von unten nach oben , indem man die
zusammengerollten Festons so auf der Dachfläche abrollte und befestigte,
dafs die Halmenden glatt nach unten fielen und bei der spiraligen Ab-
wicklung eine Lage die andere immer um ein Drittel der Halmlänge über-
deckte. Diese dünne Graslage gewährt einen ungehemmten schnellen Ab-
flufs des Regenwassers und gestattet andererseits der Luit den Zutritt und
dem Rauch den Austritt, ist deshalb um vieles dem mit hoher Grasschicht
belegten Dach der Südafrikaner vorzuziehen.
Dies ist aber nicht der einzige Unterschied. Die Herstellung der
Wand aus Stützen , Flechtwerk (oder Schilfbüschel) und Lehmdichtung ist eine
ziemlich gleiche, ebenso finden wir eine Mittelstütze und einen Kreis Veranda-
stützen. Aber in der Verbindung des Oberbaues, des Daches, mit dem Unter-
bau, d.h. mit allen stützenden Gliedern, ist das Bauwerk gänzlich verschieden.
Ein wesentliches Zwischenglied wird eingeschoben, der Kranz -Rahmen; uud
um ihn zu halten, müssen die Stützen oben gegabelt sein. Das Dach
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erhält durch die feste Verbindung der Sparren mit dem Rahmen auch eine
solche feste FDgung, dafs man es mit diesem aus deu Gabeln lösen und
forttragen kann (wie Junker es einmal bei den Dinka erlebte); andererseits
aber, an die Gabeln angebunden, eine so innige Vereinigung mit Wand
und Stützen, dafs der ganze Bau viel solider ist, als der südafrikanische,
dessen Dach nur lose aufliegt auf den stumpfen Stützen, wie ein Deckel.
Es ist mithin die sachgemäße Verwendung der Gabelstütze und die Ein-
fügung des Rahm -Kranzes, welche die Kegelhütten der Niloten von denen
der Südafrikaner ganz wesentlich unterscheidet
Junker baute seine Hütte bei den A- Sande, aber die Bauweise war
die der Niloten, wie mir Professor Schweinfurth durch genaue Schilderung
der im ganzen Gebiet der Dinka, Schilluk etc. von ihm beoliachteten Bauten
persönlich den Beweis erbracht hat Die A- Sande haben sie von den
Niloten angenommen.
Die Bauweise der Galla, welche Pauli tschke 1 mitteilt, weicht wieder
von der der Niloten ab. Die Wand wird durch dicht nebeneinander ein-
getriebene Baumstämme gebildet, denen man je einen Ast beläfst, um ihn,
nach dem Mittelpfahl gerichtet, mit diesem zu verbinden. Auf diese Weise
erliält man ein mit den Stützen unwandelbar, weil von Natur, verbundenes
Sparrensystsin. Das Dach wird nun eigentümlicherweise noch besonders
hergestollt, erhält seine durch Kränze miteinander verbundenen radialen
Stangen und wird mit einer (20 bis 30 cm) dicken Schicht Heu oder Dur-
rahstroh belegt. Daun hebt man es erst, fix und fertig, auf das Gebäude
und läfst den Mittelpfahl ein Loch durch das Dach stofsen, was zu einer
sehr kunstreichen und doch selten gegen Eindringen von Regenwasser völlig
schützenden Dichtung der Spitzo zwingt
Man kann hieraus ersehen, welch verschiedene Konstruktionsweisen
zu so aufserordentlich ähnlichen Bauformen geführt haben.
Es sei hier noch eine kurze Bemerkung über die Nomadenhütten
der Somali und Massai angeknüpft. Sie sind des gleichen Ursprungs
und bestellen aus einem Gerippe mit den Spitzen verbundener und künstlich
zum Halbkreis gebogener Stangen, über welches Matten oder Felle gedeckt
werden. Anstatt einer halbkugeligen entsteht aber meist eine gestreckte
abgerundete Form im Interesse des Raumgewinnes. So zeigen alle diese
Nomadenhütten, seien es die der Südafrikaner, der Ostafrikaner oder der
Bewohner der Sahara eine gewisse leicht erklärliche konstruktive Zusammen-
gehörigkeit. Auch die Hütten der Fulbe und der Tebu sind in dieses
System einzusehliefsen.
1) Paulitschke: „Ethnographie Nordost- Afrikas-, S. 128 ff.
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C) Die Glebeldachhtltten Westafrikas.
Von der Westküste schiebt sich zwischen die Bautypen Nord- und
Südafrikas ein ganz neues, auf wesentlich anderen Grundlagen beruhendes
konstruktives System, das der Satteldachhütten. Es verdankt seine Ent-
stehung dem tropischen Pflanzenwuchs, ist nur in dessen Bereich in seiner
Urform zu erhalten und kann bei Anwendung anderen Materials zwar die
äüfsero Gestalt — rechteckiger Grundrifs mit zwei sich schneidenden
Dachflächen — beibehalten, nicht aber die Eigenart der Zusammensetzung
aus Tafeln.
Fig. 175.
Hütte der Mangbattu (nach Schweinfurth).
Fig. 176.
Hallo der Mangbattu in 1 : 500 (nach Schweinfurth).
Hierin beruht bei dem Urtypu.s das Charakteristische. Der ganze
Raumbau wird durch sechs Tafeln gebildet, deren vier die senkrechten
Wände, zwei die Daeliflüchen bilden. Man stellt diese Tafeln einzeln aus
leichtem Flechtwerk her, Raphiablattschäfte mit verschiedenen Flecht- und
Füllmitteln, wie sie gerade zur Hand sind, durch Binden, Flechten oder
Nähen einheitlich verbunden, stellt sie auf die geebnete, vielfach mit einem
Estrich versehene Bodenilüche und verknüpft ihre Kanten. Da sie nicht,
wie alle mit einem tektonisehen Gerüst versehenen Bauwerke, durch Ein-
graben mit dem Bauplatze fest verbunden werden, kann man diese Bau-
werke leicht auseinander nehmen und an anderem Orte wieder aufstellen.
Frobonius, Afrikanische Kulturen. 15
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Den Beweis lieferte der Mangbattufürst Münsa, als er Sehweinfurth ein
solches Hans zum Geschenk machte und ihm vor die Thflr setzen liefs.
An dem Haus dieses Volkes ist die einfachste typische Form am deutlichsten
zu sehen und die Geschicklichkeit der Erbauer zu bewundern (Fig. 175).
Sie entwickelten sie zu den ungeheuren Dimensionen grofser Hallenbauten
von 50 m Länge, 25 m Breite und 17 m Hohe, wobei natürlich die ein-
fachen sechs Tafeln nicht mehr zu brauchen waren, um einen lialtbaren
Bau herzustellen. Die Dachtafeln müssen durch starke, sparren- und
fettenartige Hölzer verstärkt und mittels eines ganzen Systems senkrechter
Stützen getragen werden (Fig. 176). Auch die A- Sande, die im allgemeinen
Fig. 177.
Hütte der Bakongo (nach dem Congo Illustre).
Fig. 178. Fig. 179.
Hütte der Bakongo (nach Baumann). Halle der Marundseha (nach Baumann).
bei ihrer Zerstreuung» über die weiten, von ihnen eroberten Landflächen
den Baustil der Niloten angenommen haben (sie liefsen sich wahrscheinlich
durch die Unterworfenen ihre Wohnungen erbauen), behielten den aus ihren
alten Sitzen näher der Küste mitgebrachten Stil der Giebeldächer in ihren
Versammlungshallen bei, welche völlig denen der Mangliattu gleichen.
Nächst den Mangbattu bewahrte die westliche, der Küste nächste
Völkergruppe den Tafel -Baustil am reinsten. Auch hier wurden nallen-
bauten wie bei jenen in den fürstlichen Residenzen (nach Wolf bei Lukengo,
nach Büttner bei Muene Putu) aufgeführt, natürlich auch der Urtypus in
mancher Weise, dem verschiedenen Geschmack und Bedürfnis entsprechend,
modifiziert. Eine vielfach angetroffene Abweichung besteht in der Zufügung
von festen Stützen, aber nicht zur Festigung der Wände, deren Steifigkeit
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dem Druck des leichten Daches bei den kleinen Dimensionen Stand hält,
sondern zur Unterstützung des behufs Schattengewinnes (Iber Giebel und
Längswändo weit überragenden Daches. Es sind deshalb meist nur je zwei
Stützen vor den Giebeln angeordnet (Fig. 177, 178); weiterhin tritt wohl
auch eine ganze Reihe Verandastützen vor der Längswand hinzu (Fig. 179).
Eine wesentlichere Veränderung erleidet das Giebelhaus bei den
Baschilange. Dem Baluba- Stamm, welchem wir in ihnen begegnen, war die
früher erwähnte ans der Kugelhütte entwickelte Hüttenform mit quadratischem
Grundrifs eigen; sie ist auch noch stark vertreten. Dazwischen treten aber,
namentlich im Norden und südlicher am Kassai und Lulua, viele Giebel-
häuser auf. Pogge meint, die Kioko, welche solche bauen, hätten sie ein-
geführt. Wahrscheinlicher ist, dafs sie den nachahmungssüchtigon Baschi-
lange von den nördlichen Nachbarn, die sämtlich diese Form haben, über-
kommen sind. Merkwürdig ist es immerhin, dafs die Kioko, ursprünglich
Nachbarn der Lobale und Bihe, wo sie in den nördlicheren Breiten auf-
treten, nach Pogges nicht zu bezweifelnder Angabe Giebeldachhäuser bauen. 1
Fig. 180.
Hütte der Baschilange;
zwei Wände im Holzgerüst ohne
Borken- und I/jhmbekleidung
(nach Pogges Tagebuch).
Fig. 181.
Hütto der Bali ohne Grasdeckung des
Daches und J/jhmbewurf der Wände
(nach Zintgraffs Schilderung).
Die Häuser der Baschilange haben den Tafel -Baustil bereits verlassen.
Die Wände werden nämlich entweder aus gelenkdicken Holzstäben, welche
in den Boden gerammt werden, und aus Rindebekleidung, oder aus dicht
zusammengesetzten Kampincgras- oder Schilfbüscheln, welche natürlich im
Boden ltefestigt werden müssen, also aus verschiedenstem Material, gebildet
und meist mit Lehm beworfen. Sie sind nicht im stände, das Dach zu
tragen und deshalb sind an den Giebelseiten Gabelstützen eingegraben,
welche eine First fette und bisweilen auch ihr parallele Dachfetten tragen.
Das Haus ist also hier fest in den Boden gegründet, hat zum Teil ein
tektonisches Gerüst erhalten und weicht auch dtirch den Putz mit fetter
1) Pogge spricht zwar in seinem Werko: „Im Reiche des Muata Yamvo* S. 47
von „Pultdächern u , versteht aber darunter, wio aus verschiedenen durch Skizzen er-
läuterten Stellen seiner Tagebücher sich unzweifelhaft ergiebt, immer «Satteldächer*.
15*
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— 228 —
Erde von dem Stil ab, welcher im Norden und Westen gebräuchlich ist
Ferner wird unter dem Dach häufig eine Zwischendecke von Palmschaften
eingeschoben — das ist von der Balubahürte übernommen — , und das
Dach, fertig geflochten, von den Männern auf den Unterhau aufgelegt. Es
liegt hier offenbar eine Mischung des südafrikanischen mit dem Giebeldach -
Stil vor (Fig. 180).
Eine Parallele hierzu liefern die Stämme, bei denen der Westküsteu-
stil mit dorn der Nordafrikaner, welcher, wie oben erörtert, in den Be-
rührungsgebieten viel Lehm verwendet, in Beziehung tritt. In Kamerun
tritt auf der Wasserscheide des Mungo und Mbia der allmälüiche Wechsel
eiu. Die bis dahin aus Matten hergestellten Tafel -Häuschen erhalten mit
Lehm beworfene Wände. Bei den Bali, welche ganz in der Art des West-
küstenstils auf die im Quadrat zusammengestellten vier Wandtafeln aus
Bambus vier dreieckige Dachtafeln aufbringen und zur Pyramide miteinander
verbinden (hier also ein Übergang zum quadratischen Grundrifs), werden
die Wände mit Lehm beworfen (Fig. 181).
Die Ranyang unterstützen den Firstbalken ihres Satteldaches durch
starke Stämme, bilden die Wände ganz als Bambusgitter, bewerfen sie
aber dann beiderseits mit Ix'hm und bilden aus demselben Material, ganz
von den Haufsa entlehnt, Sitzbänke mit Armlehnen, die sie schön zu
polieren und in Farben zu verzieren verstehen.
Ein Schritt weiter nach Osten führt zu den runden Lehmhütten der
Sudaner.
Die östliche Gruppe der Volkerschaften des Kongo -Gebietes, welche
den Satteldaehstil benutzen, hat ihn weiter umgestaltet, indem sie, mehr
und mehr aus dem Gebiete der Kaphiapalme heraustretend, den Lehm zur
Herstellung der Wände benutzte. Es ist zwar noch nicht nachgewiesen,
ob sie zum Massivbau übergegangen sind oder nur ein tragendes Holz-
geripjw der Wand mit einem starken beiderseitig* !! Lehmputz versehen,
wie die Banyang, al.»er der Umstand, dafs sogar auf den Dachflächen bis-
weilen eiu Lehmbeschlag hergestellt wird, spricht für eine starke Anwen-
dung dieses Baumaterials. Auch werden die Daehräumo diu-ch Anordnung
von Zwischendecken vielfach nutzbar gemacht, was auf einen Einflufs der
Baluba sehücfsen lälst
Den geographischen Verhältnissen entsprechend ist dieser Baustil, im
Osten gehemmt durch den grolsen centralen Urwald, nur in dessen süd-
lichem, lichterem Teile bis etwa lialbwegs zwischen Kongo und Tanganjika
vorgedrungen, während er im Norden, dem Aruwimi folgend, l»einahe den
Albortsee erreicht hat, in nördlicher Richtung aber in den Mangbattu seine
vorzüglichsten Vertreter findet Er erscheint wie ein fremder Eindringling
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zwischen die nord- und südafrikanischen Baustile hineingeschoben, denen
er nach Natur seines ursprünglichen und bedingenden Baumaterials ebenso
fremd gegenübersteht, wie nach der Eigenart seiner Konstruktion. Nur wo
die Raphiapalme ihm ihr leichtes, geschmeidiges Baumaterial lieferte, konnte
er sich festnisten, wo er die Grenzen des Palmenwuchses überschreitet,
artet er aus und greift zur Erde, wie die Nachbarn, um das ungeschicktere
Gebilde der unfügsameren und plumperen Baumittel zu verbergen. Er ver-
liert dadurch die Grazie des Ungobundenseins und wird schwerfällig an den
Bauort gefesselt.
II. Verbreitung und Verwandtschaft der Hütten.
Die Darlegung des Architekten scheint mir auch für den ein klares
Bild zu entrollen, der sich nie vorher mit derartigen Problemen beschäftigt
hat. Ich wage es, die entscheidenden Momente und Ergebnisse von
H. Frobenius' Studien hier kurz zu wiederholen, um einen Versuch zu
machen, die Resultate des Tektonikers von meinem Gesichtspunkte aus dem
anatomischen Verwandtschaftsproblem noch zugänglicher zu machen.
Afrika bietet, vor allem vier Elemente der Hüttenbauten. 1. Das
Emporwachsen der Höhlenbauten. 2. Die aus Baumchen oder Buschwerk
erbaute Rundhütte. 3. Die von einem Mittelpfahl ausgehende Kegelhütte.
4. Die aus ungewolbten Flächen zusammengefügte Giebelhütte. — Es gilt
nun, deren Beziehungen untereinander mit der geographischen Verbreitung
in Einklang zu bringen.
Die Erdbauten in ihrer ursj »dinglichen Form sind schwach erhalten.
H. Frobenius bezeichnet sie als autochthon und die Verbreitung spricht in
gewissem Sinne dafür, jedenfalls aber für Rückgang und Einschränkung
einstiger Flächen Verbreitung auf sporadische Enklaven im weiten Gebiete
eines jüngeren herrschenden Baustiles. Beobachten wir scharf, so erkennen
wir zwei Extreme, die nicht vollkommen dem Anfang und Ende einer
lediglich afrikanischen Entwicklungsreihe entsprechen. Am Ende der Ent-
Wicklung steht der Ziegelbau, und ein Vergleichen des oben Dargestellten
mit nordafrikanischen (mediterranen) und westasiatischen Elementen läfst
wohl kaum bezweifeln, dafs die einfachen Erdbauten und die einfache Ma-
terialanwendung sich unter einem regen äufseren Einflufs emporgeschwungen
haben, wofür ja vor allem das Eingreifen marokkanischer und ägyptischer
Baumeister in die innerafrikanischo Kunst bezeichnend ist.
Aber auch das Aufwachsen des Erdbaues ist kein Geheimnis für
den emsig Forschenden. Ich glaube nicht, dafs die natürliche Hohle .der
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nordafrikanischen (Teda etc.) und innerafrikanischen (am oberen Lualaba)
Troglodyten so bedeutungsvoll für die ersten Höhlenbauten ist wie ein
Verfahren, welches wir schon in der Tierwelt beobachten können, sich
nämlich im warmen Sando zu betten. Theopliil Hahn schildert, wie der
wandernde Buschmann ein Feuer auf dem trockenen Sande entzündet und,
wenn derselbe eine angenehme Warme angenommen hat, eine Höhlung
hineingräbt, in die er sieh, mit dem Sande wieder deckend , einbettet. Das
ist eine nigritische Methode, die zum piimitiven Höhleubau leitet und auch
dem Australier bekannt ist. Dieser gräbt eine ähnliche Höhle, streckt sich
darin aus und sucht Deckung hinter einem einfachen Wetterschirme.
Diesem Entwicklungsgange entspricht die Verbreitung vollkommen.
Enklavenliafte Reste auf der Nordachse im Gebiet westasiatischen Einflusses
und dementsprechend entwickeltere Typen. Im Süden bei jenen Völker-
fragmenten, die so manche nigritische Eigenart bewahrt haben, letzte Spuren
der ursprünglichsten Form.
Zum zweiten die aus Bäumchen oder in die Erde gegrabene Stangen,
die oben vereinigt und verflochten werden, gebildete Rundhütte. Auch
deren Entstehung vermögen wir bei den Buschmännern zu belauschen, wie
der treffliche Bericht Fritschs, den ich hier folgen lasse, beweist: Der
Buschmann begnügt sich auf Wanderungen mit der sehr einfachen Vor-
richtung, welche auch von anderen Südafrikanern als Notbehelf angewendet
und in kolonialer Bezeichnung „Seherin" genannt wird. Man wählt einen
dichten Busch als Schutz, entfernt die überflüssigen Äste, verflieht nach
der Wetterseite zu die übrigen, zieht sie herunter und verstopft die Zwischen-
räume mit Reisig, so dafe ein niedriges, überhängendes Schutzdach entsteht,
unter dem man sicli behaglich zusammenrollen kann; besonders geeignet
sind dazu die Büsche des Tarchonanthus.
Der „Seherm" ist derart sehr wohl als Ursprungsgestalt der einfachen
Kugelhütte aufzufassen. Denn die Kugelhütte ist auch weiter nichts als
eine Vereinigung einiger im Kreise aufgepflanzten Stangen. Damit stehen
wir also wiederum einem nigritischen Element im Hüttenbau gegenüber,
denn der Australier verfährt nicht nur ganz ebenso wie der Busehmann,
auch hat er nicht nur die gleiche baekofenförmigo Hütte, sondern auch im
weiten Umkreise der Inselkulturen lassen sich in der Nähe Australiens noch
viele Spuren dieses Hüttenbaues nachweisen. Denn, wenn wir das Bezeich-
nende an ihnen heraussuchen, so ist es «las Herauswachsen der Flächen
aus dem Boden, das Zusammenwachsen in der Mitte, die keines Stützbalkens
bedarf. Wenn wir bei den südafrikanischen Kegelhütten diese Stütze der
Mitte doch finden, nun, so hat H. Frobenius uns schon darauf aufmerksam
gemacht, dass er hier eine andere Rollo spielt wie im Norden, wo er das
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Leitmotiv der Konstruktion ist, wogegen er hier nur als geeignetes Aus-
hilfsmittel bei grösseren Bauten dient
Die dritte Form, die nordafrikanische Kegelhütte, basiert also auf dem
Mittelpfahle. "Wie ist sie zu verstehen?
Vergessen wir nicht ihre Verbreitung, auch nicht, daßs ihre Aus-
breitung auf der Nordachse eine verhältnismäfsig junge ist, denn autochthon
ist hier der Erdbau; wohl mag dieser die Kegelform beeinflufst haben, was
aus den Lehmmauern zu schlie£sen ist, aber sonst ist die Kegelhütte ein
Fremdling, der mit dem eingeborenen Stil nur im Yerhältms angeheirateter
Verwandtschaft steht. Aber als Fremdling steht er unter seinesgleichen
nicht allein, denn im Norden ist eine echte asiatische Wohnungsform er-
kennbar: das Zelt. Vergleichen wir die beiden, so tritt das konstruktive
Glied des Mittelpfahles als Leitmotiv der Entstehung sogleich hervor. Die
Verwandtschaft erscheint noch inniger bei Hütten am Ostende dor Nord-
achse, wo sie mit Fellen oder härenen Decken, dem Lieblingsmaterial des
Noraaden, bedeckt sind.
Thatsächlich fallt durch diese Betrachtung ein sehr klares Licht auf
alle diese Hüttenformen , es zeigt sich eine vorzügliche Entwicklungsreihe.
Da ist erst ein Nordsaum, auf dem das alte Zelt des Nomaden steht, die
Urform der Kegelhütte. Daran scldiefst sich die weite Nordachsenverbreitung
an. Der Mittelpfahl wird das Element einer eigenen Hüttenform. Sein
Einflufs auf die Südachse emilich macht sich erkennbar in der Verwendimg
als Hillsmittel. Das ist die Geschichte des MittelpfaMes imd der Kegel-
hütten, die ich in ihrer nordafrikanischen Hauptform als asiatisch demnach
erklären kann; dagegen zeigt der Mittelpfahl an der Kugelhütte einen, wenn
auch abgeschwächten, asiatischen Eiuflufs an.
Die Übereinstimmung dieser Thatsachen mit den bisher an das Tages-
licht geförderten ist prächtig. Der asiatische Rundschild und Bogen, das
Zelt im Norden, der nigritische Stockschild, Erdhöhle mit Kugelhütte im
Süden entsprechen einander. Nil-, Haufsa-, Somal- Bogen sind die afrika-
nischen Nachkömmlinge des asiatischen Gerätes. Die Kegelhütte ist eine
gleiche Erscheinung. Und die Abschwächung asiatischer Merkmale auf der
Südachse tritt nicht nur an dem Kegeltypus der südafrikanischen Kugelhütte
hervor, sondern auch am Bogen, am Schilde, in der Trommel etc. So
stimmen Norden , Süden und Osten sehr gut auf allen Seiten überein. Sollte
man also im Westen nicht auch die Analogie finden? Ist die Giebelhütte
Westafrikas malajonigritischen Ursprunges?
Der vierte Typus, die aus ungewölbten Flächen gebildete Giebelhütte,
hat mehrere Formen in Westafrika. H. Frobenius hat uns das Wichtigste
mitgeteilt, aus dem sicher hervorgeht, dafs es sich mn zwei Hauptfonnen
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handelt: 1. einfache Kartenhauser ohne tektonisches Gerüst; 2. Giebelhäuser
mit teutonischem Gerippe. Für erstere Form mag Fig. 175, für letztere
Fig. 180 bezeichnend genannt werden.
Eine nähere Betrachtung der Gerüste des zweiten Typus ergiebt eine
sehr einfache Konstruktion. Die Hauptsache ist der von zwei oben ge-
gabelten Giebelstützen getragene Firstbalken. Dem entsprechen auf jeder
Seite zwei parallel diesem laufende, niedrigere und ebenso gestützte Balken,
auf denen der Rand des Daches ruht (vergl. Fig. 182). Hierauf lagert das
Dach. Auf der Abbildung ist im speciellen noch der Sclüafraum, ein Ver-
schlag, der die eine Hälfte des Hauses in Anspruch nimmt, angedeutet
Auf den ersten Blick mag diese Konstruktion als eine der Kartenhausbildung,
deren Wesen im gegenseitigen Schub und Druck der Flachen beruht, ganz
von Flechtwerk. Das ist die einfachste Fonn dos Mattenhauses. Daran
schliefsen sich die Canoesehuppen und verschiedenen Hütten 'Ostmelanesiens
an. Dio zweite Gestalt ist in Oceanien entwickelter und ausgearbeiteter als
in Westafrika. Das Dach des Howa- Hauses ruht sowohl bei den Lehm- wie
bei den Holzbauten nicht auf den Hauswänden, sondern wird liauptsächlich
von drei hohen Pfosten getragen, die tief in die Erde gegraben sind und
als Stützen für die Dachfirste dienen. Der eine dieser Pfosten steht in der
Mitte, die beiden anderen dicht an den Seitenwänden, aber auch im Innern
des Hauses. Auf Samoa weiden l>eim Hausbau zunächst drei Pfeiler senk-
recht errichtet, jeder ungefähr 1 m vom anderen entfernt. Auf ihnen ruht
ein Querbalken, der den First des Daches bildet. Das ist das tektonische
Gerüst des zweiten westafrikanischen Hüttenstiles.
fremde erscheinen. Wir verstehen
diese Entwicklung und Beziehung
in Afrika nicht, sondern müssen
uns dahin wenden, wo wir ge-
wohnt sind, das Verständnis für
die westafrikanischen Formen zu
finden, nach Oceanien, im sjieciellen
nach Melanesien.
Fig. 182.
Giebelschnitt einer Balnihütte (nach Dybowski);
a das tektonische Gerippe dieses Stielos.
Zunächst möchte ich fest-
stellen, dafs wir neben anderen
Typen die beiden westafrikanischen
Hütteiiformen in Oceanien wieder-
finden. Ich erinnere an die Feld-
hütten Neukaledoniens, die nichts
weiter sind als zwei an der First-
kante zusammengebundene Platten
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Dio zwei Elemente dieser Hüttenformen sind nicht schwer in der
Entwicklung und Entstehimg zu beobachten. Die einfacheu Platten des
Kartenhauses dienen bei den ceremoniellen Maskenfesten auf Neubritannien
und den Inseln der Torresstrafse als Hintergrund Das tektonisehe Gerüst
ist aber auf die einfachen Plattformen zurückzuführen , die vielfach vor den
Häusern oder in der Mitto der Dörfer stehen (Dubu und Barla auf Neu-
guinea), auf denen sich auch oftmals die Hütte erhebt Es sind das mehr
oder weniger hohe Gerüste, die durch in die Eitle gerammte Pfahle mit
oberen Gabelenden, in denen die Querbalken liegen, die die Bohlen- oder
Stangendiele tragen, hergestellt sind. Das ist die Basis der Pfahlhäuser,
die für das westliche Oceanien so bezeichnend sind. Das Gerüst solcher
Unterbauten ist mit dem Gesamtbau später verwachsen und haben wir dem-
nach die zweite Form der beiden fraglichen Hüttenformen auf eine Ver-
bindung von Barla (der Plattform) imd Wau (der einfachen Mattenwand)
zurückzuführen.
Wir können Reste des
gleichen Entwicklungsganges
auch im- westafrikanischen
Kulturkreiso nachweisen.
Die Plattformen Neuguineas
— ich nenne sie mit dem
Worte der Papua „Barla" —
finden sich im Quellgebiet
des Kongo (vergl. Fig. 183).
In mancherlei anderen Ver-
bindungen, als Steifen der
Fensterthüren und Unterbau
der Pfahlbauten lassen sie
sich herausschälen. Fensterthür und Pfahlbau, echt malajonigritische Kon-
struktionen, werde ich später zu erörtern haben (vergl. Kap. 9).
Aber auch sonst beten die malajonigritisehen Parallelen uns in Fülle
entgegen. Da sind zunächst die runden kleinen Hüttchen, in denen die
jungen Mädchen, abgeschlossen von der Welt, von der Zeit des Mannbar-
werdens bis zur Verehelichung ein trauriges Dasein fristen (Neu -Irland und
Ix>angoküste). Ich verweise ferner auf die Dorfanlage in langen, geraden
Strafsen, die sowolü im Kongogebiet (auch am Ogowe) wie in Neuguinea
häufig beobachtet wurde (Fig. 184). Bemerkenswert sind auch die Hallen
und Hütten in der Mitte westafrikanischer Dörfer, die sowolü den Be-
ratungen der Männer, als auch als Gasthäuser dienen. Sie erinnern an
die melanesischen „Klubhäuser" (Fig. 185).
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Somit haben wir im westafrikanischen Kulturkroise die malajonigritischen
Elemente wieder als die typischen und herrschenden erkannt. Das Bild
der Baustile ist nun vollständig. Von Norden kam das Zelt, das in der
Kegelhütte des Sudan eine feste, afrikanische Gestalt annahm. Den Bauten
der SQdachse schenkte es den Mittelpfahl. Vom einfachen Erdlager aus
Fig. 181.
Dorfanlage der Manjema (nach Cameruni.
Fig. 185.
Dorf der Haseln lange mit Fremden- und Beratungshallc (nach Wilsmann).
entwickelte sieh der Erdhau, der unter nordischem und nordöstlichem Ein-
flui's eine merkwürdige Ausgestaltung erfuhr. Erdlager und „Scherm" resp.
KugelhOtte sind nigritisch. Die Kugelhütte ist in Afrika bedeutend aus-
gebaut, erweitert und unter asiatischem resp. asiat< »afrikanischem Einflüsse
mit einem Mittelpfahle versehen worden. Der westafrikanische Kultlirkreis
bietet die zwei Haupttypen d«>s melanesischen oder malajonigritischen Haus-
baues: das einfache Mattenhaus und das mit einem tektonischen Gerüst ver-
s.'hene Satteldachhaus, daneben noch Klubliaus, Pfahlhau, Fensterthür etc.
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— 235 -
Systematik.
A) Die nigrritisehen Httttenformen:
1. das primitive Erdlager,
2. der einfache Wetterschirm,
3. die Kugelhfltte.
zumal Südaehse.
B) Die afrikanischen Iliittenformen:
1. die Kegelhütte des Südens,
2. die Balubahütte,
3. die Tembebauten,
4. die Massai- Gallabauten.
C) Die asiatischen Hüttenformen:
1. die Zelte,
2. die Zelt- oder Kegelhütte des Sudan,
3. die Somalihütte (Lederdecke),
4. der entwickelte Ziegel-, Lehm- und Steinbau.
D) Die malftjonigritlHchen Hütten formen:
1. das Matten haus,
2. das Giebelhaus mit Gerüst,
3. der Pfahlbau (Fensterthürcn).
Anmerkung: Klubhauser und Barlo.
Südachse.
Nordachse.
Westgebiet.
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III. Anhang Uber verschiedene afrikanische Geräte.
Die Geräte im Innern der afrikanischen Hutten bieten mancherlei wich-
tiges Merkmal. Ich beschränke mich darauf, das Wichtigste hervorzuheben.
Unter den Stühlen und Kopf- oder Nackenstützen finden sich
bemerkenswerte Erscheinungen. Das Wesentliche in der Verbreitung dieser
Möbel liegt in dem Überwiegen der Sessel und Bänke im Norden, im
häufigeren Vorkommen der Nackenstützen im Süden. Nackenstütze und
Sessel mögen meist gleich hoch sein; sie sind aber unterschieden durch
das Oberteil, das bei dem ersteren Gerät schmal und. lang (dem Zwischen-
räume zwischen Kopf und Rücken entsprechend), bei dem letzteren aber als
Fläche ausgebildet ist. Es giebt alle möglichen Übergangsetufen zwischen
der stützenden Nackenleiste und dem breiten Sesselsitz, aber selbst aus den
kompliciertesten Zusammensetzungen lassen sich an diesem Merkmale die
Elemente oft erkennen.
Ferner kommt die Zahl und Form der tragenden Füfse in Betracht.
Dem Norden ist der runde Einfufs eigen, dem Süden vor allem Formen
mit 4 und 2, aber auch mit 3 Beinen. Diese Füfse stehen im Süden da-
gegen meist noch auf einem Brett, im Norden, wenn es mehrere sind, direkt
auf dem Boden. Diese Eigenschaft ist sehr wichtig. Denn sie wirft ein
Licht auf die Entstehungsgeschichte, die ich hier nicht weiter verfolgen
will, weil wir zu weit ausgreifen müfsten. Ich beschränke mich daher auf
einige Notizen, denen im nächsten Bande eine eingehende Erörterung folgen mag.
Unter all den verschiedenen Formen lassen sich bestimmte Leittypen
erkennen, die ein beredtes Zeugnis für die Abstammung tragen. Auf der
Nordachse sind die Lehmbänke, die runden Sessel, die zusammengesetzten,
aus versclmürten Stäben Iwstehenden Sitze (Stuhlformen teils mit, teils ohne
Leime) etc. asiatischer Herkunft. Im westafrikanisehen Kultlirkreise finden
sich kunstvoll geschnitzte Nackenstützen und Sessel mit Menschen dar-
stellenden Filfsen. Auch Tiergestalten sind bemerkbar. Nicht (Las allein
deutet auf die Verwandtschaft mit malajonigritisehen Elementen (Nacken-
stützen Neuguineas, Santacruz' etc.), sondern auch das Brett, auf dem die
Gestalten stehen. Malajonigritischer Verwandtschaft sind aber auch die
dreibeinigen, mit Aststumpfen versehenen Baumstüekc der Innerafrikaner,
die als Nacken- und Rückenstützen dienen. In Neuguinea sind gleiche
Möbel nicht selten.
Die Südachso zeigt eigene Formen, die malajonigritischen Elementen
entstammen und teilweise in der Entwicklung den afrikanisch -asiatischen
Einflufs der Nordachse verraten. Demnächst läfst sich auch hierin der
Entwicklung!» faden verfolgen, den wir nun schon so oft gefunden haben.
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— 237 —
Ferner bietet die Gefäfsindustrie einige wichtige Anhaltepunkte.
Der Norden nnd Nordosten, in abgeschwächtem Mafse auch der Süden bieten
Lederschläuche, Fellsäcke etc. Das ist natürlich im Zusammenhange mit
dem "Wanderzuge der Viehzucht bemerkenswert.
In der Thonindustrie weisen verschiedene Merkmale (feinere Arten der
Glasur, Brennverfahren etc.) ebenfalls in diese Entwicklungsrichtung. Die
Töpferei besitzt im Norden nicht nur reichere Formen, sie ist auch lebens-
kräftiger. Es giebt für dio Herstellung der Formen mehrere Methoden, von
denen die westafrikanischen auch nach Melanesien deuten.
Vor allem aber will
ich auf einige Thatsachen
der Flecht- Industrie hin-
weisen. Es giebt neben
mancherlei anderer Technik
zumal zweierlei Flechtweise
der afrikanischen Körbe.
Vor allem ist die Flecht-
weise, die auch den alten
Ägyptern die geläufige war,
zu 1 erwähnen (Fig. 186). In umwundenen Ringen oder vielmehr aus einem
langen umwundenen, in Ringe spiralförmig gelegten Bande ist der Aufbau
vorgenommen. Nord-, ost- und auch südafrikanische Körbe sind in dieser
Korb der Baschilange (Museum für Volkerkunde in Leipzig, Slg. Kongostaat):
a Flechtmuster, b oberer runder Rand, c der viereckige Boden.
Weise hergestellt. Auch bietet Westafrika einige Formen dieser Art Doch
treten sie zurück gegenüber anderen Typen, deren Konstruktion aus Fig. 187
ersichtlich ist. Es ist das gleiche Flechtwerk, das auch in der Südsee
heimisch ist. Noch auffälliger wird die Ähnlichkeit dadurch, dafs in West-
afrika und in Oceanien der Boden viereckig, die Öffnung aber rund ist
Ich möchte die Methode auf die Mattenflechterei zurückführen. Und das
ist wiederum ein wichtiges Merkmal, demi welche Bedeutung im Hauslialte
Ägyptischer Korb aus dem neuen Reiche
(flgypt Museum in Berlin).
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der Malajonigriticr Afrikas und Oceaniens die Matten spielen oder in alter
Zeit gespielt haben, geht daraus hervor, dafs sowohl Westafrika als das Öst-
liche Melanesien die Analogie des Mattengeldes bietet.
Auch auf eine Parallele unter den Holzgefäfsen will ich hinweisen. Die
so oft und so vielen schon aufgefallenen Hölzbecher des Kassaigebietes , die
teils einen Mensehenkopf, teils feingegliederte
Ornamentik bieten, dürfen auch als malajo-
nigritisehen Ursprungs bezeichnet werden, denn
gewisse Becher Oceaniens, welche die Tätto-
wierungsfMssigkeit enthalten, bieten bei gleicher
Form die gleiche Ornamentik, die vorzüglich
auf Flechtwerk zurückzuführen ist (Fig. 188).
Zum Schlüsse noch eine molajoni gritische
Parallele: die Bambusgefäfse, die aus einem
Holzgefäfs Von dTn Salomonen Stück Bamb « srohr ^stehen, welches oben und
(nach Edge Pardington). unten d,,roh eine Scheibe aus Kürbisschale
geschlossen ist.
Endlich wollen wir noch einen Blick auf das afrikanische Rauch-
gerät werfen. Es ist eines der merkwürdigsten Probleme, ob die Afri-
kaner die Bekanntschaft mit der Tabakspfeife den Euroiväern verdanken oller
nicht, denn es zeigt uns, wie schwer es bisher fiel, in dem Sittengemälde
im Gesamtbilde der Kultur die Perspektive zu erkennen, die in ihm liegt
Vielleicht vermag uns eine Untersuchung der Rauchgeräte, der Pfeifen, mehr
zu verkünden als der Afrikaner selbst erzählen kann.
Zunächst ein Fall, der auf das Erfindungstalent der Schwarzen ein
Licht wirft. Einst pilgerte Glave mit seiner Expedition durch die Gefilde
um Lukolela. Tabak war in Fülle geboten, aber die Leute hatten ihre
Pfeifen vergessen. Dem grofsen Yerdrufs darob machte ein erfinderischer
Jüngling endlich ein Ende, indem er in den Pul verbehält er des Flinten-
rohres Tabak stopfte, diesen anzündete und den Rauch durch die Öffnung
am anderen Ende desselben einsog (Fig. 189). Das ist eine erbt moderne
und ebenso echt afrikanische Erfindung, die niemals im wahrhaftigen, sondern
vielmelir im Umgestalten nach praktischen Grundsätzen beruht.
Im übrigen möchte ich die afrikanischen Pfeifen in vier Gruppen ein-
teilen, von denen die eine sofort als asiatisch, eine zweite sogleich als
afrikanisch gedeutet werden mufs. Asiatisch ist nämlich fraglos die Wasser-
pfeife, die sich fast überall im Osten und auch im Korden findet. Eine
Kalabasse oder ein Antilopen- resp. Ochsenhorn enthält das Wasser. Ein
Mundstück ist auf der Seite eingefügt; der Tabak ruht in einem meist oben
aufgesetzten Trichter. Die Verbreitung dieser Geräte geht, wie gesagt,
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von der Ostseite des Erdteiles aus, reicht aber weit nach Westen und
Süden.
Afrikanisch dagegen ist das Erdrauchen, welches in Südafrika weit
verbreitet ist. Der Raucher knetet auf dem flachen Boden Lehm zu einer
Fig. 189.
Neger, aus der Flinte rauchend (nach Glave).
Form, die einem Backofen im kleinen nicht unähnlich ist. Wo bei einem
solchen der Schornstein liegt, befindet sich hier eine kleine Höhlung zur
Aufnahme des Krautes, von welcher ein Kanal durch die Lehmmasse zur
Fig. 190.
Aus dem Erdhaufen rauchender Südafrikaner (nach Emil Holub).
anderen Seite führt. An diese Öffnung (der Thür des Backofens ent-
sprechend) legt der Raucher, sich flach auf den Bauch niederwerfend, den
Mund und saugt den Qualm ein (Fig. 190). Diese Methode ist afrikanisch;
ob es eine primäre Form ist, die mit der Entstehung der Sitte überhaupt
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191. C
102. C
in Zusammenhang steht, oder ob diese Methode mit der Erfindung der
Flintenpfeife auf eine Stufe 211 bringen ist, werde ich später zu erörtern haben.
Von den zwei übrigen Gruppen der Tabakspfeifen mufs besonders eine
unser besonderes Interesse in Anspruch nehmen. Schweinfurth und Stulü-
mann haben darüber eingehend berichtet. Die Manghat tu rauchen den Tabak
aus einem Apparate höchst primitiver Art; die lange Mittelrippe eines
Bananenblattes dient als Rohr, nachdem sie der Dinge nach vermittelst eines
Stockes durchstofsen worden
ist; kurz vor dem unteren
dickeren Ende derselben wird
dann ein kleiner Einschnitt
gemacht, welcher das durch-
bohrte Innere freilegt. In
diesen Einschnitt steckt man
eine mit Tal»ak angefüllte
Tüte, aus dem Blatte der-
selben Pflanze geschnitten,
und wechselt beim jedes-
maligen Gebrauch mit dem
Tabak zugleich auch die Tüte
(Fig. 193). Derartige Pfeifen-
rohre sind bei den Mangbattu
so beliebt, dafs Vornehme
dieselben sogar aus Eisen und
Kupfer nachformen lassen,
der Tabakstute aber immer
den Vorzug vor einem soliden
Pfeifenkopfe geben. Die letz-
tere Mitteilung ist wichtig.
Aus ihr erkennen wir schon
den Anfang der Nachbildung,
die in Holz und Thon
(Fig. 194 und 195) erfolgt.
Pfeifen dieser Art finden sich
im ganzen westafrikanischon
Kulturkreise. Man erkennt
die Abstammung an vielen
194. p:
19").
X
Fig. 191. Bambuspfeife (Baubau) von Neuguinea
(nach Schmeltz). Fig. 192. Baubau mit Thoneinsatz
(nach Chalmors und Gill). Fig. 193. Tabakspfeife
aus einor Bananeurippe dor Waldvölker am Ituri
(nach Stuhlmann). Fig. 194. Holzpfeif c vom Njassa
(Leipziger Museum). Fig. 195. Tabakspfeife mit
Thonkopf vom oberen Ituri (nach .Stanley).
Dingen, zumal daran, dafs der Kopf nicht ganz am Endo angebracht ist, dafs
das Ende des Pfeifenrohres auch durchbohrt ist (Bali, Pougwe, Sande etc.)
und an anderen Merkmalen. Schon die Verbreitung deutet darauf hin, dafs
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diese Pfeife aus der Bananenrippe malajonigritisch und oine Verwandte der
„Baubau 44 genannten Bambuspfeife Neuguineas ist. Diese bestellt aus einem
Bambusrolire, welches kurz vor dem Ende eine Öffnung trügt In diese
wird eine gleiche Tüte (Fig. 191) oder ein den Tabak tragender Thontrichter
(Fig. 192) eingefügt. Also vollkommene Identität. Nebenbei bemerke ich,
dafs diese den Tabak enthaltende Tute wahrscheinlich die Mutter der Cigarre
ist, so dafs man im Streben nach deutschen statt fremden Worten diese
vielleicht als ,, Rauchtüte u bezeichnen kann.
Die vierte Gruppe der meist thönernen Pfeifenköpfe ist von der vorigen
dadurch unterschieden, dafs der Kopf wie das trichterförmig erweiterte Ende
des Kohres ausgebildet ist, welcher umgebogen allerdings nicht senkrecht
sich auf dem Rohre erhebt, sondern in abweichenden Winkeln. Wahr-
scheinlich ist die gröfsere Menge der Formen dieser Art auf asiatische, eine
kleinere (die südafrikanischen zumal) auf europäische Einwirkung zurück-
zufahren.
Wir sehen jedenfalls, dafs wir auch lüerin alle Elemente der afri-
kanischen Kultur aufdecken können, dafs das Tabakrauchen oder vielmehr
das Rauchen Aberhaupt — denn der Tabak braucht absolut nicht gleichzeitig
mit der Pfeife eingebürgert oder die Pfeife als Behälter gerade dieses Rauch-
krautes entstanden zu sein — in Afrika länger heimisch ist als dio euro-
päische Kultur. Denn die westafrikanischen Pfeifen sind zumeist malajo-
nigritischen Ursprunges.
Fr oben tu?. Afrikanische Kulturen. 16
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m.
Physiologische Untersuchung des afrikanischen
Kulturbesitees.
16*
8. Die Ergebnisse der anatomischen Untersuchung.
(Vergl. Kartenblatt 1, Nr. X; 2, Xr. XV und XX.)
Der morphologische Bau der afrikanischen Kulturen, wie ihn Geschichte,
Staat engebildo und Gesamthabitus erscheinen lassen, ist oben folgendor-
mafscn dargelegt worden. Der Nord-, Nordost- und Ostrand des Erdteiles
sind die Verbindungszonen, die den Übergang der mediterranen, wcst- und
südasiatischen Kulturen zu den afrikanischen darstellen. Zwei Hauptachsen
bedingen die Kulturentwicklung der Afrikaner: die Nordachse, die den Nil
mit Senegambien verbindet und die Südachse, die die Strafse zwischen Süd-
spitze und Nilquellgebiet darstellt. Von der Südspitze aus mündet ein
Nebenarm der Völkerströmung in das obere Sambesi- und südliche Kongo-
gebiet. Des weiteren ist noch eine Verbindungslinie, eine Achse zweiten
Grades an Bedeutung zwischen dem Ostgebiet der Konlachse und den nörd-
lichen Auslaufern der Südachse zu verzeichnen. Die Westküste ist als Rand
der alten Ökumene ein Ablagerungsgebiot, zu dem auch das ganze Kongo-
becken zu rechnen ist. Dies Gebiet ist in drei Provinzen zu zergliedern:
Nonlguinea, das Kongogebiet mit der Siidguineaküste bis Benguela und
Sud westafrika. Ersteres ist durch Beziehung mit der Nordachse, das zweite
durch grofsen Reichtum und Beziehung mit beiden Achsen, das dritte durch
Armut und Beziehung zur Südachse gekennzeichnet (vergl. Fig. 2).
In welchem Verhältnis steht nun der anatomische zu dem so skizzierten
morphologischen Bau?
Wir haben im anatomischen Teile die Schilde, Bogen, llolzwaffen,
*
Messer, Beile, Saiteninstrumente, Trommeln, Holzpauken, Hütten, Sessel,
Nackenstützen, Gefäfse und Tabakspfeifen mehr oder weniger eingehend
erörtert und wollen die Ergebnisse der Untersuchung hier kurz wiederholen,
um mit dem Vergleich der äufseren (morphologischen) und inneren (ana-
tomischen) Gestaltung ein Fundament für die Prüfung der Lebensformen,
des physiologischen Baues der Kulturen zu gewinnen.
Die Schilde boten drei Elemente: 1. den nigritischen Stockschild,
2. den asiatischen Rundschild und 3. den malajonigritischen Korb -Holzschild.
Der eigentlich afrikanische Fellschild ist nichts anderes als eine Fort-
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entwicklung dos Stockschildes in der Richtung zum asiatischen Rundschilde.
Dieser dagegen nimmt einen lockereren und abgewandelten Typus an, je
weiter wir uns von der Verbindungszone mit Asien aus auf den Achsen
entfernen. Während der nigritische Stoekschild ein knüppelhaftes Dasein
in toten Winkeln, abgelegenen Gegenden fristet, lebt der allerdings eben-
falls bis auf das westliehe Ablagerungsgebiet zurückgedrängte Korb -Holzschild
in fröhlicher Entwieklung.
Die Bogen boten zwei Elemente: 1. den asiatischen zweischenkligen
Bogen mit der tierischen und 2. den malajonigritischen einfachen Bogen
mit der pflanzlichen Sehne. Der asiatische Bogen beherrscht die Nord- und
Verbind ungsachse. Je weiter er sich vom Norden entfernt, desto einfacher
wird er. Mit Verlust bestimmter Merkmale stellen sich festere Typen ein,
i
die im Kranze das eigentliche Gebiet der asiatischen Bogen umlagern und
den Übergang zum ost- und südafrikanischen Typus bildon, der in letzter
Instanz als stark abgeflachter asiatischer Bogen zu bezeichnen ist Dagegen
blüht das malajonigritische Element im westlichen Gebiet Der Formen-
reichtum ist ein aufserordentlicher. Die Verbreitung der Typen ist eine
fast willkürliche in diesem Gebiet.
Die Holz waffen boten das farbenreichste Bild. Sie sind sehr ver-
schiedener Natur. Zuerst die Wurfgeräte: Wurfkeule, Wurfstab und Wurf-
holz. Jedes hat sein eigenes Verbreitungsgebiet, keines duldet anscheinend
ein zweites in gleichwertiger Stellung neben sich. Die ersten beiden gehören
dem Süden, das Wurfholz (Bumerang) zumal dem Norden an. Das Wurfholz
hat sieh auf der Nordachse nicht nur erhalten, sondern auch einen Nach-
kommen gezeitigt: das Wurfeisen. Dasselbe gehört als praktische Waffe nur dem
Norden an, je weiter es sich nach Süden bewegt, desto mehr nimmt seine
primäre Bedeutung ab.
Die Messer zeigten eine reiche, aber übersichtliche Formfülle. Ein
Teil ist echt asiatisch oder auch mediterran: Schwert. Stilett, Säbel. Sie
werden auf der Nordaehse und natürlich der Verbindungszone mit Asien
geführt. Das eigentlich afrikanische Messer dagegen ist nichts als eine
abgebrochene Speerspitze. Dagegen entstammen die wunderlichen Fonnen
Westafrikas zwei Holzwaffen, der Ruderkeule (resp. Ruders]>eer) und dor
gebogenen Blattkeule. Beide sind malajonigritischen Ursprungs. Nigritisch
von allen diesen Waffen sind nur Wurfkeiüe, Wurfholz und Wurfstab.
Die Beile Nordafrikas sind auf ein asiatisches Gerät zurückzuf ühren :
dio Hacke. Das westafrikanische Beil ist malajonigritischen Ursprungs.
Es ist aus dem mit aufgebundener Muschel- oder Steinklinge versehenen
„Steinbeil** hervorgegangen. Die ost- und südafrikanische Axt ist walir-
scheinlich der Nachkomme eines nigritischen Gerätes (Fig. 86.)
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•
Die Saiteninstrumente zeigen Verwandtschaft mit dem Bogen. Die
asiatischen (Violine, Guitarre) zeichnen sich durch tierische Saiten und einen
Fellkasten, dazu Wirbel und Fehlen des Steges aus. Die Verbreitung der-
selben ist wesentlich nordafrikanisch. Die malajonigritischen Saiteninstrumente
sind durch die pflanzlichen Stoffe gekennzeichnet. Die Bambuslaute ist ein
Ausgangstypus, Ganze Reihen von Formen schliefsen sich an sie an, unter
denen die Tangola abermals der Knotenpunkt neuer Verzweigungen geworden
ist. Sie alle gehören aber dem westafrikanischen Kulturkreise an, mit
Ausnahme abgeflachter Typen: Gubo und Gora, das sind Süd- und Ost-
afrikaner. Andere Instrumento, wie die Negerzither, entspringen ebenfalls
malajonigritischen Elementen: dem gesplitterten Bambus. Im westafrikanischen
Kulturkreise ist das schwirrende Stäbchen noch aus Pflanzenmaterial, im
Osten und Süden aus Eisen gebildet.
Die Trommeln können in Afrika in der Entstehung beobachtet
werden. Ihre ürsprungsgeschichto beginnt in der Fellbearbeitung, deren
gleichmäfsigo und gemeinsam unternommene Schlagthätigkeit die Freudo am
Rhythmus wach ruft. Wir sehen diese einfachen Felltrommeln ohne Re-
sonanzboden im Süden. Dem Norden zu mehren sich Arten der Schallkörper,
die zuerst Kalabasso, Topf und Mörser sind. Dieser Zunahme nach Norden
entspricht die Abnahme asiatischer Trommelformen, die auf der Nordachse
eingebürgert sind (thönerne Standtrommel, Kesselpauke, Tamburin oder
Schamanentrommel), dem Süden zu. Man wird in Zukunft jüngere und
ältere oder west- resp. ostasiatische Formen aufserdem unterscheiden müssen.
Die Holzpauken führen uns zurück bis auf ein nigritisches Element,
den Klangstab. Seine Verbreitung in Afrika ist keine einheitliche. Nur
liier und da ist er anzutreffen. Die Malajonigritier haben dies einfache
Element durch Nebeneinanderbinden verschieden abgestimmter Hölzer zu
einem vollendeteren Instrument erhoben, das sich unter dem Namen Marimba
zumal im westafrikanischen Kultlirkreise eingebürgert hat. Auch die in
gleichem Gebiete heimische Holzpauke ist malajonigritisch. Sie entstammt
der Bambustrommel.
Die Hütten bieten ein besonders klares Bild der Entwicklungsgeschichte.
Im Norden der Nordachse sind das Zelt mit Decke aus Kamolshaaren und
der Stein- sowie Ziegelbau asiatisch und mediterran. Das Zelt ruft auf
der Nordachse die Zelt- oder Kegelhütte hervor, deren wichtigstes Kon-
stniktionselement, der Mittelpfalil auch von den Völkern der Südachse, aller-
dings als Konstniktionsglied an Bedeutung zweiten Grades übernommen
worden ist. Die Südafrikaner dagegen bauen zunächst eine Hütte nigri tischen
Ursprunges: die Kugelhütte. Auch das hier zuweilen angetroffene Erdlagor
ist nigritisch. Eine ausgearbeitete Form desselben im Sudan dürfte unter
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nordöstlichem Einflüsse entstanden sein: der Erdbau. Der westafrikanische
Kulturkreis bietet inalajonigritische Hflttenstile. L)a ist zuerst die Matten-
hütte, dann die unter Einflufs der Daria (Plattformen) entstandenen Giebel-
hütten mit tektonisehem Gerüst und Pfahlbauten.
Stühle und Sessel dringen von Norden, Nackenstützen von Süd-
westen vor. Erstere haben, oben meist breite Platten und 1 oder 4 Fiifse,
letztere 2, 3 und 4, dazu eine Platte unter und ülier sich häufiger
schmale und lang»? als flächenartige Auflagen. Im westafrikanischen Kultur-
kreise treten die malajonigritischen Elemente besonders hervor. Tiere und
Menschen sind in ihnen häufig dargestellt.
Unter den Gefäfsen weisen die Ledersäcke des Osthornes und der
Nordachse, vielleicht auch der Südafrikaner nach Asien, die geflochtenen
der AVestafrikaner zum Teil nach Oeeanien. Auch die Holzbeeher mit Flecht-
ornament und Menscliengesicht. sind malajonigritisch. Sie finden siel» im
Kerngebiet der westlichen Ablagerungszone.
Die Tabakspfeifen lassen sich im wesentlichen auf vier Elemente
zurückführen: 1. den Erdofen, der von Völkern der Südachse angewendet
wird; 2. die Wasserpfeife, die fraglos asiatischen Ursprungs ist und sich
von der Ostküste aus verbreitet hat; 3. die Thonpfeife, die auf die am
Kopfstikk trichterförmig verbreitete und umgebogene Thonröhre und ihrer
zumal nöi-d liehen und östlichen Verbreitung wegen auf asiatischen Einflufs
z»irüekzuführen ist; 4. die aus einer Bananenrippe hergestellte Pfeife ohne
Kopf, die mit dem Tütenkopf versehen winl. Diese ist vorzuglich west-
afrikanisch, hat hier viele Nachbildungen in Holz, Thon und sogar Metall
hervorgerufen und ist ein malajonigritisehes Element. Ihr Vorfahr ist die
Bambuspfeife, der Baubau auf Neuguinea.
Diese Verbreitung lehrt uns vor allem das kennen, was allein als
Basis der ganzen Kulturlehre dienen kann:
Die Verbreitung der einzelnen Elemente gemeinsamer Ver-
wandtschaft ist keine willkürliche, sondern es liegt ihr eine be-
stimmte Gesetzmäßigkeit zu Grunde.
In nachstehender Tabelle l (auf Seite 2f)0 und Seite 2f>l) sind die
wichtigsten Züge des anatomischen Baues des untersuchten afrikanischen
Kulturbesitzos zusammengestellt. Es handelt sich um nigritische, malajo-
nigritische und asiatische Abstammung, sowie um eigentlich afiikanische
Schöpfungen. Als nigritisch sind jene Reste einer älteren oder vielmehr
sehr alten Kulturepoehc bezeichnet, die sich vor allem auch in Australien
und den Gebieten Oeeaniens finden, die einen Rest Instand der alten
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Kultur vor der malajonigritischen und malajopolyncsischen etc. Wanderung
aufweisen. Das Merkmal ist die ärgste Verkümmerung. Als malajonigritischen
Kulturbesitz bezeichne ich jene Elemente, die vor allem Melanesien so gut
bewahrt hat und die auch im Besitze jüngerer oceanischer Kulturen noch
als zum grüfsten Teil zurückgedrängte Elemente mit gefunden werden. Ich
kann erst in dem Oceanien gewidmeten Bande eingehend die Unterschiede
nigritischen, malajonigritischen und malatschen Kulturbesitzes erörtern.
„Asiatisch" ist ein zunächst sehr weiter Bogriff. Dafs unter dieser
Flagge in dem vorliegenden Bande noch eine Reihe verschiedener Kultur-
verwandter segelt, ist nicht zu leugnen. Nur einmal ist darauf hingewiesen
worden, nämlich gelegentlich der Entwicklung der Trommeln. "Wir unter-
schieden da süd- und westasiatische Formen. Auch das ist provisorisch.
Es wird schwer sein, zu unterscheiden, was indischen, was babylonischen,
inner- und ostasiatischen Ursprungs ist, aber nicht unmöglich. Zuletzt
ist wohl auch dieses alles auf zwei Kulturformen zurückzuführen, die
eigentlich asiatische und die indisch - chinesische. Aber erst später kann
die Trennung durchgeführt werden. — Am einfachsten gestaltet sich noch
die Erklärung des „Afrikanisch 11 , wie sich sogleich ergeben wird.
Bemerkenswert und von sehr grofser Bedeutung für die Frage nach
dem Alter der Kulturen ist vor allen Dingen, dafs sich bei den einen kräftige
Entwicklung, bei den anderen Stillstand und Verkümmerung erkennen läl'st.
Nämlich die nigri tische und malajonigritische Kultur haben nicht das aus-
schlaggebende Merkmal einer bestimmten Richtung der Entwicklung gleich-
zeitig im Wesen und der Verbreitung. Das zeichnet nur die asiatischen
und afrikanischen Kulturen aus. Wir sehen von Norden und Nordosten
das Zelt, den asiatischen Bogen, den Rundschild in heimatlicher Gestalt
(asiatisch!) heranziehen, im Süden sich abschwächen, einbürgern und im
afrikanischen Besitze aufgehen. Dieser aber hat im Zulu -Schild, und in der
Zulu- (Süd-) Kegelhütte Merkmale des selbständigen Auf Wachsens, das, je
weiter sie nach Norden dringen, die asiatische Anregung verrät. Also
Regelmäfsigkeit, Gesetzmäßigkeit und bestimmtes Verhältnis zwischen geo-
graphischer Verbreitung und anatomischem Bau. Demgegenüber bezeichnete
ich den malajonigritischen Kulturbesitz „charakterisiert durch üppige Form-
fülle bei Ungeset/mäfsigkeit iu der Verbreitung 11 , nämlich im Kreise des
Ablagerungsgebietes.
Und die Frage, ob sich die äufsere, morphologische, und innere, ana-
tomische Gestaltung entsprechen"?
Wir können sie vollkommen bejahen. Dem asiatischen Kulrurbesit/.e
der Nordachse entsprechen die Reiche Nordafrikas, dem afrikanischen die der
Südachse. Das Gebiet der Ablagerung, der westafrikanische Kulturkreis, ist
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Die afrikanischen
Lebensform
Lage
1. Nigritische Kultur
L Verkümmerung und Still-
stand in Wesen und Ver-
breitung (Holz- und Bam-
buskultnren).
Anmerkung: Entwicklung
der Formen ohno Beziehung zur
geographischen Verbreitung.
A) Sporadisch verteilte Reste
ohne bestimmte Verbrei-
tungstendenz.
1. Stockschild.
3. Wurfkoule, Wurfstab.
Wurfholz.
5. Klangstab.
6. Wetterschinn, Kugel-
hütte, Erdlager.
4
B) Verbreitung über das
westliche Ablagerungs-
gebiet. Belanglose Beste
an der Ostküste.
II. Kräftige Entwicklung in
Wesen und Verbreitung
(Leder- u. Fellknlturen).
Anmerkung: Entwicklung
dor Formen <<ntspr<>dH>n>l dor geo-
graphischen Verbreitung.
A) Verbreitung über die
Nurdnchse.
B) Verbreitung über die
Südachse.
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— 251 —
Kulturen. fTabelle L
2. Malajonigritische
Kultur
3. Asiatische Kultur
4. Afrikanische Kultur
•
•
1. Korbschild.
2. Bambusbogen.
3. Bambusmesser, Blatt-
keulenmesser, Ruder-
RDBfir Rtidormpsspr
4. Bambuslaute etc., Tan-
gola etc.
5. Bambustrommel, Holz-
pauke, Marimba.
6. Mattenhütte. Pfahlbau.
Ad hang: Bananenanbau,
Mattentracht, Bambuspfeif o,
Schilfpfeil etc.
1. Loder -Rundschild.
2. Ledorbogen.
3. Schwert, Säbel, Stilett
4. Violine, Guitarre.
5. Thönerne Standtrommel,
eiserne Kesselpauke, Tam-
burin etc.
6. Zelt, Zelthütte, Ziegel-
und Steinbau.
A n h a n g : Hi reebau, Pflug,
Rind Viehzucht, Ledertracht,
Lederpfeil etc.
3. Wurfeisen.
1. Fellschild.-
2. Abgeflachter Bogen.
3. Speerspitzenmesser.
4. Gubo, Gora.
5. Felldecke als Trommel;
Mörser-, Topftrommel.
6. Südliche Kegelhütte.
•
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ausgezeichnet durch das Fehlen der gröfseren Staatenbildungen und den
entschieden malajonigri tischen Bau. In Pctcrmanns geographischen Mit-
teilungen ist in der kartographischen Methode (die Überdeckkarten, vergl.
Kartenblatt X, XV, XX) gezeigt, wie weit der anatomische Bau einheitlich
malajonigritisch ist.
Mit dieser Übereinstimmung des Entwicklungswesens und der Ver-
breitung, der morphologischen und anatomischen Gestaltung ist die Klnrlegung
des physiologischen Baues, der Lebensformen erreioht. Denn:
Ich ging von dem Hinweis riarauf aus, dafs die Kulturen in vielen
Dingen den organischen Lelieweseu glichen, dafs sie nämlich eine Geburt,
ein Heranreifen, eine Blütezeit, ein Greisenalter und ein Hinscheiden er-
führen. Und alles das hinge ab von den Lebensbedingungen. Es Hefa»
sich sagen, so wurde behauptet, dafs die Kulturen einer Kulturverbindung
ihr Leben verdankten. Und nun haben wir vier Kulturen kennen gelernt,
die uns zeigen, wio das zu verstehen sei. Wir sehen eine greise Kultur,
die uigritische, im Zusammenbruche, nicht mehr lebenskraftig. sondern
entnervt. Mit der Kraft des Mannesalters bricht die asiatische Kultur
von Norden herein und da, wo sie noch das uigritische Lel*m antrifft, im
Süden, vereinigen sich beide und geben der eigentlich afrikanischen Kultur
das Leben (Schild der Zulu und südafrikanische Kegelhütte !). So offenbart
sich dieses Kleeblatt vollkommen. Viel schwerer ist es. die malajonigritische
Kultur in ihrer Entwicklungsgeschichte klar zu erfassen. Ihre Lebens-
bedingungen sind ganz andere, ihre Entstehung liegt aufserhalb Afrikas.
Das geht aus dem Fehlen der ge« .graphischen Entwicklungstendenz hervor.
Wir können aus dem anatomischen Bau den Schlüte der ozeanischen Ver-
wandtschaft ziehen. Und die Übereinstimmung wird bedeutungsvoll durch
die sporadisch verteilten Trümmer des in jüngerer Zeit von der afrikanischen
Kultur überfluteten Ostens (Bambustrommel! Pareschild! Sambesibogen! etc.).
Denn diese Trümmer und der Charakter der Einschnürung des west-
afrikanischen Kulturkreises weisen auf eine alte Wanderstrafse, die einer
schwer aus dem anatomischen Gerüst zu schlielsenden Verbindung zwischen
Westafrika und Melanesien entspricht.
Während uns nun die Jugend der afrikanischen und der im Anwachsen
begriffenen asiatischen Kulturen keinerlei Rätsel über Kraft und Elast ici tat
bieten, lageit ein tiefes Dunkel über der Vergangenheit der nigritisehen
Kulturen. Es ist unsere wichtige zweite Aufgabe dieses Bandes, über die
Lebensform der malajonigritischen Kultur schon festzustellen, was sich
hier am Westrande der alten Ökumene über sie erkennen läfst Wir werden
dabei den Blick des öfteren nach der Metropole dieser Kultur, auf die Kultur-
pflanze in Oceanien, werfen müssen. Das grofse Problem liegt nämlich
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darin, dafs hier auf dem Kontinente ein Nachkomme der insularen Mutter-
kultur existiert. Deshalb fasse ich den Gegensatz so, dafs die ursprünglich
kontinentale auf kontinentalem Boden fortgepflanzte asiatische Kultur der
ursprünglich insularen auf kontinentalem Boden fortgepflanzten raalajonigritischen
Kultur gegenübergestellt wird. In dem den oceanischen Kulturen gewidmeten
Bande wird der umgekehrte Fall zu beobachten sein, nämlich das Gegen-
überstehen einer ursprünglich kontinentalen in insulare Verhältnisse und
einer ursprünglich insularen in wiederum insulare Verhältnisse verpflanzten
Kultur.
Es wurde oben (Kap. 1, S. 7/8) Übertragung nnd Verpflanzung unter-
schieden. Jotzt ist es möglich beider Erscheinungen Wesenszug festzustellen.
Übertragen ist die asiatische Kultur in Afrika. Das Centrum des voll-
erhaltenen Kulturbesitzes ist von einer Zone von abgeschwächten Formen
umgeben. Merkmale sind der Riesenrundschild , der seine wesentliche
Eigenschaft der Wölbungselasticität infolge der übermäfsigen Vergröfserung
aufgegeben hat (Fig. 9); dann die noch stärker degenerierten Formen wie
Massai-, Schuli-, Dinka- Schild, d. s. nigritische Formen mit asiatischen
Merkmalen. Die Bogen /.eigen gleiche Erscheinungen, im Centrura echte
asiatische Typen, in der Umgebungszone abgeschwächte Formen und endlich
wieder im dritten Kreis vollkommen degenerierte Gestalt des afrikanischen
Bogens (Fig. 25). Die Hütten bieten zuerst eine centrale Form, das asiatische
Zelt, dann einen peripheren Typus, die afrikanische Zelthütte, endlich ein
Glied statt der Konstruktion in dem Mittelpfahl der südafrikanischen Zelt-
hütte, die ursprünglich nigritisch und eine Kugelhütte ist. Wir sehen also
stufenweise Abschwächung. Es ist das Merkmal der Übertragung, dieses
Anwachsen der lntensivität dem „Innern u zu.
Die malajonigritische Kultur dagegen bietet ein anderes Bild. Hier
ist keine langsame Entwicklung, Bewegung zu beobachten. Die Formen
wachsen nebeneinander auf, nicht nacheinander. Da ist kein Anschwellen
im Reichtum, auch kein Ausklingen bemerkbar, es sei denn an den Grenzen,
und hier ist der Grund der verschiedenen Fülle an malajonigritischen Elementen
die Einschnürung durch die anwachsende Übermacht der asiatischen und
afrikanischen Kulturen. Und dieses Merkmal der Unregelmäßigkeit ist das
Zeichen des Alters nicht nur, denn dafür /.engt mehr die Einschnürung,
als vielmehr der Verpflanzung. Es ist keine allmählich vor sich gehende
Einbürgerung, keine langsam heranziehende Invasion, deren Bedeutung
weniger in der Wucht des Ansturmes als in dem Verwachsen mit dem
Boden beruht, sondern sturmflutartiges Hereinbrechen einer ausgebildeten
Kultur im Mannesalter, die die Zeit jugendlicher Entwicklung hinter sich
und einen wohlgcoitlneten Besitz und Fonnsehatz als Gerüst hat. Und
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weniger durch die Verhältnisse des Bodens als die Launen des Geschickes
ist es bedingt, ob hier die trogförmigc, dort die cylindrische und da die
keilförmige Trommel sich einbürgert, ob hier der Rotang- und dort der
Holzknauf am Bogen zur Ausgestaltung gelangt, welche Form des Schildes
bevorzugt wird, wo mehrere ausgebildete Typen zur Auswahl vorliegen.
Dabei spielt manche Beziehung hinein, die derartige Wahl beeinfhüst; so
ist der Sandeschild eine Folgo des Wurfeisens. Aber das sind sekundäre
Gründe, keine primären Gesetze, die die Lebensform bedingen.
Während nun die Cbertragungsform eben durch den oben beschriebenen
Bau der Kiütur bediugt und gegeben ist und sich in stufenweisem An-
wachsen bis zum Kerne dio Reihen der Entwicklung von selbst ergeben,
ist die Verpflanzung schwieriger zu erkennen. Die Ausgangsformen des
malajonigritischen Besitzes in Afrika und Oceanien müssen die gleichen sein,
die Endformen sind verschiedene. Aber gerade sie sind uns nur erhalten.
Daher bedarf die afrikanische Form des asiatischen Kulturbesitzes keines
weiteren Verwandtschaftsbeweises. Dagegen ist für die westafrikanische
Kultur der physiologischo Verwandtschaftsbeweis noch zu erbringen. Dem
sind die folgenden Kapitel gewidmet. Er ist anzulegen in dem oben an-
gedeuteten Sinne. Der Boden der Entstehung und das Material aus dem
die Besitztümer entstanden sind, mufs hier ausschlaggebend sein. Auf dio
Lebensform der malajonigritischen Kultur in der Heimat und die Entwicklungs- <
und Ursprungsgeschichte wichtiger Elemente des Besitzes mufs also ein-
gegangen werden.
Auch hier wieder wird knappe Form geboten und nur Klarliegendes
heranzuziehen sein. Ich gehe in den beiden folgenden diesem physiologischen
Verwandtschaftsbeweise gewidmeten Kapiteln einmal vom Boden aus, dann
vom Material.
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9. Die physiologische Bedeutung des Bodens.
Es wurde in der Einleitung als charakteristisch fflr den physiologischen
Bau bezeichnet:
a) Ernährung infolge Bodenbeschaffenheit.
b) Formen und materialgerechte Entwicklung der Formen, bedingt
durch den Materialreichtum des Wohnsitzes.
c) Luxusapparat, dem Material des Wohnsitzes entsprechend.
Es liegen als vorzüglicher Gegensatz die kontinentale Kultur Asiens
und die insulare Oceaniens vor. Es ist verhältnismäfsig belanglos, ob letztere
von Hinterindien stammt oder ob sie von Melanesien oder Indonesien ausgeht.
Ihr Merkmal ist jedenfalls die insulare Grundform. Worin gipfelt nun der
Unterschied der kontinentalen und insularen Kulturen?
Wir wollen versuchen, in der morphologischen Gestaltung schon eine
Antwort zu finden. Ein Vergleich der griedüschen und persischen (um
zwei klassischo Beispiele herauszuziehen^ Kulturen ist schon lehrreich. Für
Griechenland ist die koloniale Verbreitung auf weitem Räume, für Persien
die begrenzte kontinentale Ausdehnimg bezeichnend. Hier Ungebundenheit,
Freiheit im Staatsleben, dort strenge Organisation. Hier viele selbständige
Staatengebilde, dort ein Körper. Also ist dies Bild der Wiederhall des
Kulturbwiens. Und so in allen äufseren Dingen. Schwerfällig wälzten sich die
Heereszüge der Perserkönige dahin, leichtbeschwingt eilten die Flotten der
Griechen durch die Wogen. Aber nicht nur im Staatsleben und im Verkehr
ist dieser Gegensatz ausgebildet. Die mythologischen Ausarbeitungen , die
Schulen der Philosophen, die Künste und Wissenschaften Griechenlands,
alles zeigt Vielfältigkeit. Wie plump dagegen Persiens Kunst, Religion,
Wissenschaft, plump und einförmig. Es ist fraglos, dafs diese Teilung der
insularen Kulturen nicht nur die Variabilität im morphologischen, sondern
vor allem im anatomischen Ausbau begünstigt. Denn jedes dieser kleinen
Gebilde ist eino selbständige Form, ein eigener Typus. Sie befruchten sich
untereinander. Kreuzungen vereinigen sieh mit Kreuzungen. Das bunte
Gemisch wird immer bunter, bis endlich entweder die Fortpflanzungskraft
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und Hühner kommen für die Volksernährung wenig in Betracht (vergL
Kartenblatt 4, Nr. XXV). So ist es denn sehr wichtig, dafs die Westafrikaner
fast Vegetarianer sind. Vielo Speisegebote schränken die Nahrung dazu noch
auf pflanzliche Speisen ein. Das ist oftmals verkannt worden, geht aber
auch dann aus dem Durchschnitt der Nachrichten hervor, wenn berichtet
wird, dafs diese Neger leidenschaftliche Fleischesser sind. Gewifs lieben
sie es, aber solche Nahrung ist selten. Wie hoch den Westafrikanern ihre
Pflanzennahrung steht, geht aus den feierlichen Erntefesten hervor, der
Weihe der ersten Früchte, die den Nord-, Ost- und Süd-Völkern fast fehlt,
aber den oceanisehen Feierlichkeiten entspricht.
Was aber noch mehr hervortritt ist die ausgeprägte Fischerei der
Westvölker. Fischerei und Schiffahrt sind die beiden Hauptmerkmale der
insularen Kultur. Thatsächlich ist die westafrikanische Fischerei sehr aus-
gedehnt Dabei sind es die gleichen Körbe, Reusen, Ruten, die gleichen
Fischspeere. Ob die Harpune zum malajonigritischen Kulturbesitz gehört,
ist noch nicht klargelegt. Wahrscheinlich nicht. Dagegen ist die Anwendung
der Schwimmer hüben und drüben die gleiche. Eine merkwürdige Angel,
deren Strick durch einen, der Länge nach durchbohrten Stab gezogen ist,
kehrt am Viktoria und in Melanesien wieder (Abbildung bei Baumann). Die
Fische werden geräuchert und auf Stangen gespiefst aufbewahrt Fischgifte
finden in Westafrika und in Oceanien häufig Anwendimg. t
Neben diesen gemeinsamen, mehr äufserlichen Merkmalen sind tief ein-
gewurzelte von höherer Bedeutung. Netz und Angel, das wichtige Werkzeug
des Fischers, haben eine vielfache Ausnutzung erfahren. Bestimmte Arten
der Filet- und Häkelarbeiten sind auf die Netzknüpferei nach Angabe er-
fahrener Damen zurückzuführen. Zu solchen Arbeiten gehören vor allen
Dingen die in den Sammlungen häufigen Netzbeutel Neuguineas. Sie keliren
im westafrikanischen Besitze wieder, l>ei Völkern Kameruns und des Ogowe.
Stuhlmann traf sie am oberen Ituri z. B. bei dem Wambnba: Häufig sieht
man sauber gestrickte Netze, die unten dichter geflochten sind und spitz
verlaufen. Sie dienen dazu, in den Hutten oder auf dem Marsche Gegen-
stände aufzubewahren. Die Bateke nennen selche Beutel pouka. Sie tragen
sie über die Schlüter geworfen. Eine Menge kleiner Sachen sind darin
geborgen, Pfeife, Tabak, Amulett, Toilette-Artikel etc. Ferner dienen die
grofsen Netze nicht nur dem Fischfang. Auch bei Tjandjagden finden sie *
Anwendung. Die Manjema fangen in ihren Maschen den Gorilla.
Als Tragbeutel neigt das Netz schon ziun Übergang in die Tracht
Das Leipziger Museum besitzt ein Frauengewand, das ein langes Netz ist
Eine Analogie hierzu sind die Netztrachten der Maskierten in Afrika. Berlin
und Hamburg Mierbergen solche. Die Marutse lassen die Kischitänzer, die
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Ssongo und Minungo die Akisch sieh in solche hallen. Sie sind aber auch
in dem Ogowe- Gebiet, in Kamerun, bei den Nkosi und Ibo üblich.
Eine wichtige Rolle spielt das Netz ferner in dem Kultus und der
Mythologie der Oeeanier, die dem praktischen Gebrauche entspricht. Die
Bewohner von Nias erzählen, der Regenbogen sei ein Netz, das Nadaaja
auswerfe, »im Menschen zu fangen. Auf Mangaja und Rarotonga fängt der
Gott der Unterwelt die Seelen in einem Netz. Tangaroa hält auf Aitutaki
ein Netz in den Händen, mit dem er die Seelen der Menschen fängt, nach-
dem sie den Körper verlassen haben. Ähnliche wichtige Angaben finden
sich in der Afrika -Litteratur. Wenn z. B. der Geist eines Verstorbenen,
dessen Leichnam nicht erreichbar war, einen Kranken plagte, so spannte
der Ganga (Priester) der Jaga Netze im Hause des Kranken auf. auch im
Walde, wo noch Speisen niedergelegt wurden. So ward der Geist in die
Falle gelockt und im Netze gefangen.
Und in gleicher Weise ward die Angel verwendet, wofür ein Beleg
ein Amulett von der Goldküste Nordguineas ist. Sein Name in Tschi ist
Mmara. Es ist eine lange Schnur, deren Ende mit einem kleinen Angel-
haken versehen ist. Wenn der Besitzer jemand hafst und diesem etwas
anthun möchte, so hat dieses Amulett die Macht, den Betreffenden verrückt
zu machen. Ruft er dagegen den geliafsten Namen und fährt mit der Angel
durch die Luft, so fängt er dessen Herz und dadurch wird er ein Kind des
Todes und nicht lange danach wird er sterben.
Auf einen gleichen Idoengang möehte ich ein interessantes Gerät,
das Schwirrholz zurückführen. Das Schwirrholz ist ein fischförmiges Holz-
blatt, an dessen eines Ende ein Strick gebunden ist. Zuweilen wird es so
geschwungen, dafs der Mann das freie Ende des Strickes ergreift, um es
im Kreise herumwirbeln zu lassen, zuweilen ist das loso Endo des Strickes
an einen Stab gebunden, der mit den Händen erfafst wird. Die smnmenden
Laute, die das wirbelnde Brett hervorbringt, haben mancherlei Bedeutung
gewonnen. In der Hand der Kinder Neupommerns ist das Schwirrholz zum
Spielzeug geworden, in Australien imd Neuguinea meint man aus seinen
Tönen die Stimmen der Geister zu vernehmen. Auf den Inseln der Torres-
ßtrafse dient es den Ceremonieen liei der Schild krötenjagd. Wie gesagt, ich
möchte* dieses Gerät auf dio Angel zurückführen. Was diese Meinung be-
stärkt, ist eine Ceremonie, die Sehcllong in Deutsch -Neuguinea beobachtete.
Die Knaben der Melanesier müssen die „Yergeistigungsceremonieen u
einmal im Leben durchmachen. Erst dann werden sie in den Kreis der
Männer aufgenommen. Das Barlumfest endet diesen Festcyklus, der damit
beginnt, dafs die . Jünglinge beschnitten werden. Darauf werden sie von
der Mitwelt abgeschlossen. Sie machen eine lange Zeit der Einsamkeit und
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schweren Entbehrungen durch. Dabei magern sie ab, werden arg geschwächt
am Körper und tief deprimiert. Nach dieser Zeit der Enthaltungen werden
sie feierlich der Welt zurückgegeben. Der Eintritt in die Gemeinde ist
durch das Barlumfest verherrlicht Zu diesem werden sie, die schon durch
das harte Jüchen und schwache Beköstigung zurückgekommen sind, angemalt
wie Tote. So l>enehmen sie sich auch. Sio wanken oder werden geschoben
und gestützt. Die Augen sind geschlossen. Auf dem Festplatze werden sie
zum Leben gleichsam zurückgerufen, doch wird dies so dargestellt , als sei
es nicht sogleich zu erreichen.
Diese ganze Ceremonie, auf die später noch näher einzugehen ist
(vergl. Kap. 12), versinnbildlicht das Hinscheiden und die Wiedererweckung.
Es mufs gleichsam eine neuo Seele den Körper beleben.
Bei allen den mit der Sitte verbundenen Ceremonieen spielt das Barium,
das Schwirrholz, eine grofsc Rolle. Wenn die Knaben zur Beschneidung
ziehen, gehen sie unter den gekreuzten Stäben des Barium hindurch. Dazu
ertönt das feierliche Brummen des Instrumentes. Am wichtigsten ist aber
eine Gruppe des letzten Barlumfestzuges am Tage der Aufnahme in den
Stamm. Diesen hat Schellong folgendennafsen geschildert:
Den Zug in das Dorf eröffnete ein etwa nur fünf Jahre alter Ssagu
(Beschnittener), welcher seinem Paten rittlings auf den Schultern safs. Dann
folgten die übrigen Ssagu, einer hinter dem andern, ein jeder von dem ihm
zur linken Seite schreitenden Paten geleitet. Sie alle liatten die Augen fest
geschlossen, den Kopf in den Nacken zurückgelegt, die Arme über dem
vorn herabhängenden Net/.beutel gekreuzt und wandelten Schritt vor Schritt
vorwärts wie im Traume.
Als dio Ssagu darauf an dem alten, kahlhäuptigen Lakka voriiber-
schritten, erteilte er ihnen eine Art Segen, indem er eines jeden Kinn und
Stirn mit dem lanzettförmigen Schwirrholz des Barium l>erührte; es konnte
kein Priester dabei wohlwollender und freundlicher dreinschauen als es dieser
von der Natur sonst so wenig vorteilhaft ausgestattete Dorfhänptling tliat.
Die Erinnerung an das Barium trat auch in anderer Weise hervor:
in dem Zuge nämlich befand sich ein Mann, welcher eine lange, ganz nach
dem Muster der Barlumstangeii gefertigte, rot und weifs bemalte Kute trug,
einem Peitschenstock vergleichbar, deren Schnur am äufsersten Ende diesmal
aber nicht das lanzettförmige Holzstück, sondern ein i*iar runde Schweins-
hauer trug: diese letzteren waren sehr komischer Weise einem kleinen, auf
den Schultern eines Mannes reitenden Ssagu in den Mund gegeben worden,
so dafs dieser gewissermafsen angebissen hatte, wie ein Fisch am Angelhaken.
Mit der letzten Bemerkung scheint mir Schellong das Richtige ge-
troffen zu haben. Der Vergleich liegt zu nahe. Damit erklärt sich das
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Schwirrholz sehr gilt Den summenden Laut kennt jeder, der einmal eine
Angelleine, an der ein Fiseh angebissen hat, aus dem Wasser ^gerissen" hat
Demnach wäre das Schwirrholz auf den Fisch zurückzuführen, der Knabe
als ein aus dem Bereiche der Fische emporgezogener Vergeistigter zu er-
klären. Der sich so aufdrängende Gedankengang findet in manchem anderen
eine Bestätigimg.
Fig. 190.
Gruppe aus dem Barlumzuge (rekonstruiert nach Schellong).
Der Toteraismus hat in Oceanien mehrfach zu entsprechenden An-
schauungen Bezug. Auf den Salomonen führen die einzelnen Familien
Fischnamen. Die Verstorbenen nehmen die Gestalt dieser Fische an. Genau
das Gleiche kehrt an der Goldküste Afrikas wieder. Schon Romer hat
diese Organisation in Fischgeschlechter l>etont. Werden in diesem Sinne die
Seelen zu Fischen, so werden andererseits , wie eben berichtet, Netz und
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19;
198.
Angel zum Jagdgerät auf Geister. Damit wird also vorstandlich, wie jene
die Gedanken verbinden. Der Vergeistigte mufs gestorben sein, mit dem
Hachereigerät ist sein Körper ans Tageslicht gebracht
Damit, dafs die Toten zu Fischen werden und das Schwirrholz aus
dem geschwungenen Fisch hervorgeht, verstehen wir es, dafs aus dem Surren
, des Gerätes die Stimmen der Geister vernommen werden, die der Alten,
, wenn der Ton tief ist, die der Jungen, wenn hoch. So berichtet Bastian
von der Nigermündung. Bei der Totentrauer spielt das Schwirrholz in
Melanesien eine hervorragende Rolle.
Eine wichtige Bedeutung im Kulturl>esitze des Insel- und Fischer-
volkes nimmt natürlich auch die Muschel ein. Die Tritonsmuschel ist das
weithinschallende Blasinstrument aller
Oceanier. Aus Afrika waren solche
bislang nicht bekannt. In der Samm-
lung Paul Steiners im Museum für
Völkerkunde in Leipzig findet sich
aber eine Tritonsmuschel, die zu
solchem Zwecke hergerichtet ist, mit
der Bemerkung, sie diene den Aschanti
in Kriegsfällen etc. als Alarmiustru-
ment. Ferner wird die Muschel zu
Klingen an Beilen und Meifseln um-
gearbeitet. Es wurde oben ausge-
führt, dafs der westafrikanische Typus
der Äxte auf die melanesisehe Form
des Beiles und eine Form der Axt-
klingen Westafrikas auf die mela-
nesisehe Muschelklinge zurückzuführen
sei (S. 115).
Am häufigsten findet aber die
Muschel zu Schmuck Verwendung.
Und auch hierin gleichen sich west-
afrikanischer und oceanischer Besitz.
Nur sind solche Dinge im malajonigritisehen Schatze Afrikas Pretiosen und
Seltenheiten, in dem Oeeaniens dagegen häutige Erscheinungen. Bei den
Wawira am oberen Ituri entdeckte Stuhlmann einen eigenartigen Schmuck.
In die durchbohrten Ohrläppchen wurde ein etwa 5 cm langer und 8 / 4 cm
dicker Pflock eingelegt, der an beiden Enden festgebunden eine Kauris-
echnecke trägt und mit Bast flbersponnen ist, der jedoch durch das Ein-
schmieron mit roter Pomade unsichtbar wird. Stuhlmann bemerkt dazu,
199. 200.
Fig. 197. Innerafrikanisi'her Brust- und
ührschmuck (nach Stuhlmann). Fig. 198.
Brustschmuck von Neuguinea ( nach Finsch ).
Fig. 199. Muscholschmuck der Kalunda
(nach Livmgstone). Fig. 200. Muschel-
schmuck von Neuguinea (nach Schmeltz).
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dafs Buchner aus dorn Lundareiche genau ebensolchen Pflock mitgebracht
habe, dafs diese aber von den Kalunda nicht als Ohrpflock, sondern hori-
zontal an einer Schnur am Halse und zwar ziemlich häufig getragen werde.
Beide Stücke seien so identisch, dafs sie aus gemeinsamer Quelle stammen
müfsten (Fig. 197). — Gewifs stammen sie aus gemeinsamer Quelle. Die
Gestalt imd Zusammensetzung dieser Muschelstabe entspricht vollkommen
einem auf Neuguinea häufigen Brustschmuck (Fig. 198). — Andere Ana-
logieen bilden die von Kalunda und Melanesien gleichartig verarbeiteten
BasisstOcke der Conusschnecken (Fig. 199 und 200).
Aus der Achatina monetaria schleifen die Oceanier kleine runde
Plattchen, die durchbohrt und auf einen Faden aufgezogen als Schmuck und
dann auch als Geld Verwendung finden. Die Inlandstämme von Novo
Redondo und die Mundombes tragen Strange von geschliffenen Muschel-
perlen, die nach Manteiro ebenfalls aus der Achatina monetaria hergestellt
werden. Am Kongo sind sie ebenfalls sehr häufig. In Angola haben sie
die Bedeutung des Geldes. Die Bube auf Fernando Po haben einen Schmuck
aus kreisrund geschliffenen, durchbohrten Muschelperlen, unregelmäfsiger
als in Angola, aber im Princip dasselbe. Er ist wertvoll und vertritt oft
geradezu die Stelle des Geldes. — Dieses malajonigritische Muschelperl-
geld ist in Afrika und Oceanien so gleich, dafs der Unterschied lodiglich
im Material des Fadens liegt
Nicht für malajonigritische, sondern südasiatische Beziehung legt die
gewaltige Verbreitung der Kaurischnecken in Afrika einen Beleg ab. Wichtig
als Zeichen malajonigritischen Besitzes sind aber die „symbolischen Briefe",
die Aroko der Nupe und Yoruba, d. s. Fäden, an die in bestimmter
Stellung bestimmte Zahlen von solchen Kauri gebunden sind. Stellung und
Zahl ergeben den Sinn.
Soweit die Materiale, die dem Fischervolke besonders eigentümlich
sind. Nun noch einiges über seine Verkehrsmittel und Wohnungen. Die
Boote der Malajonigritier scheinen in Afrika nicht mehr im Gebrauche zu
sein. Nur ein tiefer furchendes Studium findet noch Reste; ich lasse es
dahingestellt, ob die Auslegerboote der Sansibarküste ein Rest aus alter
Zeit oder eine jüngere Form sind. v. Louchan hat ein solches abgebildet.
Aber der Westen hat auch noch eine malajonigritische Form, das Doppel-
boot, welches südlich des Kongo an der Küste gebräuchlich ist. Die Form
ist allerdings stark degeneriert.
Beachtenswerter sind die Merkmale, die die Ruder besitzen. Sowohl an
der Westküste Afrikas als auf dem Tanganjika sowie den Aru- und anderen
Inseln der Oceanier finden sich in ganz gleicher Weise hergestellte Ruder:
durchbohrte Platten, die an einen Holzstiel festgebunden sind. Noch wert-
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voller ist aber ein Resultat der Untersuchung der Messer Afrikas. Diese
habe ich zum Teil auf das Ruder zurückgeführt. Wesentlich dabei ist
weniger dieser Ausläufer als die Zwischenglieder. Im Kongogebiet ist der
Speer, ich will nicht sagen aus dem Ruder hervorgegangen , al»er durch es
beeinflufst. Die Gestalt des Blattes und die Thatsache der Holzspeere mit
breiten Blättern beweisen das. Daraus spricht die hohe Bedeutung der
Schiffahrt und der Ruder. Aber auch daraus, dafs die Kongoansassen
zierlicho Ruder als Hoheits- und Freihoitszeichen tragen. Das ist identisch
mit dem ozeanischen Führen der Ruder (vergl. Kap. 4).
Nim die Behausungen, die oben schon besprochen wurden. Das
malajonigritische Haus ist nicht nur durch die Kartenhaus - Matten-
konstruktion ausgezeichnet. Ein zweites
Element, die Plattform oder Barla, ist von
gleicher Bedeutung. Auf sie will ich hier
näher eingehen. In Fig. 20 1 ist ein typischer
Pfahlbau Neuguineas abgebildet. Zumal die
breite Plattform vor dem Eingange fällt auf.
Hier halten Bich die Eingeborenen zumeist
auf. Auf die Plattform führt eine Leiter.
Das Haus selbst ist seiner Konstruktion
nach nichts anderes als ein vom und hinten |
geschlossenes, auf diese Plattform gesetztes
Satteldach. Von dem freien Teile, der
Barla, gelangt man wiederum auf einer
Leiter in das Innere, denn die Thür liegt
fensterartig hoch. Diese fensterartige Thür,
die Fensterthür, wie ich sie kurz nenne, ist auf die Barla -Konstruktion, die
Gewolmheit zu klettern, zurückzuführen. Die Fensterthüren der Oeeanier
sind eine weit verbreitete Eigentümlichkeit der Oeeanier. Auch auf Mada-
gaskar sind sie heimisch geworden.
Es läfst sich kaum ein bezeichnenderes Merkmal für die Fischer-
und Inselvolker der Malajonigritier feststellen als diese Barla. Nur das
Wasser ist dem Seevolke vollkommen vertraut. Auf dem iAnde fühlt es
sich gefesselt, zu sehr gekettet. Daher das Wohnen auf Pfahlwerk, über
dem Wasser. Es liegt dem Baustile der Malajonigritier also weniger Angst- *
lichkeit vor dem feuchten Elemente als die Liebe für dasselbe, mehr
Scheu vor dem konstauten Landbau als Mangel an Mut überhaupt zu Grunde.
Es mag und mufs sich diese Grundlage der Lebensanschauung geändert
haben, aber gerade darin sehe ich ein wertvolles Element für die physio-
logi sehe Be weis föhrui) g.
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Dafs sich die Barla auch bei den Malajonigritiern Afrikas findet, ward
oben erwähnt (Fig. 183). Aber auch die Fensterthür ist hier nachge-
wiesen. Sie wird bei einer Reihe versprengter Völkerreste beobachtet, die
den Mittellauf des Kongo, die Unterläufe des Kassai, Lulongo, Tschuapa
und Ubangi bowohnen und zwar teils auf den Gestaden, teils auf den
Inseln. Es sind das, wie gesagt, zumeist versprengte, schwache, von kräf-
tigen und kriegerischen Nachbarn bedrängte Völkchen und die eigenartige
Thürkonstruktion trägt den Stempel des Schutzmittels. Batcraan versichert,
dafs die Thüranlage auf ein sefshaftes Volk schliefsen lasse, welches eines
Schutzes gegen feindliche Überraschungen und räuberische Einfälle bedürfe.
Diese Ansicht liegt, wenn es auch unklar ausgedrückt ist, einer Mitteilung
Wifsmanns über die Fensterthüren der Kassaistämme, im speciellen der
Wabuma - Bangula und Bangodi (Fig. 202
und 203) zu Grunde. Die Hütten dieser
Stämme hatten eine „bank- und tischartige
Erhöhung 54 , um das Ein- und Ausschlüpfen
EU erleichtern. Männer und Weiber hatten
Fig. 202.
Hütte der Wabuma -Bangula
(nach Bateman).
Fig. 203.
Hütte der Bangodi
(nach Wifsmann-Wolf).
eine grofse Gewandtheit erreicht, sogar im vollen Laufe, indem sie erst mit
dem einen Arme und Fufse in die Öffnung glitten und den übrigen Teil
des Körpers nachzogen, blitzschnell in die Hütte zu springen. Als nun
Wifsmanns kloine Flotte sich den Banguladörfern nähorte, sehlüpften die
Frauen eilig in die Behausung, die Männer kamen aber an das Stromufer,
führten Kriegstanze auf und zeigten überhaupt ein feindliches Gebahren. —
Die Thür liegt bei den Bangodi 2 m über der Erde, bei den Bangula
10 englische Fufs. Es gehört daher eine ungemeine Gewandtheit und ein
starker Impuls dazu, das Kunststüek des Hinauf- und Hindurchspringens
schnell auszuführen.
Auf dem Lande hat also die Fensterthür durchaus das Gepräge des
Schutzmittels; die Plattform vor derselben erseheint wie entstanden als
Verkehrserleichterung. So ist es ge%vorden. Wie es entstanden, haben
wir gesehen. Beides zusammengenommen, die Übereinstimmung der Kon-
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struktion in Afrika und Oceanien , zeigt einen Wesensziig des Wandels der
Lebensform einer Kultur, die dem flüssigen Element zunächst befreundet
und, auf den Kontinent versetzt, ihr entfremdet ist Es ist ein ganz
prächtiges Belegstück für die Verwandtschaften und Umwandlung, diese
Barla, die in Oceanien der Aufenthaltsort der Familie, in Afrika eine Thflr-
schwelle und ein Schutzmittel ist.
Aber nicht nur Fensterthür und Barla, sondern auch der richtige
Pfahlbau ist in Afrika nachweisbar. Die Formen, die zu beobachten sind,
lehren gleiche oder ähnliche Thatsachen wie die Fensterthttren.
Fig. 204.
Bütten der Ambuella (nach Sorpa Pinto).
Behalten wir die Entstehungsgeschichte des Pfahll>aues Oceaniens im
Auge. Er entspringt dem Wunsche, dem vertrauten Elemente möglichst
nahe zu wohnen. Aber schon auf Neuguinea wird er auf das feste Land
verlegt. Aber auf Borneo liegt das Motiv noch Idarer zu Tage. Hier schwimmen
die Hütten auf dem Wasser und die Dajak stofsen ihr Dorf auf dem
Flusse weiter, so sie die Gegend verlassen wollen.
In Afrika werden die Pfahll>autoii zum Teil durch nichts weniger
als Liebe und Vertrauen zum Wasser bedingt. Die Ambuella in den oberen
Thälcrn der Kuango - Zuflüsse erheben ihre Wohnungen vermittelst eines
auf vier Gabelstützen angebrachten Gerüstes so hoch über den Erdboden,
dafs dieselben den Einwirkungen des Hochwassers entzogen werden (Fig. 204).
Also Schutz gegen die Hochwasser. Die Baluba des Morhya- (Fig. 205)
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und Kikondscha-Sees loben vollkommen auf dem See. Hier ist der Grund
das Bestreben, sich gegen räuberische Überfälle zu sichern. Nach Ward
und v. Franeois ziehen die von den Kongopiraten arg heimgesuchten Stämme
des oberen Lulongo nur der personlichen Sicherheit halber das Leben auf
den wandlosen Pfahlbauten dem in festen Häusern vor (Fig. 206). Die
Liebe zu dem die Bewegungsfähigkeit erhöhenden Elemente mag nur die
Stämme am Mongalla und vor allem am Sanga zu der Benutzung der
Pfahldörfer führen. Thatsächlich scheint das Leben der Sangastämme dem
Leben der Papua Neuguineas in dieser Hinsicht vollständig zu entsprechen.
Wir vermögen in diesen Gegenden noch eine Erfahrung mitzuteilen. Die
weit den Strom hinauf- und hinabgleitenden Kongo -Kauffahrer übernachten
auf ihren Booten. Zwei Matten bilden das Dach über der Schlafstätte,
es ist oft mannshoch. Das sind die gleichen schwimmenden Behausungen
wie sie Melanesien bietet. Auch entsprechen sie denen der Dajak; nur
sind diese mehr beständiger Natur. Worauf ich aber mehr Gewicht legen
möchte, das ist das Princip dieser Bootshütten. Es ist hier das Kon-
struktionsmotiv des Matten -Kartenhauses von vornherein geboten. Mangel
an Raum und Material auf den Booten zwingt zu einer derartig einfachen
Herstell imgs weise. Es ist der Gedanke, dafs die Giebelhäuser der Oceanier
alle in letzter Linie auf diese Boots -Hütten zurückzuführen seien, nicht
ohne weiteres von der Hand zu weisen. Dann tritt das malajonigritische
Satteldachhaus noch klarer als Zeichen der Inselkultur hervor und der
Barla, der Plattform, die das Haus des die Meere beherrschenden Seefahrers
trägt, würdig zur Seite.
Zum Schlüsse will ich noch eines Geräthes erwähnen, das auf die
Inselkultur zurückzuführen sein dürfte: die Stelzen. Um Untiefen zu durch-
waten, von einer Plattform zur anderen zu gelangen, überschwemmte
Gebiete zu überschreiten, scheinen sie besonders geeignet. Aufser in
Fig. 206.
Pfahlhütte am oberen Lulongo
(nach von Franeois).
Fig. 205.
Pfahlhütte im See Monrya (nach Cameron).
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Melanesien (z. B. Neubritannien) wurden sie auf Nukahiva, Neuseeland,
Mangaja, in Afrika bei Kioko, Baluba. Mangbattu und im Ogowegebiet
beobachtet.
Fassen wir das alles zusammen. Es läfst sich sagen, dafs eine ganze
Reihe von Merkmalen des ursprünglichen insularen Besitzes sich auch in
der malajonigritischen Kultur Afrikas findet, dafs diese aber, der kontinen-
talen Lebensform entsprechend, zum Teil stark umgebildet und anderen
Gesetzen — sie dienen einem anderen Zwecke! — unterworfen sind. Wir
haben hier zu den im Anfange des Kapitels aufgestellten Punkten a und c
Belegmaterial beigebracht. Im folgenden Kapitel wird der Punkt b beson-
dere Berücksichtigung finden.
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10. Die physiologische Bedeutung des Materials
Kulturformen und Kulturzeiten.
(Vgl. Kartenblatt 1, Nr. VI und 2, Nr. XIV.)
„Formen und materialgerechte Entwicklung der Formen, bedingt durch
den Materialreichtum des Wohnsitzes", wurde als zweiter Grundzug der den
Typus bedingenden und die Abstammung verratenden Kulturmerkmale oben
angeführt. Da dieses Kapitel diesem Thema gewidmet ist, mufs vorerst
festgestellt werden, was dieser Satz bedeute. Es ist ein sehr wichtiges
Thema.
Es ist schou oftmals — Semper trat dem Problem zuerst wirklich
nahe — gefragt und darauf geantwortet worden, was den „Stil" auszeichne.
Heute neigt man mehr als je dazu, das Wesen des Materials als ausschlag-
gebend für die Stilform und seine Entwicklung zu bezeichnen. Dabei mag
hier und da noch zu viel Gewicht auf die „Zweckmässigkeit" gelegt werden,
aber im allgemeinen geht der Weg des Stil -Studiums auf dem verheifsungs-
vollon Wege der Materialprüfung. Diejenigen, die noch mcht ganz gelernt
haben, das Wort „ materialgerecht tt vollkommen zu würdigen, sind wir, die
Ethnologen; und doch sollte es auch ein Leitfaden unserer Untersuchungen
sein. Denn es ist fraglos: so lange der Instinkt allein an der Ausarbeitung
des Kulturbesitzes thätig ist. wird kein Fehler gegen dies Hauptgesetz,
gegen die Forderung der Materialgerechtigkeit begangen. Kein Naturvolk
sündigt gegen ihre Forderungen. Nie wird ein Ornament der Flechtindustrie
ohne Umarbeitung nach den Ansprüchen des Materials in Holz nachgebildet
oder umgekehrt. Was hier Bänder sind, wird dort in Kerben, Kehlen etc.
umgesetzt! Und das erstreckt sich nicht allein auf die Kunst, die au sich
nur ein äufserer Teil des Gewerbes ist, den man nicht schroff vom Hand-
werk trennen kann, sondern auf alles, was die Industrie hervorbringt. Das
Ornament ist eine Begleiterscheinung, die Konstruktion eines Gerätes der
Wesenszug in der Entwicklung des materiellen Kulturbesitzes. Und die
Geräte folgen in der äufseren Ausgestaltung wie im inneren Wesen dem-
selben Gesetze.
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Das ist von aufserordentlicher Wichtigkeit deswegen, weil unB diese
Thatsache ein Hilfsmittel — es klärt die einzigen untrügerischen Merk-
male auf — in die Hand giebt, wenn die Frage, herantritt, wie eine
Sache entstanden sei; wie und wo. Denn gar manches Mal deutet das Ur-
sprungsmaterial auf eine bestimmte Gegend, die allein das Material bietet.
Daher: wofern es gelingen soll, den Ursprung eines Gegenstandes aufzu-
klären, mnfs vor allen Dingen festgestellt werden, aus welchem Materiale
er zuerst gebildet ward.
Wo über den Ursprung der Geräte oder Waffen gesprochen wird, mufs
aber noch etwas betont, der Begriff des Wortes „niaterialgerecht" noch ver-
tieft werden. Gar leicht verfallt der nach der Entstehungsgescliichte
fahndende Forscher in den Fehler, den Entdeckungsmoment oder den
Erfindergeist zu hoch anzuschlagen, beiden eine zu grofse Rolle zuzu-
schreiben.
In Wahrheit scheinen mir Moment und Individuum verhältnismäfsig
nichtssagende Faktoren zu sein. Gerade in diesem Abschnitte wollen wir
nicht vergessen, dafs die Kiüturen als selbständige Lebewesen sich uns
erschlossen haben, dafs wir den Menschen nur als Träger, nicht als wollenden
Schöpfer und Lenker bis jetzt schätzen gelernt haben. Und was das Ganze,
die Einheitlichkeit der Kulturen, gezeigt hat, das darf nicht vergessen
werden, wenn Einzelheiten herangezogen werden. Wie die Kulturen auf-
wachsen, so wachsen auch die Geräte auf, wie sie dem Boden entsprossen,
so sprossen die Dinge des materiellen Kulturbesitzes aus dem Materiale auf.
Ich stelle daher das physiologische Hauptgesetz fest, dafs nämlich
jedes Gerät aus dem Wesen dos Materials herauswächst. Das
heifst, dafs es und seine Handhabung sich von selbst ergeben. Die Funktion
des Wachsens stellt dabei die Thätigkeit des Menschen dar, die eine wich-
tige oder eine nebensäclüiche sein, die zunächst nach einer anderen Rich-
tung, unter dem Einflufs des betreffenden Objektes erst auf seine Nutz-
anwendung zielen mag.
Ein ganz vortreffliches Belegstück hat ja die Untersuchung der Fell-
trommeln geliefert. Die Bearbeitung der Felle, das taktmäfeige Walken und
Söllingen stellte den Ausgangspunkt dar. Die Freude an der taktmäfsigen
Arbeit war zunächst eine sekundäre Triebkraft, denn das Werk wird ein-
geleitet in dein Bestreben, die Felle brauchbar zu gestalten. Aber die
sekundäre Arbeitstriebkraft wird zur primären Schöpferin der Trommel.
Das meine ich damit, wenn ich sage, dafs die Thätigkeit des Menschen
zunächst nach einer anderen Richtung, unter dem Einflufs des betreffenden
Objektes selbst (in diesem Falle des Trommel feiles) erst auf dessen Nutz-
anwendung zielen m."ge. Das Objekt beherrscht dann den Menschen. Das
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beweist auch das Trommelfell, dessen zauberliafte Anziehungskraft den
Menschen zu mühsamer Tätigkeit zwingt. Der Clan tritt wieder zusammen,
das Fell zu schlagen, aber nicht mehr, um es zuzurichten zum Gewände,
sondern um sich an der Regelmäßigkeit der Schläge zu erfreuen. Und
dann wächst die Trommel auf, wobei wieder die Thätigkeit des Menschen
den Wachstumsprocess darstellt. Mörser, Topf, Kalabasse dienen dem
Trommelfelle als Unterlage.
Derartiges Entstehen oder Aufwachsen mag noch mehrmals verfolgt
werden, um die Grundlage für die Beurteilung des Materialreichtums der
Kulturformen Afrikas zu gewinnen. Ziehen wir zunächst eines der lehr-
reichsten Beispiele heran, das schon oftmals, meist mit sehr irrigen Voraus-
setzungen, besprochen worden ist: den Ursprung des Feuers.
Die Afrikaner haben dreierlei Methode,
Feuer zu gewinnen. Die erste besteht darin,
dafs ein Stäbchen in der Vertiefung eines
Holzes gequirlt wird. Es bildet sich in
der Mulde ein feines Holzmehl, welches
in Hitze und Glut beim Anblasen und durch
Hinzufügen von trockenem Grase in Brand
gerät. Ich bezeichne diese Art der Feuer-
gewinnimg als Bohrmethode (Fig. 207).
Die zweite beruht darauf, dafs ein Holzstab
in der Rinne eines Klotzes oder Astes hin
und her gerieben wird. Es bildet sich
wieder das feine Mehl etc. (Fig. 208). Ich
nenne diese Art der Feuergewinnung die Fig. 207— 209. Die droi Arten der
Schleifmethode. Die dritte endlich be- Feuerzeuge def Afrikaner (nach
steht darin, dafs ein Stück starken Rohres Originalskizze von J. Rose).
oder Bambus mit Mark leicht vollgestopft Fi S- 207 ' Di(i Bohnnetbode.
, „,,.,,. Fig. 208. Die Schleifmethodo.
und dieses mit einem Holzplattchen durch- Fig ^ Die Sägemetho<le
gesägt wird. So wie das Mark von der
Schnittfläche des Holztäfelchens erreicht wird, beginnt es zu glühen (Fig. 209).
Ich bezeiohne diese Art der Feuergewinnung als Sägemethode.
Von diesen drei Feuerzeugen ist das erste (Fig. 207) in Afrika als
das weitaus verbreitetste zu bezeichnen. Es ist im gesamten Süd-, Ost-
und Nordafrika heimisch, soweit nicht Stahl und Zunder, sowie Streichhölzer
es verdrängt haben. Schon die zweite Methode ist weitaus seltener. Die
Litteratur (z. B. Masiii) erwähnt solche Feuerzeuge nur aus dem Kongogebiet.
Die dritte endlich ward vou J. Ros6 bei einem Arbeiter aus — wenn ich
nicht irre — dem Katangagebict beobachtet Doch giebt es Mitteilungen
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zweideutiger Natur, welche beweisen, dafs verwandte Gebräuche noch hier
und da ein kümmerliches Dasein fristen. Der alte Kolben erzählt: der
Zunder der Hottentotten ist ein kleines, dflnnes Bohr, das ebenso bald Feuer
fängt als unsere beste geschabte Leinwand. Die Kongobewohner führen
nach einem Berichterstatter des Congo Hlusrrö das Feuer in der Fmcht des
Boabab bei sich. Dieses enthält ein feines Mark wie unser Holunder, welches
langsam wie Feuerschwamm glimmt
Die Verbreitung dieser Feuerzeuge weist schon nach verschiedenen
Gegenden: die Bohrmethode nach Norden, die beiden andern nach Osten,
6ie finden sich nämlich auch bei den Ooeaniern. Zumal die Schleifmethode
ist eine bei Polynesiern aufserordentlich verbreitete. Die dritte Methode
ist vorzüglich indonesisch. Zum Feuerreiben werden auf den ineisten Inseln
des ostindischen Archipels nach Pleyte zwei Stück Bambus gebraucht. Man
sucht dazu ein vollkommen trockenes Stück aus und spaltet es der Iiänge
nach in zwei Hälften, schabt aus dem Innern die silberglänzende, weifse
Haut und das weiche Holz so fein wie möglich heraus und rollt das Ge-
schabsei zu einer losen Kugel zusammen, die auf den Boden gelegt und
mit der einen Hälfte des Rohres bedeckt wird, so dafs sie oben gegen die
Wölbung drückt. Von der anderen Hälfte spaltet man dann noch einen
lattonförmigen Streifen zurecht, dessen eine Seite zugeschärft wird. Mit
dieser Seite sägt oder geigt der Feuermacher nun wie mit einem Bogen
auf dem Bambus, der von einem Begleiter oder einem Pflocke festgehalten
wird, gerade über der Stelle, wo das feine Geschabscl liegt, hin und her,
indem er allmählich den Druck und die Geschwindigkeit steigert. Es ent-
steht ein Einschnitt <juer durch die Uingsfasern, die Wärme wächst bei der
starken Reibung sehr schnell und in dem Augenblicke, wo das Gewölbe
durchschnitten ist, entzündet sich das verkohlte Holzpidver zu Funken, die
in den darunter liegenden Faserballen fallen und durch vorsichtiges Blasen
allmählich zu einem Flämmchen genährt werden. — Es ist das genau unsere
Sägemethode aus Katanga, nur dafs in Oceanien ein halbierter Bambus, in
Afrika eine ganze Bambusrohre, dafs hier ein Bambussplitter, dort ein Holz-
täfelchcn benutzt wird.
Dieso drei Methoden, Feuer zu gewinnen, sind fraglos auf industrielle
Thätigkeit zurückzuführen. Ich habe das schon in den drei Namen an-
gedeutet: die Bohr-, Schleif- und Sägemethode. Dafs das Lochbohren mehr
von nördlichen Völkern angewendet wird, ist kein Beleg für die nördliche
Herkunft. Das Schleifen der nolzepitzen an Speeren, Pfeilen und allerhand
Werkzeug ist sicherlich eine häufige Beschäftigung der Menschen der Holz-
zeit. Das dritte Feuerzeug aber ist uns sehr wichtig. Das Bambussägen
darf als eine sehr bedeutsame Handlung der Völker Hinterindiens und Indo-
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nesiens bezeichnet werden, bedeutsam, weil der Bambus hier das notwendige
Material zu den meisten Arbeiten liefert Es ist mir wichtig, diese Methode
der „Barabuskultur" in Afrika nachweisen zu können.
Jedenfalls sehen wir auf diese Weise die Feuerzeuge aus der in-
dustriellen Thätigkeit der Menschen herauswachsen. Je umfangreicher deren
Materiale werden, desto zahlreicher auch die Arten der Feuerzeuge. So
finden wir bei Völkern, die den Feuerstein verwenden, ihn zu allerliand
Werkzeug verarbeiten , das steinerno Feuerzeug im Gebrauch. Wenn das
Eisen die Reihe der menschlichen Hilfsmateriale vermehrt, tritt das bekannte
Feuerzeug: Stahl und Stein (Indonesien!) hinzu.
Weiterhin wollen wir die Frage zu beantworten suchen: Wie kommt
der Mensch dazu, zu rauchen? Oder: Wie ist die Tabakspfeife entstanden?
Die Frage nach dem Ursprünge des Rauchens scheint mir deshalb eine sehr
beachtenswerte, weil diese Sitte dem menschlichen Organismns durchaus
unnatürlich und a priori unsympathisch ist Ein jeder Raucher weifs, dafs
er als Jüngling oder noch früher erst sich hat daran gewöhnen müssen,
dafs in den seltensten Fällen diese Lehre ohne peinliche Nebenerscheinungen,
in denen sich die gekränkte Natur äufsert, verdaut worden ist, dafs wohl
aber jeden mehr der Ehrgeiz, es anderen gleich zu thun, als wirkliches
Behagen an der Suche zum Raucher gemacht hat Also hat noch heute
jeder eine Zeit des Ekels zu überwinden, ehe er den köstlichen Duft einer
Habanna zu schätzen lernt Ich weifs aus Erfahrung, dafs es ganz gleich-
gültig ist, ob man dem rauchbegierigen Jüngling eine gute Henry Clay
oder eine Pfeife mit Kartoffelblättern reicht Demnach kann ich getrost
sagen, dafs die ganze Menschheit erst den Ekel überwinden niufsto, ehe
sie am Rauchen Genufs fand. Und gerade deshalb ist die Frage wichtig:
wie kam der Mensch dazu, den ersten Abscheu zu überwinden, wo doch
niemand ihm den kostlichen Genufs einer Rauchtüte oder einer Pfeife
vorhersagen konnte?
Aus der Arbeit wächst das fröhliche Instrument Afrikas, die Trommel
empor. Sollte es mit der Pfeife eine ähnliche Bewandtnis haben? Sollte
hier auch die Gewohnheit einen wunderliehen Ausläufer gezeitigt haben?
Es scheint in der Tliat so. Büttikofer und andere haben es häufig beobachtet,
dafs die Neger in Ermangelung des Tabaks eine glühende Holzkohle
in ihren Pfoifenkopf steckten, um wenigstens etwas Rauch unter die
Nase zu bekommen und sich so am Kohlendanipf berauschten. Das spricht
klarer als Dutzende von geistreichen Schlüssen. Ich nenne das eine
atavistische Form. Und die Urgeschichte des Rauchens ist sehr einfach:
Der Qualm des nüttenfeuers hat den Menschen mit dem Rauche befreundet
Das notgedrungene Atemholen beim Anblasen des Feuers brachte ein Ein-
Frobenius, Afrikanische» Kulturen. 18
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ziehen des Dampfes mit sich. Man denke sich deu Zulujüngling (Fig. 190)
in seinen Ofen blasend, statt aus ihm saugend.
Auch die primitive Pfeife rückt so unserem Verständnisse näher. Ich
schilderte oben die mit Glimmstoff gefüllte Boababfrucht als Feuerhalter.
Dem entspricht eine einfache Pfeife, die ebenfalls am Kongo gebräuchlich
und nichts als eine an beiden Enden geöffnete Kalabasse ist. Sie Ist mit
Tabak gefüllt. An der einen Seite glimmt der Inhalt, an der anderen
saugt der Raucher. Das mag zuerst geübt sein, um die Glut rege zu er-
halten, später ward es zum Vergnügen. Auch ist der Feuerbewahrer im
ostindisehen Archipel weder die Frucht des Boabab noch eine Kalabasse,
sondern ein Bambusabschnitt. Und jenes Loch, in das später die Rauch-
tüte eingefügt ist, ist wold die Stelle, an der das Feuer (Fig. 209) „ange-
sägt" ist (vergl. Fig. 191).
Also aus dem Feueranblasen, dem gezwungenen Qualmeinatmen ist
das Rauchen entstanden. Eine interessante Thatsache. Deim abermals sehen
wir aus der Arbeit, der nüchternen Thätigkeit, einen eigenen vergnüglichen
Brauch emporwachsen, der bald den Menschen gar sehr beherrscht — wie
unsere Damen zu klagen wissen. Wo bleibt da der wollende Erfinder? Die
Leute, die zuerst rauchten, wufsten von keinem Sehnen nach Habanna-
und Brasiltabak, denn in ilirem Lande wächst keiner. Wir Raucher aber ahnen
nicht, dafs wir mit jeder Cigarre der Kultur unseren demütigen Tribut
darbringen, mit dem wir aufs neue belegen, dafs des Menschen Wille wenig
Eiuflufs auf sie hat, dafs sie ein ihre Tiäger beherrschender Organismus
ist Schon lange wird das Feuer nicht mehr angeblasen, aber geraucht
wird immer noch.
Mit dem Bambus hängt das Feuersägen zusammen. Aus dem Bambus-
beliälter mit Glimmstoff ward die Pfeife. Bleiben wir beim Bambus. Ich
hal>e oben (Kap. G) nachgewiesen, dafs auch die malajonigri tische llolzpauke
auf den Bambus zurückzuführen ist. Ratzel bildet (2. Aufl. Bd. I, S. 418)
ein Musikinstrument der Hova ab, das eine anscheinend nicht seltene Form
Indonesiens wiederholt. Das Ende eines Bambus ist mehrfach aufgeschlitzt,
so dafs Zinken entstehen. Wir können solch ein Gerät mit Leichtigkeit
auf ••in abgebrochenes Bambnsstumpl'stück zurückführen, dessen splittriges
Ende, durch den Windstofs erregt, zu klappern beginnt. In Afrika ist daraus
die Neger/.ither geworden. Auf einfache Bambusrohren sind die Pfeifen
zurückzuführen (Fig. 114). Und ebenso ungezwungen ergiebt sich ein
Saiteninstrument wie Fig. 113a, später Fig. 106 und 113b. Was hier in 4
allerliand Musikinstrument endet, das beginnt alles in «1er Bearbeitung,
in der täglichen Thätigkeit der Völker der indonesischen Bambusregion zu
keimen. Deim Bambus wird zu allen Dingen gebraucht. Aus Bambus sind
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die Gofäfse und Behälter verfertigt. Bambusstangen tragen die Hütte. Aus
Bambus bestehen Flöfse. Bambusstreifen sind das Bindematerial etc. Und
nicht nur unter den Händen der Menschen beginnt es zu klingen. In den
trockouon Bambusdickichten klirrt, rauscht, raschelt und tönt es schon,
wenn der Wind durch die zitternden Halme fährt.
Aber bleiben wir bei unserer Bambuslaute (Fig. 113 und 106). Seine
Entstehung ist naheliegend. Um Streifen zum Binden zu erlangen, wird
das Messer zwischen die Splitter geschoben. Das ist ein natürlicher Steg.
Die Finger lassen den Streifen fahren; die Saite erklingt Was uns hier
das direkte Entstehen beweist, ist die Einheit des Stückes. Das ist es,
was ich Herauswachsen aus dem Material nenne. Wenn das hier besonders
betont wird, so geschieht es, weil damit einerseits der Ausgangspunkt
einer, wie oben gezeigt, aufserordentlich reichen Entwicklung und anderer-
seits ein wichtiger Beweis dagegen, dafs alle Saiteninstrumente aus dem
Bogen entstanden seien, gewonnen ist.
Haben wir somit der Bambuslaute die selbständige Entstehung zuge-
sichert, so wollen wir nunmehr auch der Frage nach dem Ursprünge des
malajonigritischen Bogens nicht mehr aus dem Wege gehen.
Wie sollen wir uns die Entstehung eines so komplicierten Gebildes,
wie es fraglos der Bogen ist, vorstellen? Wohl liegt das Hervorwachsen
der konstruktiven Beschaffenheit aus dorn Material nach allem, was die
anatomische Untersuchung ergeben hat, nahe. Die grofse Frage ist aber
diesmal die: Der Bogen tritt als vollendetes Ganzes auf. Keine Übergänge,
keine Einleitung in natürlicher Arbeit. Wie sollen wir das unmittelbare
Verständnis des Bogenschützen für dio zwiefach federnde Kraft verstehen?
Verfolgen wir die primitiven Waffen bis zu ihren Anfängen, den ein-
fachen, primitiven Keimen zurück. Der Mensch braucht an natürlichen
Waffen den Knüppel zum Schlagen und Werfen und den Stein als Geschofs.
Aus dem groben Knüppel ist eine Menge verschiedenartigen Gerätes
hervorgegangen. Dasselbe ist zumal nigri tisch. Die Keule als Schlag-
instrument kehrt in Australien und Afrika wieder. Die Fidschiinsulaner
und Südafrikaner werfen sie. Ebenso die Abessynier. Verfeinerte, aus-
gebildete Formen der Wurfkeule sind : Wurf holz und Wurfstock. Das Wurf-
holz der Völker auf der Nordachse Afrikas und der Bumerang entsprechen
einander. Die Afrikaner schufen daraus das Wurfeisen. Der Wurfstock,
ein im Wurfe sich um sich selbst drehender, an beiden Seiten zugespitzter
und mit der Spitze einschlagender Stab aus hartem Holze ist nicht nur in
Australien und Südafrika (Hottentotten und Marutse), sondern auch auf nörd-
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liehen Inseln Oceaniens heimisch. Als Schutzwaffe bildete sich in der
uralten Zeit der Knüppelherrschaft der Stockschild heraus, ein Besitztum
fast überall da, wo auch sonst nigritische Spuren erhalten sind. Erst
unter dem Einflufs des Speeres und vielleicht des Pfeiles wird aus dem
schützenden Stock ein Brett Die Entstehung des Speeres, auch ein Stock,
bildete einen Wendepunkt in der Waffenindustrie, den Kriegen der Mensch-
heit, der sicherlich von ebenso grofser Bedeutung war, wio die Ent-
stehung des Bogens. An Gerät will ich für die Epoche des Knüppels den
Grabstock (Australien, Südafrika, Philippinen und auch andere Teile Oceaniens)
sowie den Klangstab erwähnen.
Der Stein ward geworfen. Wurfsteine fanden noch viele Forscher im
Gebrauch. Nicht immer stand damit die Sclileuder in Beziehung. Nur
nebenbei und der Vollständigkeit halber sei der Verbindung des Steines
mit dem Stocke erwähnt Daraus ist zweierlei hervorgegangen , einmal
die Besch wemng des Grabstockes mit einem durchl>olirten Kugel- oder Ring-
stein (Südafrika, Australien [?], Neuguinea, Bismarckarehipel), woraus sich eine
SchlagwafTe bildet, dann die Einfügung eines Steines in das obere Endo
des Schlagstockes (Australien, Melanesien), worauf in letzter Linie die Beil-
form Fig. 86 zurückzuführen ist, und endlich das Aufbinden des Steines resp.
der Muschelklinge auf ein Knieholz, Meiches Stück für Afrika Stammvater
der Axtform Fig. 90 ward. Aber über diese Beziehungen soll Ausführliches
in einem späteren Bande folgen.
Den Höhepunkt der Entwicklung als Waffe — wohlgemerkt: Waffe!
die Steinaxt ist zunächst als Gerät wichtig; — gewinnt der Stein aber
orst, wenn er mit dem Strick zusammentritt. Zunächst wird der Stein an
den Strick gebunden. Die bolaähnlichen Waffen entstehen. Finsch fand
auf den Gilberts noch ein solehes Gerät: Schlag- oder Schleuderstein,
eiförmig aus Tridacna gescliliffen, an der Basis mit einem Bohrloch ver-
sehen, in welches eine 18 cm lange Sclinur aus Kokosnufsfaser geknüpft
ist, welche in eine Schlinge endet, weit genug, um die Hand durchzu-
stecken. Wahrscheinlich diente diese Waffe nach Art unserer Totseldäger
im Handgemenge zum Schlagen, wurde vielleicht aber auch geworfen. Als
Bola zum Vogelfange sind diese Steine zu schwer. Bolaailiges Gerät be-
safsen auch die alten Ägypter. — Aber noch wichtiger wird die Beziehung
zwischen Stein und Leine, wenn das Festbinden aufgegeben, der Stein
locker auf eine Verbreiterung der Schlinge gelegt wird, kurz, wenn die
Schleuder entsteht. Auf sie hal)e ich weiter unten einzugehen.
Aber dio Leine ist nicht niu' Begleiterin des Steines, sondern auch
anderer Waffen; und sie erringt auch hier eine selbständige Bedeutung.
Oftmals sind an Wurfkeulen Stricke angebunden, die wold nicht allein dem
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Zwecke dienen, ein Gehänge zu gewinnen. Die hölzernen Schlagwaffen
von Samoa, Savage- und anderen Inseln sowie die Wurfwaffen Afrikas, zu-
mal das Wurfeisen, zeigt eine Umwicklung mit Strickwerk an der Basis,
die ich auf eine Art Schleuderriemen zurückführen möchte. Was hier un-
deutlich, ist anderen Ortes klarer erkennbar. Zumal im westliehen Afrika
und auf dem Viktoria ist ein Fischereigerät häufig, das aus einer langen
Leine besteht, an deren einem Ende ein eiserner Haken, an deren anderem
ein Schwimmer aus Korkholz befestigt ist. Die Leine ist hier sehr ver-
ständlich. Daran reiht sich die Harpune an, die einen Speer darstellt,
dessen vonlerer Teil die sich abrollende Leine mit dem leicht aufgesetzten
Haken trägt. Die Beziehung der einfachen Wurflcine oder Verbindungsleine
mit dem Fischhaken und der Harpune wird noch durch eines bestätigt, den
Schwimmer, der sich am Griffende des Speeres findet. In dieser Richtung
Fig. 210. Wurfbrett aus Deutsch -Neuguinea (Mus. f.Völkerk. in Leipzig).
ist das letzte Glied eine Speerart vom unteren Ubangi und mittleren Kongo,
die eine Verbindungsschnur zwischen Speereisen und Speerstab besitzen.
Solcho Harpunenspeere sind gleichzeitig bei Eberjagden und in Kriegen
gebräuchlich.
So tritt die Leine als dienendes Glied auf, ziun herrschenden wird
sie, wenn der Speer in die Schlinge des Wurftaues gelegt wird. Das ist
Fig. 211. Handhabung des Wurf brettes (nach v. Luchan).
eine Art Schleuder, die aber nicht dem Stein , sondern dem Speer gewidmet
ist Solche Wurfleinen wurden auf Neukaledonien , nach Forster auch auf
den Neuhebriden und, wenn auch vereinzelt, nach Bastian auf Neuseeland
benutzt. Einen Ausläufer dieser Speerschleuderstricke sieht Ratzel in den
„rotbraunen Zottelknopfornamenten " an den Speeren der Admiralitätsinseln.
Der Speerschleuderstrick hat noch einen Ausläufer in Oceanien gefunden,
der uns wegen dos Materials interessiert. Es ist dies das sogenannte Wurf-
brett, das allerdings im vorliegenden Falle kein Brett, sondern mehr ein
Stab ist, für den wir aber diene gute Bezeichnung beibehalten wollen (Fig210).
Seine Handhabung erläutert Fig. 211. Das Speerende wird in die Kcrbo des
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Bambus eingefügt. Auf der einen Seite lagert der Speerstab an dem
geschnitzten und eingefügten Holzstflck (a), gegen das ihn noch der Daumen
drückt, so dafs er eine feste Stellung erhält. Der Schleuderer holt nach
hinten weit aus und wirft den Speer im Bogen. Es entspricht das Ver-
fahren der Handhabung der Schleuder vollkommen. Dafs das Schleudertau
besonders praktisch für das Werfen der Speere sei, kann kaum behauptet
werden. Der gekerbte Bambus mit der Rinne bot ein natürliches Ersatz-
mittel. In Holz nachgebildet, findet das Wurfholz in Australien eine weite
Verbreitung. In Viktoria besteht es noch aus einem Stück; ein Zahn ist
an der Stelle am Endo der Kerbe des Bambusgerütcs stehen geblieben.
Die neuesten australischen Formen zeigen aber einen aufgeklebten Zahn.
Entstanden ist das Gerät aber in den Bambusländern, wo das Material einen
natürlichen, zwanglosen Entstohungsprocefs ermöglicht.
Eine kleine Abschweifung sei mir erlaubt. Das Wurf holz aus Bambus
erinnert an eine andere Bambuswaffe, das Blasrohr. Es ist in Indonesien
und auf Madagaskar gebräuchlich. Vielleicht hat das Anblasen des Feuer-
trägers oder die Bambuspfeife vermittelnd gewirkt Wie dem auch sei, das
Blasrohr aus Bambus ist im Lande der Bambuskultur eine so natürliche
Erscheinung, dafs weitere Spekulationen unnötig sind. In Melanesien und
an der Sierra Leone -Küste sind eigenartige Ausläufer der Waffe bemerkbar,
und zwar im Kultus. Durch ein Rohr wird nämlich die Krankheit in den
Feind geblasen. Es erinnert dies an dio Ausläufer anderer Merkmale des
Fischerkultus, die wir ebenfalls im Kultus aufsuchen mufsten. Was dabei
am meisten interessiert, ist die Nachwirkung des Materials auf weite Ent-
fernungen.
Doch nunmehr zurück zu der Schleuder. Afrika bietet zwei Formen,
eino des Nordens, die aus einem in der Mitte verbreiterten Lederstreifen
besteht und für welche als Beispiel die Schleudern der Abessynier und
Wambugwe genannt werden mögen, und eine des Westens. Diese ist
ein Geflecht von Fäden (z. B. Liberia). Die Südsee bietet natürlich nur
Schleudern aus Pflanzenfasern. Uns interessiert besonders die Schleuder von
Dschalut. Das Polster, auf welches der Stein gelegt wird, besteht aus
einem viereckigen Stückchen Mattengeflecht aus Pandanus- Blattfaser, an
welches zwei Stricke befestigt sind. Diese Form führt nach Hinterindien,
wo eine der merkwürdigsten an südamerikanische Tliatsachen erinnernde
Sclüeuder im Gebrauch ist
Dio Steinschleuder in Birma etc. ist ein Bogen, dessen Sehne aus zwei
Schnüren besteht, die an den Enden, an der Einhängestelle, vereint, in
der Mitte aber durch zwei Stäbchen getrennt sind. Derart ist der Raum
zwischen den Bogenenden in drei fast gleiche Abschnitte geteilt: Sehnen-
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ende -Trennstäbchen , Trennstäbehen - Trennstäbchen , Trennstäbchen - Sehnen-
ende. Etwa in der Mitte des mittleren Abschnittes ist das fast quadratische
Baum woilge webe angebracht, welches das Steinlager darstellt. "Was vermag
diese Verbindung von Bogen und Schleuder nun über den Ursprung des
Bogens zu sagen?
Ganz ungezwungen sind wir so bei der Verfolgung der Entwicklung
der drei Waffenelemente Stock, Stein, Strick zu dem Bogen gelangt. Und
Fig. 212.
Speerwerfer aus dem Kongogebiet (rekonstruiert nach Junker und Angaben von'Rose). '
sein erstes Auftreten leitet auf zwei einfache Motive, den Schleuderstrick
und den Sehleuderstein, zurück. Und das. ist sicherlich nicht von neben-
säclüicher Bedeutimg, denn der Bogen Birmas steht vielleicht als Stein-
schleuder sehr vereinzelt (?), nicht aber so in seinem Konstruktionswesen
in unserem nächsten Interessengebiet da. Auch vorderindisehe Bogen haben
die durch Stäbchen geteilte Sehne. Sie ist aber nicht aus Schnüren ge-
bildet, sondern aus einem gespaltenen Bambusstreifen. Und das führt zu
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früheren Ergebnissen zurück, erinnert an den Bogen Taf. II und Fig. 32,
vor allem an die Angabe Jobsons, dafs auch die Sehnen der Jolof- Bogen aus
dem gleichen Holze hergestellt seien wie der Bogenstab. Aber lassen wir
zunächst noch die Materialfrage und treten von einer anderen Seite dem
Problem näher.
Aus dem gescldeuderten Wurfstock ward der Speer. Aber auch zur
Stofswaffe ward er. Das einfache Werfen der Lanze unterscheidet sich
vom Schleudern des Wurfstockes, dafs letzterer am Ende, erstere etwa in
der Mitte erfafst wird. Die erstere Waffe wird so geschleudert, dafs sie
sich überschlägt — der Schwerpunkt liegt in der Vorderspitze — , die
andere dagegen in horizontaler Linie fortgestofsen. Dabei giebt es einige
kleine Handgriffe, die sehr wichtig sind. Die Kongovölker benutzen ihre
kurzen Speere in der Weise, dafs das hintere Ende in die rechte Holdhand
gestemmt und das vordere Ende von der linken Hand gelialten wird. Die
rechte Hohlhand schnellt den Speer Über die linke Hand nach vorne.
Junker hat das Verfahren bei den Momfu kennen gelernt. Nach verschie-
denen Mitteilungen ist es aber auch sonst im Kongogebiet gebräuchlich.
Die Holzknoten, Kugeln und anderen Verdickungen an den Speeren der
Baluba und Bassonge sind auf solche Methode zurückzuführen. Die rechte
Hohlhand ergreift diese Kugel wie einen Stein, den sie schlendern will.
Wir sehen also in dieser Methode die Vereinigung von Stein- und Knüppel-
wurf. Der Steinwurf ergab die Bewegung auf einer horizontalen Fläche;
aus dem Knüppel entstand das Speerholz selbst. Nun, diese Methode den
Speer zu werfen (Fig. 212), entspricht der Handhabung des Bogens voll-
kommen. Die linke Hand trägt den Speer, wie das Bogenholz den Pfeil.
Die Funktion dor zurückschnellenden Sehne verrichtet die rechte Hand.
Die Übereinstimmung ist eine vollkommene.
Demnach wäre der Pfeil aus dem Wurfspeere hervorgegangen. Wenn
wir aus der Form des Pfeiles einen Schluß auf die ursprüngliche Gestalt
des Bogens ziehen wollen, so müssen wir ihn noch näher kennen lernen.
Welche unter allen Pfeilfonnen Afrikas und Oceaniens nun kann Anspruch
darauf erheben, gleichzeitig mit dem malajonigritischen Bogen aufgewachsen
zu sein? Es giebt gar viele Arten und von ihnen müssen sogleich allo
ausgeschlossen werden, die mit fremden Materialien verbessert sind, mit
Federn am Ende, mit Knochen- oder Steinspitzen. Der dem Material am
ungezwungensten entwachsende Pfeil ist ein Typus, der auf den Am und
Salomonen häutig ist. Es ist (Fig. 213) ein einfacher Schilf stengel, an dem
unten zwei Streifen der Blattfläche als Befiederung g< lassen sind. Diese
ursprüngliche Form mag selten sein. Nachkommen, Folgeformen sind beson-
ders im westafrikanischen Kulturkreise keine Seltenheiten. Schon auf Ugi
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und Biu bei Sanchristoval benutzt man Pfeile, die am
unteren Schafte Palmblattstreifen tragen. Die afrikanische
Form (Fig. 214) zeigt einen aufgeschlitzten Stab, in den ein
dreieckiges Blattstück eingefügt ist. Diese von der Blatt-
flache des Schilfpfeiles abstammende Befiederung ward be-
obachtet bei Akka und Waldvölkern des Ituri , bei den Fan,
am Lomami und am Sankurru.
Dieser malajonigritische Pfeil verrat eine Eigenschaft
des zugehörigen Bogens: Schwache.
Sind wir einerseits von der Schleuder aus dem Bogen
nähor gekommen, andererseits desgleichen von der "Wurf-
lanze aus, so wollen wir nunmehr auch im Bogen selbst
Eigenscliaften aufsuchen, die Kunde von seinem Aufwachsen
geben. Denn gerade in ihnen mufs, wenn überhaupt, etwas
über die Urgeschichte der Waffe zu lesen sein.
Die wichtigsten Eigenschaften des malajonigritischen
Bogens sind (vergl. Kap. 4, S. 78): Herstellung nur aus
Pflanzenstoffen; Befestigung der Sohne mit Knotenschlinge
oder mit geflochtener Schlinge; Holz schwach gebogen,
innen mit einer Rinne resp. Abflachung, an den Enden mit
Knoten. Das Oesetz von der materialgerechten Entstehung
und Entwicklung mufs uns sagen, dafs die Bogenform Fig. 32
und noch mehr Taf. II dem Ursprünge am nächsten liegen.
Denn aus ihnen beiden verstehen wir den wichtigen Satz
von Jobson: Stab und Sehne des Bogens sind aus einem
Holze gemacht. Das kann für Oceanien nur das Material
des Bogens 32 sein, nämlich Bambus. Ein Bambus ist der
Stab, ein Bambussplitter mit den Resten zweier Nodien oder
Knoten ist die Sehne. Und das Gesetz von der material-
gerechten Entstehung, dem Emporwachsen der Geräte aus
der Eigenschaft des Materials sagt nicht nur, dafs die Form
dann dem Ursprünge am nächsten liege, wenn alles aus
gleichem Materiale bestehe, sondern auch, dafs das Ganze,
das Konstruktionswesen, alle Teile aus einein Teile empor-
gewachsen sein müfsten. Was das Gesetz ahnen läfst, be-
stätigt die formale Eigenschaft Die innere Rinne ent-
spricht der Sehne.
Vergegenwärtigen wir uns nunmehr das Verhältnis
des ursprünglichen Bambusbogens zu einer heute noch er-
213. 214.
Fig. 213. Schilf-
pfeil von den
Salomonen.
Fig. 214. Pft il
vom Lomami (im
haltencn Form wie etwa Fig. 32 oder Taf. II, so kann fest- Besitze d.Verf.).
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gestellt werden: es mufs das gleiche Verhältnis sein wie zwischen den
Saiteninstrumenten Fig. 113a und 113b. Dio Bambuslaute der Sakalava ist
noch ein Stück, die der Nikobaren besteht aus zwei Teilen: der Sehne und
dem Schallkörper. Die Ähnlichkeit geht so weit, dafs sich an Fig. 113b
nicht nur die innere Rinne als Abflachung, sondern auch an den beiden
Enden der Saiten Verdickungen resp. Verbreiterungen entsprechend den
Knotenenden an den Sehnen finden.
Wäre also der Bogen auf ein Stack Bambus zurückzuführen, von
dessen äuf serer Wandung ein Streifen als Sehne losgelöst ist, so dafs eine
Rinne entsteht Das wird durch eine sehr wichtige Thatsache bestätigt.
Schmeltz betont, dafs an allen Bambusbogen die Innenseite des Bambus nach
aufsen gekehrt ist. Die Thatsache ist richtig. Unsere Fig. 37 ist eine vereinzelte
Ausnahme. Damit tritt die Verwandtschaft des Musikinstrumentes und des
Bogens schon hervor; noch klarer wird sie uns, wenn wir eine Mitteilung
de Clerqs ins Auge fassen, dafs nämlich die Papua Kasuarklauen und
andere Schallkörperchcn an den Bogen binden, weil das einen ihrem Ohre
angenehmen Laut hervorbringt. Auf das gleiche Motiv und einen sowohl
wesentlichen als konstruktiven Verwandtschaftszug zwischen Bogen und
Bainbuslaute möchte ich auch die Pseudosehnen zurückführen. Die Rotang-
ringe kehren an dem Musikinstrument und am Bogen wieder. Nur ist der
Zweck am Bogen ein anderer geworden, an der Laute aber der gleiche
geblieben. Die Holzknoten etc. am Bogenende, dio die Sehne tragen, sind
auf die Nodialvcrdickungen zurückzuführen. — Das anscheinend Trennende
ist leicht zu verstehen und nicht schwer zu ersetzen. Das Saiteninstrument
ist ein leichtes imd schwaches Spielzeug, der Bogen eine starke Waffe.
Wir sahen oben aus der Eigenschaft der malajonigritischen Pfeile, dafs
auch der ursprüngliche Bambusbogen ein schwaches Produkt gewesen
sein mufs.
Somit sehen wir den Bogen selbst herauswachsen aus dem Bambus
als Verwandten des Saiteninstrumentes. Das Princip der Handhabung der
Waffe lernten wir schon kennen im Spoerschleudera. Zuerst trat der Bogen
uns aber als vervollkommnete Schleuder entgegen, ein Zug, der noch um
ein kleines bedeutender erscheint, wenn der Sitte gedacht wird, dafs die
Oceanier die Schleuder, die Malajonigritier Afrikas eine Resorvesehne um
den Kopf gewunden tragen.
Nach älterem Muster müfste ich nun noch eine Lobpreisung des
eigentlichen Bogenentdeekers anfügen! Aber hat es denn einen solchen
gegeben?
Die eigentliche Erfindung des Wesenszuges des Bogens lehrt jeden
eine tägliche Erfalirung, dafs nilmlich jeder schnellenden Bewegung ein
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Ausholen vorangeht, denn die Kraft der Kontraktion des Muskels wächst
bis zu einem gewissen Grade mit der vorhergehenden Dehnung. Wer einen
Stein schleudern will, holt möglichst weit aus, wer einen Sprung auf der
Stelle ausüben will, geht vorher in die Kniebeuge über. Und das lehrt
nicht nur die Physik und der Stubengelehrte. Das kennt der Naturmensch
aus eigener Erfahrung. Und was ihn beim Speerwerfen der eigeno Körper
lehrt, das weifs er in allerhand Wildfallen und sonstigen Vorrichtungen aus-
zunutzen. Zur näheren Erläuterung und als Beispiel diene die beifolgende
Tafel V, die die Enthauptung eines Opfers darstellt. Der niedergebogene
Ast, der an den Kopf des armen Teufels gebunden ist, schleudert diesen
weit fort, wenn das Richtmesser Haupt und Rumpf getrennt hat. Hier ist
etwas ausgenutzt, was der Waldläufer wohl täglich mit Mißbehagen be-
merkt, dafs nämlich die von vor ihm Gehenden zur Seite gebogenen Zweige
ihm kräftig ins Gosicht peitschen.
Der Bogenschuß aber ist dem Princip des Steinwurfes folgend ent-
standen. Bogenschufs und Schleuderwurf sind durch den Speerwurf ver-
bunden. Der malajonigritische Bogen selbst aber verdankt dem Bambus
sein Dasein.
Was wir bis jetzt erfahren haben über Material und Entstehungs-
geschichte, bezog sich fast alles auf einen Kulturkreis, den westafrikanischen.
Und dennoch dürfen die Ergebnisse als hinreichend bezeichnet werden,
um Schlüsse aus den gewonnenen Erfahrungen zu ziehen. Allerdings kann ich
nicht leugnen, dafs meine Anschauungen andere sind als die althergebrachten.
Aber der Materialschatz, der durchforscht worden ist, giebt mir die Be-
rechtigung, frei nach den neuen Gesichtspunkten zu urteilen.
Ich gebe den bisherigen Weg nunmehr auf und schlage einen neuen
ein. Es ist genug vom Ursprünge und der Entwicklungsgeschichte ge-
sprochen worden; es mag jetzt das Seiende dem Gewordensein gegenüber
in sein Recht treten. Die neue Frage ist: Woraus bestehen die Dinge?
Sie ist weniger eine eigene als eine fortgeführte Form der vorigen:
woraus sind sie entstanden? Das wollen wir im Auge behalten.
Der veränderte Standpunkt bedingt eine andersartige Betrachtung des
Begriffes: Material. Zumal an zusammengesetzten und entwickelteren Formen
der Geräte ist die verschiedene konstruktive Bedeutung bemerkbar. Am
Hauso tritt das am klarsten hervor. Dasselbe hat ein tektonisches Gerüst,
das aus verschiedenen Stützen besteht, und dazu Dach und Wände, das sind
Füllungen. Die natürliche Einteilung der Stoffo eines Hauses Ist daher:
1. Stütz- und Steif Stoffe; 2. Wandungs.stoffe ; 3. Bindestoffe. Stütz- und
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Steif stoffe sind die Balken und Stangen des Gerüstes; Bindestoffe die
Stricke, mit denen sie untereinander befestigt sind; Wandungsstoffe das
Stroh auf dem Dache, die Matten, Lederdecken oder Lehmziegel der Wände.
Es ist noch ein anderer Ausgangspunkt möglich, der für einfachere Geräte
höherer Entwicklung wertvoll ist, die Einteilung in Haupt- oder Leit- und
Hilfsstoffe. Am Speer, der aus der Holzstange entstanden ist, ist der Holz-
stab Leitstoff, die Stein- oder Eisenspitze dagegen der Hilfsstoff.
Es ist ganz selbstverständlich, dafs die ganze physiologische Unter-
suchungsweise mich zum vollständigen Bruch mit der althergebrachten Ein-
teilung in Stein- und Eisenzeit zwingt. Es mufs das betont werden, weil
ja aus der Beziehung der Herstellungs- und Nachbildungsstoffe und des
Wesens der Geräte ja auf die Beziehung der Kidturformen geschlossen
werden soll. Es liegt der Einteilung in Stein-, Bronze- und Eisenzeit
oder auch Holz-, Knochen- und Muschelzeit (nach Bastian für Oceauien)
ein doppelter Irrtum zu Grunde. Von Zeiten ist nämlich einmal gar nicht
die Rede, sondern von Kidturformen. Und zum andern sind Stein, Bronze,
Eisen, Knochen, Muschel viel zu unwesentlich, um gleichsam als „Leit-
fossile tt aufgeführt zu werden. Von einer Eiseukultur kann man vielleicht
und höchstens als von unsrer eignen Kulturform reden, in der eiserne Träger
Stützstoffe, Wellblech und Metall platten Wandungsstoffe, Nägel, Bänder etc.
Bindestoffe sind, in der allerdings eine grofse und an wichtigen Dingen
reiche Reihe von Geraten das Metall als Leit- und Ursprungssl off bietet.
Aber ist es denn überhaupt von Wert, die Kulturformen in dieser
Weise einzuteilen? Und wenn, was ist dann ausschlaggebend? Nun, eine
derartig»? Untersuchung ist sicherlich eine berechtigte, wenn ihre Ergebnisse
ein Licht auf das Verwandtschaftsproblem werfen. Wenu durch die Be-
rührung zweier Kulturen einer dritten das Leben gegeben wird, so tritt
sie reicher ausgestattet in die Welt. Die anschwellende Bereicherung stellt
das etappenmäfsige Anwachsen der Gesamtkultur dar. Dabei ist es wenig
von Belang, ob hier die Speere Eisenspitzen, dort Knochenspitzen tragen.
Das kann ich noch nicht Merkmale der Eisen- oder Knochenkultur nennen.
Das eben angeführte Beispiel unserer Zeit, in der das Eisen eine Umformimg
der ganzen Kultur auf Grund der Ausnutzung der Metalle hervorbringt, mag
nochmals herangezogen wenlen. Erst wir besitzen die Eisen- oder Metall-
kultur und nicht der Afrikaner, der eine Pfeilspitze, das Blatt der Hacke,
ein wenig Schmuck etc. aus Eisen herstellt. Und die Steinkultur wird erst
da lobendig, wo das Haus aus dem Felsen wächst, die Götterstatuo dem
Granit- oder Marmorblock entsprol'st etc., angenommen nämlich, dafs man
überhaupt von der Steinkultur sprechen darf, was ich noch sehr in Frage
setzen möchte.
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Also ist es nicht tief genug und unwesentlich, wenn so nach äufseren,
auffalligen üntersclüeden geurteilt wird Wir werden sogleich sehen, dafs
die afrikanischen Kulturen ganz andere Unterschiede in ihrer stofflichen
Ausgestaltung bieten.
Die Untersuchung mag mit den Hütten beginnen. Im Norden das
Zelt. Die Stangen sind mit Lederriemen verbunden. Lederdeeken oder
Kamelhaardecken stellen die Wandungsstoffe dar. Dieser Hütte kann das
Giebelhaus Afrikas gegenübergestellt werden. H. Frobeuius hat früher ein-
mal gesagt: Die eigenartige Konstruktion des Karten-Matten-Hauses kann
nur im Lande tropischen Pflanzen wuchses, im Lande der Raphiapalme und
Banane entstanden sein. Es ist das vielleicht zu modificieren. Im wesent-
lichen trifft der Satz das Richtige. Das gerüstlose Matten- oder besser Tafel-
haus besteht aus Rahmen (Steifstoffe!), die mit Flochtwerk gefüllt (Wandungs-
stoffe !) und untereinander vermittelst Rotang oder gedrehten Fäden (Binde-
stoffe!) verbunden sind. In Oceanien bietet der Bambus die Steifstoffe,
Schilf und Blattwerk das Wandungsmaterial. Finseh sagt vom melanesischen
Hause: Sparrenwerk, Dach, überhaupt alle Teile des Hauses sind mittels
gespaltenen Bambus, Rotang, Bast oder Lianen verbunden oder befestigt.
Aus Bambus wird auch oftmals das Gerüst der entwickelteren Haustypen
zusammengefügt Vielleicht tritt aber das Holz in gleicher Bedeutung da-
neben, da die Barla aus Holz entstanden sein dürfte. Drittens ist der
Lehmbau der Afrikaner zu erwähnen. Zunächst Bindestoff (Verdichtung
der Wandmaschen) und Wandungsmaterial (Ausfüllung des Gerüstes), wird
der Lehm zuletzt sogar Steif- und Stützstoff.
Derart aufgelost , tritt eine Dreiteilung der angewandten Stoffe hervor:
Pflanzenstoffe, Tierstoffe und Erdstoffe. Wir werden diese Gruppierung im
Auge zu behalten haben, wenn wir sie auch nicht immer betonen.
Die Trachten der Afrikaner bilden ein buntes Bild der Verbreitung;
sie ist aber nicht gesetzlos. Sehurtz hat das zuerst erkannt und in treff-
licher Weise den Zusammenhang des Trachtenmaterials und des Klimas
gezeigt. Die Kleidung der Naturvölker stellt zunächst Wandungsstoffe dar,
wobei der Körper als Stiltzstoff dient. Das gilt im speciellen von dem
Lendenschur/.. Wie die Karte (Kartenblatt 1, Nr. VI) lehrt, herrscht im
Norden, Osten und Süden die Fell- und Ledcrtraeht. Ein weiter Ring
umgiebt den westafrikanisehen Kulturkreis. Hier sind die Rindenstoffe, die
durch Klopfen der Baumrinde erzeugten Schurze und Gewänder heimisch.
Im westlichen Ablagerungsgebiet sind die Pa Im fasers toffe gebräueldich.
Diese sind gewebt. Die Baiuuwollgcwänder dringen von Norden und Nord-
osten vor. Das Baum woll gebiet des Südens darf als sehr jung bezeichnet
werden. lassen wir es aufser acht. Vor allem stehen sieh Pflanzen stoffe
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und Lederstoffe gegenüber. Nicht nur in der Gewandung, sondern auch
im Schmuck. Geflochtene Ringe aus Stroh und Rotang zieren Arme und
Beine. Das erinnert an ozeanische Thatsachen, besonders wenn diese Flecht-
werke mit Muscheln verziert sind. Den Kopf schmückt ein geflochtener
Cylinder ohne Deckel und Rand. Solche „Hüte" der Sande und Kongo-
völker gemahnen an gleichen Hauptschmuck bei den Malajonigritiern Oceaniens
(Papua Neuguineas und Ncukaledoniens). Dagegen verwenden die Nord-,
Ost- und Südafrikaner zumal Lederringe als Arm- und Beinzierde, Leder-
kappen, Mützen aus Tier-
faser mit Straufsenfedern
etc. als Kopfschmuck.
Das Vorrücken der Eisen-
industrie wird markiert
durch Londenschurze aus
Eisenperlen, Eisenringe
an allen Gliedern, zumal
im Nilgebiet und im
Norden Ostafrikas.
Aber nicht nur mit
dem Klima, sondern auch
mit der Nahrung steht
die Tracht in Beziehung.
Denn die viehzüehtenden
Völker sind vor allem
die Fellträger. Auch sind
es die, bei denen das
Ernährung bildet. Amiers in Westafrika,
Fig. 215.
Armband aus Geflecht mit Muschel - und Perlenschmuck,
stark mit roter Farbe eingerieben ; vom Sankurru.
(Leipziger Museum, Slg. Kongostaat. )
Fleisch die natürliche Basis dt
wo es die Mahlzeiten der Feiertage ausmacht.
Zu den Waffen ütargehend, reiht sich der Tracht am ungezwungensten
der Panzer an. Die Nordafrikaner haben neben den vom Standpunkte der
Materialforschung wenig bedeutungsvollen Wattenpanzern Hemden aus Eisen-
ringen. Auf dein Haupte prangt der Stahlhelm, am Schilde Eisenbuckel
«ind Metallbeschläge. Daneben treten die Lederkoller auf. Ein bestimmter
Typus hat sich im südlichen Sudan entwickelt. Die Lederpanzer sind, wie
im 3. Kapitel dargestellt, einem Streifen im Norden des Ke-ngogohietes eigen.
An sie leihen sieh im Süden die geflochtenen Harnische an. Panzer aus
dickem Strohgoflecht und eine entsprechende Kopfbedeckung aus demselben
Material lernte Nachtigal l»ei den südlichen Stämmen Baghirmis kennen.
Die Bangala benutzen eine dem Lederpanzer in der Form gleichende Leib-
binde en über vcggtal chef d'ceuvre de tissage als Panzer. Als Schutzwaffe
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der Stämme am oberen Ituri dienen neben den Lederpanzern häufig trapez-
förmige, aus Rohr geflochtene Platten von etwa 40 cm Länge, die auf dem
Bücken an einer um den Hals laufenden Schnur liängen und durch einen
dicken Rand und kreuzweise über sie weglaufende Stäbe die nötige Festig-
keit erhalten, als Schutzwaffen. Diese pflanzlichen Panzer und Rückenschilde
sind Analogieen zu gleichen Thatsachen der Südsee (vergl. z. B. Finsch:
„Samoafahrten tt Abbildung S. 37) sowohl in Mela-, als Mikro- imd
Polynesien.
Wo die Westafrikaner Köcher benutzen, sind dieselben aus Flecht-
werk oder Bambus, oder auch aus Rinde verfertigt. Diejenigen aus Flecht-
werk sind bald korb- bald sackartig. Neben wenigen Köchern aus Bambus
und Holz benutzen die Ost- und Nordafrikaner solche aus Leder. Köcher
der Ovambo und Herero sind aus Rinde hergestellt, aber mit Leder über-
zogen. Die schönsten Pfeilgefäfse finden sich aber im Sudan. Sie bestehen
durchgehends aus sehr feinem Leder, sind mit Quasten und einem Deckel,
sowie mit einem breiten Gehänge versehen, kurz, gleichen den asiatischen
Vettern wie ein Ei dem andern. Asiatisch ist auch die Tasche, in der der
Bogen getragen wird, der Bogenköcher. Die Analogieen zu dem west-
afrikanischen Köcher aus Pflanzenstoffen sind in Oceanien aufzusuchen.
Die Schilde der Nordafrikaner bestehen aus Leder, die der Ostvölker
aus Leder und Fell und die Südafrikas aus Fell. Kein besseres Beispiel
giebt es für die Beobachtung, wie tlie Bearbeitung der tierischen Stoffe
dem Norden zu an Feinheit zunimmt. Leitet das Leder nach Asien, so
bietet der PflanzenstofT in Westafrika wiederum eine reiche Auswahl malajo-
nigritischer Tliatsaehen. Es giebt im westlichen Kiüturkreise fein geflochtene
und roh gearbeitete Rolir- und Weidenschilde. Zuweilen dient Holz oder ein
lcichtei-es Material wie der Ambatsch als Unterlage. Das Holz selbst aber
giebt dem primitiven Stockschild das Leben, dessen Wesen zuweilen noch
aus dem malajonigritischen Korbsclüld nachklingen mag, dessen höchste
Entwicklung aber nur von verdrängten Völkern noch erhalten ist, wie in
toten Winkeln Afrikas und in Australien. Es ist eine alte Waffe; sie ist
nigritisch.
Afrika birgt zwei Bogenformcn. Die nördliche jst durch tierische
Stoffe ausgezeichnet. Die Sehne ist eine Tiersehne oder ein Lederstreifen.
Der Bogenstab ist mit Leder umwickelt oder mit Fell geziert. Von Norden
nach Süden blickend, entdecken wir stufenweise Abflachimg. In Südafrika
tritt sie am klarsten hervor. Und doch zeigt sogar der Bogen der Ovambo
und Nachbarn neben der tierischen Sehne ein Zeichen asiatischer Verwandt-
schaft: die äufsere Abflachung. Der malajonigritische Bogen der West-
afrikauer ist dagen aus dem Pflanzenstoffe hervorgegangen , in diesem Materiale
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auch nur wahrhaft lebensfähig. Nur, wo die asiatische Kultur einflufsreicher
eingreift, wie vom Norden zum Kongo, da ist auch Fellschmuck bemerkbar.
Sonst ist der Bogenstab aus Holz oder Bambus , die Seime aus Rotang oder
Faserschnur, der Endknoten der Sehneneinhängung aus Stroh, Rotang oder
Holz und der Ringschrauck wiederum aus Rotang gefertigt Das Eisen
wird im Norden insofern bemerkenswerter, als der Dinkabogen mit Eisen-
bändern umwickelt ist. — Die Schleuder besteht im Westen aus Pflanzen-
faser (Stricke!), im Norden aus Leder.
Der Pfeil Nordafrikas besteht aus Rohr oder Holz. Wo Befiederung
vorkommt, sind Federn verwendet. Sie sind mit Sehnen befestigt; mit
Sehnen sind auch oft die Eiseuspitzen angebracht. Die Rohr- oder Holz-
pfeile mit Blattstreifen als Befiederung, mit eingelassenen Holzspitzen und
Rotang oder sonstiger Pflanzenfaser als Bofestigungsmatcrial sind zumal
westafrikanisch und Zeichen malajonigritischer Verwandtschaft. An der Süd-
grenze nördlichen Einflusses, am Rande des westafrikanischen Kulturkreises
findet sich die eigenartige Lederbefiederung. — Die Speere Westafrikas
sind häufig mit Rotang, die Ostafrikas mit Tiersehnen, die der nördlichen
Gegenden mit Eisendraht umwickelt. Ganz aus Eisen bestehendo Speere
mit Fellschmuck gehören dem Süden an. Dom Norden zu tritt Leder an
die Stelle des Felles.
An Schlag- und Schneidewaffen besitzt Nordafrika vorzüglich Eisen-
gerät: Schwert, Stilett, Dolch, Wurfeisen. Auch die Keulen sind hier mit
Eisen beschwert. Dem Süden zu werden diese Waffen schwächer, besonders
im Osten und Süden. Das einfache Speereisenmesser ist eine jämmerliche
Waffe. Die Streitbeile mit Eisenklingen sind ihnen bedeutend überlegen. —
Westafrika ist verhältnismäfsig reich an wunderlichen au Malajonigritisches
in Oceanien erinnernden Holzwaffen. In Eisen umgebildet, sind eigenartige,
formreiche Gebilde entstanden. Das Bambusmesser und der geschliffene
Holzsplitter, die bei der Beschneidung Yenvendung finden, sind nicht zu
vergessen. — Primitive Holzwaflen sind über Nord-, Ost- und Südafrika
verstreut. Holzkeule, Schlagstock, Wurfstock, Wurfkeulo sind nigritisch.
Die höchstentwickelte unter ihnen, das Wurfholz, führt in abgelegenen
Gegenden ein kümmerliches Dasein. — An die Lederbefiederung an der
Grenze des Nil- und Kongobeckens erinnert eine Bemerkung Masuis: Luxus-
waffen der Sango am oberen Ubangi bestellen aus Leder.
Unter den Geräten Westafrikas tritt die Matte hervor. Sie nimmt
sogar die Bedeutung des Geldes an wie in Melanesien. Dagegen gewinnt
im Norden die Lederdecke einen breiteren Raum im Haushalte. Den
Körben, Rindenschachteln, Kalabassen, Tragkörben, Tragnetzen, Bambus-
büchsen Westafrikas entspricht der Ledersack und die Ilornbüchse Nord-,
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Ost- und Südafrikas. Dazu tritt im Norden hier und da der Eisentopf. Der
Fächer Westafrikas besteht wie der Oceaniens aus Geflecht, der Nordafrikas
aus Leder. Der Blasebalg ist nur im westafrikanischen Kulturkreise mit
einem Stoff aus geklopfter Bananenfaser als Trichter versehen (Stuhlmann
und Schweinfurth). Sonst ist es ein Ledersack oder Fellmantel. Unter
den Rauchgeräten fallen im Interesse der Materialforschung drei Thatsachen
auf: Pfeifen aus Holz und Bananenrippen im Westen, Pfeifen aus Leder,
allerdings mit Thonkopf, im Süden des Sudan und Pfeifen aus Eisen und
Messing ebenda. Dem im Süden erlialtenen einfachen nigritischen Grabstock
entspricht der Pflug im Norden, die Eisenhacke als Bindeglied in der
Verbreitung.
Die Trommeln zeigen eine reiche Entwicklung, dabei aufserordentlich
bezeichnende Merkmale. Fein bearbeitete Haut über der Standtrommel aus
Thon im Norden, im Süden Entstehimg der Felltrommel aus der primitiven
Fellbearbeitung. In der Mitte eine grofse Fülle von Bindegliedern. Den
Entwicklungsgang der Eisenindustrie deutet die Kesselpauke der Nord-
afrikaner und eine vereinzelte eiserne Trommel bei den Nilstämmen an.
Die Bambustrommel gab den westafrikanischen Holzpauken das Leben. Das
ist ein malajonigritisches „Leitfossil". Bis zur primitiven, nigritischen
Kulturform leitet der Klangstab zurück, der unter den Händen der Malajo-
nigritier zu kompliciorten Instrumenten geführt hat, wie z. B. die Mariniba
der Westafrikaner. — Der Holztroramel gliedern sich Rasseln aus Frucht-
schalen, Holzglocken und geflochtene Klappern an, der Kesselpauke Eisen-
glocken und Schellen.
Zum Schlufs die Saiteninstrumente. Die eine Gruppo wächst aus
dem Bambus hervor, das ist zumal die Bambuslaute. Sie wird im west-
afrikanischen Kulturbesitzo zum Ausgangspunkt einer reichen Entwicklung.
Aber schon am Orte der Entstehung ist sie mehrfach umgebildet. Und die
Umbildungen sind zum Teil als vollendete Thatsachen nach Afrika gekommen.
Was die ganze Gruppe der malajonigritischen Saiteninstrumente Westafrikas
auszeichnet, sind etwa folgende Merkmale: Saiten aus Pflanzenfasern
(Rotang, Grashalme, Bambusstreifen, Wurzelfasern etc.), statt des Wirbels
Spannungsverfahren vermittelst der meist aus Rotang hergestellten Spann-
schleifen, ein oder mehrere Stege, Schallkasten aus Holz, Bambus etc.
oder Kürbisschale. Also Vorwalten und fast durchgehends Alleinherrscheu
pflanzlicher Bestandteile. Aus dem Norden kommen vor allem die Geige
und Guitarre. Deren Merkmale sind: Saiten aus Tierfascr (Sehnen oder
Haare), Fehlen des Steges, Spannimg iler Saiten vermittelst Wirbel, Be-
deckung des Sehallkastens mit Haut, Leder oder Fell. An der Grenze der
nordafrikanisch -asiatischen und westafrikanisch -malajonigritischen Kultur-
Frobi'nius, Afrikanischo Kulturen. 19
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kreise sind mehrere Mischungen hervorgetreten, deren W dem
Material spricht. Abflachung ist wieder für den Süden bemerkenswert. —
Für die Geschichte der Eisenindustrie wichtig ist der Schmuck der Saiten-
instrumente mit Blechplattchen und Eisenringen, die beim Schlagen der
Saiten mitklingen. Das wurde im Sudan und einem Streifen, der ihn
umgiebt, boobachtet
Was ist nun das Charakteristische des sich derart entrollenden
Panoramas?
Ich meine, aus dieser Materialsondierung leuchteten bestimmte und
klare Züge der Lebensformen unserer Kulturen. Um die Übersichtlichkeit
noch zu fördern, ward das Resultat auf der nebenstehenden Tabelle II
zusammengefaßt Wir fahndeten oben nach Leitfossilen, Eigenschaften von
Stoffen, die der ganzen Kulturform ihren Stempel aufdrücken. Aus der
Aufstellung spricht der grofse und schwerwiegende Satz: Hie Pflanzen-
faser! Hie Tierfaser! Gowifs ist ein Unterschied zwischen den beiden
Gruppen der Kulturformen in Afrika festzustellen, zwischen den Kulturen
der Pflanzenfaser und denen der Tierfaser. Es ist der schon oben betonte,
dafs einerseits die Pflanzenkultur als ein vollendetes, abgeschlossenes Ent-
wicklungswesen, die Lederkulturen dagegen als Werdende in Afrika auf-
traten. Die westafrikanisehen Kulturschatze zeigen völliges Beherrschen
des Stoffes, vielleicht Degeneration hier und höchste Ausbildung da, aber
die Unterschiede stellen nur Schwankungen über oder unter das Niveau
einer ausgereiften Kulturform dar. Dagegen wird die Lederkultur von
Norden nach Süden schwächer. Im Norden die Gerbstoffe, aufserordentlicli
feine Lederbearbeitung, bunte Leder. Im Süden dieses Kreises ein
Schwemmgürtel , der durch die Verbreitung von Dingen markiert ist, die
wie ein Jubeln über die neue Erwerbung des Materiales und seiner Fähig-
keiten klingt: die Lederwaffen, die lederne Tabakspfeife, die Lederbefiede-
rung an den Pfeilen. Der übermäisig massive Lederpanzer mag dazu ge-
rechnet worden. Die Südgrenze diese« Randgebietes liegt am Kongo. Und
im Süden die rohe Fellverarbeitung. Wie bezeichnend ist hier das rohe
Aufwachsen der Felltronimel aus der Fellindustrie.
Was ist leichter verständlich als der UntersVhied der zwei Kultur-
formen Süd- und Xordafrikas! Er liegt in dein Worte: Fell und Leder.
Mit einem Follstreifen schmückt auch der Australier den Stockschild, aus
Leder ist nur der des N< »rdafrikaners. Das trägt zur Aufklärung viel bei.
Denn die Analogie erinnert daran, dafs eino gleiche Beziehung zwischen
Fell und Leder und zwischen Jagd und Viehzucht besteht. Und in der
That bietet diese Parallele einen weiteren Ausblick. Von Norden, von Asien
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Lbersieht der Verwendung der verschiedenen Stoffe. [Tab. it.]
Materiale
zu:
1. Aus dem Pflanzenreich
2. Aus dem Tierreich
3. Aus dem Erdreich
"Wohnung
und Tracht:
Mattenhütte. Kugelhütte.
Riadenston", Palmfaserstoff,
Bastgehänge, Schmuck aus
Rotaug, Stroh, Rinde.
Lederzelt.
Felltracht und Lederstreifen-
schmuck.
Lehm - und Steinbau.
Rahat und Schmuck
aus Eisenperlen.
Waffen:
Kürafs aus Rotanggeflecht.
Schilde aus Holz und Rohr.
Rückenschild aus Rotang.
Köcher aus Bambus, Rotang,
Rinde, Holz.
r Bambus bogen" aus Holz
oder Bambus mit Pflanzen-
fasersehne, Rotangschmuck,
Rotang- oder Holzknoten.
Pfeil aus Rohr oder Holz mit
Blatt befiederung (Schilf-
pfeil), Holzspitze. Um-
wicklung mit Bast oder
Rotang. — Speer ebenso
umwickelt.
Wurfholz, Wurfstab, Wurf-
keule, Keule, Wurfbrett,
Bambusmesser, Schleuder
aus Rotanggeflecht
Kürafs aus Leder oder Fell.
Schilde aus Leder und Fell.
Köcher aus Leder.
„Lederbogon" mit Leder-
sehne, Lederumwioklung,
Lederringschmuck. Leder-
köcher für den Bogen.
Am Pfeil : «Lederbefiederung*
oder Federn. Befestigung
der Spitze mit Lederriemen,
Sehnen otc. Spitze aus
Knochen oder Horn. —
Speer mit Leder umwickelt.
Schleuder aus Lederriemen.
Luxuswaffen aus Leder.
Eisenhelm , Ketten-
panzer, am Schild
Eisenkuppel.
Elsenumwicklung des
Bogens.
Am Pfeil und Speer
Stein- oder Eisen-
spitze.
Messerklingen ete. aus
Stein und Eisen.
Schleudereteine.
Wurfeisen, Schwert
Geräten:
Matten. — Mattengeld.
Trngkorb, Netzsack, Baum-
riudengefiüse, Holz-, Kür-
bis-, Bambusgefäfse. Ro-
tangkörbe etc.
Fächer aus Flechtwerk. —
Am Blasebalg Trichter aus
Bananen faser. — Pfeifen
aus Holz und Bambus oder
Bauanenrippon.
Feuerboliror, Feuerschleifer,
Feuersage.
Grabstock.
Lederdecke, Decken aus
Kamolsbaaren.
Ledersack, Büchsen aus
Horn.
Fächer aus Leder. — Am
Blasebalg der Trichter aus
Ledor. — Pfeifen aus
Leder.
— Eisengeld.
Topf aus Thon.
— Pfeifen aus Eisen
und Thon.
Stahl und Stein.
Pflug und Hacke.
Musikinstru-
menten:
Saiteninstrumente aus Bam-
bus und Holz mit Saiten
1 All 4 T^tfl Hfl 7f*t\f A£f>r ICiirKiH
nun i iidiiAcuittnii . xvui uia
als Resonanzboden. Ro-
tangspannung.
Trommeln aus Bambus, Holz.
Klangstab. Marimba. Ro-
tangspannung.
Klappern a.Geflec:.t, Friu.Lt-
schalent'tc. Blasinstrumente
1 aus Früchten, Flöten etc.
Saiteninstrumente mit Leder-
resonanzboden, Darm-,
II aal eil. ocuicll.
Felldecko. Trommel mit
Hautbcspannung mit Lo-
derriemen.
Blasinstrumente aus Horn
und Elfenbein.
Klappern und Glocken
aus Eisen.
•
19*
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zog die Rindviehzucht nach Afrika, Das Rind drang bis zum Südkap vor,
die Lederindustrie aber nur mit wenigen Vorläufern bis über den mittleren
Osten. Aber wenn der schwere Trofs der asiatischen Kultur, die Leder-
kultur, auch nicht weiter als über die Nord- und Verbindungsachse vor-
drang, der Osten und Süden Afrikas steht doch schon unter seinem Einflufs.
Der Bogen und viele kleinere Beispiele zeigen das.
In diesem Bande ist die anatomische Beschaffenheit des asiatischen
Kulturbezirkes in Afrika untersucht, aber seine Entwicklungsgeschichte nicht
bis zum Ursprünge verfolgt. Das bleibt vorbehalten. Aber wir ahnen, dafs
eine sehr beträchtliche Menge der Besitztümer auf die Eigenschaft des Materials
zurückzuführen ist.
Als Holzkultur mag die malajonigritische und auch die nigri tische
benannt werden. Beide sind charakterisiert durch das fast völlige Felden
der tierischen Stoffe. Aber sind diese Kulturen schlechtweg als einheitlich
zu bezeichnen? Durchaus nicht! Die malajonigritische Kultur ist aufser-
ordentlich viel reicher. Und der Fortschritt von der nigritischen zur malajo-
nigritischen Kultur ist nicht nur eine Bereicherung im Sinne der Aus-
gestaltung, sondern auch eine Vermehrung. Die malajonigritische Kultur
übernimmt von der nigritischen das Holz als Stütz- und Steifstoff, aber
sie fügt den Bambus oder, in Afrika, den Wedel der Raphia vinifera hinzu.
Aber die Raphia bietet nur den Ersatz für den Bambus. Weder der Bogen
noch die Bambus -Holzpauke hätten aus ihr hervorgehen können. Wir haben
ja gesehen, welch grofse Anzahl von Geräten dem Wesen des Bambus ihr
Dasein verdankt: Feuersäge, Bambuslaute, Bambustrommel, Bambusflöte,
Blasrohr, Wurfbrett, Bogen etc. etc. Gerade diese Geräte sind in Afrika
ersetzt oder verloren. Denn die jiaar Bambusstauden, die in Afrika wachsen,
vermögen nicht eine Kulturform von so ausgeprägtem Charakter zu erhalten,
geschweige denn sie hervorzubringen. Diese malajonigritische Kultur mufs
in einem Lande aufgewachsen sein, das den Bambus überall bietet. Aber
wir verstehen, wie sich dio malajonigritische Kultur gerade in Westafrika
hat erhalten können, nicht aber im Osten. Denn die Vinifera fehlt im
Osten. Obendrein ist die Ostseite Afrikas eine Strafse, auf der dio Kultur
von Norden nach Süden pilgert.
Der Baum liefert aber auch anderes Material als den Stock und das
Blatt, nämlich die Rinde. Der Nigritior wufste auch sie auszunützen und
in Australien ist die Hütte mit ihr gedeckt, das Boot und Schachteln aus
ihr hergestellt und die Körper mit Rinderistreifen geschmückt. Das alles
wiedeiholt sich in Afrika. Hütten der Tupende sind mit Rindenplatten
benäht. Den Namen des Flusses Tsckikapa wellte Livingstone darauf zurück-
führen, dafs die Boote auf ihm Rindenkähne sind. Schachteln aus Rinde
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werden am Yiktoria besonders, aber auch in Baghirrai und Westafrika her-
gestellt. Auch der Rindenringschmuck fehlt im Westen nicht. Doch das
nur zur näheren Erläuterung der nigritischen Kultur.
Wie sehr neben diesen beiden ausschlaggebenden Stoffen, den Pflanzen -
und Tierstoffen, die des Erdreiches: Stein und Eisen, zurücktreten, mag
aus der vorstehenden Tabelle IT hervorgehen. Es sind nirgends und in nichts
Hauptstoffe, es sind durchweg Hilfsstoffe. Wichtig ist dabei doch, dals das
Eisen vom Norden nach Süden zu an Bedeutung abnimmt.
Also Holz- und Lederkultur, wobei die erstere in Afrika alt aus-
gebaut, die andere in kräftiger Entwicklung begriffen ist» Und ein feinerer
Unterschied dazu , zwischen nigritischcr und malajonigritischer Kultur Fehlen
oder hohe Bedeutung des Bambus. Ich glaube nichts mehr hinzufügen zu
müssen als ein Schlufswort über den Weg, auf dem die malajonigri tische
Kultur in Afrika gewandert ist. Sie mufste im Osten aus den zwei Gründen
des Mangels an Material und der Übermacht jüngerer Kulturströmungen
weichen. Aber wenn sie Belbst auch hier unterging, so hat 6ie doch neben
mehreren Merksteinen an der Küste ein Zeichen in der Mythologie hinter-
lassen. Ich meine die Rohrursprungsmythe , deren kosmogonischer Sinn
uns hier wenig interessieren kann. Aber die Mitteilung über den Ursprung
der Menschen birgt in der äufseren Form eine Andeutung über den Ursprung
der Kultur, für die der Bambus und das Rohr von so hoher Bedeutung
sind. In diesem Sinne also ist die folgende Reihe von Mythen uns
wertvoll.
Die Rohrursprungsmytke.
1. Indonesien. Nach der Anschauung der Tagalen auf den Phi-
lippinen entstand die Menschheit aus einem grofsen Rohr mit zwei Gelenken,
welches auf den Wassern umhertrieb, bis es endlich, von den Wellen ans
Ufer just vor die Fülse des Hühnergeiers geworfen wurde, der gerade am
Strande stand und das Rohr mit dem Schnabel aufpickte. Da kam aus
dem einen Gelenk der erste Mann, aus dem anderen die erste Frau. —
Auf Cclebes wird Bata Guru von seinem Vater Pitutu in ein hohles Bambus-
rolir geschlossen und zur Erde hinabgelassen. Auf derselben angelangt,
bricht er die Hülle und geht als erster Mensch hervor.
2. Mikronesieu. Vier Männer aus Ngargeukel, eiuem Dorfe auf der
Insel Piülu (Palau- Gruppe), entschlossen sich einstmals, der Sonne einen
Besuch abzustatten. Das Haus der Sonne befindet sich im Westen unter
der See, da wo ein Dengesbaum am Gestade dichte Wälder bildet. Die
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vier Männer ruderten also hinter der Sonne her und erreichten besagten
Baum gerade, als sie untergehen wollte. Als die Sonne von ihrem Vor-
haben hörte, hiefs sie die Leute, die Kanoes treiben zu lassen und ihr
rasch zu folgen. Das thaten sie und fanden sich bald in einem neuen
Lande in einem guten Hause, wo sie von der Sonne trefflich bewirtet
wurden. Die dargebrachten Speisen waren winzig klein bemessen, nahmen
aber trotz des häufigen Zulangens nicht ab. Als die Männer nun heim-
kehren wollten, waren ihre Kähne fortgetrieben. Da schlofs sie die Sonne
in ein dickes Bambusrohr, welches in Palau noch unbekannt war. In dem-
selben trieben sie an das Ufer ihrer Heimat. Darauf wurden die vier zu
den ersten Häuptlingen erhoben.
3. Polynesien. Als nach samoanischer und tonganischer Mythe
die Erde geschaffen war, sprofste die heilige Schlingpflanze (die Fue) auf
und diese brachte die Würmer hervor, aus denen Kiji-Kiji (Maui-Kiji-
Kiji) als Vogel die ersten Menschen herauspickte. Auch wird gesagt,
Tangaloa der Schöpfer habe Tangaloa den Boten oder auch Turi, den
Vogelgott, herabgesandt, damit dieser die Fue -Schlingpflanze, die Stamm-
mutter der Menschheit, herabbringe. — Als Wakea und Papa auf den
Köpfchen des Seegrases zeugten, entstand das Land. Das erinnert an
eine indonesische Version: Das Mädchen, das nach battakischer Mythe am
selbstgesponnenen Faden vom Himmel herabklomm, fand unten nichts als
Wasser und kein trockenes Land, auf das es den Fufs hätte setzen können,
bis es endlich nach langem Suchen eine Blume fand, die aus den Gewässern
emporragte und in deren Kelch es sich niederliefs. — Pflanzenstengel,
Seegras, Schlammwasser sind die Vertreter des Rohres in Polynesien. Der
Sohn Wakeas und Papas, der diesen folgte, hiefs Halva, d. h. Pflanzen-
stengel. Der erste Mensch entsteht aus dem Schlammwasser genannten
Alii-Baum, oder — wie auf Rapa-nui — aus anderen Pflanzen. — Wie
im solaren Bata-Guru- Mythos Indonesiens, felüt auch in der solaren
Maiu-Mytho Neuseelands der Zug nicht: Dio Mutter warf den Maui nach
seiner Geburt in das Meer; „Seegras umschlang den Kleinen."
4. Melanesien. Nach einer Sage auf den Inseln der Torresstrafse
ging eine Frau in den Garton zur Arbeit. Sie hing ihr Kind, ein Baby
Namens Upi, in einem Korbe in dem Thürrahmen auf. Der Korb ward
von dem Südostwinde ergriffen und herabgeworfen. Die heimkehrende Frau
fand ihr Kind nicht mehr und fing an zu weinen. Inzwischen war ein
Mann mit seinem Weibe vorbeigekommen. Die hatten den Korb mitgenommen.
Sie waren kinderlos und beschlossen , das Kind an Stelle eines eigenen an-
zunehmen. Sie legten Upi im Busche nieder und erzählten den Männern
des Dorfes, dafs sie ein Kind gefunden hätten und der Mann holte es, um
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es zu zeigen. Zwei berühmte Krieger, Manalboa und Sasalkadzi, sagten:
„Gut, wir sehen, Ihr nehmt es. tt Später sagten sie: „Wir gehen spielen."
Sie steckten zwei Pfähle etwa einen Fufs voneinander in den Boden.
Darauf erklärten sie dem Adoptivvater, sie wollten den Knaben jetzt Speeren.
Der Vater weigerte sich im Anfange. Da erwiderten die Männer, wenn
sie den Knaben nicht erhielten, würden sie mit ihm selbst fechten. So
ward der Mann gezwungen, den Knaben aufzugeben. Er und seine Frau
baten jedoch, nur auf Arme und Beine, nicht auf den Rumpf und die Augen
zu zielen. Die Männer befestigten Upi an die Pfähle. Nachdem sie ihn
mit Speeren beworfen hatten, begaben sie sich in den Busch zum Mahle.
Am Abend übten sie sich wieder im Speerwerfen auf den unglücklichen
üpi. Der Knabe blieb den ganzen Tag und während der Nacht an den
Pfählen festgebunden. Er gedieh jedoch trotz dieser Behandlung trefflich
und wuchs wunderbar schnell. Am nächsten Tage gingen die Männer in
den Busch und ergriffen bei ihrer Rückkehr am Nachmittage die Wurfspiefse
und Wurfbretter und unterhielten sich abermals, indem sie Upi als Ziel-
scheibe benutzten. Die Pflegeeltern baten die Männer, nicht lange, sondern
kurze Speere zu benutzen. Der Knabe schrie. In der Nacht nahmen der
Mann und die Frau Upi fort, um ihn zu waschen und zu füttern. Darauf
banden sie ihn wieder fest. Am nächsten Morgen spielten die Männer
abermals und warfen ihre Speere auf Upi. Zur Mittagszeit gingen sie in
den Busch, aber am Abend warfen sie wieder die Speere auf den Knaben.
Nachher kam der Pflegevater, um einen Blick auf den Jungen zu werfen,
der zu. dieser Zeit zu einem starken Knaben aufgewachsen war und ihn
bat, wenn er schlafen ginge, die Stricke zu entfernen. Der Mann that
also und als alle Leute schliefen, lief er von dannen. Als Upi so durch
die Büsche lief, kam er an einem kleinen Hause vorbei und entdeckte beim
Eintreten in demselben zwei Leichname. Er ergriff deren Schädel, wusch
sie und steckte Büsche daran. Er legte sie zusammen und sprach zu ihnen :
„Alle Männer Speeren mich; gebt Ihr zwei mir guten Weg!" Sie rieten
ihm, in einer bestimmten Richtung zu wandern, wo er eine bestimmte Art
Bambus, den „upi u (!), finden würde. Er ging dahin und trat mit den
Füfsen die Unterenden des Bambus nieder, so dafs er splitterte und ging
in den Bambus „and by-and-bye upi sory for you.« Upi replied: »all right,
you two finish telling me? I go now — « 'him, he go'. u Alles geschah,
wie es die Schädel vorhergesagt hatten und nachdem Upi in den Bambus ge-
krochen war, kam er wieder heraus und machte dicht dabei ein Feuer. Die
Männer des Dorfes blickten am nächsten Tage umher, fanden aber Upi nicht
Sie warfen den Pflegeeltern vor, dafs sie den Knaben entfernt hätten. Sie
aber beteuerten, er sei selbständig entwichen. Die Männer ergriffen darauf
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ihre Bogen und Pfeile und machten sich auf, im Busche nach Upi zu suchen.
Sie fanden seine Spuren , denn er hatte auf dem Wege zu dem kleineu Häus-
chen viel Blut verloren. Sie sahen in die Hütte hinein und sahen, dafs
Upi die Schädel zur Divination benutzt hatte. Sie nahmen die Spuren
wieder auf und fanden endlich Cpis Aufenthaltsort. Manalboa und Sasal-
kadzi sagten zu Upi: „Du siehst uns, wir wollen Dich jetzt töten. 44
„Gut 44 , erwiderte der Knabe, „Ihr zwei tötet mich. u Alle Mänuer kamen
herbei. Upi Struck the bamboo, went inside, and it closed up. The cane
then jumped about, and its bares »foughU all the meri and killed them;
no man went home. Der Knabe Upi verhielt sich driunen vollständig passiv.
Der Bambus upi vollbrachte alles. Als die feindlichen Männer getötet
waren, ordnete der Bambus den Platz; das Blut ward gesammelt, die
Köpfe abgeschnitten etc. Als der Rest der Männer von dem Dorfe kam.
geschah ihnen das Gleiche; abermals blieb Upi im Rohre, der Bambus
focht, die Männer, dazu die Doigai (kleine, mißgestaltete Kobolde) wurden
erschlagen etc. Upi holte sich darauf von den Schädeln weiteren Rat,
Sie meinten, er solle allen Bambus abschneiden etc. Er suchte seine
Mutter auf. Die Weiber der getöteten Männer verteilte er unter die Männer
seines Stammes. Die jungen behielt er für sich. — In den Sonnenmythen
der westlichen Melanesier kehren Züge der Rohrursprungsmythe häufig
wieder. Durch ein Schilfrohr bläst Quat den in einer Kiste ruhenden
Gliedern der Brüder wieder neues Leben ein. In den Hauspfosten des
feindlichen Quasavarra (Nacht !) verbringen die solaren Quatbrüder die Nächte.
In der Morgenstunde entsteigen sie ihnen.
5. Australien. Die Australier berichten, der erste Mensch sei
aus dem Knoten eines Baumastes hervorgegangen.
G. Afrika. Die Ovaherero erzählen über den Ursprung der Menschen:
Mukuru haute die Mensehen aus dem Omnmborombongn- Baume. Auch bei
den Musehikongo sind die Menschen aus dem Baume hervorgegangen. Aber
letztere Mythe ist degeneriert. Denn nur der Omumborombonga ist innen
hohl. Also ist im Süden der Pixxvss morphologisch zu deuten. — Die
Ama-Zulu erzählen: Unkuhinkulu habe den Mensehen aus dem „hohlen* 4
Stamme des U-hlanga geschalt U-hlanga ist der Bambus oder das Schilf-
rohr. Die Basuto berichten, die Menschen seien dem Mohlaka entstiegen.
Mohlaka kann sowohl „Sumpf 44 als „Röhricht 44 heifsen, so dafs mir Me-
renskys Übersetzung mit „Niederung 44 nicht ganz treffend zu sein scheint. —
In der zweiten Mythe ist aber nicht nur eine ausgezeichnete Form unseres
Motivs gefunden, sondern sie bietet die Handhabe, das Verlaufen der Mythe
dem Norden zu zu beobachten. Bei Sulu und Betschuanon beginnt ein
Verlust der Idee. Bei ersteren ist Uhlunga der Gott des Donnere und
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Blitzes, bei letzteren Uhlanga oder Thlanga der Name eines alten Königs,
vor dem die Betschuanen einen grofsen Respekt liaben und bei dem sie
schwören. — Der Styx in der Unterwelt der Basuto heilst Tlatlana.
Maji Kalunga ist das Geisterwasser der Basehilangc. Eine sekundäre
Mythe, die einem Gewässer in der Nähe Ambasses, im alten Königreiche
Kongo gewidmet ist, ist wichtig: Nach dieser Sage entstanden die Sümpfe
nämlich aus den Thränen des Gottes Ungha über die Verwüstungen der
Jaga. Andere erzählen allerdings, dafs bei der Annäherung der Mordbanden
die Götter des Landes erschreckt in das Wasser flohen.
Also tritt iu der Verwendung des Wortes der Begriff des Rohres dem
des Sumpfes oder Wassers gegenül>er im Norden zurück. Vielleicht leitet
das Wort selbst bis Oceanien hinüber. Denn Maui wird von Talanga in
Polynesien, wie der Mensch von Thlanga in Afrika geboren. Doch kann
hierin nur ein sehr eingehendes Studium entscheiden. Es genügt uns die
Thatsache des Vorhandenseins von Spuren der Rohrurspruugsmythe in Afrika.
Und diese werden deshalb von Wichtigkeit, weil wir aus ihrer Verbreitung
ersehen, dafs sie einen neuen Beweis dafür erbringen: die malajonigritische
Kultur mit der vorzüglichen Bambusindustrie ist auf dem Wege- von Osten
durch den Erdteil nach Westen gepilgert und liat sich liier eingebürgert.
Der kosmogonische Sinn der Mythen ist für unsere Probleme und die Unter-
suchung der Materiale dem gegenüber unwesentlich.
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11. Vom Ursprünge der afrikanischen Kulturen.
Quod erat demonstrandum! — Ich glaube, ich darf mit diesem
stolzen Satze der Mathematik das letzte Kapitel der physiologischen Unter-
suchung einleiten. Denn als festgegliederte Organismen zeigten sich die
Kulturen Afrikas, wo immer wir sie auch untersuchten. Ich habe es
gewagt, vollkommen naturwissenschaftlich zu verfahren auf die Gefahr hin,
an irgend einer Stelle in die Brüche zu geraten. Aber die Kulturen
haben jedem Versuche bieder stand gehalten, sie haben sich als brave,
gesetzesliebende Kulturen erwiesen, die weder den Morphologen, noch den
Anatomen, noch den Physiologen hintergingen.
War es nicht richtig, wenn ich oben behauptete, dafs die Kulturen
in allen Teilen des materiellen Körpers Nachwirkungen des Brdreiches
zeigten, auf dem sie aufgewachsen sind, auch noch in fernen Generationen
auf fremder Scholle? Wie jämmerlich unbedeutend erscheint der Mensch,
ja erscheinen selbst die Völker gegenüber dieser ehernen Gesetzmässigkeit !
That8ächlich ! der Ilomo sapiens ist nur der Träger einer sehr grofsen Sache.
Sie selbst aber, die Kulturen, sind die gewaltigen, selbständigen Organismen,
deren Wesen zu erforschen mir eine der edelsten Aufgaben des Menschen
scheint
Wio flach ist der Afrikaner selbst! Das haben uns so viele geschil-
dert: Eine merkwürdige Rasse, diese Neger. Ohne aktive Energie, ohne
positive Schaffenskraft, von allen Völkern, mit denen sie zusammentreffen,
geknechtet und zu Sklaven gemacht, rächen sie sich an ihren Unterdrückern
durch ihre unglaubliche körperliche und geistige Passivität. Wehe dem
Volke, das sich mit Negern vermischt! Sobald das Blut dieser dominiert,
geht es rettungslos unter in dem trägen, unfruchtbaren Morast, der Neger-
rasse heilst — Und diese Worte Passarges sind keinem individuellen Reise-
eindnick entflossen. So Italien uns fast alle den Neger geschildert. Ob im
Norden , ob im Süden , die Neger scheinen gleich. Es sind als junge Völker
brutale Gesellen, als alte feige, grausame Burschen. Es mag viel gute
Eigenschaft in ihnen stecken, aber eins fehlt und das können wir Europäer
ihnen nicht vergeben: der Stolz. Und wie selten hören wir von einer
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großen Leidenschaft! wie oft von häfslicher und niedriger Leidenschaft-
lichkeit!
Und dieses fast einförmige Volkselement als Kulturträger. Sie mögen
unsympathisch sein; aber sie haben sich als ebenso gute Kulturträger heraus-
gestellt wie irgend eine andere Rasse der Erde. Und dafs gerade sie das
Gleiche leisteten, was alle Völker gesetzmäfsig zu tragen haben, nämlich
den bestimmten, ausgeprägten Typus einer Kultur, das zeigt, dafs unsere
Hoffnung, aus diesem Bereiche das Material zur Geschichte der Menschheit
zu gewinnen, keine eitele ist.
Und was sind es denn nun für Wesen, diese afrikanischen Kulturen?
Soll die Frage gleichbedeutend mit der Frage nach der Abstammimg
sein, so ist zu antworten: Sie stammen ab von der nigritischen, der malajo-
nigritischen und den asiatischen Kulturen. Soll aber bezeichnet werden,
wie sie heute beschaffen sind, so mufs ich entgegnen: Sie stellen im
wesentlichen drei Typen dar, den nordafrikanischen, den westafrikanischen
und den südafrikanischen. Sie gehen aber überall ineinander über und
daher thun wir am besten, einer Frage im Sinne der zweiten aus dem
Wege zu gehen.
Der wichtigste Wesenszug der afrikanischen Kulturen ist eine Zwei-
teilung. Wir können scharf unterscheiden einen Typus der Holzkultur und
einen solchen der Lederkultur. Was beide trennt, ist nicht nur das Zeichen
der abweichenden Material Verwendung, auch nicht nur das verschiedener
Ernährungsweise — wenn das auch schon tiefer gegriffen ist — , sondern
das der verschiedenen Fortpflanzungsform, verschiedenen Alters, verschiedener
Art der Variabilität Die asiatische Kultur ist jung. Sic entwickelt sich
vom Norden zum Süden und die eigentliche afrikanische, die Kultur der
Südachse, ist auch nur ein afrikanisches Echo der asiatischen Melodie.
Allerdings ist es schwächer wie das des Nordens. Die langsam fort-
schreitende Bewegung auf dem Kontinente hat beständig Verbindung fremder
Elemente zur Folge. Das ist die kontinentale Fortpflanzung, die Übertragung.
Die malajonigritische Kultur trägt das Geprägo zurückgedrängt zu sein.
Ihr fehlt die fröhlicho Entwicklungskraft der Jugend, dafür zeichnet greisen-
hafte Bescheidenheit und Einschränkung sie aus. Das Merkmal der Ent-
wicklung auf geographischen Bahnen fehlt ihr aber nicht nur wegen des
Alters. Es ist ein Anzeichen der zweiten Art der Fortpflanzung, der in-
sularen, die eine beständig sich erneuernde Befruchtung des eigenen Bodens
bedeutet. Oceanien bietet ein in mehr als einer Beziehung gleiches Bild.
Daher sind die Formen nicht nach bestimmten Linien verteilt, sondern sie
schwirren durcheinander, bald hier verkümmernd, bald dort in üppiger
Weise Stämme gebärend.
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Das ist die wichtige Zweiteilung vom Standpunkte des Heutigen. Die
„Urgeschichte" zeigt noch eine Quelle, eine nur noch trag und spärlich
fliefsende. Das ist die nigritische Kultur.
Ich mochte gerade hier davor warnen, die Art der Menschen mit
dem Wesen ihrer Kultur zu verwechseln. Es liegt ungemein nahe, die
uralte nigritische Kultur mit den greisen Völklein der Buschmänner in
Zusammenhang zu bringen. Vielleicht ist es berechtigt, aber man vergesse
nie, dafs sie selbst nicht die Träger der nigritischen Kultur sind. Es
sind überall Parasiten. Sie fahren den Bogen und die Pfeile der ihnen
zunächst wohnenden Stämme; sie bauen deren Hütten. Fast nirgends aber
höre ich, dafs sie wahrhaft nigritisches Gerät benutzen wie etwa den Stock-
schild oder das Wurfholz. Nur Kunst und Weltanschauung haben sie mit
anderen „Nigritiern tt gemeinsam. Wahrhaft nigritische Kulturelemente finden
sich verstreut in den Händen ganz echter Durchschnittsafrikaner. Gerade
das verstreute Vorkommen charakterisiert sie. 1
| Auf dem Boden sollen die Kulturen wachsen und nicht auf dem
Menschen. Ich meine, wir hätten das l*>stätigt gefunden. Das beste
Beispiel bietet die malajonigritisehe Kultur. Im Bambuslande als Fischer-
und Inselkultur kam sie zur Welt. Wohl nahm sie in Afrika ein afrika-
nisches Gepräge an, ward kontinental, machte Wandlungen in allen mög-
lichen Ausdrucksformen durch, aber der anatomische Bau zeigt immer noch
ganz unverkennbar die Abstammung. Auch wenn es umgebildet und einem
anderen Material angepafst wird, kann ein aus dem Bambus stammendes
Gerät seine Abstammung nicht verleugnen. Und wo der materielle Aus-
druck, ein körperliches Glied ausstirbt, da zeigt noch die Mythe und die
Legende die Stelle, wo es einst safs.
Dies Werk hat sich vornehmlich mit dem materiellen Kulturbesitze
zu beschäftigen. Aber wohl mufs hier und da ein weniger haltbarer Stoff
berücksichtigt werden. Wir sahen ja prächtige Beispiele: Wie die Merk-
male der Fischerkultur im Kultus sich erhielten, wie die Kohrurspnings-
mythe einen Beleg für die Bewegung einer Knlturform abgiobt Soleherlei
beweglichen Stoff zog ich nebenbei heran. Aber wir wollen nicht vergessen,
dafs es grofse und weite, just wie der materielle Kulturbesitz nach be-
stimmten Gesetzen entstandene Gebilde sind, diese Weltanselmuungen und
ebenso die Künste und die Staatsorganisationen. Die strenge Beweisführung,
die nicht vernachlässigt werden darf, zwingt mich, diese sicher nicht minder
interessanten Seiten der Kultur selbständig im Anhange zu behandeln.
1) Trotzdem habe ich in der „Afrika" (N\»uhaMensIeU>n 1898) den Versuch
gemacht, die Übereinstimmung der Busehvölker und nigritischen Kultur in Verbreitung
und Wesen nachzuweisen.
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Diesem Bande ist ein Kapitel über Weltanschauung und Kxinst angefügt.
Was auch hier wieder entgegenleuchtet, ist der merkwürdige Untersclüed
zwischen asiatisch -kontinentaler und malajonigritisch- insularer Kultur.
Ich möchte mit einem Hinweise auf die Entwicklungsgeschichte des
wissenschaftlichen Apparates, der der Ethnologie zu Gebote steht, schliefsen.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind ein Triumph der Museums-
wissenschaft ( — lassen wir mich, den Verfasser, ganz ans dem Spiele!),
denn nur mit Hilfe der in den Museen aufgespeicherten Schätze ist es ge-
lungen, die Kulturorganismen zu verstehen. Damit ist die Berechtigung
der musealen Bestrebungen in glänzender Weise erwiesen. Wenn sie in
wissenschaftlichen Bahnen sich bewegen, sind die Museen für Völkerkunde
nicht nur Kuriositätenkabinette und Trophäen der Eitelkeit, sei es der Er-
bauer oder der Sammler und Donatoren. Allerdings ist nicht zu leugnen,
dafs die Gefahr solchen wenig angenehmen Entwicklungsganges nahe liegt,
wenn immer nur gesammelt und gesammelt, aber nie verarbeitet wird.
Daher bedeutet dieses Werk für die Museumsdirektoren und alle, die für
das Wesen dieser Institutionen verantwortlich sind, eine Mahnung. Allen
deutschen Museen ist eine Eigentümlichkeit eigen: Mangel an wissenschaft-
lichen Kräften, dem gegenüber der Mangel an Subsidien weniger in Be-
tracht kommt. Denn wenn das wissenschaftliche Material nicht beizeiten
gehörig festgelegt (und das heifst mehr als „in die Schränke gelegt tt ) wird,
dann haben wir Trümmerstätten, in denen man nach wenig Jahren schon
mit Sclimerzen weilt, weil hier „beinahe" ein prächtiges Material gesichert
wäre. Das ist dann schmerzlicher, als wenn gar nichts da ist
Ich füge das deswegen hier an, weil seit Jahren viel zu viel vom
Sammeln und ebensoviel zu wenig vom wissenschaftlichen Verwenden und
Sichern der Sammlungen gesprochen ist. Vieles, das im Momente des Ein-
laufens noch in den Katalogen durch Nachfrage ergänzt werden kann, ist
nach ganz kurzer Zeit überhaupt nicht mehr zu erfragen. Ich glaube zu
dieser Mahnung berechtigt zu sein, denn ich bin jahrelang von einem Mu-
seum zum andern gepilgert, und was ich da erfahren liabe, war sehr traurig.
Die meisten und selbst einige von den ganz grofsen Museen besitzen über-
haupt keine Kataloge. Wie oft ist es mir vorgekommen, dafs ich irgend
einen hochwichtigen Gegenstand vorfand und mit pochendem Herzen fragte:
„ Woher stammt der? u Dann kraute sich der Herr Direktor oder Konser-
vator verlegen in den Haaren, meinte, er habe es «loch noch vor einigen
Jahren gewütet, es werde ihm schon wieder einfallen. Dann wurden einige
zerrissene Papierfetzen herbeigeholt, die den hohen Titel „Akten" führten,
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und darin herumgeblättert. Meist konnten die Akten keinen Beseheid er-
teilen, denn der betreffende Brief war „verlegt". Wohl deutete eine vom
Donator angeheftete Nummer auf das einstige Vorhandensein eines Berichtes,
in dem auch diese Reliquie verzeichnet war. Aber welcher Bericht war es?
AVer war der Donator? Und dem Herrn Direktor fiel meist nichts wieder
ein. Wie oft habe ich solche schmerzliche Erfahningen gemacht! Unter
wie manchem Gegenstande in meinen Skizzenbüchern steht ein Frage-
zeichen !
Welche Freude dagegen, wenn der Forscher eine gut geleitete Samm-
lung durcheilen kann! Aber sie wird ihm selten zu teil/ Es ist schon
viel, sehr viel Material vollkommen entwertet, weil die kleinen Summen,
die zur Anstel lung eines Fachmannes nötig gewesen wären, gespart wurden.
Es war und ist ein sehr thörichtes Sparen, denn die wenigen Tausende,
die gespart wurden, brachten den Verlust von Hunderttausenden mit sich.
Man darf nie vergessen, dafs Dinge, die heute für ganz geringe Summen
zu erstehen sind, in kurzer Zeit Kapitalien repräsentieren. In dieser Zeit
der Zukunft wird aber der Mafsstab an die wissenschaftliche Sicherheit ge-
legt und alles Unbestimmte auf den Schutthaufen geworfen werden müssen.
Denn auch unsere Wissenschaft wird streng werden und die Kritik wird
grausam über die Versäumnis richten.
Was aber mit gutem ethnologischen Material geleistet werden kann,
das wissen wir jetzt. Es birgt die Geschichte der Mensc hheit. Was Ritzel
gesagt hat, ist richtig gewesen: denn im Kulturbesitze, wenn irgendwo,
muPs zu lesen sein, aus welchen Elementen und auf welchen Wegen die
heutige Menschheit geworden, was sie ist. — Die Afrikaner kennen wir
jetzt so ziemlich. Noch ist allerdings gai manches zu erörtern, was asiatische
Kultur heifse, die Vorgeschichte der Nigritier und Malajonigritier und auch
sonst noch einiges. Aber das sind alles Fragen, die außerhalb Afrikas ge-
löst werden müssen. Ich alicr bin guter Hoffnung, dafs auch diese Probleme
der eingehenden Forschung keinen Widerstand zu leisten vermögen, und
dafs der Tag nicht ferne ist, an dem wir eine „Beschreibung der Kultur-
formen 1 ' gehen können, wie die Zoologie eine solche der Tiere, die Botanik
eine solche der Pflanzen.
Denn das Wichtige ist: der Weg, auf dem die Forschung siegreich
fortschreiten kann, ist klargelegt. Es sind el>en fest gegliederte, gesetzmäfsig
aufgewachsene und bestehende Organismen, die wir aufgedekt haben. Und
deshalb sL'hliel'se ich mit dem Satze:
Qwod erat demonstrandum!
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12. Weltanschauung und Kunst
( Vergl. Kartenblatt 2, Nr. XI und 5, Nr. XXYI.)
Die Weltanschauung und die Kunst der Afrikaner bieten ein so Ober-
mächtiges Geraenge von Einzelheiten, dafs wir uns in Anbetracht des engen
Raumes, auf dem deren Thatsachen kurz erwähnt werden sollen, erst den
allgemeinen Gang der Entwicklung dieser beiden Kreiso vergegenwärtigen
müssen. Wir mögen da einschalten oder herausgreifen, was besonders nahe
liegt. Dabei mufs ich mich naturlich damit begnügen, die allerwichtigsten
Momente herauszuheben, kann erschöpfender Beweisführung nicht Raum
bieten, sondern mufs darauf verweisen, was anderen Ortes niedergelegt ist.
Es hat zu allen Zeiten zwischen der Weltanschauung und der Kunst
ein enger Zusammenliang bestanden. Nicht allein das Symptom der „reli-
giösen Kunst 1 ' meine ich, nein, den Charakter. Zeiten des Aufschwunges
der Kunst bedeuteten stets Zeiten der Befreiung, eines frischen Vorwärts-
sc hauen s. Das alte Griechenland und das junge Italien bieten die besten
Belege. Aber was fast noch wesentlicher ist, ist der in beiden gleichmäfsig
sich äufsernde Volkscharakter. Man stelle gegenüber den semitischen Volks-
charakter und die semitische Dichtung dem griechischen Volkstypus und der
griechischen Plastik. Aber nicht nur in der Ausdrucksweise erweisen sich
Weltanschauung und Kunst als Geschwister, sondern auch in der ganzen
Entwicklungsgeschichte bis hinab zu ihrem Aufstreben aus der Nebelwelt
der menschlichen Instinkte.
Die „Primitivsten" existieren nicht mehr. Denn es giebt auf der
ganzen Eitle kein Volk ohne künstliches Obdach, Waffen, Feuer. Aber es
giebt noch eine Reihe von tiefstehenden Völkern, die einen Schilds auf
das, was vor ihnen in den niedrigsten Stufen war, gestatten. Dabei ist es
nicht gleichgültig, ob sie zu dieser Stufe von einer höheren herabgestiegen
sind oder noch nie eine höhere erklommen hatten. Aber deunoch bieten
die primitiven Jägervölker in Australien, Amerika und Afrika ein gutes
Material.
Die Weltanschauung dieser primitiven Jägerstämme zeigt ein hoch-
bedeutsames Merkmal : das Fehlen des Bewnfsteeins vom Unterschied zwischen
Frobonius, Afrikwuscho Kulturen. -0
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Tier und Mensch. Die Buschmänner meinen, wenn ein Büffel einen solchen
besäfse, vermöge er mit dem Bogen just so gut zu schiefsen wie sie selbst.
Dazu legen sio ihre Fähigkeiten auch allen anderen Wesen bei, sind jederzeit
bereit, allen Gestirnen und Dingen ein lieben und jede Fähigkeit zuzu-
schreiben. Ihre Mythen sind daher ein krauses Durcheinander von aller-
hand Unsinnlichkeiten , denen ein festes System, soweit es nicht von aufsen
(Nachharstämmen !) lüneingetragen ist, fehlt. Dabei macht diese Mythologie
den Eindruck einer unglaublichen geistigen Ungebundenheit Nur der Typus
ist Volkseigentum, jede Fabel individuelle Schöpfung. Kein logisches Denken
scheint da zu regieren, alles Produkt zügelloser Geistesblitze. Eine solche
Weltanschauung bozeichne ich als die naive.
Die grofse Menge der Naturvölker des Durchschnitts bietet auf den
ersten Blick ein beträchtliches Durcheinander von Anschauungen und Ge-
bräuchen. Die Naivität ist verloren. Wir bemerken wohl Zusammenhänge,
aber die grofsen Züge sind schwer erkennbar. Bestimmte Linien müssen
ins Auge gofafst und hartherzig der Weg auf ihnen verfolgt werden; hart-
herzig, denn überall führen verlockende Nebenpfade in andere Regionen.
Solch scharfem Suchen offenbaren sich zwei Wege.
Der eine führt von dor Naturbetrachtung jener Primitivsten abwärts.
Der Wesenszug dieser Eutwicklungsriehtung ist die ständige Wiederholung,
das Erstarken einzelner Mythen. Sio beschäftigen sich mit der Natur, er-
zählen erst von den Tieren, dann dem Monde, vor allem endlich von der
Sonne. Darin scliafft sich der Mensc h die eigene Welt. Er sieht die Dinge
nicht an wie sie sind, sondern wie sie ihm wertvoll sein können. Dabei
erweitert sieh wohl sein Gesichtskreis. Aber er verliert den Faden natür-
licher Entwicklung. Wenn er früher vom Tiere sprach, lag dem viel
Treffendes, das Ergebnis sehr feiner Beoluchtung zu Grunde. Man kann
sagen, die Fabel sei aus der wahren Natur geUren. Ist er aber am Ende,
am Höhepunkte der Entwicklungslinie angekommen, so schildert er Schick-
sale der Sonne, die als Werke der Kunst grofsartig sind, die ein grofses
•Gefühl für die gewaltige Natur anzeigen, die aber das völlige Fehlen einer
klaren nüchternen Anschauung beweisen. So entsteht die Zeit der hohen
Mythologie.
Der andere Weg führt dagegen der Kidturansehauung entgegen. Er
beginnt mit der Frage nach den Ursachen, die den alltaglichen Gang der
Dinge unterbrechen. Und die merkwürdigste Unterbrechung des natür-
lichen Seins ist für diese Völker der Abbruch desselben, der Tod ohne
merkliche Ursache, ohne Pfeilschufs. ohne tedlii hen Bifs der Schlange oder
die trügerischen Gewässer. Da beginnt das Antworten mit dem Hinweise
auf Zauber. Aber gleichzeitig keimt du» Frage nach dem lieben im körper-
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liehen Dasein nach dem Tode. Der Mensch sucht die irdischen Erfahrungen
zusammen , was er von seiuer Geschichte oder dem Geschicke der Tiere um
ihn weifs und schweifst aus solchem Stoff ein Bild der Existenz im Jenseits.
Und je weiter er den Horizont in der Naturanschauung erweitert, desto
mehr bildet er dies aus. Wenn er die Variationen des Mondbildes und
deren rhythmische Wiederkehr entdeckt hat, dann läfst er den Menschen
mit dem abnehmenden Monde sterben und mit dem zunehmenden wieder-
erstehen. Hat er sich zur Beobachtung der Sonne aufgeschwungen, so läfst
er den Sterbenden mit dem Glutballe untergehen und mit dem aufsteigenden
Gestirne geboren werden. Wir sehen, hier setzt die erste klarere Idee von
der Schöpfung des Daseins ein. Auch wird so aus der Analogie ersichtlich,
dafs der Mensch sterben müsse. So ist er von der Beobachtung der Aus-
nahmegesetze ausgegangen und bei der Entdeckung der Gesetzmässigkeit an-
gelangt. Aber hat so diese manistische Seite der solaren Weltanschauung
sich unter den Einflüssen der animalistischen (Betonimg der Tiermythen!),
lunaren (Betonung der Mondesmythen!) und solaren (Betonung der Sonnen-
mythen) entwickelt, so ist auch umgekehrt jene Naturanschauung jederzeit
durch die manistische Mythologie umgeformt, ja deren Wesen bedingt worden.
Menschlich wurden Tiere, menschlich der Mond und menschenähnlich die
Sonne behandelt
Schon bei den Naturvölkern zeigt sich das Auslaufen der beiden
Hauptströmungen der Weltanschauung. Während zunächst die sinkende
Naturanschauung — sinkend, weil der nüchterne, klare Blick verloren geht,
— in der hohen Mythologie endet, entspringt doch gleichzeitig mit diesem
poetischen Ausklingen in der Gewohnheit, die Natur mit Interesse zu
beachten, unter dem Einflufs reger Schaffenskraft (Ackerbau!) der Anfang
der wissenschaftlichen Weltanschauung. Er liegt in den Kalendern, ferner
(bei Seevölkern) in der Beobachtung der Sterne oder (bei Kontinentalvölkern)
in der Abmessung der Jahreszeiten. Besondere das alte Ägypten hat ein
gutes Bild dieses Entstehens wissenscliaftlicher Beobachtung geboten. An-
dererseits wird die Lehre vom Leben der Ahnen und der Menschen nach
dem Tode zur Quelle der eigentlichen Religion. Die Kosmogonie gebiert
die griechische Kosmologie, die manistische Tradition die Morallehre. Und
in der ferneren Entwicklung sehen wir zunächst die Wissenschaft unter
dem Einflufs der Religion , in der späteren die Religion unter dem Einflufs
der Wissenschaft sieh entwickeln.
Nunmehr die Kunst! Abermals sind es die Buschmänner, die die
primitivste Stufe vertreten. Was schon die Buschmannsfabel zeigte, tritt
in der Buschmannszeichnung noch deutlicher hervor: scharfe Naturbeobach-
tung (vergl. nebenstehende Tafel: Buschmannsgemälde, nach Andree). Was
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auf diesem Bilde dargestellt ist, wird niemand unverständlich sein. Die
Buschmänner haben den Kaffern eine Rinderherde gestohlen und werden
nunmehr von diesen verfolgt. Es ist also eine Erzählung, der die naive
Darstellungsweise vollkommen entspricht. Und so sind alle ihre Schildereien,
mit denen sie Hahlen- und Felsen wände bedecken. Zumeist bilden sie
Tiere ab, und diese sind da so naturgetreu, dafs der Zoologe sie be-
stimmen kann.
In dor folgenden Entwicklung der Kunst, wie sie von dem Durch-
schnitt der Afrikaner geleistet wird, tritt diese naive Auffassung zurück.
Die Wiederholung wirkt zersetzend. Das Naive der ersten Kunstepoche lag
darin, dafs kein Vorbild als die Natur selbst gewählt ward. Das Zarte,
das Jungfräuliche, das Anmutige, Natürliche, der Reiz seh wand, sowie der
eine dem andern etwas nachbildete. Sie schulen nicht mehr aus sich selbst,
aus der Natur, die Kopisten der Naturkunst; sie ahmten sich selbst nach,
schlugen durch Wiederholung der eigenen Werke den Weg zum Stile ein.
Ist das Cliarakteristische der Naturkunst das Fehlen der sich wiederholenden
Motive, so ist das Bezeichnende der Kunst des Cberganges das Vorbei rschen
derselben. In dieser zweiten Ejioehe der Kunst — es ist die breite der
eigentlichen Naturvölker — lassen sich zwei Linien der Entwicklung er-
kennen, die nebeneinander herlaufen: die sinkende Naturkunst und die
steigende Kulturkunst Es bestellt nämlich in der Kunst dieser Völker
ein interessantes Verhältnis zwischen Gehalt und Form. Steigt das eine,
so sinkt das ander»'.
Die sinkende Naturkunst geht von der naiven Darstellung der Natur-
fonnen aus. Durch ständige Wiederholung degenerieren die Formen und
es gehört das traditionelle Bewufstscin zu ihnen. Ein Fremder vermag
keinen Sinn in diesen Figuren zu sehen. Nur der Wissende weifs diese
Ornamente zu deuten. So wird die Eidechse zum Kreuz. Das ist kein
sinnliches Motiv mehr, sondern ein geistiges. Demnach sinkt in der sinken-
den Naturkunst die Form tief hinab, wogegen der Gehalt steigt. So mündet
dieser Entwicklungsstrom in der Wissenschaft, denn die geometrischen Or-
namente mit einem Sinn (Chamkterornamentc) stellen die Rudimente der
Schrift dar (Bilderschrift !).
Die steigende Kulturkunst ist die Entwicklung in einer umgekehrten
Richtung. Morsten wir dort die Malerei verfolgeu, so gilt es. hier die Plastik
ins Auge zu fassen. Ein Baumast wird auf das Grab gepflanzt. In ihm
haust der Geist der Gestorbenen. Aus diesem Aste wird die Ahnenfigur.
Zuerst setzt man den Schädel auf den Stab. Denn auch der Schädel ist die
Wohnstatte des menschliehen Geistes. Der einfache sieh hieraus entwickelnde
Ahnenpfahl ist ein Stab, an dessen Oberteil ein paar Kerben angebracht
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sind. Das sollen Mund und Augen sein. Andere Kerben, die ringförmig
den Pfahl zieren, deuten die Zalü der vom Verstorbenen im Kampfe Er-
schlagenen an. Nunmehr taucht hier und da der Versuch auf, das Geschlecht
anzudeuten; darauf markieren einige Linien die Arme und Beine. Kurz und
gut, wir sehen das Menschenbildnis entstehen. Es ist das eine langsame
und kaum merkliche Umbildung. Vom Willen der Künstler (!) ist dabei
wenig zu merken. Die Natur zwingt den Menschen durch den täglichen
Anblick der Mitmenschen zur Nachbildung des Körpers. — Auch hier be-
deutet die Entwicklung die Verkümmerung einer Seite zu Gunsten der anderen.
Im Anfange herrscht das geistige Motiv, die Schöpfung des Menschen, d. i. der
Gedanke, dafs der Geist im Baumast wohne. Zum Schlufs deckt sich die Idee
mit der Form, denn der Mensch wird als Mensch dargestellt. Das ist Aufgabe
der selbständigen Anschauungsweise. Nun mag die Figur Spielzeug werden!
Es bestehen in dieser Hinsicht also zwei Linien nebeneinander, ein-
mal der Entwicklungsgang der geistigen Motive (Entwicklung der Schrift),
dann der der sinnlichen Motive (Entwicklung der Kulturkunst). Rs wäre
einseitig, das verwandtschaftliche Verhältnis der Natur- zur Kulturkunst
leugnen zu wollen, ebenso irrig wäre es aber, die Entwicklung beider in
einer ununterbrochenen Linie zu zeichnen. In der fallenden Richtung der
Naturkunst konnte die Quelle bezeiclinet werden, während das Ende ver-
läuft. In der steigenden Linie der Kulturkunst ist das Verhältnis um-
gekehrt Der Strom der Entwicklung mündet in die griechischo Kunst
Ja, wir können sogar Namen nennen. Polyklet, Myron und Phidias haben
die letzten Fesseln der Form, des Stilisierens, die Frontallinie aufgelöst.
Beide Richtungen haben in Afrika bei demselben Volke die höchste Blüte
erfahren, nämlich bei den Ägyptern.
Vergleichen wir nunmehr den Entwicklungsgang der Weltanschauung
und Religion. Ich habe den Versuch gemacht, die Wesenszüge derselben
tabellarisch zusammenzufassen (vergl. nachstehende Tabelle HD. Gerade hier
mufs betont werden, dafs eine solche Tabelle immer nur ein Hilfsmittel ist,
dessen schlimme Seite nicht vergessen werden darf. Sie drängt einem
Stoffe Grenzen auf, die ihm ursprünglich fehlen und es ist eigentlich nicht
richtig, von festen Linien da zu sprechen, wo es sich um eine so flüssige
Materie wie die Kunst handelt; thun wir es doch, so folgen wir nur dem
Zwange.
Sinnliche Weltanschauung und sinnliche Kunst! Ohne eine andere
Welt als die der Natur zu kennen, oline starken Einfhifs untereinander,
schaffen die Primitivsten Schildereien der Natur in Gemälde und Fabel.
Leichtflüssig ist der Stoff, beweglich und ohne System. So leben sie ja
auch: Ununterbrochenes Wanderleben, Pantogamie, Fehlen regelmäßiger Arbeit.
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Die Weltanschauung und Kunst des Überganges, im wesentlichen der
Naturvölker stellt vor allem die Schaffung einer zweiten Welt dar. Die
Primitivsten lebten in der Welt als Teile derselben , die nicht meinten höher
zu stehen, mehr zu vermögen oder mehr zu sein als Bäume, Tiere, Mond etc.
Die Wildlinge waren aufsässig gegen die Fesseln der Natur. Sie schlössen
sich aneinander. Und aus der Vereinigung sprofste die höhere Kultur auf,
ward die zweite Welt, die Kulturwelt geboren. Diese Menschen nun leben
in der Welt ihrer Schöpfungen. Zwischen beiden Welten bestehen unzählige
feine Beziehungen, denn der Mensch nahm die Stoffe zu der seinen aus
der Naturwelt Sein Bestreben war, die ihm überall schwankend, beweg-
lich, gesetzlos erscheinende Natur — denn er beobachtet ja nur die Aus-
nahmen und die unverständlichen Abnormitäten — seiner Macht zu unter-
werfen. Er schreibt die Gesetze vor. Und das System dieser Gesetze ist
die Kulturwelt So entspricht der Wesenszug dieser Entwicklung der Ge-
walt, die er auf die Natur ausübt durch Säen und Ernten, durch die Grün-
dimg der Ehe, die Errichtung eines Hauses, durch Schaffung von Waffen,
mit denen er Gewalten, die ihm an natürlicher Begabung überlegen sind,
überwindet. Diese Abwendung von der Natur äufsert sich in der ani-
malistischen, lunaren und solaren Weltanschauung, in der sinkenden Kultur-
kunst. Und die Schöpfung der Kultur hat als Merkmale die raanistische
Anschauung, in der er seinem Leben den Halt bietet, wo die Natur schweigt,
in der steigenden Kulturkunst, in der zunächst eine Belebung der natür-
lichen Masse, dann die subjektive Auffassung der natürlichen Welt das
Bezeichnende ist
Und derartigem Entwicklungsgange in der Zeit des Überganges ent-
sprechen auch dio Fortsetzungen in der Epoche der hohen Kulturen. Die
sinkende Naturanschauung endet in der Wissenschaft und ebenso die sinkende
Kulturkunst. Vom naiven Betrachten ausgehend, endet der Strom in der
Gelehrsamkeit. So ward die Basis aller Kultur in letzter Instanz von der
Natur geboten. Aus dem SchOfse der Kultur aber wuchs die Religion
einerseits, die Kunst andererseits empor. Also hat nicht die Naturwelt,
sondern die eigene Welt des Menschen, die Kulturwelt, sie geboren. Und
die Merkmale ihrer Abstammung werden alle drei, Wissenschaft, Religion
und Kunst, in aller Zeit bewahren.
An der Hand dieser Darstellung wollen wir es nunmehr versuchen
ein Bild der afrikanischen Weltanschauung» - und Kunstformen wenigstens
soweit zu gewinnen, als es uns Aufschlug über Dinge der Verwandtschafts-
problemo zu erteilen vermag. Dabei bemerke ich einerseits, dafs von
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vornherein der mohammedanische Norden für die Weltanschauungsformen
nicht in Betracht kommt, dafs der Osten und Süden Afrikas bei weitem
weniger Material bietet als der Westen und dafs endlich auch, die Welt-
anschauung der Nigritier so ziemlich in Wegfall kommt, weil noch nicht
genügend wissenschaftlich durchforscht.
Wie gesagt, der Westen bildet das farbigste Bild. Der Osten und
Süden erscheint flach. Das mag zum gröfsten Teile die Folge der histo-
rischen Entwicklung der Völker, also in letzter Linie eine Nachwirkung
der Lage sein. Denn die kriegerischen Völker der Südachse haben wenig
Mufse zu Grübeleien. Ihr Interesse nimmt der Staat in Anspruch. Wo
Bich aber Reste bestimmter Anschauungen finden, da sind dies den west-
lichen verwandte Züge. Wir sahen schon einen derartigen Zug in der
Rohrursprungsmythe.
Die westafrikanische Weltanschauung trägt im Gegensatze hierzu das
Gepräge des Alters. Dafs die grofsen Staatsorganisationen hier fehlen,
oder wenn sie vorhanden sind, doch unter dem Einflufs einer Priester-
gesellscliaft (Ganga) stehen, das mag dies erläutern. Aber die westafrika-
nische Weltanschauung hat noch ein wichtiges Merkmal: das Vorherrschen
der dienenden Motive, Überwiegen der niederen Mythologie. Das heifst,
ob fehlt ein Leitfaden der Weltanschauung, wie ihn etwa die solare j>oly-
nesische Mythologie besitzt. Es siud Reste aller möglichen Überlieferungen
vorlianden, die weiten Anschauungsbäume selbst aber brachen zusammen
unter dorn Einflufs eines tibermächtig aufwuchernden Unterholzes. Es ist
die häßlichste Form der inanistischen Weltanschauung, die hier vollkommen
dominiert Die Fragen nach dem Grunde dieser und jener Erscheinung
des alltäglichen Lebens, haben die Fragen nach dem Zusammenhang der
Dinge stets zurückgedrängt. Ein Todesfall, eine Erkrankung, ein Blitzstrahl,
ein Diebstalil setzen das ganze Leben, alle Triebkraft in Aufregung. Schlaue
Ganga beherrschen die Situation. Die nervöse Aufregung, die jeder kleine
Vorfall hervorbringt, läfst nie jene behagliche Ruhe und Mufse aufkommen,
die dem Menschen allein die Möglichkeit giebt, weiter hinaus zu blicken,
Ausschau zu halten nach Dingen, die weiter liegen, als die unmittelbare
Tage8frage.
Es ist kaum denkbar, dafs in diesem Gewirr und Rumoren der nie-
deren Mythologie eine höhere Anschauung wie etwa die solare sich habe
entwickeln können. Finden wir sie dennoch, so dürfen wir annehmen, dafs
sie von aufsen .stamme. Und in dieser Meinimg werden wir noch bestärkt,
wenn sie lediglich fragmentarisch, umgebildet, nur verstanden ist — Mit
diesen Vorbetrachtungen ausgeröstet, wird es nicht schwer sein, das Bild
der afrikanischen Weltanschauung wenigstens in seinen Hauptzügen zu ver-
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stehen. Ich beschränke mich darauf, die wesentlichen Thatsachen hervor-
zuheben. Betont sei nochmals, dafs zumal der Westen das Untersuchungs-
material bietet, wogegen Osten, Norden und Süden weniger in Betracht
kommen. Nur einige Stellen der Ost- und Südostküste sind reicher be-
dacht. Ich werde es jederzeit betonen, wenn eine Sitte oder Anschauung
der Völker aufserhalb des westafrikanischen Kulturkreises herangezogen wird
Je mehr es gelingt, in die afrikanische Weltanschauung einzudringen,
desto klarer wird das Überwiegen der manistischen Ideen. Noch neigen
allerdings in Afrika einzelne Stämme animalistischer Anschauung zu. Weiter-
hin fehlt es auch nicht an lunaren imd solaren Mythen, aber sie treten als
dem Manismus dienende Motive auf.
Der Manismus setzt in der Frage nach der Ursache des Todes ein.
Das Wissen: „Der Mensch mufs sterben", ist bis jetzt von den unberührten
Afrikanern ebensowenig erworben, oder wenigstens als unumstößliche That-
sache anerkannt, wie von den Australiern. Viele Reisende haben das mit
Erstaunen erfahren. In Fragen nach dem Grunde des Todes des Mit-
menschen und nach dein Wesen des geistigen Fortbestehens setzt die
mythenbildende, Anschauungen scliaffende Schöpferkraft ein. Zunächst bleibt
die Frage zu erörtern , wieso der Mensch gestorben sei. Wird er beim Fischen und
Umschlagen des Bootes vom Meere verschlungen, oder wird er vom Raub-
tiere zerfleischt, vom Speere des Feindes ermordet, so ist der Grund klar.
Aber wie der kräftige Mensch krank werden kann, ist ein Problem. Es
ist die Frage, auf dio mit der Schöpfung der Zauberkräfte geantwortet wird.
Von den Naturgesetzen, mit denen der moderne Naturforscher so
gerne operiert, weifs der Wildling noch nichts. Er ist geneigt überall
willkürliche Gebundenheit und Freiheit anzunehmen. Er weifs noch nichts
von der Struktur der Naturmaschinerie. Was wir als Zauberkräfte auslegen
sehen, also als etwas Unnatürliches und Unmögliches belachen, ist für ihn
schwerer Ernst. Er weifs nicht, warum ein Nebenmensch nicht nächtlicher
Weile den Körper soll verlassen können, um ungesehen im Nachbarhause
unheimliche Dinge zu verrichten. Er sieht nicht, dafs zwischen bestimmten
Erscheinungen der ihn umgebenden Natur eine feste Beziehung besteht.
Er entdeckt nur, dafs sie unregelmäfsig,. nie gleichartig wirkt, oft plötzlich
das alltägliche Erschoinungsleben zu seinem Unglück durchbricht.
Krankheit und Tod gehören zu den schauerlichsten Ausnah meerschei-
nungen, die ihm begegnen. Den Grund sieht er in feindlichen Elementen,
die er meistenteils unter den Stammesgenossen antrifft. Doch wer unter
ihnen war der uuheiraliche Mordgeselle? Die animalistischen, die manistischen
und fatalistischen Anschauungen lassen ihn einen Modus finden, der ihm aus
dem Dilemma hilft. Er greift zu den Orakeln.
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Die manistischen Anschauungen können die Wünsche des Negers in-
sofern unterstützen, als der Primitive ein Fortbestehen der Gestorbenen,
wenn es auch andersartig als die irdische Existenz ist, für ganz selbstver-
ständlich hält. In welcher Gestalt der Tote fortbesteht, kommt weniger
in Betracht, als mit welchen Kräften er ausgestattet ist. Und man stellt
den Toten sich als an solchen aufserordentlich reich vor. Deshalb kann er
auch sehr wohl durch den eigenen Leichnam sich äufsern. Auf diese An-
schauung gründet sich die Sitte, den Leichnam auf eine Bahre zu legen
und ihn von mehreren Männern im Dorfe herumtragen zu lassen. Wo der
Tote die Träger zum Stehenbleiben zwingt, da ist nach dem zu suchen,
der das Hinscheiden herbeigeführt hat.
Wie gesagt, den Fähigkeiten der Geister wird ungemein viel zugetraut.
Sie müssen als unsichtbare Wächter die Thore bewachen, sie müssen für
Regen und für den Wohlstand der Icker sorgen, sie sind im Frieden Be-
rater, im Kriege Vorkämpfer. Die häufig den Ahnen dargebrachten Opfer
sind verständlich, da man ihnen Bosheit, Eifersucht, Rache, — zumal wenn
lange Zeit das Opfer ausbleibt, — Mifsgunst zutraut. Töpfchen und
Näpfchen auf dem Grabe werden mit Speise und Trank gefüllt. Speise-
opfer werden den Ahnenfiguren in das Gesicht gespieen, ja es giebt sogar
hohle Ahnenfiguren, in die die Opfergaben gegossen werden. Grofse Opfer-
feste werden den Toten gefeiert.
Es ist ein einfacher und natürlicher Wunsch der Afrikaner, selbst
in den Besitz der Geisterkräfte zu kommen , ohne zu sterben. Der Leib der
Toten ist nichts mehr, das sieht man sehr wohl. Auch verlieren die den
Geistern ausgesetzten Speisen nicht an Umfang. Es wird angenommen,
dafs die Toten sich mit dem geistigen Teile der Nalimng beköstigen. Will
der Mensch nun den Kraftbestand des Geistes erwerben, so mufs er in
gleicher Weise die Nahrung vernachlässigen. Je weniger ein Mensch ge-
niefst an Speise und an Komfort, resp. je mehr Enthaltungsgebote er auf
sich nimmt, desto stärker wächst das geistige Vermögen und die Mythe
erzählt, die in diesem Sinne erzogenen Jünglinge müfsten die Enthaltungs-
geboto bis zum Tode durchführen , worauf erst mit Wiedereinkörperung des
frei gewordenen Geistes die höchste Stufe der Geistergewalt erreicht wird.
Verehrung geniefst alles, worin der Tote weilen kann, alle Orte, in
denen sein Geist haust. So entsprofst Schädeldienst, Baumdienst, Wasser-
dienst. Wir hören von heiligen Steinen, Wäldern, Seen etc. Vor allem
aber wichtig wird die Tierverehrung, der Animalismus.
Wie oben auseinandergesetzt, entwickelt sich der Animalismus aus
der einfachen Naturansohauung, jener naiven Betrachtungsart, die noch den
Buschmännern eigen ist und darin gipfelt, dafs den Tieren die menschlichen
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Fälligkeiten zugeschrieben werden. Die umgekehrte Anschauung, die natur-
gemäß ist, dafs die Menschen tierische Eigenschaften und Vermögen be-
säfsen, hat eben dem Animalismus das Leben gegeben.
Hier gilt es vor allem festzustellen, dafs bei primitiven Völkern die
Schärfe des Denkens nicht so weit geht, dafs sie die Schwierigkeiten
resp. das Problem erkennen, das darin liegt, dafs eine Seele einmal ins
Geisterland vertrieben sei, dann aber wieder im Stab, im Schädel, im
Vogel, in der Eidechse, im Toten etc. wohnhaft geglaubt werde. Kulturell
höher stehende Völker haben sich mit den animalistischen Traditionen aus
alter Zeit so abgefunden^ dafs ein geregelter Formen Wechsel, ein "Wandern
durch mehrere Tiergestalten eingesetzt wurde. Das ist aber nur ein Ausweg
logisch meditierender Menschen, deren konventionelle Sinnesart es verbot,
die scheinbaren oder offenbaren Widersprüche in der Weltanschauung durch
Aufhebung und Streichung eines Teiles der Motive zu heben (Malaien In-
donesiens etc.); diese Stufe haben aber die Afrikaner noch nicht erreicht.
Zunächst gehört der Totemismus in den Bereich des Animalismus.
Der Totemismus ist eine Stammeseinteilung auf Grund meist matriarchalischer
Familientrennung, verbunden mit Exogamie. Ein Stamm mag z. B. in vier
Familien zergliedert sein, von denen die eine den Namen des Bären, die
zweite den des Adlers, die dritte den des Wolfes, die vierte den des
Raben führt (Nordwestamerika). Ein Jüngling der Bärenfamilie darf kein
Mädchen der Bärenfamilie, sondern nur eines der Wolf-, Raben- oder Adler-
familie heiraten etc. Totemistische Gebilde im Rahmen der Stammesbe-
nennung, der Speiseverbote persönlicher und erblicher Art, Stammesein-
teilung etc. lassen sich in Süd-, zumal aber in Westafrika nachweisen.
Hier finden sich in verschiedenen Stämmen zerstreut gleiche Familiennamen.
Oberguinea liefert die trefflichsten Beispiele: Hunde-, Büffel-, Leoparden-,
Schlangen-, Katzen-, Affen- etc. Familien sind vertreten bei zum Teil in
grofser Entfernung wohnenden Stämmen. Die Goldküste bot in alter Zeit
den ausgeprägtesten Typus. Alle Familien trugen Fischnamen. Die Mit-
glieder des gleichen Totems, wenn auch nicht des gleichen Stammes, be-
trachten sich als verwandt und dürfen auch hier nicht heiraten. Die auf-
fallende Erscheinung, dafs das Tier, dessen Namen eine Familie trägt,
nicht von den Mitgliedern derselben verzehrt werden darf, wird den Weg
weisen, auf dem der sonderbare Brauch entstanden ist. Die Thatsache, dafs
Tiere in dieser intensiven Weise das sociale Leben beeinflussen, deutet in
die Zeit des Animalismus, die Ausbildung in die Zeit des herrschenden
Manismus.
Die gleiche Erfahrung machen wir bei Betrachtung der Einzelbildungen.
Ich erwähne die Fananymythe. Fault der Kadaver, so treten Würmer au
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verschiedenen Stellen auf. Eine leicht verständliche Ideenverbindung hat
zu der Ansicht geführt, dafs diese einzigen Lebewesen in dem toten Körper
die Träger des Lebens derselben, d. h. die Inkorporationsform sein müfsten.
Der madagassische Glaube, der auch in Westafrika seine Analogieen hat,
dem zufolge diese Maden zu Eidechsen aufwachsen , erinnert zu sehr an
die Auffassungsweise der animalistischen Epoche, die Metamorphosen jeder-
zeit annimmt, um nicht in letzter Linie bis in diese Anschauungsform
zurückgehend angesehen zu werden. Ähnliche Metamorphosen tauchen vieler-
orts auf. Leoparden betrachtet man allgemein argwöhnisch. Es herrscht
der Glaube, das seien Mensehon, die zeitweilig den Körper verlassen hätten,
um in dieser Gestalt Gewaltakte an Befeindeten auszuführen. Den Gliedern
gewisser Familien schreibt man das Vermögen zu, sich in Krokodile ver-
wandeln zu können, um dergestalt Feinden nachzustellen.
Wenn ich die Ausbildung derartiger Ideen in Speise verboten auf den
Manismus zurückführe, so lege ich dem die Erkenntnis zu Grunde, wie sie
oben angedeutet wurde. Nämlich Leopard und Krokodil werden gerade des-
halb mit Sorgfalt getötet, weil sie Zauberer, d. h. die Geister Lebender ent-
halten, die Eidechse aber geschont, da der Geist eines Verstorbeneu sie
belebt. So mufs denn auch das totemistische Speiseverbot auf Beziehungen
zur Totenwelt hinweisen. Die Loangoküste liefert die ausgedehnteste Reihe
derartiger Verpflichtungen. Zu dem totemistischen Speiseverbot tritt nicht
nur das persönliche, bei der Geburt vom Ganga verliehene, sondern der
Mann, der von Krankheit, die als Einwirkung seitens unzufriedener Ver-
storbener gedeutet wird, befallen ist, nimmt noch ein weiteres in solchem
Falle auf sich. Auf diese persönlichen möchte ich, ehe eine bessere Deu-
tung gofunden ist, die totemistischen Verpflichtungen, die im unklaren
Gebräu des Animalismus aufstiegen und erst der festeren socialen Gliede-
rung jüngerer Zeiten ihre heutige Gestalt verdanken, zurückführen.
Die verschiedenen Kreise von Anschauungen des Animalismus sind
Variationongruppen einzelner Motive. Die merkwürdige Auffassung von
den räuberischen Leoparden und Krokodilen wird durch deren verderben-
bringende Gelüste und Mordanfälle erklärt, das Vermeiden des Fleisches
verschiedener Affenarten durch die beunruliigende Menschenähnlichkeit, der
zufolge diese als gestürzte Menschen oder als Vorfahren angesehen werden.
Unter die Tiere, deren höhere Bedeutung für das Geistesleben in ihrer
Eigenschaft als Opfer beginnt, gehört vor allen Dingen das Schwein, dann
auch das Huhn. Die Tiere, die beim Totenfeste verzehrt werden, sind
Eigentum des Verstorbenen, denen das Fleisch als Totenmitgift zu teil
wird. Die Schädel werden aufbewahrt. Sie nehmen eine Bedeutimg an,
die der Beziehung zum Toten entspricht. Die Schädelbeine werden Amulett,
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Kommunikationsmittel der Geister, und so gleitet ein Reflexlicht von dieser
Opferbeziehung in das alltägliche Leben; das Opfertier geniefst eine ge-
wisse Achtung.
Die hohe Bedeutung des Huhnes in dem Kultus der Afrikaner ist
nur in einer Beziehung auf seine Bedeutung als Opfertier zurückzuführen.
Es haben sich in ihm alle Bahnen der Vogelmythe vereinigt. Die Ent-
stehung derselben, deren primärer Sinn ist: der Vogel trägt die Seele nach
dem Tode der Sonne nach in das Jenseits — , ist nicht schwer verständlich.
Diese Tiere, die mit anscheinend übernatürlichen Kräften sich nicht nur in
die Lüfte schwingen, sondorn, zur Sonne emporsteigend, verschwindend,
müssen dem Auge des Wildlings auffallen. — Dem primären Sinn der
Vogelmythe entsprechend, wird dem Toten ein Huhn auf die Brust ge-
bunden oder das Blut eines Hahnes auf sein Grab gesprengt, „auf dafs er
den Verschiedenen in die Welt der Toten geleite". Die Abwandlungen
dieser Mythe endigen in unzählbaren Variationen. Zunächst wird dem Vogel,
der die Seele fortträgt, auch die Macht zugeschrieben, den Geist wieder
zur Erde zu führen. Man besprengt ein Ahnenbild mit Hühnerblut oder
wirft ein geopfertes Huhn in das Innere eines solchen, um den Geist in
das Holzbildnis herabzurufen. Dann kann der so mit manistischer Anschauung
ausgestattete Vogel das Orakel künden. Die Wirkung verschluckter Hühner-
haut zeigt den Schuldigen an. Oder dem Huhne wird ein Trank verabfolgt.
Ob es diesen von sich giebt oder ob es verscheidet, zeigt den glücklichen
oder unglücklichen Ausgang eines Unternehmens oder einer Begebenheit an.
Mit dem Lichte sind die Vögel in mehreren Anschauungen in Be-
ziehung getreten. Da ist vor allem die Mythe vom Gewittervogel zu er-
wähnen. Mit den mächtig ausgedehnten Schwingen verursacht er den
Donner, mit dem Schnabel schlendert er den Blitz. Ist der am Tage, im
Sonnen schein aufsteigende Vogel der die Seele ins Jenseits führende, so
bringt der scheue Nachtvogel sie aus dem Seelenlande zurück. Die Ver-
allgemeinerungs- und Abflachungslust hat daraus gemacht, dafs Tagvögel
(Hühner, Geier, Störche) Inkorporationsformen der Seelen seien ; Nachtvögel sind
die übelwollender und unzufriedener Angehöriger. Da der Hahn ein Tag-
vogel — der den Tagesanbruch verkündende — ist, darf er des Nachts
nicht krähen. Er wird, wenn er so gegen das Wesen seiner Art handelt,
vernichtet.
Als Omen wird allerorts Vogelschrei und Vogelflug gedeutet.
Ein eigenes Keieh der afrikanischen Anschauungen bewohnt die Schlange.
Sie bietet eine Todcsmythe. Die Gottheit frug: Wer will nicht sterben?
Alles scldief aufser der Schlinge. Die antwortete: Ich! Daher mufs alles
sterben bis auf die Selüange, die die Haut wechselt und weiterlebt. Sie
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ist daher die ewig junge. Sie ist in der Natur das Merkmal des Werdens
und Entstehens. In den raanistischen Anschauungen ist sie die Inkorpora-
tionsform der Ahnen. Sie teilt diese Bedeutung mit den in gleicher Weise
wie sie über die Hüttendächer hinhuschenden Eidechsen. Die Zutraulich-
keit gewisser Schlangenarten, die sich sogar füttern lassen, die Fähigkeit,
sich ohne Füfse fortzubewegen, und das Wechseln der Haut hat ihnen eine
hohe Stelle verschafft Vielerorts wird Eingehendes über einen umfang-
reichen Schlangenkultus berichtet.
Mit dem Übergang zur lunaren und solaren Weltanschauung
betreten wir das Gebiet der hohen Anschauungen, das Feld der Ideen, die
weiter reichen als zu der Beobachtung einzelner und Deutung einmaliger
Ereignisse. Die hohe Weltanschauung generalisiert, fafst zusammen, be-
schäftigt sich mit der Gruppe der Erscheinungen ßtatt mit dem einzelnen
Falle. Die niedere Anschauimg liefert die Antworten auf die Fragen, die
beim Schicksale des Individuums sich aufdrängen. Die hohe Anschauung
weifs von Institutionen der Natur zu berichten.
Die erste Etappe der höheren Mythologie hat sich noch nicht über
den Manismus erhoben, sie sucht nur erst nach den Beziehtingen des
Menschen zur Natur. In der Todesmythe verknüpft sie das Schicksal des
Menschen mit dem des Mondes. Die Formen der Mythe, wie sie in Süd-
afrika melirfach wiederkehren t dürften in jüngerer Zeit nicht unwesentlich
beeinflufst und umgebildet sein. — Auch das Einsetzen der lunaren An-
schauungen wird verständlicher und klarer werden, wenn die Mythologie
der Buschvölker unserem Verständnis näher gerückt ist. Das Hauptmotiv
derselben aber, dafs, wie der Mond, auch das Menschenleben ab- und zu-
nimmt, kehrt immer wieder. Später, in den Zeiten der solaren Dichtungen,
treffen wir, wenn auch seltener in Afrika (Huisi in der Sehangomythe
diene als Beispiel, siehe unten!) als in Oceanien und Amerika, die letzte Spur
dieser Mythen in den Figuren, die als lehensfeindlich, als Gegner der
Leben spendenden Sonnenhelden, dem Lichte nachstellen und Tod bringen;
das sind die ausklingenden Melodieen der lunaren Weltanscliauung.
Zu den solaren Anscliauungen leitet uns der Cyklus der Liebesmythen
herüber. Sonne und Mond sind ein Liebespaar, das in der Finsternis in
Liebeslust versinkt. Die Sterne sind ihre Kinder.
Die Samenkörner der solaren Anschauungsweise fielen in das Erd-
reich des Manismus. Wie im primitivsten Stadium der Mensch sein Wesen
und das der Tiere identificierte, in späterer Zeit sein Schicksal an den Mond
kettete, so gab er, als er sein Augenmerk der Sonne zuwandte, seinen
Toten das Schicksal, das der Sonne widerfährt. Er begann die Erweiterung
der Weltanscliauung mit der Einschaltung der solaren Erscheinungen in den
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Manismus. Indem so das Schicksal der Sterbenden mit dem Untergange
der Sonne in Zusammenhang gebracht wurde, enstand naturgemäß die An-
schauung, dafs die Seele des Sterbenden der Sonne beim Untergange folge.
Der Verstorbene wandelt auf der Sonnenbahn. In alten Berichten wird
von Benin erzählt: nach dem Glauben der Eingeborenen lebten die Ver-
storbenen in der Sonne. Wadell teilt aus Alt-Ealabar das Gleiche mit
Die Seele eines Kranken liefs sich nicht mehr zurückhalten, sondern flog
auf zur Sonne.
Die Brücke nun, über die die Sonne am Himmel entlang eilt, ist
auch der Pfad der Verstorbenen- Der ausgeprägteste Sonnenheld Westafrikas
steigt, wie wir später sehen werden, an einer Kette in die Tiefe. Auch
in anderen Sonnenmythen kehrt diese Bahn wieder, wenngleich in veränderter
Gestalt und verändertem Sinne. Zum Beispiel stellen sich viele Ewe die
scheinbare Bewegung der Sonne als einen fortgesetzten Kampf um den
Besitz der Wärme und Licht Spendenden eines starken Volkes im Westen
mit einem schwächeren im Osten, welches dieselbe an daran befestigtem
Seile zu sich zu ziehen sucht, vor. Da die Leute im Westen solange
wachend stets gewinnen, aber wenn sie ermüdet nachts schlafen, die im
Osten die Sonne wieder zu sich ziehen, so wiederholt sich täglich die
Procedur von neuem. Der Strick, an dem die Sonne hin und her gezerrt
wird, ist eine fast unkenntlich gewordene Sonnenbahn. — Die Madagassen
erzählen von silbernen Fäden, an denen die Toten zur Sonne emporsteigen.
Eine Leichenklage der Basuto lautet: Wenn ein Seil vom Himmel hernieder-
hinge, würde ich hinaufklimmen, würde ich steigen' und dort wohnen. Daran
schliefsen sich dann die Sagen von den Seilen an, an denen im Anfange
oder in alten Zeiten die Menschen himmelan und himmelnb klettern konnten.
Der solare Animalismus läfst die Seele nicht nur an den Stricken zur
Sonne emporgelangen, sondern diese Verbindungsmittel dienen ihm auch,
wenn er die Seele wieder herabziehen will. Will der Ganga einon Geist
befragen, so begiebt er sich in seine Hütte, von deren Dachspitze eine Kette
herabhängt. An dieser rüttelt er, bis sich der Geist herabläfst, worauf er
sich mit ihm unterredet. Es giebt ferner eine gewisse Art Schnüre, die
die Eigenschaft haben, den Träger mit den Verstorbenen in Beziehung zu
bringen. Eine weirse Korallenkette, die der Ganga um den Hals trägt,
dient dem Zwecke, dafs die Gottheit an ilir herabsteige. Damit ist ein
aufserordentlich wichtiges Bindemittel gewonnen. Weithin über Afrika, aber
zumal im Westen verbreitet, ist es Sitte, als Zeichen der Trauer einen Strick zu
tragen. Unschwer erkennen wir in demselben die Sonnenbahn wieder, auf
der der Tote ins Jenseits, aus dem Jenseits zurück in das Diesseits und
zu seinen sich nach ihm sehnenden Hinterbliebenen gelangt.
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Aber nicht nur im Trauerstrick können wir die „stilisierte" Sonnenbahn
erkennen. In Dahome sind diese Stränge, an denen die Gottheit Bich in
den Priester hinabläfst, zu Abzeichen geworden. Die Priester der einzelnen
Götter zeichnen sich durch die verschiedene Zusammensetzung der Schnüre
untereinander aus. Ferner sind Schnüre und Ringe auch Hoheitszeichen
weltlicher Art geworden. Eine aurserordentliehe, kaum zusammenzuhaltende
Fülle von „ Strickamuletten u steht in inniger Beziehung zu diesem An-
schauungskreise. Irgend eine Kraft soll herab- oder fortgeleitet oder auch
festgebunden werden.
Unter den anderen zahlreichen Erscheinungen, aus denen der Einflufs
der solaren auf die manistische Anschauung hervorgeht, betone ich be-
sonders die Schicksale nach dem Tode. Es ist der Ansatzpunkt, dio Quelle
des Solarismus. Bas Versinken des Sonnenballes ist stets von einem reichen
Mythenkranze umwoben. Hier hat sie einen Kampf zu bestehen. Rot lohen
die Flammen der wütenden Streite am Horizonte empor. Die nachfolgenden
Seelen kämpfen in gleicher Weise mit Thor- und Höhlenwächtero. Eine
zweite Auffassung läfst die Sonne am Horizonte verschlungen werden. Auch
die Seelen werden von den Gottheiten der Unterwelt verschlungen. Sehr
interessant ist der Übergang dieser Anschauung in den Bereich der Vor-
zauber nngsmythen. Als ein Häuptling der Nkosie nach dem Einrücken der
Baseler Missionare in ihren Hauptort starb, ward dem Missionar Autenrieth
der Vorwurf gemacht, er habe die Seele des Häuptlings „gegessen".
Da die Sonne weifs ist, werden auch die derselben folgenden Seelen
als weifs gedacht. Mit dieser Erkenntnis mag ein altes Problem gelöst sein.
Europäer wurden wegen ihrer weifsen Haut als Geister Verstorbener, ebenso
die hellfarbigen Albino als geisterartig angesehen. Die Thatsache ermöglicht
es auch, den Ursprung einer weit durch Afrika verbreiteten Mythe auf-
zufinden; ich meine die Mythe von den schwarzen und weirsen Menschen.
Folgende Lesart stammt von den Ufern des Njassa: Die ältesten Menschen
safsen im Mittelpunkte der Erde. Sie waren sämtlich schwarzhäutig. Als
sie auseinandergingen, mufsten sie zunächst durch einen Flufs waten, um
sich zu waschon. Zum Unglück waren die Voreltern der Neger dem Schlafe
sehr ergeben, eilten daher nicht sogleich zum Flufs und zum Ort ihrer
Bestimmung, sondern schliefen weiter. Beim Erwachen sahen sie, dafs alle
übrigen sich schon jenseits des Flusses befanden und von dem Wasser weifs
und rein geworden waren. Nun eilten auch sie zum Strome, gewahrten
jedoch zu ihrem Schrecken, dafs sein Bett bereits ausgetrocknet war und
kaum noch einige Pfützen enthielt. In der Hast stolperten sie und fielen
in die Lachen, infolgedessen ihre Hände und Fußsohlen benetzt und da-
durch etwas gebleicht wurden. — Im geschlossenen Raum, im Mittelpunkte
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Frobeninn, Afrikanische Kulturen.
Tafel 17/.
Tempel des Schan^o ans Voruha.
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der Erde, mit der Schwärze, also mit der Nacht beginnt die Mythe. Weifs
steigt die Sonne empor, wenn die Menschen auf der Wanderung im Strome
sich weifs waschen. Dem hellen Tage folgt die dunkle Nacht, so den
hellen die langsehläfrigen schwarzen Menschen. — Ich erwähne diese Mythe,
deren vollkommene Losung uns an der Hand mehrerer Versionen gelungen
ist, nur, um zu zeigen, wie die Afrikaner infolge des ständigen Betonens
der manistischen Beziehungen alle Motive der hohen in die niedere Mytho-
logie herabgezogen haben. Diesen sekundären Mythen gegenüber ist die
Zahl der primären Sonnensagen in Afrika sehr gering.
Betnichten wir einige der besten solaren und kosmogonischen
Mythen Afrikas.
Der besterhaltene Sonnenheld der Afrikaner ist Schango (vergl. auch
Tafel VII), der Blitz- und Donnergott der Yoruba. Er hat drei Frauen,
Flüsse, unter denen Oya, der Niger, die erste ist, Sie folgen ihm stets.
Sein Sklave, Biri, die Finsternis, geht in seinem Gefolge. Man erzählt,
bevor er Gott geworden sei, sei Schango ein Konig unter den Sterblichen
gewesen. Da liabe er einen Palast von Messing und viele hurtige Pferde
besessen. Er zeichnete sich als Herrscher durch gewaltige Grausamkeit
aus. Deshalb beschlossen seine G reisen, ihn zu vertreiben. Auf der Flucht
trennte er sich in einem grofsen Walde von dem letzton ihm treu gebliebenen
Sklaven. Nach einer Weile suchte ihn der Sklave, konnte ihn aber nicht
finden. Dio Nachrieht drang in die Stadt, woraufhin sich die Beamten des
Herrschers aufmachten, nach dem Verschwundenen zu fahnden. Sie fanden
ihn aber nicht mehr, wohl aber eine tiefe Grube, aus der das Ende einer
Eisenkette hervorragte. Sie konnten, lauschend, Schangos Stimme in der
Tiefe vernehmen. Da hauten sie an der Stelle einen kleinen Tempel und
liefsen zum Dienste dos neuen Gottes einen Priester zurück. In die Stadt
zurückgekehrt, sagten sie: „Scliango ist nicht tot Schango ist ein Orischa
(Gott) geworden. Er ist unter die Erde gegangen und lebt bei den Toten,
mit denen wir ihn sprechen hörten". Als aber die Zweifler und Spötter
sagten: „Schango ist tot, Schango hat sich selbst erhängt", da kam der
Gott in einem Gewittersturm selbst und erschlug viele der Ungläubigen,
um seine Macht zu zeigen. — In dieser Mythe wiegt die manistische Auf-
fassung über. In den folgenden erst wird Scliango zum wahren Sonnenhelden.
Nach der zweiten Auffassung ist Schango der Enkel von Aganju
(„der Wüste oder des Firmamentes* 4 ), ein Nachkomme von Okikische. Als
sein Vater wird entweder OUatalla, der Himmelsgott, oder Orungan, der
Mittag, genannt. Seine Mutter ist Yemaja, die Mutter der Fische, (bis Meer,
sein ältester Bruder Dada, die Natur, sein jüngerer ein Flufs, sein Freund
und Bundesgenosse Orischako, Gott der Farmen. Der Diener Schangos ist
Frubenius, Afrikanische Kultun-n. -1
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Osehumare, der Regenbogen, der in den Wolken Wasser von der Erde in
seineu Palast tragen mufs. Ora, das Donnergrollen, ist sein Bote, den er
mit großem Geräusche aussendet. Ein kleiner Vogel ist ihm heilig und
scino Verehrer verstehen den Ruf desselben. Seine drei Frauen und gleich-
zeitig Schwestern, die drei Hauptströme dos Landes, folgen ihrem Gemahl
beständig. Sein Sklave ist Biri, die Dunkelheit, sein Prister Magba, der
Empfänger.
Dieser Gott Sehango nun also wohnte zuerst als Herrscher von
Yoruba in Oyo. Einst empfing er von seinem Vater Obatalla ein mächtiges
Zaubermittel. Der davon Geniefsende ward in den Stand gesetzt, jedes
Hindernis zu überwinden. Sehango verzehrte den gröfsten Teil und gab
den Rest seiner Frau mit dem Auftrage, ihn zu verwahren. Als er sich
aber abgewandt hatte, verzehrte sie den Rest selbst. Wie immer ver-
sammelten sich am nächsten Morgen die Edlen und Häuptlinge zum Rat-
sprecheu und Ratsclüagen. Alle sprachen nacheinander. Als aber Sehango
zu sprechen begann, schlugen Flammen aus seinem Munde und es befiel
alle ein gewaltiger Schrecken. Ebenso lohten aus dem Munde der Oya, die
die Mädchen und Frauen des Palastes schelten wollte, Flammen, so dafs
alles entsetzt von dannen lief und der Palast bald ganz verlassen war.
Da sah Scliango, dafs er als Gott niemand untergeordnet sei und berief
seine drei Frauen. Er nahm eine lange Eisenkette in den Mund, stampfte
mit den Füfsen auf die Erde, die sich sogleich unter ihm fiffuete und stieg
mit seinen Frauen in die Tiefe. Die Erde schlofs sieh wieder, aber das
Ende der Kette blieb am Tageslicht.
Seit Sehango mit seinen drei Frauen in die Erde gestiegen war, kam
er oftmals zur Welt zurück. Eines Tages, als er unten in der Tiefe die
Oya gescholten hatte, weil sie von seiner „Medizin* 4 gestohlen liatte, und
sie, erschreckt durch seine Gewaltsamkeit, von dannen geflohen war, suchte
sie Zuflucht bei ihrem Bruder, dem Seegott Olokun. Als Sehango von
ihrem Aufenthaltsorte gehurt hatte, that er einen heiligen Schwur, sie so
zu schlagen, dafs sie seine Streiche nie vergessen solle. Am nächsten Morgen
stieg er mit der Sonne empor, folgte ihr den ganzen Tag auf
ihrer Bahn und erreichte mit ihr am Abend den Platz, wo Himmel
und Erde sich berühren. Er stieg hinab in das Land ihres Bruders
Olokun. Die Sonne hatte nicht die Absicht gehabt, Sehango den Weg ül>er
den Himmel in Olokuns Palast zu zeigen und Sehango war es schwer ge-
fallen, ihr zu folgen, ohne gesellen zu werden und sich zu verbergen,
wenn die Sonne sieh umwand. Als Sehango Olokuns Palast orreichte, und
daselbst Oya sah, machte er ein greises Geschrei und viel Bewegung. Er
stürzte vorwärts, um sie zu ergreifen; doch Olokun hielt ihn fest. Wie
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nun die zwei miteinander kämpften, lief Oya mit ihrer Schwester Olosa
(der Lagune) von danneu. Als Oloknn sah, dafs Oya entschlüpft sei, liefs
er Scliango frei, der nun, grimmiger denn vorher, drohend und fluchend
hinter seiner Frau herlief. In seiner Wut rifs er Bäume rechts und links
vom Wege mit den Wurzeln aus. Oya sah vom Hause ihrer Schwester
aus, wie Schango über die Bänke der Lagune daherkam. Wohl wissend,
dafs Olosa sie nicht zu schützen vermöge, beganu sie die Flucht von neuem
und eilte an den Ufern entlang zu dem Platze, wo die Soune unter-
geht. Als sie so rannte und Schango heulend und brüllend hinter ihr
her hetzte, stürzte sie sich in ein Haus, das am Wege stand und flehte
den Mann, der darin war, um seinen Schutz an. Sie bat ihn, — er hiefs
Huisi, — sie zu verteidigen. Huisi fragte, was er, der Mensch, gegen
Schango ausrichten könne. Da gab ihm Oya von der Medizin, die sie ihrem
Manne gestolden hatte, zu essen. Darauf ward Huisi ein Orischa und
versprach, sie zu schützen. Als Schango näher kam, rannte Hmsi zu den
Bänken der I^agune und zog einen mächtigen Baum mit den Wurzeln heraus,
ihn gegen Schango in der Luft schwingend. Da kein weiterer Baum in
der Nähe stand, ergriff Schango das Bot des Huisi und schwang es in der
Luft gleich einer Keule. Als die beiden Waffen gegeneinander sausten,
zerbrachen sie in Splitter. Dann rangen die beiden Orischa miteinander.
Flammen schlugen aus ihrem Mimde und die Füfse traten klaffende Spalten
in den Boden, als sie sich so hin und her schleuderten. Der Kampf währte
eine Zeitlang, ohne dafs der eine des anderen Herr zu werden wufste, bis
zuletzt Schango wuterfüllt einsah, dafs er hintergangen sei und fühlend,
dafs seine Kräfte nachließen, auf die Erde stampfte, worauf sich die Erde
aufthat. Er fuhr hinab, Huisi mit in die Tiefe ziehend.
Scliango ist ein echter und rechter Sonnenheld. Er wolint in einem
Palaste aus blinkendem Metall, das ist die Sonne. Er ist geboren von
Himmel (Obatalla) und Meer (Yemaja). Sein Bundesgenosse ist Gott der
Farmen, denn die Sonno ist das Gestirn der Fruchtbarkeit. Dir folgt die
Finsternis, das ist der Sklave Bin. Die Kette, die aus der Grube ragt, an
der der Gott hinabsteigt, ist die Sonnenbahn, auf der auch die Verstorbenen
in das Jenseits eilen. Und Schango, der Sounengott, ist auch der Herrscher
der Toten. Wir sahen schon, wie der Manismus unter solarem Einflüsse
den Satz gezeitigt hat: die Seele folgt der Sonne.
Es ist hier nicht der Platz, auf alle Einzelheiten und Parallelen in
der afrikanischen, noch wenig bekannten Mythologie liinzuweisen. Ich
betone nur, dafs die Medizin und das Zauberinittel dem Feuer in den
Feuerdiel »stahl -Mythen anderer Völker entspricht. Sie gewährt die Kraft,
alle Hindernisse zu überwinden und nach dem Genüsse flammt die Lohe
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aus dem Mumie. Das ist die Glut der auf- und untergehenden Sonne. In
den drei hier wiedergegebenen Mythen sind vor allem Bilder des Sonnen-
unterganges gellten. Schango fährt in die Tiefe. Die dritte ist die schönste
Mythe. Sie stellt die ganze Sonnenfahrt eines Tages dar. Sie beginnt
mit dem Diebstahl der Medizin respektive des Feuei-s da, wo die Sonne
aufgeht. Der Gott folgt dem Sonnenhall bis zum Altend. An dem Platze,
wo sieh Himmel und Knie berühren, am Horizonte also, entspinnt sich im
Momente des Sonnenunterganges ein wilder Kampf. Schango wird besiegt,
er stampft auf die Erde und versinkt in die Tiefe. — Die Sonne ist er-
müdet, sie geht unter.
Schango ist nicht der einzige aus Afrika bekannte Sonnenheld, wenn
auch der am klagten ausgebildete oder erhaltene. Es sind Fragmente solarer
Gestalten auch sonst aus West- und Südafrika bekannt. Mit wenigen
Linien mag ein solches Bruchstück aus Südafrika hier skizziert werden. —
Von einem gewissen Hulteane erzählen die Bassuto, ein Betschuanenstamm,
folgendes: Ein ungeheures Tier, Kammapa mit Namen, verschlang einst
alle Menschen. Nur eine Frau blieb übrig. Sie verbarg sich sorgfältig vor
dein Menschenmörder und brachte in der Verborgenheit ein Knäblein zur
Welt, das war wunderbarerweise mit einem küstlichen Halsschmuck schon
bei der Geburt geziert. Sie trat vor die Thür der ärmlichen Hütte, um
ein wenig Stroh zusammenzusuchen. Als sie wieder zurückkam, erschrak
sie arg, denn das Kind Hubeane war sehen zum ausgewachsenen Manne
emporgewachsen. Hubeane zog mit einem Messer aus, Kammapa zu töten,
ward aber von dem Ungeheuer "verschlungen. Mit dem Messer bohrte er
aber ein Loch in Kammapas Magen, worauf alle Menschen mit ihm wieder
an das Tageslicht durch die Öffnung herauskamen. —
Das plötzliche Aufwachsen ist das Merkmal vieler Sonnenhelden. Die
Sonne steigt schnell am Morgen empor. Die Sonne wird abends von «1er
Erde oder der Finsternis verschlungen, so auch Hubeane. Am Morgen aber
bolirt der Sonnenheld ein Loch in den Magen des Ungetümes, durch das
er herausschlüpft. Der Anschlufs an den Manismus ist auch hier geboten.
Wie die Sonne abends verschlungen wird, so auch die Seelen der Verstorbenen
und in der Mythe alle Menschen.
Aus dem Kreise der solaren Anschauungen geht auch die Sehöpfungs-
mythe hervor. Die Losart der Yoruba lautet: Die beiden Gottheiten des
Himmels und der Erde lagen im Anfange in einer Kalabasse dicht auf-
einander geprefst. Es entspann sich ein Streit, wobei der Himmelsgott der
Göttin ein Auge ausrifs. Da sprangen die Kalahassendeokel auseinander. —
Die Ursprungsmytho ein einmalig geschildertes und vergröfsertes Ereignis,
ein in die Vergangenheit versetztes Bild des täglichen Sonnenaufganges. In
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der Nacht liegen Himmel und Erde aufeinandergepreßt. Wenn nun der
Erdgöttin im Kampfe das Auge ausgerissen und es Tag wird , so lieifst das,
dafs die Sonne sich im Aufgange emporringt. In gleicher "Weise wird
auch das Untergangsmotiv der solaren Mythen in die Kosmogonie eingeschaltet.
Vielerorts wird erzählt: Vor langen Zeiten lebten schon einmal Menschen
auf der Erde. Da ward der Himmel herabgestürzt, worauf alle Menschen
erschlagen wurden. Das ist das tagliche Niedersinken des Himmels auf die
Erde, wenn die Sonne untergeht. Zum Schlüsse dieses Abschnittes sei
darauf hingewiesen , dafs die Umkehrung der solaren Untergangsmythe auch
eine Sage der Menschenenstehung gegeben hat. Im Tode vorsinkt nämlich
die Seele mit dem Tagesgestirn im Felsen der Sonnenhöhle. Im Anfange
aber gingen die Menschen aus einem Stein oder einer Höhle hervor.
Überblicken wir die ganze Reihe der aus Afrika bekannten solaren
Anschauungen und Mythen, so können wir sagen, dafs nur in manistischen
Formen aufgelöste Bruchstücke einst vollendeterer, klarerer Gebilde allge-
mein sind, dafs die walirhaft hohe Mythologie auf ein sehr geringes Mafs
von Ülwrresten zurückgedrängt ist, dafs wir mit einem Worte in Afrika
nur noch die Fragmente einer höheren Weltanschauung aufzufinden vermögen.
Dieses Bild der afrikanischen Weltanschauung soll uns nun also im
wesentlichen als Basis der Darstellung einiger Verwandtschaftsprobleme
dienen. Es ist naheliegend bei der fast völlig westlichen Verschiebung der
afrikanischen entfalteteren Mythologie an malajonigritiseho Beziehungen zu
denken. Ist doch aufserdem im Verlaufe der Betrachtung der materieHen
Kultur schon mancher Lichtstrahl als Fingerweis nach dieser Richtung ge-
fallen. Wir hörten vom Summen des Schwirrholzes und dem Geisternetz
und der Geisterangel als Ausläufer malajonigritischer Fischerkultur, hörten
von den Aualogieen des Fisch -Totemismus imd sehen die Rohrursprungs-
mythe in Afrika einziehen und zwar an der Südostküste. Wir sahen sie
hier einziehen und dem Inneren zu verklingen. Ob dabei nicht ein Echo im
Kongogebiet erfolgt ist, mufs dahingestellt bleiben. Von der Weltanschauung
der eigentlichen Kongovölker wissen wir nichts. Wir müssen also Umschau
halten nach einem besseren Material der Weltanschauung oder Kunst, wenn
wir das Bild der Bewegungen dieser beiden Äufserungsformen oder Trieb-
kräfte der Kultur in Afrika feststellen wollen. Das ist das geographische
Problem.
Das zweite Problem wäre das rein sachliche, wesentliche, die Frage,
wie die Weltanschauung in Oceanien denn beschaffen sei und ob hier ein
speeifisch malajonigritischer Typus sieh herausschälen Lasse. Dafs die Kunst
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— und es soll sich hier nur um die steinende Kultuskunst handeln — der
Religion sich parallel oder gleich wertig, d. h. gleich an Gehalt und analog
im Ausdruck, entwickelt, geht aus der obigen Ausführung hervor (vergL
Tabelle III). Wir müssen demnach in Oeeanien feststellen, ob es eine Form
der Weltanschauung und Kunst giebt, die der westafrikanisehen Entwicklung
im Charakter und im Gehalt (Motive und Verbindung der Motive) entspricht.
In dem Werke über die Weltanschauung der Naturvölker ist ent-
wickelt worden, wie bedeutungsvoll der Unterschied Melanesiens und Poly-
nesiens dadurch erscheint, dafe in ersterem der Manismus alle höheren
Mythen zum allgemein Menschlichen herabdrückt, in letzterem dagegen der
Manismus durch die gewaltig ausgebildete Kosmogonie die Betonung der
solaren Mythen fast gänzlich vermischt erscheint. Also zeigt Melanesien
gleich Westafrika das Ülierwiegen der aufsteigenden Ivulturanschauung.
Und es bietet, so will ich hier hinzufügen, auch in der Kunst eine gleiche
Entwicklungstendenz.
Für uns, die wir den Bau der Kulturen studieren, ist die weitere
Frage von Wichtigkeit, wie der Unterschied der beiden Anschauungs- und
Kunstformen Ozeaniens zu verstehen sei. Ist es eine Folge der fremden
Einflüsse oder eine Folge der Geschichte? Sollte es als eine durch den Boden
gebotene Eigenart zu erklären sein? Nim, vor allen Dingen liegt doch
wohl der Grund im Wesenszuge der ganzen Kidturform. Die Polynesier
sind gut orgauisierte, dabei einheitlich ausgebildete Typen. Die Spracho
der Stamme zeigt wenig Unterschied. Und so die Mythologie ebenfalls.
Die polynesische ist eine Volksanschauung. Sie wird in heiligen Gesängen,
in ganz bestimmt geformten Mythen aufbewahrt. Eben weil sie diese Ein-
heitlichkeit im Wissen besitzen, hat man ja geglaubt, statt mit Mythen es
mit Erinnerungen an historische Begebnisse zu thun zu haben. Demgegen-
über verfügt Melanesien auf kleinem Räume über grol'se Sprachdifforenzen.
Die Völker zerfallen in viele kleine Gemeinden mit eigener Obrigkeit. Und
in der Weltanschauung und Kuust liat jeder seine Meinung im speciellen.
Keiner erzählt eine Sache wie der ändert- und es würde ihnen wahrschein-
lich viel Vergnügen bereiten, wenn sie wfifsten, wie diese ihre ausgebildete
Individualität in der Anscliauung in Europa die Gemüter erregt; denn
die Reisenden fuhren sich in ihren Berichten schon gar manches Mal in
die Haare, weil jeder meinte, die Sache richtiger erfahren zu haben, weil
sein Papua ihm die Angelegenheit nach der eigenen Anschauung mitgeteilt
hatte, die mit der des Berichterstatters eines anderen Reisenden nicht
übereinstimmte.
Die Kunst bietet ganz die gleichen Unterschiede. Der Polynesier
schnitzt fast stets die Kerbreifen des Nachbars, der Melancsicr malt fast nio
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das gleiche Ornament zweimal. Dabei ist natürlich eine bestimmte Ver-
armung auf der einen Seite, eine gewisse Überladung an Motiven auf der
anderen Seite das Ziel beider Entwicklungen. Es ist das der Unterschied,
der ja auch die west- und ostafrikanische Kunst charakterisiert. Und die
Parallelität zwischen Ostafrika und Polynesien einerseits und Melanesien
und Westafrika andererseits läfst sich bis in die äufsersten Glieder der
Entwicklungsreihen nachweisen. Ich kann aber hier nicht weitergehen,
der Weg führt zu weit ab. Es mufs uns genügen, hier festgestellt zu
haben, dafs Kunst imd Weltanscliauung der Melanesier und Westafrikaner
die gleiche Richtung im Gegensätze zu den Polynesiern bevorzugen, wes-
halb das Stichwort „malajonigritisch" für don auimalistischen und solaren
Manismus, wie wir ihn in Afrika geschildert haben, angewendet werden
darf. Aufserdem haben wir auf Probleme hingewiesen, die bei Wiederauf-
nahme des Stoffes im occanischen Kulturgebict näher erörtert werden können.
Nunmehr soll aber an der Hand einiger Beispiele das Bild malajonigritischer
Kunst und Weltanscliauung in Afrika vertieft werden. Dabei mag als
Ergänzung zu der obigen Darlegimg jetzt die Kunst und zwar solches
Material bevorzugt werden, welches einen Anhaitcpunkt für die Prüfung
der geographischen Entwicklung und Verbreitung dient. Ich ziehe deshalb
heran drei Arten von Schnitzwerken: die Ahnenflguren , die Masken und
endlich den Kameruner Schiffsschnabel.
Die Vorgeschichte der Menschen figur liegt im Bereiche der Natur-
anschauung. Sie beginnt da, wo in Oceanien und Afrika die Mumien liegen.
Von der Mumienbewahrung bis zum Schädeldicnst ist ein ähnlicher Weg
wie von dem Buschmannsgcmäldo bis zum Augenornament. Verkümmerung
des Einzelnen und gleichzeitig Anhäufung dieser Teile äst bezeichnend.
Denn erst ward die Mumie vereint. In ihr wohnte ein bestimmter Mann
der Vergangenheit, der meistens ein grofser Mann gewesen war. Dann
ward nur noch der Schädel bewahrt. Hier war schon nach einigen Gene-
rationen das Bewulstsein, um wen es sich handele, verloren und damit dem
Schädel ein Durchschnittswert gegeben. Nun lag der Wert nicht mehr in
der Macht des Individiuums und als treuer Wertmesser stellte sich die
Summe der Scliädel ein. Wir können diesen Anfang und Ausgang des
Sehädeldiensb's sowohl in Afrika als in Oceanien sehr leicht beobachten.
Im Beginn liegt die Sitte, die Schädel der Eltern, der Kinder oder des
Gatten an einer Schnur stets mit sich zu tragen. Am Ende dagegen ent-
rollt sich das schauerliche Bild der Schadeljagd. Der Dajak und auch
inelanesische „Kecken" lauern im Busche dem Feinde auf, erschlagen ihn
und bringen ihn im Triumphe heim als Bereicherang des Schädelscliatzes.
Wer mehr hat, ist der Geehrten*. Am Kongo schlachtet der Wohlhabende
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iit
von Zeit zu Zeit einen Sklaven und die Köpfe, die auf Stangen rings um
das Gehöft aufgepflanzt sind, bieten den Mafsstab für die Achtung, die ihm
die Nachbarn gewahren. Das ist sehr „landlieh, sittlich."
So fliefst die Sitte, den Schädel nicht mit zu bestatten, aus der Natur-
anschauung. Er erlullt einen bestimmten Wohnort in einem Topfe, einer
Kiste, einem Korbe oder auch einem holden Baume. Am Ogowo wird dem
Leichnam des Häuptlings der Kopf abge-
schlagen und dieser gründlich geräuchert.
Les Adoumaa gardent les tetes de leurs
chefs morts dans des juniers sorvant d'urnes
fun.'raires et surmontös de l'idole api*#e
Mboueti. Mboueti ist ein roher Holzblock
mit einem Gesicht. In Oeeanien schnitzt
man ein rohes ITolzbildnis, dessen unver-
hälruismäfsig groteer Kopf hohl ist. In die
Höhlung wird der Schädel eingefügt. Und
damit ist das Ahnenbild in drastischer Weise
als Träger des Geistes eines bestimmten
Menschen bezeichnet. In Westafrika findet
sich eine grofse Menge von Parallelen.
Einmal sind klein»' Holzfiguren, deren hohler
Kupf eine mysteriöse Sali*» oder sonst etwas
„Heiliges' 4 trägt, nicht selten. Dann wird
das Ahnenbild al>er auch dadurch erst „be-
lebt", dafs ein Wh in den Kopf gebohrt
wird, ein Kräutlein vom Grabe des Toten
oder ein den Geist hineintragendes Huhn
eingefügt wird. Die Öffnung wird ver-
schlossen.
Ich will schon hier auf sehr wichtige
Beziehungen zwischen Menschen- und Tier-
bild in der malajonigritisehen Kunst hin-
weisen. In Oeeanien stehen die Ahnenbilder
nicht selten auf Tiergestalten. Man hat
dies wohl mit Kocht als ein Zeichen des
Totemismus angesehen. Derartige totemistisohe Bildungen kommen auch an
der Westküste Afrikas vor. Da ist z. B. Fig. 216 ein sehr altes Stuck, das
wahrscheinlich aus Jornba stammt ('Augenbildung! etc.). Das Weib steht auf
einem schwalbensehwanzartigon IVdestal, das dem Kopfputz des Schango
(siehe die Tafel I) sehr ähnlich ist. Dieser Schwalbenschwanz trägt das
Fig. 216.
Menschenhgur von Oberguinca,
wahrscheinlich .Joruba oder Niger-
mündung (Missiunsinus. in Basel).
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Bildnis eines Tieres. Auf den mit Figurenwerk reich beladenen Elfenbein-
zähnen aus Benin sind auch Menschen figuren mit derart anscheinend tote-
mistischen Zeichen unter den Beinen vertreten.
Ein zweites wichtiges Motiv der ozeanischen manistischen Schnitzerei
bietet die Verbindung dos Menschen- mit dem Vogelbildnis. Ich habe
darauf unten noch zurückzukommen. So hängen in den Tempeln auf Neu-
meckleuburg Bretter, auf denen Vogelköpfe mit riesigen Schwingen darge-
stellt sind. Oft auch sind es Menschenköpfe, denen die gewaltigen Flügel
angefügt wurden. Ein ganz gleiches Brett ist in Fig. 217 abgebildet Es
hat eine Länge von 67 cm. In der Mitte findet sich ein Menschenkopf.
An beiden Seiten desselben zwei der I>ängsachse
nach durchschnittene Ovale, daneben am Rande je
drei Halbovalbildungen. Die letzteren sind sym-
metrische Ergänzungsstücke. Die Ovalbildungen sind
aber Rester von Flügclgestalten. Als Fig. 217a ist
ein Vogel abgebildet, der wie viele seinesgleichen
zeigt, dafs in dieser Gegend die Flügel so blattförmig
Fig. 217.
Brett mit Schnitzerei („ Fetisch der Bangala", Slg. Schutt im Borlinor Museum
für Völkerkunde III C. 125G); a ein Vogelbild. Kiokeschnitzerei (Dresden).
wie in Neumecklenburg hergestellt werden. Und auf solche blattförmigen
Flügel führe ich auch die Ovale neben dem Kopfe auf dem heiligen Brette
der Bangala zurück.
Weitere wichtige Parallelen bieten die AVaffenpfahlbildungen, die Ahnen-
reihen. Sie sind zurückzuführen auf ein sehr einfaches Verfahren : Um irgend
eine Zahl, sei es die der erschlagenen Feinde, der Ahnen oder bestimmter
Ereignisse, anzugeben, werden an den Ästen und Pfählen, die die Gräber
schmücken und in denen der Geist der Toten weilt, entsprechende Reihen
von Kerbschnitten angebracht. Nun nimmt der Giebelpfahl des malajoni-
glitischen Hauses eine bestimmte Rolle im Anschauungsleben ein. Er wird
in Oceanien über einem Menschenopfer errichtet und ist der Platz, an dem
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die Sonne verehrt wird. An ihm 'hängen die Schädel der erschlagenen
Feinde, auch dio Unterkiefer der geopferten Schweine. An ihm buchen die
Malajonigritier Afrikas und Oceaniens die wichtigsten Ereignisse. Er trägt
die Tierbilder des totemistischen Clans und so treten übereinander gestellt
auch die Ahnenreihen an diesem Giebelpfciler in Oceanien und Afrika
(Fig. 218) auf. Es ist das ein wichtiges Merkmal der malajonigritischen
Kultur.
Fig. 218.
Tempel hei Banana (nach Originalphotographie).
AufTaf. VII ist ein sehr seltenes Stück abgebildet, ein kleiner Tempel
des Sonnenhelden Sehango. Solche Tempel werden von den Völkern der
Guineaküste teils an den Hausthüreu, teils in den heiligen Hainen auf-
gestellt. „Es ist der Gott Schango, seine Frau Oya und ihre Familie.
Die Figuren sind mit Amuletten bedeckt und von den Attributen Schangos,
des Dontiergottes, umgeben, unter anderen eine Eisenlanze in Schlangenform,
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welche den Blitz repräsentiert, und Kultusglockcn aus Kupfer und Eisen."
Das ist eine schwache Auskunft, denn von den vielen Dingen, die uns hier
entgegentreten, ist fast nichts erklärt Die grofse Figur mit dem Barte ist
offenbar Schango, die Frau daneben Oya. An ihnen fällt vor allen Dingen
die Augeubildung auf. Die Querachse der linken Augen beider ist hori-
zontal, die der rechten schräg gelegt. Die rechten Augen sind dabei gröfser
und mit je drei Augensternen versehen. Auch sehen wir, dafs dio Augen
aller anderen Figuren anders gebildet sind, nämlich mit einem runden statt
des ovalen Augapfels, dem aufsei dem die Sterne fehlen.
Mit das Merkwürdigste ist der auf die Erde golegte Kopf. Ist es
das Bild der untergehenden Sonne? Vielleicht! Aber andererseits tritt eine
Sitte als beachteuswerth hervor. Stuhlmann traf am oberen Ituri vor einer
Ilntte den Schädel eines angeblichen Wambuba- Zauberers zur Hälfte ein-
gegraben; er hatte in jener Hütte gewohnt. Nach Yogel werden die Toten
der Tangale in sitzender Stellung bis an den Kopf eingegraben. Die Bube
bestatten ihre Toten in sitzender Stellung und zwar so, dafs der Kopf
aus der Erde herausschaut. Odentes, eines verkümmerten Sonnengottes der
Goldküste, Wohnort wird so hergestellt, dafs ein Knabe getötet wird.
Er wird stehend bestattet, so dafs der Kopf hervorsieht. > Er wird mit
einem Topfe bedeckt, über dem Topfe aber der Lehmhügel errichtet, der
die Untergangshöhle der Sonne darstellt, in die ihr die Seelen der Ver-
schiedenen folgen.
Nun Oceanien. Auf Anietyum wurden die Vornehmen in der Erde
begraben, so dafs nur der Kopf herausstak. Auf den Gilbertinseln herrseht
der gleiche Brauch. Dio Battak auf Sumatra üben ein schauerliches Ver-
fahren, um die Lebenskraft für ihre Ahnenstäbe zu gewinnen. Ein Knabe
von 9 — 11 Jahren wird so begraben, dafs niu- der Kopf über der Erde
bleibt. Scliarfe Gewürze werden ihm hierauf in den Mund geschüttet, so
dab in der furchtbaren Sonnenhitze ein schauerlicher Brand entsteht. Man
sichert dem Flehenden einen kühlenden Trank zu, wenn er verspräche,
nach dem Tode die Lebenden zu schützen. Sowie er das Versprechen
gegeben liat, wird ihm glühendes Blei in den Hals gegossen. Aus seinem
Kopfe wird darauf etwas von der Gehirnmasse genommen und diese in
die Ahnenstäbe gefüllt, so dafs sie Leben erhalten. In der Mythe der
Gilbertinsulaner ward der Sonnenball als ein Kopf ohne Rumpf und Glieder
geboren. Tangatta zerschellte diesen im Zorne. In der Nacht fanden sich
jedoch die Teile des Kopfes wieder zusammen. Das geschah mehrmals,
bis zwei Frauen vorbeikamen und den Kopf mitnahmen. Als sie den Kopf
auf die Erde legten, begann diese sofort zu brennen. Das Feuer verbreitete
sich über alle Inseln etc.
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Wir sehen in der letzten Mythe eine Darstellung des Unterganges
und des Aufganges der Sonne. Der manistische Zusammenhang ist klar.
Dieselben Gilbertinsulaner, die die Sonne als Menschenkopf ohne Rumpf
und Glied feiern, bestatten ihre Toten so, dafs nur der Kopf aus der Erde
schaut. Und die Negerstämnie der Goldküste graben einen Menschen ebenso
in die Höhle ihres alten Sonnengottes ein. — Also dürfen wir in dem
Kopfe des Sonnentem]>els vielleicht die untergehende resp. aufgehende Sonne
erblicken.
Die drei knieenden Figuren vor Schango und Oya sind nicht erklärt.
Wir haben es hier wohl mit Gestalten aus dem Gefolge Sehangos zu thun.
Der Frau vor Schango fehlen die Brüste, der Figur vor Oya ein Arm und
anscheinend das membrum virile. Mit am meisten vermag aber die Reihe
der Figuren, die den „Götterkreis" umgeben, zu interessieren. Hier sind
zwei Krokodile abgebildet, die auf eine liegende Menschen tigur zueilen. Ist
das der Horizont oder eine Untorgangsdarstellung? — In Joruba, Benin,
Kalabar und am Unterlaufe des Niger liegen noch immer die köstlichsten
Schlitze ungehoben. Hier haben sogar anscheinend die geometrischen Muster
noch Namen figürlicher Dinge. Hier giebt es Kosniogonicen und allerhand
Schnitzwerk wie diesen Schangotempol , die nicht anders als die Ausdrucks-
formen einer noch mehr als halbwegs bewufsten Mythologie erscheinen.
Aber wahrend die Afrikareisenden in Parforcemäi-schen den geographischen
Problemen nachstreben, die doch unverändert bleiben, verkümmert hier
alles unter dem unheilvollen Einflufs des Mohainmedanismus imd des Christen-
tums. Unheilvoll für uns Ethnologen, die mit Trauer dem Laufe der
Dinge, ohne eingreifen zu können, zuzusehen gezwungen sind. Für solche
Dinge ist das Sammeln materieller Schütze weniger wesentlich als die
Sicherung zugehöriger Texte. Wird hier niemand die von Ellis so glänzend
begonnene Arbeit wieder aufnehmen? Schwerlich. Ich fürchte, die Rei-
senden werden nach der Trümmerstätto, dem alten Benin, strömen und
das jetzt noch Bestellende erst dann schätzen lernen, wenn es auch zer-
fallen ist.
Das geographische Problem findet in der Verbreitung derartiger
Schnitzwerke ein wertvolles Hilfsmittel (vergl. Karten XI und XXVI). Die
Ahnenbilder gehören vornehmlich dem westafrikanisehen Kulturkreise an.
Wenig kommt in Betracht, was außerhalb desselben gefunden wurde. Eine
eingehende Durchforschung der Formen wird ein gleich wertvolles Material
und Beweismittel für die Völker- und Kulturströmungen bieten wie die
Untersuchung der Masken und Geheimbünde, die in einem selbständigen
Werke vorgenommen ist. Sie hat gezeigt, wie die Maske aus dem Süd-
osten stammt und bis zum Xigerdelta vorgedrungen ist, wie von hier eine
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Rückströmung in das Kongogebiet, dann aber auch eine neue Ausstrahlung
bis nach Senegainbien hin erfolgt ist (vergl. Kartenblatt 5, Nr. XXVI).
Die Maske selbst tritt aus drei Elementen hervor: der Hüttennmske, der
Schädelmaske und der Tiermaske. Die erste ist das Entwicklungsprodukt der
Geisterhütten , in denen die Verstorbenen wohnen. In solchen Behausungen
verbringen auch die die Vergeistigung Durchmachenden (vergl. Kap. 9, S. 259 ff.)
die Zeit der Enthaltungsgebote. Wenn sie sie verlassen, sind sie selbst
geistergleich und bezeugen dies dadurch äufserlich, dafs sie in dieser
Geistorwohnstadt einhcrwandeln. Das ist ein echt malajonigritisches Motiv,
das auch in Oceanien beobachtet werden kann.
Die Schädelmaske entsprofst dem Schädeldienste, wie er oben dar-
gestellt wurde. Im Schädel des Toten wohnt dessen Geist. Der Neu-
pommer und auch andero Melanesier tnigeu noch vor wenig Dccennien
Schädelbeine eines Verstorbenen als Maske vor dem Antlitz, wenn sie von
den Ahnen ergriffen oder besessen werden wollten. Der Westafrikaner
aber fängt die aus dem abgeschlagenen Kopfe der Iläuptlingsleiche heraus-
fliefsende Geliirnflüssigkeit auf, um die eigene Stirn damit einzureiben,
wenn er mit dem grofsen Toten in Beziehimg treten will. Aus der
Schädelmaske sind die gekleisterten Kalk- und Wachsmasken mit einem Holz-
oder Rohrgestell als Unterlage offenbar hervorgegangen. Ihnen folgen die
Holzmasken.
Die Tiermasken schliefsen sich dem Totemismus an. Aber es mögen
auch andere Ideen der auinuilistisch-manistischen Anschauung in solchen
einen Ausdruck finden. So die Vogelmythe. Bezeichnend ist es, wenn auf
der Stirn westafri kailischer Masken ebensowohl Eidechsen auftreten wie auf
solchen Melanesiens.
Mit den Masken gemeinsam müssen die Geheimbünde genannt werfen.
Sie gehen aus den Gruppen der gemeinsam den Vergeistigungstod Gestor-
benen hervor. Sie nehmen in fernerer Entwicklung Stellung zu socialen
Fragen, sind hier Richter der Frauen, dort die Wahrer des Kriegsrechtes
und in Kalabar die Beschützer eines nach afrikanischer Art ersprießlichen
Handels. Bis in die äußersten Feinheiten läfst sich die analoge Bildung
westafrikanischer und melanesischer Geheimbundinstitutionen nachweisen.
Kaum ein afrikanisches Schnitzwerk bietet aber so viele Probleme,
wie der einsame Kameruner Schiffsschnabel. Es ist eine Figiirendarstellung,
wie sie in Afrika ungemein selten ist. An sich ist die afrikanische Kirnst
schon trocken. Wie selten unternimmt sie Kompositionen gleich den aus
Melanesien noch immer ununterbrochen fliefsemlen. Nach Angal>e eines
Negers waren früher auch am unteren Niger ähnliche Schiftszierrate ge-
bräuchlich. Aber heute scheint es keine solchen mehr zu geben, aufser in
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Kamerun. Hier spielen sie aber eine grofse Rolle im Volksleben. Wenn
die Häuptlinge zu Wettfahrten ausziehen, ziert ein solches Sehnitz werk den
Bug. Betrachten wir die Zusammensetzung eines solchen näher (Fig. 220).
Abgesehen von allem schmückenden Nebenwerk kommt vor allem
1. der Mittelstab, auf dem die Figuren stehen und welcher vorn in eine
Rundung ausläuft, 2. eine Mensehenfigtir, neben der je ein Tier steht,
welche er erfafst, 3. an der Spitze ein Vogel, der eine Schlange mit dem
Schnabel erfafst hat, in Betracht. Es wurde in dem Hauptwerke über den
Fig. 219. Kujalan der Dfljak (Museum für Völkerkunde in Wien).
Fig. 220. Schiffsschnabel aus Kamerun (Museum für Völkerkunde in Hamburg).
Kameruner SchüftBchnabel der Versuch gemacht , die Beziehimg dieser Ge-
stalten zu einander in der Weise zu erklären , dafe es sich um die merk-
.wüidigo Erhaltung eines nmlajonigritischen Sehnitzwerkes des Totenschiffes
in ihnen handele. Ein solches (vergl. Fig. 2 1 9) stellt einen Vogel dar, und
zwar in diesem Falle einen Nashornvogel, auf dessen Schwanz ein Mensch
resp. Geist steht, der mit jeder Hand ein totemistisches Tier hält. Der
Vogel trägt diesen Toten so der Sonne nach in das Jenseits. Eine An-
deutung des Verstorbenen findet sich übrigens noch neben der figürlichen
Darstellung und zwar in dem Kern resp. Ilolzstück, welches der Vogel in
der Spitze des ungeheuren Selmabels hält.
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Es wurde also der Versuch gemacht, den Schiffsschnabel von dorn
Toten schiff abzuleiten. Die Seele mit den beiden Tieren stimmte. Vom
wurde aufserdem als nie fehlend ein Vogel mit einer Schlange mit dem
Toten vogel des Knjalan identificiert, der auf neumecklenburgischen Dar-
stellungen des Totenschiffes ebenfalls eine Schlange statt des Kernes als
Seele im Schnabel trägt. Blieb also noch der Tragstab, auf dem die
Figuren stehen, zu erklären übrig. Auch mit ihm konnte man sich ab-
finden, indem man ihn als Verkflmmerungsform des grofsen Nashornvogels
auffafste, für den, da er nicht nielir verstanden wurde, der kleine Vogel '
an der Spitze angefügt wurde. Es lielsen sich sogar Spiralbildungen auf
der Oberseite als Reste vom Horn (des Nashornvogels) und Flügel am
Knjalan nachweisen. Der Kopf des Vogels wäre in der spiralförmigen
Stelle am Vorderende der Tragstange wieder zu erkennen. Wichtig war
es dabei vor allen Dingen, nachzuweisen, dafs die Vogelmythe in Oceanien
und Afrika die gleiche sei.
Seit dem Abschlüsse jener Arbeit
ist mancherlei Beitrag eingelaufen und
mit zu dem wichtigsten Belegstück ge-
hört der sehr verworrene Schiffsschnabel
des Dannstädter Museums (Tafel VIII,
Fig. 1). Er zeigt auch den Mittelstab. Kameruner Schiffsschnabel (ethnogr.
Dieser läuft aber nicht in eine Spiral- Mus. im Trocadero in Paris, Nr. 12 547).
bildung aus, sondern ganz sachgemäfs
in einen Vogelkopf, der allerdings nach oben gewendet ist. So kann die
formale Entwicklungsgescluchte eines malajonigritischen Schnitzwerkes in
Afrika nachgewiesen werden. Und das ist von hohem "Werte, von um so
höherem, als die heutige Bedeutung der Gebilde eine ganz andere ist als
die des oceanischen Totenschiffes.
Schon die formale Entwicklung beweist eine Degeneration der Idee.
Man sehe wie sogar ziemlich klar erlialtene Formen umgebildet sind,
z.B. Fig. 221. Das eine Bein des Mannes ward zur Schlange. Der eino |
totemistischo Vogel ward zum Seelenträger. Aber wehe! wenn es jemand
unternehmen wollte, die Umbildung eines Schiffsschnabels wie etwa Taf. VIII,
Fig. 1 zu deuten! Das purzelt und wimmelt durcheinander als sei es ein
Spottlied auf alle Ordnungsliebe. Auch Fig. 2 auf der gleichen Tafel ist
arg verquickt. Aus dem Manne mit zwei totemistisehen Fischen ward eine
Glocke an zwei Delphinen, auf der ein Mann mit baumelnden Beinen sitzt,
der die Schlange, die in ganz polizeiwidriger Weise von der Spitze so
weit nach hinten geraten ist, stützt etc. An Fig. 3 ist der Nashorn-
schnabol parallel der Vogelkopftragstange ausgebildet. Der Vogel mit der
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Schlange sitzt an seinem Platze. Aber die „Soden" selbst, die doch
eigentlich bei so emstcr Fahrt ins Jenseits etwas mehr Bekümmernis an
den Tag legen sollten, üben sieh in der Kuietieuge und schauen den
Tierlein zu, die ganz pflichtvergessen sich Beschäftigungen hingeben, die
sich auf einer Reise in das Totenland absolut nicht schicken. Ähnlich
diesem ist Fig. 4 gestaltet (vgl. das Nashorn!). Es ist vielleicht klarer
und steht der Ausgangsfonn etwas naher, aber der Bescliauer gewiunt in
Anbetracht dieser Akrobaten künste auch nicht den Eindruck eines ehrwür-
digen Sinnes solcher Schnitzwerke. 1
Und thatsäehlich weifs der heutige Kameruner von dein einstigen
Sinn seiner Schnitzwerke, der bei der vollkommenen Übereinstimmung aller
fundamental wichtigen Elemente ziendich sicher ist, nichts mehr. Es ist
vielleicht von Wichtigkeit, zu hören, was ein so trefflicher Kenner wie
Bohner von den Tauge (Schiffsschnäbeln) der Kameruner berichtet:
Die Tange (sprich Tang-ge) der Kanu werden heute von gewissen
Naturkünstlern zum Teil auf Vorrat gemacht und dann von Besitzern von
1) Für spätere Specialforschung wird es von Wert sein, die eingeborenen Namen
der einzelnen Teile zu kennon. Gelegentlieh der Aufnahmen in Kamerun wurde dafür
Sorgo getragen, möglichst Genaues hierüber in Krfahruiig zu bringen. Die beifolgende
Ijste von Namen verdanke ich Herrn Kaak. Die Nummern entsprechen den auf dem
Überdeckblatt der Taf. VIII sich findenden.
Tange 4 auf Taf.VllI.
1. Ekabuma.
2. Mbengo a tange.
3. lnon.
4. Mpese ma tange.
5. Jongu ya tange.
6. Moto.
7. Wambo.
8. Sue.
0. Ebweko.
10. Ndeligu.
11. Nyama bwaba.
12. Ebongo ma tange.
13. Esoke.
14. Ngen.
lf». Manjua.
16. Monjo miudene.
17. Ebambu ma ngen.
18. Jöngö.
10. Ngokobi.
20. Nyiuna.
21. Mbeugo.
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PrabflalBf , Afrikanische Kulturen.
I.ii lit'lnu'k von Gebr. Plcttnor, Hille n. S.
Kameruner S
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Taf. VUL
Vorlag von GW*. Ilorntrao^r , Berlin.
gthifftochitlbcl.
Google
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Luxus -Kanu käuflich erworben. Sie enthalten bildliche Darstellungen des
Volkslebens, die dann jedermann sich nach seiuem Belieben aussucht.
Vogel und Schlange gelten heute als das Bild der Schnelligkeit, die letztere
hauptsächlich in Bezug auf die Feinde. Der Elefant ist das Sinnbild der
Gröfse und des Elfenbeins wegen das des Reichtums. Andere Gegenstände
zeigen an, dafs der Besitzer des Kanu sie hat. Die ganze Darstellung kenn-
zeichnet viel mehr den Charakter des Besitzers, als das Kanu selbst Diese
Luxus -Kanu mit ihren Tange werden nur bei Spielen, Wettfahrten und
Kriegszügen gebraucht Der mittlere Teil des Tange (der Tragstab) heilst
wie der Boden des Kanu Mongo, d. i. Rückgrat. Zur Erläuterung von
Fig. 1, 2, 3 und 6 der Tafel I des „Kameruner Schiffsschnabel" gaben die
Eingeborenen an:
Nr. 1 (unsere Fig. 220) stellt die Schnelligkeit des Kanu dar, in
welcher ja vielfach, besonders beim Wettrennen, der Triumph liegt. Diese
wird dargestellt durch den vorderen Vogel, welcher die Schlange an
Schnelligkeit übertrifft imd sie tötet, wenn sie ihm Gefahr droht Infolge
dieser Schnelligkeit fühlt sich der in der Mitte der Figuren dargestellte
Besitzer desselben stark und mächtig, so dafs er sich nicht fürchtet, auch
wenn er von zwei Feinden zur Rechten und zur Linken sollte angegriffen
werden, was durch die beiden Tierfiguren angezeigt ist Hilft aber alles
nichts, so besitzt er, wie die Figur zeigt, eine Kanone, seine Feinde nieder-
zuschmettern, beziehungsweise seinen Triumph zu verkünden. Sollte er
aber je in Gefahr kommen, so besitzt er einen Sohn, der ihm beistehen
und ihn retten bczw. ihn rächen kann. Dieses letztere zeigt der kleine
Vogel lünter dem grofsen an der Spitze an.
Nr. 2 stellt den Reichtum des Kanubesitzers dar. Er besitzt euro-
päische Lampen, kostbare Geräte und Schmucksachen in Fülle, vor allem
aber selu* viel Elfenbein, was durch die beiden Elefanten angezeigt ist.
Sein Reichtum dünkt ihm wertvoller als die Schnelligkeit des Kanu, was
durch den Elefanten, der den Vogel verschlingen will, angedeutet ist.
Auch ist er so stolz darauf, dafs er ihn durch einen Herold ver-
künden läfst.
Nr. 3 ist das Abbild der Pracht und des Wohllebens. Die grofsen
Prachtschirme und vielen anderen Schmuckgegenstände, wie der in der
Mitte stehende Bänkelsänger und andere Musikanten weisen darauf hin,
dafs in der Umgebung des Mannes oder der Genossenschaft, welcher das
Kanu gehört, Pracht und Wohlleben herrscht. Bei Wettfahrten dieser Art
steht dann immer der geschmückte Bänkelsänger singend und tanzend in
der Mitte, während ein zweiter das Horn bläst, ein dritter trommelt und
ein vierter vielleicht noch mit einem andern Instrumente lArm macht.
Frobenius, Afrikanische Kaltaron. 22
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Nr. 6 ist das Abbild der Tapferkeit. Der Raubvogel an der Spitze wirft
alles vor sieh nieder. Verschiedene Sclüangen und andere Tiere hat er
schon erhascht und hinter sich geworfen. Soeben ergreift er die gröfste
Schlango. Der Eigentümer steht als Feldherr in der Mitte und feuert zum
Kampfe an. Er wirft dio Feinde mit starkem Arme darnieder. Seine stolze
Kriegsstandarte befindet sich hinter ihm.
Auf Deutsch ist der ursprüngliche Sinn verloren gegangen. Jeder
sucht die Sache zu erklären und daraus ergiebt sich allmählich eine neue
Losart. Wahrscheinlich wird sich auch der historische Grund des Mifsver-
ständnisses noch aufklären lassen. Die Dualla stammen nämlich aus dem In-
222. 223.
Fig. 222 und 223. Tättowierto Baschilauge (nach M. Buchner).
land und haben $686 Schnitz werke, wie' manches andere von den Altan-
sassen übernommen.
Und nicht nur diese Seiten des Kulturbesitzes zeigen die reichere
Ausbildung im Westen, auch ganz einfach«' Dinge des alltäglichen Lebens
verraten den Unterschied des Fundamentes der Weltanschauung und Kunst.
Man denke au die Tracht. Form- und Farbfreude treten im Westen überall
in den Vordergrund. Aber nicht nur das. Es finden sich die augenschein-
lichsten malajonigritisehen Parallelen zum eceanischeu Besitz. Ich erinnere
au die merkwürdigen Trauergewänder der Aschanti, die merkwürdigerweise
noch so wenig Aufsehen erregt haben. Auf Tai. LX ist die Herstellung
solcher bei den Aschanti wiedergegeben. Dieses Trauergewand „Adenka"
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ward früher aus geklopftem Rindenstoffe, heute aus Baumwollengewebe an-
gefertigt. Der helle Stoff wird auf dem Boden ausgespannt und mittels
Schablonen und einer aus Pflanzensaft gewonnenen Schwärze mit allerhand
Fig. 224 und 225. Tupai Kupa (ein Neuseeländer) und seine Tättowierung.
Letztere nach seiner eigenen Zeichnung.
— 340 —
Zeichnungen bemalt. Ist es nicht eine völlige Parallele zum Tnpa (Rinden-
stoff) der Oceanier, welches ebenfalls mit Mustern imd zwar Ornamenten
mit bestimmten Bedeutungen bedeckt war? —
Und nun gar die Tättowicrung ! Bei Petermann versuchte ich den
Unterschied der ost- und westafrikanischen Tättowierung festzustellen. Die
westliche (vergl. Fig. 222 und 223) ist malajonigritisch. Sie ist z. B. der
der Neuseeländer (vergl. 224 und 225) aufserordentlich ähnlich. Aber in
der einzelnen Linie liegt der Unterschied zwischen der östlichen und west-
lichen Methode nicht Die Westafrikaner sehen einen Sinn in den Linien.
Der Sande tättowiert sein Weib aus Liebe jahrelang, just wie der Markesaner.
Bestimmte Formen erinnern an bestimmte Geschicke. Auch liegt eine Ge-
mahnung an diese oder jene Ccnnonie und den Kultus darin. Und das
ist ja eben der Unterschied: Im Gegensatz zum Ostafrikaner besitzt der
Westafrikaner eben Entwicklung, Sinn, Geist in seiner Weltanschauung und
Kunst. Und das ist malajonigritisch.
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Anmerkung zn den Karten.
Die Kartenblätter 1 und 2 stellen die Verbreitung vor allen Dingen
malajonigritischer Kulturmerkniale dar (III; IV; VII — IX; XI — XIV; XVI
bis XIX). Die Summierung dieser malajonigritischen Elemeute, die Über-
deckkarten (X; XV; XX), sollen das dichtere oder duftigere Auftreten der-
selben zur Anschauung bringen. Es handelt sich hier um das geographische
Problem, wie es bei Petermann ausführlicher beliandelt ist.
Einen etwas anderen Sinn haben die Karten V, VI, XXI, deren "Wert
in der Darstellung aller Formen desselben Gegenstandes liegt (Schilde,
Trachten, Hütten). Diese mögen eine besonders angenehme Illustration des
anatomischen Teiles, zumal der Tal>clle auf S. 250 und 251 bilden. Die
Karte XXV ist vor allem von physiologischem Interesse. Wir sehen hier
durch Rot und Blau den Gegensatz nicht nur des Bananen- (Garten-) und
Hirse- (eigentlichen Acker-) Baues angedeutet, sondern auch die Beziehung
der Viehzucht zum Ackerbau und mit der Viehzucht der Lederindustrie.
Also ist es der Gegensatz der vorwiegenden Verwendung der Pflanzenfaser
einerseits, der der Tierfaser andererseits.
Die Karten XXII und XXIII sind in XXIV 1 zusammengesetzt. Die
letztere stellt die Abbildung der Ursprungsgeschichte der afrikanischen Kul-
turen dar. Die roten Stiiclüagen sind die Merkmale der asiatischen Kultur
auf der Nordachse. Es sind die ganz jungen, siegreich vorrflekendon Strö-
mungen. Das Braun markiert die indische, d. h. ältere „asiatische" Kultur,
die die Eisenindustrie, den Hirsebau und die Viehzucht brachte. Ich will
die altere (braune, indische) und die jüngere (rote, semitische) nicht als
vollkommen verschiedenartige Kulturen hierdurch bezeichnen. Ich will damit
nur andeuten, dafs die älteren jener asiatischen Ströme, unter deren Ein-
flufs Afrika stand, mehr aus dem Süden (Indien), dio jüngeren dagegen
melir aus dem Innern und Westen (via Arabien) stammen. Wir sehen
demnach, wenn man dieses zu den Ausführungen im Texte nimmt, die
1) Mit gütiger Erlaubnis der Redaktion d»«r .Zeitschrift für Erdkunde" ent-
nommen.
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Quellen der auf Afrika wirkenden Kräfte immer mehr sieh nach Westen
verschieben: 1. Malajonigritier (Hinterindiens), 2. Asiaten Indiens, 3. Asiaten
Westindiens. Und noch vor 1 liegt die nigritisclie Kultur mit der Ver-
wandtschaft in Australien.
Die letzte der hier wiedergegebeneu Karten (XXVI auf Kartenblatt 5)
ist mir sehr lieb. Vielleicht ist es mehr ein persönliches Interesse, weil
ich jahrelang daran gearbeitet habe. Aber sie scheint doch wichtig. In
der Entwicklung eines Gegenstandes (der ja die so Weier anderer entspricht,
wodurch sie erst Wert gewinnt) sehen wir hier die Geschichte der malajo-
nigritisehen Kultur versinnbildliclit, wie sie von Südosten kommend am
Südrande der Nordzone eine Barriere findend einen Schwemmgürtel bildet,
wie dieser im Nigerdelta sich zum Ausgangsgebiet einer neuen Strömung
entwickelt, die in Senegambien sich bricht. (Das sind die zwei blauen
Schwcmingürtel.) Und beide Sehwemragürtel wirken rückwärts, wie die
Woge beim Anprall an den Felsen zurückschlagen mag, und schwanken
zurück (rote Strömungen). Ich habe versucht, das in einer minutiös genauen
Arbeit darzulegen (vergL „Die Masken und Geheimbünde Afrikas", Leipzig
1898), die ich hier nicht wiederholen kann. Also das Beispiel erscheint
mir lehrreich.
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Sach- und Namens Verzeichnis.
ä.
A-Habaa (Völkerstamme zwischen dem
mittleren Ubangi und dem Aru-
wimi) Messer 98.
A-Bannbo (Volksstamm in dem Winkel
zwischen üelle und dessen süd-
lichem Nebenstrome Bomokandi)
Schilde 47.
Abessynien (Staat im nordöstlichen
Afrika) Schilde 30, 31 — Dolch 88
— Rababa 134 — Tromm ein 154.
Abetlfl (Hauptort von Okwawn, west-
lich vom Togogebiet gelegene
Landschaft) Schild 39 — Trom-
meln 167.
Abo (kleiner Stamm unweit der Küste
im nördlichen Kamerun) IIolz-
pauken 178.
A-Bongo (Bat na- Stamm [siehe Busch-
völker] im Qgowegebiet) Klang-
stab 186.
Achsen siehe Nordaehse, Südachse,
Yerbindungsachse, westliches Ab-
lagerungsgebiet, Übergangsgebiete
vor allem S. 1 4 und Fig. 2 — ta-
bellarische Darstellung des Kultur-
besitzes auf den Achsen 250/251
— Schilde auf den Achsen 53 bis
56 — Bogen auf den Achsen 78
bis SO — Holzwaffen und Messer
auf den Achsen 109 bis 1 1 1 — Beil-
formen 112 ff. — Speere 116 —
Pfeile 1 1 G — Schleudern 1 1 Gl 1 7
— Schlagring 117 — Saiten-
instrumente 147/148 — Trom-
meln 172/173 — Holzpauken 192
— Mariinba 184/185 — Hütten
229 ff., 235 — Stühle, Nacken-
oder Kopfstützen* 236 — Rauch-
gerate 238 bis 241 — Materiale
285 ff., 290 ff.
Ackerbau 5, 17/18 — in der insularen
und kontinentalen Kultur 257/258.
Adamaua (Staat südlich des Oberlaufs
des Benue im nördlichen Teile
der deutschen Kolonie Kamerun)
Schilde 30, 40 — Schwert 85,
86 — Säbel 87 — Dolch 88 —
Spannmesser 89 — Messer 100
— Wurfmesser 104 ff. — Schlag-
ring 117 — Guitarren 130 —
Trommeln 162 ff. — Marimba 184.
Adjawa oder Adjawa (Stamm am oberen
Rowuma westlich des Njassa)
Hütten 205.
Xgrypten Ausdehnung der alten und
neuen Staaten 14 — Sceptermesser
der Pharaonen 97, 98/99 — Wurf-
holz 103 — Violine 128 Anna.
— Guitarre 1 28 — Rababa 133 ff.
— Trommeln 153 ff., 160 ff. —
Korb 237.
Afrika Lage 1 2 — Achsen Afrikas 14 ff.
Afrikaner Arbeit, Leistungskraft etc.
18 — Schöpfungsvermögen 18,
118/119 — Reichtum an Kultur-
besitz 18 — musikalische Anlage
118/119 — Charakter 298/299.
Afrikanisch (die Bezeichnung für eine
Kulturform und deren Bestandteil,
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— 344 —
die sich in Afrika als Mischprodukt
der ni griti sehen , mala j on i gri t ischon
und vor allem asiatischen Kultur
ausgebildet hat) die Verbreitung
und das Wesen des afrikanischen
Kulturbesitzes 249 ff. — tabella-
rische Übersicht 250/251 — die
Lebensform des afrikanischen
Kulturbesitzes 252 ff. — Materiale
des afrikanischen Kulturbesitzes
285 ff., 290 ff. — der afrikanische
Fellschild 23 ff., 53, 56 — der
afrikanische Bogen GO bis 63, 78
bis 80 — das afrikanische Messer
82 bis 84, 109 bis 111 — das
afrikanische Wurfmesser 103 bis
108, 1 10/1 1 1 — die afrikanischen
Saiteninstrumente 119 ff., 147 bis
149 — die afrikanischen Trom-
meln etc. 170 ff. und vorher,
1 72 /1 73, 193 — die afrikanischen
üfttten 204 ff., 235 — die afrika-
nischen Rauchmethoden 238/239.
Aiurn (Babangi- Stamm am nördlichen
Ufer des Kongo westlich der Telle-
mündung) Messer 90.
Ahnenbüder 327 ff., 332.
Akka( Busch Völker im Mangbattugebiet)
Pfeile 281.
A-Lur (Stamm nordwestlich des Albert -
Sees am Nil) Sehilde 28 — Leder-
panzer 37 — Rindshaut als Schild
39 — Bogen 65 — Messer 84
— Trommel 154.
A-Madl (Volksstamm an den Quellen
des Teile- Kibali und denen seines
südlichen Nebenstromes Bomo-
kandi) Schilde 47.
Ambuelln (Völkerschaft im Quellgebiet
des Quanza an der Angola -Küste)
Trommeln 163 — Holzpanken 173
Hütten 208 ff. — Pfahlbau 266.
Anatomie siehe Knlturanatomie.
Anatomische Untersuchung- 5 G — die
Ergebnissedei\anatnnuschenTnter-
suchung 246 fl". — die Darstellung
des anatomischen Baues der afri-
kanischen Kulturen in Tabelle I
250/251.
Angaramut (Holz - Schlaginstrument
der Neupomraerancr; vielleicht ist
der Name falsch und durch Timbuk
zu ersetzen) 186 ff.
Angeln in Oceanien und Westafrika
258 — im Kultus 259.
Angola (portugiesische Kolonie an der
Westküste im Süden des Kongo)
Bogen 59, 64, 66 — Messer 94
— Saiteninstrumente 122 —
Blasekugel 151 — Trommeln
158 ff. — hölzerne Hundeglocke
188 — Muschelgcld und Muschel-
schmuck 263.
Anlmalisttohe Weltanschauung 305 ff.,
310, 314 ff.
AnthropoecogTaphle (Lehre von den
Beziehungen zwischen den Formen
der Erdoberfläche und den Lebens-
formen der Menschen) 5.
Anthropologie (Lehre von den Körper-
formen der Menschen) 3.
Aroho symbolische Briefe 263.
Aruwiml (nördlicher Nebenstrom des
Kongo, der westlich vom Albert -
See als .Thum und Ituri entspringt)
Schilde 42 — Ruder 92 — Messer
94, 98 — hölzerne Hundeglocke
188 — Rauchpfeifen 240 —
Netzbeutel 258 — Pfeile 281.
A" Sande (sehr grofse Völkergruppe,
deren östliche Vertreter im Becken
des Teile- Makua wohnhaft, als
deren westliche wahrscheinlich die
im Ogowe- Gebiet einheimischen
Fan -Stamme anzusehen sind; zer-
fallen in mehrere Völker; im all-
gemeinen verstehe ich unterSande-
Stammen die im oberen Teile -
Becken ansässigen Völkerschaften)
Schilde 38, 41/42, 48 — Dolch
88 — Messer 90 ff. — Guitarre
130 — Holzpauken 176 ff. —
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— 345 —
Marimba 184 — Hütten 222 ff.,
224 — Pfeifen 240.
Asbln (Tuarekstanim iu der nordwest-
lich vom Tsade-See gelegenen
Oase Air oder Asben, in der aber
die Haufsasprache herrscht und
welche Sokoto tributär ist) Schwert
86.
Asehanti (Staat im Hinterlande der
Oberguineaküste, westlich vom
Togogebiet. Sprachgruppe : Tschi)
Saiteninstrumente 123 siehe auch
Asehanti -Guitarre — Trommeln
15Gff. — Flötensprache 182.
Asehanti -Guitarre (Guitarrenform)
132 ff., 143 ff., 147/148.
Ashinirint (Volk ostlich vom Niger am
11.° n. Br.) Spracho 17.
Asiatisch (Bezeichnung für eine Kultur-
form und deren Bestandteile, die
durch jugendliche kräftigeEntwick-
lung, durch ausgiebige Verwen-
dung von Leder und durch ener-
gisches Vorrücken in Afrika aus-
gezeichnet ist. Ihre Heimat wird
man im inneren und westlichen
Asien zu suchen haben. In Afrika
erscheinen heute die Semiten als
deren einflufsreichste Träger) die
Verbreitung und das Wesen des
asiatischen Kulturbesitzes 240 ff.
— tabellarische Obersicht 250/51.
— die Lebensform des asiat. Kul-
turbesitzes 252 ff. — Fortpflan-
zungsfonn 253 ff. — Materiale des
asiat. Kulturbesitzes 285 ff. 290 ff.
— der asiatische Rundschild 30ff,
54, 50 — der asiatische Bogen
00 bis 03, 7« bis 80 — die
asiat. Messer, Schwerter, Säbel,
Stilette 84 bis 89, 109 bis 111
— die asiat. Saiteninstrumente
126 bis 135, 147/148 — die
asiat. Trommeln IGOff.. 172/173,
193 — die asiatischen Hütten
231 ff.. 221 ff. etc, 235 — die
asiatischen Stühl« etc. 230 —
die asiatischen Rauchgeräte 238
— der asiatische Ackerbau und
die asiat. Viehzucht 257.
Assagale 57.
Atavismus (Rückfall in eine frühere
Entwicklungsform) 273.
Australier (worunter nur die Bcwoliner
Neuhollands verstanden sind) Ar-
mut 18 — Stockschild 38, 49 —
Wurfholz 103 — Holzwaffen 103
— Klangstab 186 — Waffen und
Geräte 275/76 — Rohrursprungs-
mythe 296.
B.
Babanirl (Völkerstämme am Nordost-
ufer des Kongo und am unteren
Ubangi, daher dieser Flufsname.
Es sind die emsigsten Händler des
Kongo, weshalb sie von den an-
deren Stämmen den Namen Bajansi
= Flöhe erhalten liaben) Schilde
42 — Messer 90 ff. — Saiten-
instrument 138 — Holzpauken 177
— Marimba 184.
Babusesse (Stamm im Quellgebiet und
am Oberlauf des Aruwimi-Ituri)
Schilde 48/49.
Bafirml oder Baghinni (Staat im Süden
des Tsade-Sees) Schilde 32, 35,
40 — Bogen 61 — Säbel 87 -
Dolch S8 — Wurfmesser 104 ff.
— Trommel 154.
Baja (Stämmo im Hinterlande Kame-
runs an den Quellen des Sannaga
und Sangha) Schilde 41.
Bajansl siehe Babangi.
Bakomo (Stamm am unteren Kassai;
Wohnsitz des Näheren unbekannt)
Holzwaffen 95/96, 106/107.
Bakonpro (Stämme am Kongo, ober-
halb des Mündungsgebietes) Hütten
220.
Bakuba (Völkerschaft in dem nach
Südosten offenen Bogen zwischen
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<
— 346 —
Kassai und Sankurru) Bogen 60,
72 — Holzpauken 175 — Trom-
melsprache 181 — Hütten 226.
Baknmn (Völkerstämme in dem nach
Südosten offenen Bogen zwischen
dem Kongo und dem Aruwimi)
Bogen 66 — Messer 93.
Bakwlrl (Volksstamm im Hinterlande
Kameruns nordwestlich des Kame-
run- Pick) Saiteninstrumente 123.
Bali (Volk nördl. des 6.° nördl. Breite
nordwestlich dos Kamerungebir-
ges) Flötensprache 182 — Hütten
227/228 — Pfeifen 240.
Balol oder Balui (Stamm am Unter-
lauf und im Mündungsgebiet des
Ubangi - Uelle in deu Kongo)
Schilde 42 — Trommeln 169 —
Hütte 232.
Balolo (grofse Völkergrupi)e am süd-
liehen Kongobecken am Lomaini,
Tsehuapa und Lulongo) Leder-
lenzer 37 — Schilde 42 —
Bogen 66 — Holzwaffen 99 —
Holzpauken 177 — Fensterthüren
265 — Pfahlbauten 267.
Baliiha (grofse Völkergruppe des süd-
liehen, zumal südöstlichen Kongo-
beckens. Auch Warna genannt
Gründer des jüngeren Jamwo-
Staates der Kalunda) 14 — Schilde
45/56, 47 Beuren 66, 67, 70,
73 — Messer 9<>fT. — BJasekugel
150 — Trommeln 103. 165, 167
— Holzpauken 170 ff. — Marimba
ist — Hütten 202 ff., 2271T. —
Pfahlbau 266/267 — Stolzen 208.
Bumbarn (Mandingozweig am oberen
Niger, im Hinterlaudc Senetram-
biens) Saiteninstrument 138/139.
Bammana (Mandintr<»stamm zwischen
dem 11.° und 13.° nördl. Breite an
dem Unterlauf des Niger und de>sen
Qucllströmen) Bauwerke 213 ff.
Bambusbogen 28 1 bis 2S3.
Banbuftkultnr 274/275.
BauibuslaateinalajonigritischesSaiten-
instrument 135 ff., 144 ff., 147
bis 149, 279.
Barn buspfeife 240/241.
Bambussag«« 272/273.
Bainbustrommel Afrikas 187/8, 274 ff.
-— Oceaniens 188 ff., 274 ff.
Banane 18, 251, 257.
Bandu (Sandeverwandte in der Land-
schaft Dar Banda im westlichen
Quellgebiet des Mbomu, nördl.
Zufluß des Uelle) Wurfmesser 104.
Baiirijla (Sandeverwandte in dem Win-
kel zwischen Ubangi und Mbomu)
Bogen aus dem Gebiet derselben
(von Station ßafai) 64, 69.
Baneala (l. Stamm, am mittleren
Kongo östlich der Uelle -Mündung
sclsliaft) Sehilde 42 — Trommeln
158, 169.
Bangala (2. Stamm, im Hinterlande
Angolas ansässig. Lundaverwandte.
Eigentlicher Name: Ba Ngola
[Ngola ~ Fürstentitel]) Bogen 67, <
70 — Saiteninstrument 122 —
Holzpauken 173.
Bangodi (Stamm am Unterlaufe des
Kassai) Fensterthüren 265.
Bangula (Stamm am Unterlaufe des
Kassai) Fensterthüren 265.
Hunjanjr oder Banyang (Volk auf dem
6.° nördl. Breite, nordöstlich des
Kamerungebirges) Hütten 22S.
Bantu« Völker (Vereinigung eiuer gre-
isen Reihe von Völkern, die von
Südafrika [— die Hottentotten
geliören nicht zu dieser Sprach»
familie — | bis zum Sudan wohnen,
eine Vereinigung, die aber nur ,
auf Gemeinsamkeit der Sprache
begründet ist. Von einer „Bantu-
Rasse u darf man nicht sprechen.
Das Wort hat grofse Verwirrung
angerichtet und wird am besten
vermieden) Sprache 17.
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— 347 —
Banziti (Volksstamm am Unterlaufe
des Ubangi) Holzi»uken 177.
Bupoto (kleiner Stamm am mittleren
Kongo westl. der Ainiwiinimün-
iUrng) Schilde 43 — Holzpauken
177.
Burla (Plattform) 233 — Bedeutimg
im Leben der Oceanicr 264 —
in Afrika 264 ff.
Barolong (Betschuanastamm) Schilde
24.
Barotse oder Barutse gleich Marutse,
siehe dort.
Baseuilange (Volksstamm zwischen
dem Kassai und Sankurru auf dem
6.° südl. Br., Mischung von Baluba
und Kalunda u. Batua etc.) Schilde
47 — Hutten 227 — Korb 237
— Rohrursprungsmythe 297.
Basoko oder Bassoko (Stamm im Mün-
dungsgebiet des Aruwimi in den
Kongo) Schilde 30, 44 — Speer
91 — Messer 98 — Holzpauken
176.
Bassansre ( Bassong« «stamm nördl. der
Baluba) siehe Bassonge.
Bassonge (Völkergruppe im südlichen
Kongol>ecken am Oberläufe der
Saukurruzuflüsse. Die Bassonge
zeichnen sich durch eine aufser-
ordcntliche Geschicklichkeit in vie-
len Industriezweigen aus) Schilde
25 — Fellkragen 37 — Messer
94 — Beile 113, 115— Hütten
202.
Bassonsro MIuo (Völkergruppe am Un-
terlaufe des Kassai südlich der
Sankurrumündung) Messer 90.
Basnto (»der Bassuto (Bctschuana-
stamin in Trausvaal, auch Ost-
Betschuana genannt) Schilde 24 —
Saiteninstrumente 120 — Trom-
meln 1 64 — Rohrurspnmgsmvthe
296/297.
Bateke (Stämme zwischen dem oberen
Ogowe und dem Stanley -Pool am
Kongo wohnhaft) Schilde 40 —
Bogen 66 — Saiteninstrumente
136, 138 — Klangstab 186 —
Netzbeutel 258.
BatlapI (Bet8chuanastamm) Schilde 24.
Batua siehe Buschvölker.
Baubau Rauchgerät 241.
Bell 57, 112 bis 116.
BeilkUjige Umgestaltung zum Messer
106/107.
Bena Lussambo (kleiner Bassonge-
stamm am Sankurru) Schilde 47
— Messer 106.
Benguela oder Benguella (Landseliaft
im Süden Angolas) Beil 114 —
Saiteninstrument 122.
Benin (früher ein aufserordentlich ein-
flufsreicher, jetzt zusammen geh ro-
chener Staat westlich der Niger-
raündung) Schüde 39 — Schnitze-
reien 332.
Berta oder Bertat (am oberen Bahr
el Asrak, westl. von Abessynien
östlich der Dinka ansässiges Volk)
Wurfholz 102 — Rababa 134. '
Betscuuana- Völker (grofse Völker-
gruppe südlich des Sambesi. Auch
die Basuto gehören zu dieser
Gruppe, die in eine Reihe von
verschiedenen Stämmen zerfällt)
Schilde 24, 38 — Messer 83 —
Wurfkeulen 101 — Fellbearbei-
tung 170/171 — rauchender Bet-
schuane 239 — Rohrurspnmgs-
myüie 296/297.
Bewegung der Kultur 7/8.
Bewegung der VMker 7/8.
Bihe (Stamm im Hinterlande Ben-
guelas) Messer 93 — Hütten 205,
207 ff.
Bissagos- oder Los- Inseln (an der
Südwestecke Oberguineas südl. des
Gambia) Messer 100.
Blasekugel (ausgehöhlte Frucht als
Musikinstrument) 150/151.
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■
- 348 —
Blaserohr 273.
Bobo- Fing (Bobostamm zwischen dem
12.° und 10.° nurdl. Breite) siehe
Bobo- Stämme.
Bnbo-Dloula (Bobostamm zwischen
dem 12. c und 10.° nönil. Breite)
siehe Bobo- Stämme.
Bobo- Oii lö (Bobostamm zwischen dem
14.° und 12.° nurdl. Breite siehe
Bobo -Stämme.
Bobo -Stämme (Vfilkergruppc zwischen
dem 14.° und 10.° nördl. Breite,
zwischen dem oberen Niger und
den Quellflüssen des Volta und
Comoe, zwei Strömen der Gold-
küste) Bauwerke 213 ff.
Bogen Kapitel 4 Seite 58 bis 80 —
Verbreitung 57, 78 bis 80 —
asiatische Bogen 60 bis 63, 78
bis 80 — afrikanische Bogen 58
bis 66, 78 bis 80 — malajoni-
gritischer Bogen 63 bis 80 —
Systematik 80 — Ergebnisse der
anatomischen Untersuchung 246
— tabellarische Übersicht 250/51
— Material 287/288, 291.
Bola -ähnliche Geräte 276.
Komma (Landscluift und Ort im Mün-
dungsgebiet des Kongo) Bogen 66.
Kondel (Landschaft an der deutsch -
ostafrikanischen Küste) siehe Wa-
bondei.
ßongo (Hier Der (Stamm im Djur-
und Waugebiet südlich der Balir-
el-Oasal und der Diuka) Saiten-
instrumente 1 24 — Trommeln 1 54.
Bonjo (Stämme oberhalb und unterhalb
des grofsen IVlle-rhangi- Bogens)
Lederjwoizer 37 - - Schilde 41 —
Messer 00 — Ruder 91 — Wurf-
lliesser 107.
Boote und Bootsl. l.en 203, 207.
Borgu (l^and schnft im weltlichen Su-
dan, westlich des Niirer) Schilde
33 — S|tannme»er 89.
Born u (Reich im westlichen Tsade-
becken) 14 — Dolch 88 — Wurf-
messer 104 ff. — Bauwerke 220.
Bua (Stamm im Süden Bagirmis)
Schilde 30 — Lederpanzer 37.
Bube (Stamm auf Fernando Po) Sehilde
30 — Streitaxt oder Kultusgerät ^
115 — Saiteninstrumente 123 —
Blasekugel 151 — Signale 182
— Muschelgeld 263.
Buhn (Stamm am Uclle, oberhalb
dessen Bogen) Schilde 41.
Bukobn (Ortschaft am westlichen Vik-
toria. Deutsche Station) Schilde
54.
Bulloni (Völkerschaft an der Küste
Oberguineas, an der Sierra Leone-
küste) Sprache 17.
ßu Hieran g gleich Wurfholz siehe dort.
Bunkela Ort in Katanga. Trophäe in
B. 233.
Bnrkencdftrhl (Stamm östlich des Ru-
dolf-Sees, südlich von Abessynien <
und den Galla - Ländern) Schilde 29.
BuschmHnner siehe Buschvölker.
ButM*hTöiker (grolse G nippe kleiner
versprengter Jägervölker unstäter
Lebensweise, die im Süden dichter
gedrängt, dem Norden zu immer
sporadischer auftreten, bis ihr Vor-
kommen im Sudan ausklingt. In
der Litteratur sind sie oft als
Pygmäen «»der Zwergvölker be-
zeichnet. Vermutlich sind es die
einstigen Träger «1er nigritisehen
Kultur. Vergl. meine Abhandlung:
„Die Buschvölker 44 in der Zeit-
schrift: „Afrika 44 , Neuhaidensleben
1S9S. Im Süden heifsen sie Busch- <
männer, im Norden fast durch-
gehend Batua, al>er auch Obongo
oder i) Bongo im Ogowegebiet
Akka [im Manghattugebiet], Ewe
[am Ituri] etc.) Ernährung, Waffen,
Geräte etc. 18 — Kunst 19 —
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— 349 —
Bogen 58, C5 — Saiteninstru-
mente 120 ff. — Klangstab 186
— Hütten und Bauten 195 ff.,
229 ff., 235 — Pfeile 281.
Bussa oder Busgang (Landschaft im
westlichen Sudan, westlich des
Niger, im Hinterland von Yoruba
und Togo) Schwert 86.
Butenibo (Stamm im Walde zwischen
dem Kivusee, nördlich des Tan-
ganjika und dem Waleggavolk)
Schilde 47 — Bogen 65/66.
ltu/öra ( Bon jo stamm am unteren
Ubangi) Wurfmesser 107.
c.
Casembe oder Kasembe siehe Kalunda.
Chlloango oder Tschiloango (an der
Loangoküste) Streitaxt 106.
Cl gurre Ursprung der C. 241, 274.
D.
Duhome (Reich im Hintcrlande der
Oberguineaküste östlich des Togo-
gebietes. Dies Volk gehört zur
Sprachgruppe derEwe) Messer 97
— Beü 13.
Damara oder Herero siehe dort.
Dar-Banda siehe Banda.
Darfor (Land westlich des Nil, süd-
westlich von Kordofan) Schilde 28
— Bogen 61 — Schwert 85 —
Wurf holz 103 — Guitarre 129.
Djabir (Station im Bandjagebirge nördl.
des Uclle- Ubangi, östlich vom
Einflufs des Mbomu) Bogen 69.
Bjenne (Stadt am Bagoe [—Niger]
auf dem 14.° nördl. Breite) Bau-
werke 215.
IHnka (grofsc Völkergruppe am oberen
Nil und Bahr-el-Gasal) Schilde
28 — Stocksehilde 33/34 —
Bogen 62 — Hütten 224.
Dokhosle oderDoliasie (Stamm an den
Quellen des Comoe, südlich der
Bobostämme) Bauwerke 2 1 3 ff.
Dolebe siehe Stilette.
Dualla (Stamm an der Kamerunküste)
Trommeln 154 — Holzpauken
176 ff. — Trommelsprache 179 ff.
Durru (Stamm in Adamaua) Schwert
86.
E.
Eisenindustrie 12, 19 — in Afrika
und Oeeanien 81/82, 112, 291
— Eisenschmuck 286 — Eisen-
panzer etc. 286 — Eisenbuckel
am Schild 287 — Eisen am Bogen
287/288 — Eisenwaffen 288 —
Eiscnkessel 289 — Kesselpauke
289 — Eisenglocken etc.
Entwicklungsgeschichte 3 — d. Schilde
53/54 — der Bogen 78/79 —
der Wurfmesser 104 bis 109 —
der Messer 89 bis 100, 109.
106/107, 109/110 — der Beile
113, 114/115 — der Saiten-
instrumente 143 bis 147 — der
Felltrommeln 170 ff., 270 — der
Marimba 186 ff. — der Holz-
Bambuspauke 187 ff. — der Hütten
228 ff., 263 ff. — des Schwirr-
holzes 259 ff. — der Feuerzeuge
273 ff. — der Musikinstrumente
274 ff. — der Waffen 275 ff.
Erdbauten des Sudan 213 ff.
Equateurrilie (Station des Kongo -
Staates am Kongo an der Tschuapa-
mündung im Balologebiet) Holz-
pauken 177.
Ergebnisse der anatomischen Unter-
suchung 245 bis 248 — tabel-
larische Darstellung 250/251.
P.
Fan (Völkergruppe im Hinterlande
Kameruns und im Ogowegebiet.
Sandeverwandte) Schilde 30, 40
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— 350 —
— Schwertmesser 85 bis 88 —
Wurfmesser 105 — Saiteninstru-
mente. 131 — Sambi 137 —
Trommeln 157 ff. — Marimba 1 84
— Pfeifen 240 — Pfeile 281.
Fellbearbeitung 170/171 — Fellver-
wendung 275 ff. — Felltracht
und Schmuck 285/286 — Fell-
panzer 280 — Fellschildo 287
— Felltrommel 289 ff.
Fensterthilr 233, 264 ff.
Fernando Po die Eingeborenen heifsen
Bube siehe dort.
Feuerzeuge 271 — Ursprung der
Feuerzeuge 272/273.
Fischerei in der Inselkultur 258 —
Fischereigerät 258 ff. — Fisch-
totemismus [siehe auch Totemis-
mus] 261 — das Schwirrholz
als Gerät der Fischerkultur 259 ff.
— die Musehein in der Fischer-
kultur 262 ff. — Ruder, Ruder-
speer und Rudermesser etc. in der
Fischerkultur 263/264 — der
Hausbau der Fischerkultur 264.
Flechtkunst 12, 237.
Flöte 150.
Fltftensprachc 182/183.
Fortpflanzung der Kultur, siehe Über-
tragung und Verpflanzung der
asiatischen und inalajonigritisehen
Kultur 253, 255 ff.
Fulbe (nomadisierende Yölkergruppe
des Sudan, in Parzellen verteilt
über das Gebiet zwischen Wadai
und Senegambien) 14 — Sprache
17 — Schilde 29 — Bogen 05,
72 — Keulen 102 — Trommeln
161 — Hütten 224.
FundJ (Stämme in Sennar im Gebiet
d.-s Bahr-el-Arab) Sehilde 28 —
Schwerter 85 — Wurfholz 102
— Wurfmesser 104 ff.
Futn DJulon (Fulb. staat im westl. Su-
dan, südl.Sonegambiens) Dolch 88.
0.
Gaberi (Stamm südlich des Tsade
zwischen Schari und Logone)
Saiteninstrumente 130.
Gabun Säbel 87 — Guitarre 130/131
— Sambi 137 — Trommeln 1 5 7 ff .
Galla (grofse G nippe von Völkern im
Süden von Abessynien) Schilde 30,
31 — Bogen 63 — Dolch 88 —
Schlagring 117 — Violine 128 —
Rababa 134 — Trommel 154, 165
Holzpauke 179 — Hütten 224 —
Verschmähen der Pflanzennahrung
257.
Gando (Haufsastaat am mittleren Niger
mit der östl. desselben zwischen
dem 12.° und 13.° nördl. Breite
gelegenen Hauptstadt gleichen Na-
mens) Bauwerke 217.
Ganguella oder Gangella (Stamm an
den Quellen des Quanza und des
Sambesi, nördlich der Ambuella)
Hütten 20S.
Gefäße 237/238. *
Geld aus Musehelperlen 9, 263 —
Eisengeld, Ruderblatt, Speerklinge
91 — Mattengeld 237/238.
Gesang 19.
Geschichte 3 — Afrikas 13.
Gesetze 7 — das Hauptgesetz der
Kulturlehre 248 — das Material-
gesetz 270.
Giebeldachhutten der Westafrikaner
[und Oeeanier] 225 ff., 231 ff.,
235, 264 ff.
Goldkttste Schilde 39 — Bogen 65,
68 — Wurfholz, Wm-fkeule 102
— Muscheltrompete 150, 262 —
Trommeln 156 ff., 164 ff., 169 — <
Flötensprache 18 2 — Marimba 184
— Klangstab 186 — Totemismus
261.
Gora (afrikanisches Saiteninstrument)
120 ff., 147/148.
Grabstock 276.
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— 351 —
Grebo siehe Kru.
(iubo (afrikanisches Saiteninstrument)
119fT., 147/148.
ftnitarre (asiatisches Saiteninstrument)
128 ff., 147/8.
IL
Harpnne 277 ff.
Hadendoa (Araberstamm an der Küste
des Roten Meeres und am Atbara,
also nördlich von Massaua) Säbel-
messer 87.
Hnufsa (Völkergruppe im centralen
Sudan, südlich des Bornureicb.es
im Nigerbecken ; ihre Staaten unter
Herrschaft der Fulbe sind dem Zu-
sammenbruch nahe) 14 — Schilde
30, 33, 40 — Bogen 61, 63, 70,
73 — Sichelmesser 84 — Schwert
86 — Fehlen der Dolche 87/88 —
Spannmesser 88/89 — Schleuder
116 — Saiteninstrumente 132 —
Trommeln 162 ff., 166 ff. — Bau-
werke 216 ff., 220.
Herero (Stamm im nördlichen Teile des
Südwestgebietes heifsen eigentlich
Ova- Herero, auch Damara) Bogen
58|, 70 — Wurfkeule 101 —
Hütten 196 ff. — .Rohrursprungs-
mythe 296.
Hirsebau 17/18 — asiatisch 257.
Höhlen, natürliche 195 — Erdlager
und Höhlenbau 213 ff., 229, 235.
Holzbeil 116.
HMzerneHnndegloeke 1 88/189 Anmkg.
Holzgefftfee 238.
Holzindustrie 19, 290 ff.. 291.
Holzmesser respect. -Keulen 99/100,
106/107.
Holzschilde 46 ff.
HolzHpeere 91/92.
Holzpauke 173 ff. — Entwicklungsge-
schichte 186 ff. — Holzpauke in
Oceanien 189 ff, 188 Anmkg. —
Ergebnissederanatomischen Unter-
suchung 247 — tabellarische
Übersicht 250/251.
Holz« äffen Ergebnis der anatomischen
Zergliederung 246 — tabellarische
Übersicht 250/251.
Hottentotten (Hauptvölkerschaft des
Südwestgebietes) Sprachen 17 —
Viehzucht 17/18 — Armut an
Kulturbesitz 18 — Stockschild 34,
100 — Wurfstock 103 — Gora
(Saiteninstrument) 120/121 ff. —
Trommeln 164 ff. — Fellbearbei-
tung 170 — Hütten 196 ff. —
Feuerzeug 272.
Horn 13.
Hütten Kugelhütte Südafrika 197 ff. —
Kegelhütte Südafrika 204 ff. —
Tembebau 206 ff. — Erdbau der
Sudan 213 ff. — Kegelhütte der
Sudan 221 ff. — Giebeldachhütte
Westafrikas 225 ff. — Verbreitung
und Verwandtschaft der Hütten-
formen 229 bis 234 — Systema-
tik 235 — Ergebnisse der anato-
mischen Zergliederung 247/248 —
tabellarische übersieht 250/251 —
Hütten der Inselvölker etc. 264 ff.
— Material 285, 291.
I
Ibo (Stamm am unteren Niger, nahe
der Mündung) Saiteninstrumente
136 — Netztrachten 259.
Ilorin (Hauptstadt von Nupc) Schwert
86.
Imballa (Balolostamra am oberen
Tschuapa, linksseitigen Nebenstro-
mes des Kongo) Holzmesser 99.
Indische Sparen in Afrika 13, vor allem
341/342 — Bogen 77 — imlisch©
Kultur 341.
Indonesische Trommelspannnng 169.
Insulare Kultur; Fortpflanzung oder
ungeschlechtliche Verpflanzung
255 — Ackerbau und Viehzucht
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— 352 —
257/258 — Fischerei 2üHff. —
Ruder, Ruderspeer und Ruder-
messer etc. 263/264 — Bootsleben
und Bootsbau 263. 267 — Haus-
bau, Pfahlbau, Barla, Fensterthür
2Mff. — Stelzen 267/268.
Islam In Nordafrika 13j 11 — Be-
deutung in Afrika 2JL
Ituri Quellflufs des Aruwimi, siehe
dort.
J.
Jaga (die heutigen Bangala oder Ban-
gola im Hinterlande Angolas stellen
den Rest einer Völkermeuge dar,
die im Mittelalter alle südlich des
Kongo gelegenen Länder [bis Ben-
guella] in den Kreis ihrer Ver-
wüstungen zogen, die sich gegen
alle Gesetze der Familien- und
Staatengründungen auf warfen und
deren Ausgangspunkte wahrschein-
lich in den Mitgliedern einer ver-
triebenen Dynastie des Lunda-
reiches zu suchen ist Sie bil-
deten nie eine Nationalitat, sondern
rekrutierten sich aus den jungen
Leuten der unterworfenen Stämme.
Die Dschagga oder Wadschagga
am Kilima Ndscharo haben nichts
mit ihnen zu thun) Bogen üA —
Netz im Kultus 259.
Japd 5_, 1B — Netzjagden 25JL
Jakka oder Majakalla rospect. Majakka
( Volk am Kuango, süd lichem Neben-
flufs des Kassai. Ein Stamm der
Kalundaverwandtschaft unter Herr-
schaft des Muene Putu Kassongo,
deren Balubadynastie im 1& Jahr-
hundert von den Jaga [siehe dort]
gestürzt ward und welches seit-
dem den heutigen Namen führt)
Bogen Gü. 72, 1A — Hütten 2211
Jaunde (Fanstamm im südliehen Teile
der deutschen Kolonie Kamerun)
Schilde 30, 4Ü — Saiteninstru-
mente IM. — Flöte IM — Holz-
pauken HS — Tromnielsprache
1£L
Jaurl (Provinz der Haufsastaaten öst-
lich des Niger auf dem 1 1 0 nördl.
Breite) Bauwerke 2JJL
Jesko (Stamm im Haufsagebiet , Pro-
vinz Saria auf dem nördl.
Breite) Bauwerke 217.
Jlkuku (im Hinterlande Togos) Streit-
äxte 1 15.
Jolof siehe Wolof.
K.
Kado oderKadarro (Stamm im Haufsa-
gebiet, Provinz Sana auf dem 10 °
nördl. Breite) Bauwerke 2 1 7.
KaffernTÖlker (Umfassende Bezeich-
nung der Völker des südlichen
Afrika in Kaffraria, Zululand und
Natal) Bogen 5_S — Messer 82/83
Kirri, Wurfkeule lilü — Hütten
IM ff.
Knl und« (Völkergruppe im südlichen
Kongo -Becken; drei Hauptgebiete:
L centrale Kalunda des Jamwo-
reiches; 2, östliche Kalunda des
Casembereiches; 3^ westliche Ka-
lundastämme, z. T. ohne staat-
liche Organisation; im Norden das
Reich der Muene Putu Kassongo
am Quango) 14 — Schilde 4ü —
Messer 24 — Trommeln 1 59,
1£3 ff. — Holzpauken 173 ff. —
Trommelsprache 181 — Mari in ba
185 — hölzerne Hundeglocke 188
— Hütten lÄIff. — Muschel-
schmuck 262/263.
Kalabar (Landscliaft östlich der Niger-
mündung, zerfällt in Alt- und
Neu -Kalabar) Schilde 32,
Kalabasse (trockene, gereinigte Kürbis-
schale) als Resonanzboden 136/137,
146, U9, lü4.ff., IM.
Kalaliari 13.
— 353 —
Kamerun Bogen ßü bis ZU — Schwert-
messer 85. — Saiteninstrumente
IM — Flöte IM — Blasekugel
150 — Trommeln Ihl ff. —
Pauken 178 — Trommelsprache
IIS ff. — hölzerne Hundeglocke
188 — Hütten 22H — Netztrach-
ten 2Ü2 — Netzbeutel 258.
Kameruner Sehlflbsehnabel 333 ff.
Kauern (Landschaft am nordwestlichen
Tsade-See), siehe Kanembu und
Kanuri.
Kauembu (Bewohner der Landschaft
Kanem am nordwestlichen Tsade-
See) Schilde 4iL
Kanuri (Bewohner Boraus. Mischung
aus mehreren Quellen , unter denen
die aus Kanem wohl besonders
stark flofs) Hütten 22&
Kanioka (Balubastamm zwischen San-
kurru und Lulua südöstlich der
Baschilange) Holzwaffe 99.
Knrague (Völkerschaft am Westrande
des Tanganjika) Schilde 4ü —
Bogen Qh — Sichelmesser 8A
Kasembe oder Casembe", siohe Kalunda.
Kassal (gröfster südlicher Nebenstrom
des Kongo) „Kassai- Bogen" am
Unterlaufe 66,69 Anmkg. 70^ 72j
12. — Messer 9Jl — Holzmesser
95/96 — Wurfmesser 106/107
— Holzwaffe 106/107 — Fenster-
thüren 2£L
Katanga (Balubastaat zwischen den
Quellströmen des Lualaba- Kongo
mit der Wanjamwesi - Dynastie
Msiris) Holzpauken 1 75 — Schä-
deltrophäe in Bunkeia 222 —
Feuerzeug 271 .
Katnena (Stadt im Haufsa-Fulbestaat
Sokoto, nordwestlich von Kano)
Schilde 29_, 3JL
Kaurisehneeken 203.
Kegelhütte des Sudan 221 ff., 229. ff.,
23IL
Frobonius, Afrikanischo Kulturen.
Ketrellitltte Südafrikas 2Mff, 223 ff.,
Kesselpauke (eiserne) 153, 160, 193.
Ketere - Ketere ( Völkerschaft im Hinter-
lande Togos auf dem 11° nördl.
Breite zwischen dem ersten und
zweiten östlichen [Greenwich]
Meridian) Bauwerke 21h ff.
Kctje (Stamm im Haufsagebiet , Prov.
Sana) Bauwerke 217.
Klangstab 186 ff, 193_, 27JL
Kinamla (afrikanisches Saiteninstru-
ment 123 ff., Uüff., 147/8.
Kintu; Sprache der Bantu -Völker.
Siehe dort.
Kloke oder Kioko (Lundastamm der
Westgruppe, im Hinterlande An-
golas. Ein pilgernder, in kräftiger
Entwicklung begriffener Stamm,
der die Baluba- Dynastie des Lun-
dareiches gestürzt hat). Eisen-
industrie 82 — Streitäxte 114/1 lü
— Hütten 222 — Stelzen 2ü&
Ktrri 1) Stockschild der Hottentotten
34, 30, LÜH — 2) Wurfkeule der
Betschuana, Zulu etc., IM etc.
Kongo (zerfallener, zumal durch den
katholischen Klerus vernichteter
Staat des unteren Kongogebietes)
1A — Rohrursprungsmythe 297.
Kongo, am mittleren Kongo Säbel-
messer £2 — Messer Iii ff. —
Trommel 169 — Holzpauken 1 Iß ff.
— hölzerne Hundeglocke 188 —
Muschelschmuck 2G3 — Ruder
als Ehrenzeichen etc. 92_, 2QA —
Bootsleben und Bootshütte 267 —
Fensterthür 2ßh — Feuerzeuge
271/272 — Speerwerfen 280.
Kongo-Becken Eisenindustrie 02. —
Hütten im westlichen 22JL
Kongoniederung LL
Kongo- Völker (Stämme im Mündungs-
gebiet des Kongo, zumal südlich
davon im Bezirk des alten Staates
2d
— 354 —
Kongo. Zerfallen in viele Stämme :
Muschikongo, Mussorongo, Ba-
kongo etc. , die unter dem Namen
Bafiote als Teilhaber eines Dialektes
zusammengefaßt werden) Sehilde
25 26 — Keulen 102 — Trommeln
1 58 ff.
Kontinentale Kultur; Fortpflanzung
oder geschlechtliche Übertragung
254 ff. — Ackerbau und Vieh-
zucht 257/258.
Kopfstützen 23JL
Kordofnn (I^andschaft westlich des Nil
nordöstlich von Darfor) Vurf-
messer 104 — Guitarre 120.
Korro (Stamm im Haufsagebiet, Prov.
Sana südl. dos HL 0 nördl. Breite)
Hauwerke 217.
KosinogoniHche Mythen 391 ff.
Kru (eigentlich „Grebo*, ein Stamm
des südöstlichen Liberia, der sich
durch seine Arbeitsamkeit aus-
zeichnet) Saiteninstrumente, siehe
Kru-I>aute.
Kru -Laute (westafrikanisches Suiten-
instrument) LÜ1 ff., 14 3ff., 147 148.
Kuerr Stockschild der Dinka 33/4 ff,
100
Kugelliutte Südafrika* ULI ff. , 2211 ff.,
23A
Kultur: Gesamtkultur und Kinzelkultur
4/5 — die Kultur als organisches
Lebewesen fi Kulturverwandt-
schaft 4. ff. — Ernährungder Kultur
Ö. — morphologischer, anatomi-
scher, physiologischer Bau der
Kultur 5 ff.
Kulturanatuinic (eigentlich verglei-
chende Anatomie der Kulturen.
Lehre von dem inneren Bau der
Kulturformen) 5_. L ^
S. 2ü bis 212. — Ergebnisse der
anatomischen Untersuchung 21 5 ff.
— ta bell; irische übersieht 250 251 .
KulturanM'hauuuer 300 ff., 310-
Kulturboden 5, 0^ 255 ff.
Kulturformen statt Kulturzeiten 5_j 29JL
Kulturkunst 3Ü3ff, 3JiL
Kulturlehre 3 ff.
Kulturmorpbologie Lehre vom äufseren
Bau der Kulturen 2 — Afrikas
13. bis 20, 245, 2ÜL
Kultnrphysioloprie Lehre von denLebens-
fonnen der Kulturen 1 — • Be-
deutung des anatomischen Baues
für den Begriff und die Klarlegung
der Lebensform 252. ff. — die Be-
deutung des Materials für die
Lebensform 209 ff, 2911 ff., rJfll.
Knlturursprunp 1 1.
Kulturverwandteehaft siehe Verwandt-
schaft der Kultur.
Kulturzelten (siehe Kulturformen!)
Stein-, Bronze-, Eisenzeit 5, 290 ff.
Kultus siehe Kap. 12.
Kunst 19 — künstlerische Begabung
IIS 119 — allgemeine Entwick-
lungsgeschichte 305, 307 ff. —
tabellarische ( bersicht 310 —
die afrikanische 320 ff. — Men-
schenfigur 327 ff. — Ahnenreihen
32Ü ff. Masken 322 ff . - - Ka-
meruner Schiffsschnabel 333 ff.
L.
Lukka (Völkerschaft in Adamaua)
Schlagring 1 1 7.
f, an pro (Stamm der Schilluk- Sehuli -
Gruppe am nördlichen Nilufer nonl-
östlich des Albert- Sees) Schilde
31/32.
Latuka (kleiner inmitten der Sehuli
östlich de;- Nil südöstlich von Lado
wohnender Stamm) Schilde 2iL
Lebensformen der afrikanischen Kul-
turen 2^2. ff.
Lederindustrie ML 2iLl — Leder-
hütten 2S5 — Ijodertracht und
- Schmuck 2S5 2sii — Lederköcher
— 355 —
287 — Lederschilde 2Ä2 — Leder-
bogen 287/288 — „ Lederpfeil iC
2j£S — Lederd ecken, Ledergefäfse
288/289 etc.
Ledersehilde äÜ bis 23,
Lendn (Stämme zwischen dem Albert -
See und Aruwimi-Ituri) Leder-
panzer 'dl — Bogen tili — Gui-
tarre 130.
Liberia (Land an der Obergnineaküste,
von verschiedenen Stämmen be-
wohnt) Bogen 05. — Schwertmesser
85 — Schleuder HC — Marimba
184.
Linguistik siehe Sprachforschung.
Loango( Landschaft nördlich der Kongo-
mundung) Saiteninstrumente 130,
138 — Blasekugel IM — Trom-
meln 151 ff. — Holzpauken 176 ff.
— hölzerne Hundeglocke 188.
Logrone (Volksstamm im Süden des
Tsade am Flusse und in der Land-
schaft gleichen Namens) 105.
Lomami (südlicher grofser Nebenstrom
des Kongo, südwestlich vom Aru-
wimi mündend) Messer 9_S —
Hütten 2Ü3 — Pfeile 2SL.
LoraH» (Land zwischen denQuellflfissen
des Sambesi, denen des Kassai
und denen des Quanza) Hütten
205, 2112 ff.
Luehatse oder Luchase (Stamm an den
Quellen des Quanza und Sambesi
westlich von Lovale) Hühnerhaus
208.
Luina (am Oberlauf des Sambesi)
Schilde 2JL
Lukengo (Herrscher der Bakuba) siehe
Bakuba.
Lukereu (Sammelbegriff, den eine Reihe
von Stämmen am oberen Kongo
in der Nähe der Aruwimimün-
dung erhalten haben) Schilde 12
llolzpauken 17G ff.
Lulongo (nördlichster der südlichen
resp. südöstlichen Nebenströme
des mittleren Kongo. Anwohner
gröfstenteils Balolo) Fensterthüren
205 — Pfahlbauten 2 f. 7.
Lunare Mythen MI ff., 310, 3_L3 ff.
Lunda siehe Kalunda.
Lussake (Stamm der Balolo -Gruppe am
Oberlauf des Tschuapa) Schilde ML
M.
Madagaskar La — Schilde 32 — Schleu-
der 117 — Saiteninstrument 144
und 145 — Fensterthür 2JÜ.
Main IK
Makaraka (nordöstlicher Stamm der
Sande) Schilde
Makari (Massastamm zwischen Logone
und Kotoko südlich des Tsade -
Sees) Bauwerke 218 ff.
Malaien in Afrika 12,
31alajonigritlseh (Bezeichnung für eine
Kulturform und deren Bestand-
teile , die gewissen dunklen Völkern
Afrikas und Oceaniens gemeinsam,
durch ihren ausgeprägt insularen
Typus, die Verwendung von
Pflanzenstoffen, ferner durch Reife,
aber andererseits Alter und Zurück-
gedrängtheit ausgezeichnet und
deren Heimat vermutlich im süd-
östlichen Asien auf der Hinter-
indischen Halbinsel zu suchen ist).
Die Verbreitung und das Wesen
des malajonigritischen Kulturbe-
sitzes 249 ff. — tabellarische Über-
sicht 250 251 — die Lebensform
des malajonigritischen Kulturbe-
sitzes 25 2 ff. — Fortpflanzungs-
form 253 ff. — Materiale des mala-
jonigritischen Kulturbesitzes2S5ff.,
290 ff. — der malajonigritisrhe
Rohrschild 38 ff., 54^ ä£ — der
malajonigritische Bogen GJ1 bis f^Q
— die Messer malajonigritischen
— 356 —
Ursprunges 8H bis 100, 109,
1 1 0 / 111 — die malajonigritißchen
Saiteninstrumente 1 35 bis 148 —
die malajonigritischen Holzpauken,
Holzinstrumen tc etc. 173 ff., 18 Off.,
193 — die roalajonigritischen
Hütten 23_L ff.. 225 ff.. 235, 264 ff.
— die malajonigritischen Nacken-
stützen 236 — das malajonigri-
tische Mattengeld 237/238 — die
malajonigritischen Kauchgeräte
240/241 — der malajonigritische
Feldbau 257 258 — die malajo-
nigritische Fischerei 258 ff. — die
malajonigritische Muschelverwen-
dung 2fi2ff. — die malajonigri-
tischen Feuerzeuge 271 ff.
MalnjoitigritlM-he Enklaven im ostafrl-
kaniM-ben Gebiet 126^ 2M —
Schild 4 8 — Bogen 02 — Vilangwe
185/186.
Malange (Stadt in der Kolonie Angola am
t^uanza) Bogen Gl — Marimbal84.
Mandiugo oder blande (Volkergruppen
im •westlichen Sudan; wichtige
Staatengründer) 1.4 — Bogen 61^
03 — Saiteninstrument siehe Kru-
I^aute — Trommeln 101 ff. —
Holzpauken IIS ff.— Marimba 181
— Bauwerke [Bammana- Stamm]
211 ff., 222.
31 andingo- Laute oder Harfe (westafri-
kanisches Saiteninstrument) L33 ff.,
113 ff., 147/148.
Mangbattu ( Volkergruppe am Oberlauf
des Teile- Ubangi, welche sich
durc h ungemeine Geschicklichkeit
in vielen Industriezweigen aus-
zeichnen. Heute sind sie fast ver-
nichtet. In ihrer Blüte war die
Kultur der Mangbattu eine der ent-
wickeltsten der Afrikaner. Ihr wis-
senschaftlicher Entdecker Schwein-
furth nannte sie Monbuttu) Schilde
4t? 47 - Bogen Oü — Messer
aiff. — IIolzpauken LH ff. —
Felden der Marimba 185 — glocken-
förmige Holzpauke lfifi — Hütten
255 ff. — Pfeifen 210 — Stelzen
20&
Mamrungo (Schillukverwandte südlich
des Nil, östlich dos Albert -Sees)
Schilde 22.
Maniok L£L
ManlKtlhche Weltanschauung u. Mythen
306 ff., 310j 313 ff.
Manjoma (verhältnismäfsig kleine Völ-
kerschaft nordöstlich Nyangwes
am oberen Kongo. Der eigent-
liche Name des kleinen Volkes
ist nie bekannt geworden. Maniema
heiTst dasselbe wie Niamniam.
Siehe dort. Der Name kommt
von Niama Fleisch und der Lieb-
haberei für Menschenfleisch. Da
dieses Volk im Anschlufs an die
Araber sich weit über das Kongo-
becken ausgedehnt hat, und von
ihnen oftmals Ethnographie» er-
worben werden, so kursieren in
unseren Sammlungen sehr viele
Sachen fälschlich unter der Pro-
venienzangabe „ Manjema") Schildo
46/47 — Holzspeore 02 — Beile
LL3. — Holzpauken LH ff. —
Hütten 202 — Netzjagden 25Ä
Marghl (nichtmohammedanisch. Stamm
im Staate Borau, nördlich des Ober-
laufes des Benue) Sehilde 29_, 10.
— Wurfmesser 1 05 ff.
Marimba (Holz-Schlaginstrument. Plur.
Sirimba) 1 Sit ff. — Entwicklungs-
gesehich te 1 86 ff. — Verbrei-
tung et«-. 103
Marokko Säbel S2 — Trommel 1 53
— Baumeister 239 etc.
Marundseha (Handelsvolk am mittleren
Kongo. Wohnhaft schräg gegen-
über der Mündung des Mongaila)
Hütten 'i20.
Marntse -Mambnnda (Staat nördlich des
oberen , grofsen Sambesibeckens,
der eine Reihe verschiedener
— 357 —
Stämme vereinigt) 14 — Schilde
21 — Stockschild 31 — Messer
83 - Sichelmesser 84 — Wurf-
keule iül — Wurfstab 1Ü3 —
Negerzither 149 — Trommeln
159/160, 1£2 ff. — Marimba 135.
— Hütten Uli ff., 205 ff., 2M ff.
— Netz trachten 2"jS.
Masehaknlitmbe (Stamm südlich der
Quellen des Lualaba- Kongo, nörd-
lich der Marutse - Marabunda)
Hütten 2Ü5.
Masken 332 ff.
Massa (Völkergruppe südlich des Tsade-
Sees) Bauwerke 212 ff.
Massal (weit ausgedehntes Volk im
Oston des Viktoria -Sees) Schilde
21 — Bogen 63, 13 — Keule
102 — Hütten [Tembe] 2Mff,
224 — Verschmähen der Pflanzen-
nahrung 257.
Massongo (Kalunda- Stamm der West-
gruppe östlich von Malange und
dem Quanza) Hütten 198 — Netz-
trachten 259.
Matabele (Volk der Zulu- Gruppe,
welches am Sambesi südöstlich
von dessen grofsem Bogen ein
Reich gegründet hat) Messer 83
— Wurfkeule IÜL
Material gerechte Entwicklung 2ᚠff.
Matorialuntersuehung tabellarische Dar-
stellung 29J — Hütten 285 —
Trachten und Schmuck 28G —
Waffen 2M bis 288 — Geräte
272/273 — Trommeln 28J1 —
Saiteninstrumente 289/290.
Matten 231.
Matteugeld 237 238.
MHdje (Mangl>attnstainm am mittleren
Bomokandi, südlichen Nebenstro-
mes des Uelle-Ubangi) Bogen fLL
Mbnm (Stamm im südlichen Adamaua
mit dem Hauptort Ngaundere)
Guitarre 1 30 — Marimba IM.
Molll (zusammengebrochener Staat im
westlichen Sudan) 14*
Messer bl — Speerspitzenmesser 82 ff.
— Sichelmesser 84 — Schwert
85 bis 88, 111 — Säbel und Säbel-
messer 87_j 111 — Stilette und
Dolche 81 bis 89, 111 — Spann-
messer 88/9 — Messer malajoni-
gritischen Ursprunges 89 bis 100.
109, 110, 111 — Verbreitung
der Messerformen 109 bis 111 —
Wurfmesser 1Ü3 bis 108, 1 10 bis
III — Ergebnis der anatomischen
Zergliederung 246 — tabellarische
Übersicht 250/251.
Mittu-Madi (Stamm zwischen Röhl
und Tondj, zwei südlichen Neben-
flüssen des Bahr-el-Gasal) Rababa
134.
Momfa (Völkerschaft zwischen dem
Jhuru- Amwimi und dem Bomo-
kandi -Uclle) Schilde 42 — Messer
fiS — Fehlen der Pauken III —
Speerwerfen 279/280.
Monbuttu siehe Mangbattu.
Mondu (kleiner Stamm im Quellgebiet
des Röhl , Zuflufs des Bahr - el - Gasal
und des Kibali, Quellflufs des
Uelle-Ubangi) Stockschild 3JL
Monfralla (nördlicher Nebenstrom des
Kongo, östlich der Ubangi- Mün-
dung) Messer Ü3 — Pfahlbauten
2K7.
Mongwandi (nördlicher Nebenstrom des
mittleren Kongo westlich desAru-
wimi) Wurfmesser 100.
Monnngiri (kleiner Stamm am mitt-
leren Kongo östlich der Bangala)
Schilde 42 — Holzpauken 177.
Morphologie siehe Kidtunnorphologie.
.Mörsertrommel lfififf., 1Ü3,
Moscheebanten Im Sudan 214 215.
Mossl oder Mosi (Reich im westlichen
Sudan und zwar im Centrum des
— 358 —
grofsen Nigerbogens) Spannmesser
SÜ — Beile L3 — Guitarre 127.
Muata Jannvo oder Yamvo, Herrscher
der centralen Kalunda. Nur ein
Titel. Früher Baluba-, jetzt Kioke-
Dynastic. Sieho Kalunda.
Muene Putn Kasuongo. Herrscher der
nordwestlichsten Kalunda respect.
Jakka oder Majakalla am Kuango.
Sieho Jakka. Hütte 22JL
Muschel heil ©ceanlens in Afrika 114
bis 1HL. 2Ü2,
Musehelireld 2üi
Muschelscbmuck 262/263.
Musehcltrompete In »estafrika 150,
26?
Muschikongo (Volk südlich der Kongo-
mündung) Holzpauken 1 77.
Musjru oder Mussgu (Volk zwischen
der Quelle des Benue und dem
Schari) Fellpanzer 3JZ — Schilde
Hl — Wurfmesser lüä ff. — Bau-
werke 21a ff.
Musikalische Anlage der Afrikaner
Iis 119.
Mussorongo (Stamm an der südlichen
Guineaküste, südlich der Mündung
des Kongo) Sambi 137 — Ma-
li mba 1 S4.
Mussumbn (Hauptstadt des Muata Jamvo,
Herrscher des Kalunda -Reiches
südlieh des S, 0 südlicher Breito
zwischen Lulua und Sankurra)
Holzpauke 1 73 ff.
Mythen Kap. ü
N.
Nackenstützen 23(i.
Naive Woltanscliaiiiinic 3üü ff., 31 0 ff-
Naive Kunst 2üi ff. , 310-
Natu ranschau nng 300 ff., 310.
Naturkmist 3"s ff.. 3 1 0.
Nejrerzither siehe Zither.
Netze in der Ftecherkultnr 258/259 —
bei Landjagden 258 — Netzbeutel
25 S — Netztrachten 2L& — im
Kultus [vorgl. auch: „Die Masken
und Geheimbünde Afrikas 44 S. 112]
250.
Ngapou oderN'Gaj>ou (Stamm zwischen
Schari und dem grofsen Uelle-
Bogen) Schilde 11 — Wurfmesser
106 — Guitarre 130.
Ntrhlrrl (kleiner Volksstamm östlich
der Uelle- Mündung) Messer 9JL
Marn ii lam (Name, den die sie um-
gebenden Völker den Sande -
Stämmen wegen ihrer Vorliebe
für das Menschenfleisch gegeben
haben). Siehe auch Manjema 12,
Nlfpritlsch (Bezeichnung für eine Kultur-
form und deren Bestandteile, die
gewissen dunklen Völkern Afrikas,
Neuhollands, Südasiens und Ocea-
niens gemeinsam und durch Alter.
Einfachheit und Zurückgedrängt-
heit charakterisiert ist). Die Ver-
breitung und das Wesen des ni-
gri tischen Kulturbesitzes 249 ff. —
tabellarische Übersicht 250 251
— die Lebensform des nigri tischen
Kulturbesitzes 252 ff. — Materialo
des nigri tischen Kulturbesitzes
2H5 ff. , 2M ff. — der nigritische
Stockschild 33^ 53^ 5Ji — die
nigritischen Holzwurfwaffen 100
bis 103_, 109^ 110/111 — der
nigritische Klangstab 186, 1 93 —
die nigritischen Hütten 229 ff.,
lüäff., 235 - - die nigritischen
Waffen und Geräte 275 276.
Niloten siehe Nilvölker.
Nilvölker (Völker des Nordwest toi les
der Verbindungsachse am Nil.
Dinka, Schilluk. Schuli, Fundj,
die Stämme in Darfor etc.) Bogen
Trommel lÜL — Hütten
200. 222 ff.
— 359 —
Xkosie oder Nkosi (kleiner Stamm
nordöstlich des Kamerungebirges)
Schild 411 — Netzgewand 25S —
solare Anschauung 32IL
Nomndenhütten 224. — Nomadenzelt
•231.
Nomadismus
Nordaefase Afrikas; kartographische
Darstellung Fig. 2 S. Iii — tabella-
rische Darstellung der Verbreitung
des Kulturbesitzes auf d. Nordachse
250/251 — Ackerbau und Vieh-
zucht 11 — Schild auf der Nord-
achse 54j 5£ — Bogen fU —
Säbel, Schwert. Stilett — Wurfholz
1112 bis 103^ 105h 110/111 —
Wurfmesser 1113 bis Ins, 110/111,
Beile 113 — Speere, Pfeile 1111
— Saiteninstrumente 138, 148 —
Trommeln 172^ 1£3_ — Hütten
2J_2ff., 2Ü5 — Stühle etc. 23JL
\ub!er (Völker des Unterlaufs des
Nil bis Ägypten, zu den Berbern
gerechnet) Schilde 30, 31 — Dolch
M — Guitarre 120.
Xuer (Stamm der Dinka- Gruppe am
Nil im Mündungsgebiet des Bahr-
el-Gasal) Schilde 2&
>'upe (Land nordöstlich von Yoruba,
südwestlich der Haufsastaaten am
Niger auf dorn 8J? bis Uli nördl.
Breite) Häuser 221 — symbo-
lische Briefe, Aroko 2fi3.
o.
Oceanien Schilde 51 ff . — Bogen 74 ff.
Eisenindustrie 81/82 — Ruder
und Ruderkeulen 911 — Holzwaffen,
Keulen 99/100. IM — Entwick-
lungsreichtum 1 1 2 — Muschel -
Steinbeil 115 — Saiten instru-
mente (siehe auch Tangola) 125 ff.
— Trommeln 103/104 — Klang-
stab 1 80 — Bambustrommeln und
Holzpauken 1SS ff. , Hütten 2ü2 ff.
— Nackenstützen >-? Hfi — Topferei
23Z— Mattenflechterei und Matten-
geld 237/238 — Rauchgerät;
Baubau 240/241 — Feldbau 2hl
— Fischereigerät 258 — Schwirr-
holz2a9ff. — Fensterthür, Barla,
Pfahlbau, Bootsleben 2ß4 ff . —
Stelzen 267/268 — Feuerzeuge
272 — Holzwaffen 21h ff. —
Schleudern , Schleuderrieraen,
Wurfbrett etc. 211 ff. — Bola 21ß
— Blaserohr 22S — Pfeilo 28Ü
— Bogen 282 — Saiten- und
andere Musikinstrumente 274/275
— Materiale d. oceanischen Kultur-
besitzes 21111 ff. — Rohrursprungs-
mythe 293 ff. — Weltanschauung
und Kunst 325 ff.
Ogowe-Völker Schilde 411 — Messer
94, 91 Fig. 52 — Beile 114 —
Saiteninstrumente 131 ff. (siehe
auch Ogowe- Guitarre) Trommeln
151 ff., lliS ff. — Holzpauken IIS
- — hölzerne Hundeglocke 188 —
Rauchgerät 2AD — Netzbeutel
2hS — Netztrachten 2üil —
Stelzen 2ß&
Ogowe-Gultarre (Guitarrenform) 130 ff.,
143 ff., 147/148.
OTaherero siehe Herero.
Orambo (Stamm im nördlichen Teile
des Südwestgebietes) Bogen 4S —
Messer 8JL
P.
Pangwe, Name der Fan am Gabun,
siehe Fan.
Pare siehe Wapare.
Pfahlbau 233, 2M ff.
Pfeifen siehe Rauchgerät.
Pfeilformen Afrikas 116, 280/281,
2M — Lederbefiederung etc. 2 SS.
■ 2111 — Schiifpfeile 280/2*1, 2&L
Pflanzenfaser 290. 2Ü1 — in : Hütten-
bau 28n — Tracht und Schmuck
285 ,286 — Schutzwaffen 286/2 8 7
— 3C0 —
— Schilden 2E2 — Bogen 287/88
— anderen Waffen 2SS — Geräten
288/289 — Trommeln 2M —
Saiteninstrumenten 289/290.
Physiologie siehe Kulturphysiologic.
Plattform siehe Barla.
Pongwe, Naiue der Fan.
Prähistorie 1_L
Pseudoselme nm oeeanlseheii Bogen 76.
2H2.
Pygmäen siehe Buschvölker.
Q.
Quadda (Stamm am Uellebogen) Schilde
41 — Marimba 1 84.
B.
Rahiiba (afrikanisch -asiatisches Saiten-
instrument) 133. ff., 147/148.
Rafal (Station im Bandjagebiet im
Becken des Mt>omu, nördlichen
Nebenstromes des Uelle-Ubangi)
Bogen 64j
Raspelstabe 151.
Ra neh gerat; Verbreitung der verschie-
denen Pfeifen etc. 238 bis 241j
273.
KauehtUte oder Cigarre 21 1 . 274.
Religion 3112 fr., 3JJI
Rindenstoffe 1JL 285^ 2ÜL
Rlndvlehzueht 17/18, 257/258.
Rohrsehilde Mtl, 4ü ff .
Rohrursprungsmythe 203 ff.
Rotang siehe Pflanzenfaser.
Ruanda (Land nördlich des Tanganjika)
siehe Warna nda.
Rader und Speer 91 92 — Ruder-
m.-ssor 96^ 2i)3/2ü4 — Kuder-
forinen 2fi3 — linder als Elucn-
zeielien t.-te. .?tU
Rundsehllde üÜ lös 33.
S.
SHbel und Säbelmesser 87, III.
Sahara als Trenn nngsgttrtel 13 —
HQtten in der S. 22A.
Saiteninstrumente die sfid- und ost-
afrikan. Saiteninstrumente 1 1 9 ff.
— Gubo llüff. — Gora 120 ff.
— Zeze 124 ff. — Tangola 125 ff.,
1 37 — die nnrdafrikan. Saiten-
instrumente 12fiff. — Violine
122 ff. — Guitane 12£ff. —
Ogowe-Guitarre 131 ff.. L42 —
Aschanti-Guitarre 132 ff., 142 —
Rababa 133 — die westafrika-
nischen Saiteninstrumente 135. ff.
— Bambuslaute 13 5 ff. — Sambi
137 ff — Mandingo- und Kru-
laute 13Öff. — Kinanda 140ff. —
Ent w icklungsgesehichtliche Bezie-
hungen der westafrikan. Saiten-
instrumente 1 43 ff. — die Ver-
breitung der verschiedenen Formen
112 — Systematik 1Ü5 — Er-
gebnisse der anatomischen Unter-
suchung 2J2 — tabellarische Über-
sicht 250/51 — Material 288/89,
201
Sakalara (Völkergruppe auf der West-
seite Madagaskars) Saiteninstru-
ment Fig. 113a S. 144^, 2ßZ
Saiaga (wiehtige Stadt im inneren
Togogt-biet ) Bogen 03^ G5 —
Baustile 222.
Sambesi Bogen am unteren ü9 —
Trommeln sfldlieli vom Sambesi
IM — Marimha L&L
Sambi (westafrikanisches Saiteninstru-
ment) 137 ff., 143 ff., 147/148.
Sande siehe A- Sande.
Sanduhren •Trommel liilff.. 1 03.
Sangha oder Santfa (grofser Neben-
strom des Kongo, der im llinter-
landu von Kamerun entspringt)
Lederpanzer vom Sangha 32 —
Messer 90, 03, 94^ 92 — Pfahlbau
2fi7.
— 361 —
Sango (Stamm am Uelle, oberhalb
dessen Knie) Schilde 41 — Wurf-
messer 1 07.
Sankurru (gröfster östlicher Neben-
strom des Kassai) Messer 03 —
Pfeile 2R1 — Trommel lüi
Sansibarkttste Säbel 8JL
Schamanen - Trommel IM ff. , IM ff.,
193.
Schilde Kapitel 3 S. 23 bis 5_£ —
Fellschilde 23 bis 33, 35 ff . —
Stockschilde 33 bis 35_, 35 ff. —
Rolirschilde 3fi bis 46^ 4ß ff. —
Holzschilde 4fi bis 48^ 48 ff. —
Entwicklungsgeschichte d. Schilde
53 bis 55 — Systematik 5ü —
Rundschilde (Ledersehilde) 3H bis
33 — Ergebnis der anatomischen
Untersuchung 245/246 — tabel-
larische Übersicht 250/251 —
Material 287, 231 "
Sehllink (grofse Yölkergruppe am
oberen Nil) Schilde 27^28 —
Wurfkoulen 1112 — Hütten 224.
Schlagringe 117.
Schlendern der Afrikaner 116/117 —
und Oceanier 27fl ff.
Schull (Stamm der Schill uk -Gruppe,
nordöstl. des Albert -Sees) Schilde
27, 2JL
Schwert und Schwertmesser 85, 111.
Schwirrholz und seine Entstehungs-
geschichte 252 ff.
Semitische Kultur (westasiatischen Ur-
sprunges, deren Träger die Araber
sind) 21L
Seiisar (Landschaft am unteren Bahr-
el-Asrak) Wurfmesser 1115 ff. —
Guitarre 129.
Senegambien (Gebiet an der Nord-
westküste Oberguineas, zwischen
Senegal und Gambia) Sprache 12
— Bogen GUj 03 — SaWlmesser
S_2 _ Wurfholz 1Ü2 — Violine
12& — Saiteninstrumente 132 —
Trommel L53ff., Hü — Marimba
184 — Bauwerke 221, 222.
Siehelmesser 84.
Sierra Leonek liste Bogen G5_ — Trom-
meln 156, 1112 ff. — Holzpauken
179. "
Slrimba siehe Marimba.
Sokoto Staat und Hauptstadt gleichen
Namens am Niger in den Haufsa-
ländern) Bogen ß_L
Solare Mythologie 307ff., 310, 318 ff.
Somal (Völkerschaft auf der Södost-
seite des Osthorns von Afrika)
Schilde 30. 31 — Bogen 62. 13
— Schwert 81 — Säbel 81 —
Trommel 154ff., 161 ff., 165,1111
— Hutten 224.
Songo siehe Massongo.
Sonrhal oder Songhai (grofse Völker-
gruppe im oberen Nigergebiet,
also Westsudan) Schilde 3JL
Spannmesser 88/89.
Speerformen Afrikas 1 G.
Speerklinge als Messer S2ff., 91) ff .
Speer und Ruder 91/92.
Sprachen Afrikas H!j LL
Sprachforschang 3,
Ssonjro (ehemaliger Staat südlich der
Kongomündung) Stamm der Mus-
sorongo siehe dort.
Staatsorganisationen 2_LL
Stand-Trommel (thönerne) 153, 160 ff.,
103.
Stanley - Falle (zwischen dem mittleren
und oberen Kongo) Eisengeld,
Ruderblatt, Speerklinge 91/92 —
Trommeln 158^ 166^ IM —
Holzpauken 1 7(i ff.
Stanley Pool (zwischen dem mittleren
und unteren Kongo) Wurfmesser
liilL
Stein als Waffe 225 ff.
Steinzeit siehe Kulturzeiten.
— 3G2 —
Stellen 207/268 [auch in Akkra ge-
bräuchlich] -
Stilett« 81 hie 89^ III.
StoekseUld 22 ff.
Streitaxt siehe Beil.
Stühle 22fL
Sndan (eigentlich Beled- es -Sudan d.h.
Land der Schwarzen ist die ur-
sprüngliche arabische Bezeichnung
der Länder südlich der Sahara.
Heute verstellt man unter Sudan
ungefilhr das Gebiet der Nordachse,
siehe Fig. 2 S. 1& Wir teilen den
Sudan ein in den centralen Sudan,
etwa das Tsadebecken, den west-
lichen, das westlich von diesem
bisSenegambien reichende, und den
ostliehen Sudan, das vom Tsade-
becken bis zum Nil sich er-
streckende Gebiet) Sprachen des
Sudan LI — Sehilde 29_, 32/33
— Bogen Ql — Eisenindustrie
81 , S2 — Sehwert 85. bis 83 —
Wurfmesser lQäbis 1QS — Waffen
112 — Saiteninstrumente 123.
126 ff.. IM ff. — Trommeln 153 ff.
— Moseheebauten 214 215 —
Stühle etc. 230.
Stldachse Afrikas; kartographische Dar-
stellung Fig. 2 S. lü — tabella-
rische Darstellung der Verbreitung
des Kulturbesitzes auf der Südachse
250/251 — Ackerlau und Vieh-
zucht L8 — Schilde auf der Süd-
achse 54^ 5ü — Bogen 58 59,
SÜ ~- Eisenindustrie 81/82 —
Speerspitzenmesser 82 ff., 1 10/1 1 1
— Wurfkeule, Wurfstab~LiiO_ bis
103, 110/111 — Speere, Pfeile
Beile 115/110
Saiten-
LAß bis 1AÜ
170. 172,
2001. 235,
Hü
instrumente LLüff.,
— Trommeln 1C4,
193 — Hütten 19 5 ff.
22il ff. — Nackenstützen 2M —
Kaiuhgerät 239/240.
Siidwestsobiet (entspricht ungefajir der
deutschen Kolonie Südwestafrika
etwa westlich der Kalahari und
südlich des Kunene: ist bewohnt
durch die Hottentotten und Hotten-
tottenverwandteu, Koikoin, Na-
raaqua,Damara,Herero,Ovamboetc.
Die Kultur dieses Gebietes zeichnet
sich durch Armut aus) Iii —
Schilde 53, äii — Bogen 59, 13,
79, 80 — Messer £3 — Wurf-
stab 103^ LLL — Saiteninstru-
ment l_2üff, 147/148 — Trom-
meln L0J_ff. — Hütten 1 95 ff
Sirazi (Zulustamm südlich des Lim-
popo nördlich von Zululand) Wurf-
keulen 101.
Systematik der Schilde 5ü — der
Bogen 8fJ — der Messer III —
der Holz waffen Lll — der Saiten-
instrumente Ufi — der Trommeln.
Holzpauken, Marimba etc. L9Ü —
der Hütten 23A
T.
Tabakrauehen siehe Ranchgerät.
Tabelle I der Verbreitung und des
anatomischen Baues der afrika-
nischen Kulturen 250/251 .
Tabelle II der Verwendung der ver-
schiedenen Stoffe aus d. Pflanzen-,
Tier- und Erdreich 201
Tabelle III der Entwicklung der Welt-
anschauung und Kunst 310.
THttowlerun* 338. 339, 3JJL
Tamburin siehe Schamanentrommel.
Tangrola (malajonigritisches resp. in-
disches Saiteninstrument 125. ff,
liüff.. 147 148.
'
Teda (Völkerschaft in der Sahara
nördlich des Tsadesees, mehr
neger- als „herber" artig) Schwert
SU — Deich fiä — Wurfmesser
lüiff. — Wohnungen 220, 22i
Te mbebunten 2ilß ff
— 303 —
Thonfndustrie 12^ 12 — thönerne
Standtromm 3l 19JL IM ff-, 1Ü3
— Töpfe und Töpferei 237, 22L
Tibati (Reich im Süden Adamauas
nördlic-li der Wute) Guitarre 1 30.
Tibba siehe Teda.
Tibestf siehe Teda (land derselben,
auch Tu genannt).
Tlmbnktu (Stadt im westlichen Sudan
am oberen Nigerbogen ; früher die
Heimstätte arabischer Gelehrsam-
keit) 1A — Bauwerke 2Ul
Togogebiet (etwa der deutschen Ko-
lonie Togo entsprechend, aber
etwas umfassender) Schilde 33 —
Holzäxte 1 1 5.
Tokbo (Stamm zwischen Schari und
Uellebogon) Schilde 41.
Topftrommel IM ff., 123,
Totemlsmus (Stammeseinteilung in Tier-
famüien , verbimden mit Exogamio,
d. h. die Stämme zerfallen in Fa-
milien, die Tiernamen führen,
ihren Ursprung von diesen ab-
leiten und deren Fleisch ver-
meiden. Kein Glied darf ein
Gemahl aus dem gleichen Clan
ehelichen, sondern muls seine
"Wahl in einer anderen Familie
treffen) 261^ 3ÜL
Troglodyteu , Höhlenbewohner siehe
Höhlen.
Trommel Thönerne Standtrommel 153,
160, 1 03 — Sehamanentrommcl
oder Tamburin 153, 100, 123 —
Kesselj>auke 153, 1C0_, IM —
Topftrommel IM ff., 193 — Sand-
uhrentrommel IUI ff., 103 —
Mörsertromniel lßüff., 1113 —
abgeflachte Formen lG8ff., 193
— Entstehungsgeschichte 110 ff.
— Systematik 133. — Ergebnisse
der anatomischen Untersuchung
94.7 — tabellarische Übersieht
250/251 — Material 289, 2HL
Trommelspraehe IIS ff.
Trumbaseh (aus Senaar stammende
Bezeichnung für "Wurfmesser, die
aber bei Mangbattu etc. auch für
die Sceptermesser z. B. Fig. 5J1
S. 21 angewandt wiitl) 98,
Tschuapa (grofser südlicher Xebon-
strom des Kongo) Schilde AI —
Holzmesser 02 — Feusterthüren
265.
Tu gleich Tibesti siehe Teda.
Toarlk (Stämme in der Sahara, zu
den „Berbern" gerechnet) Schilde
22 — Schwert M — Säbel &I
Dolch 8Jä — Wurfholz 122. —
Trommel 1 53.
Tuborl oder Tuburi (Stamm im Quell-
gebiet westlich des Logone) "Wurf-
messer 1 05.
Tummok (Volk im Süden Bagirmis
zwischen Schari und Logono)
Wurfmesser 108.
Topende (Stamm nördlich derKalunda-
völker, östlich des Kuango und
Saie und westlich des Kassai)
Hütten 2JU1T., 21L
Turkana oder Turkanj (Stämme westl.
des Rudolfsees südöstlich derGalla-
länder) Schilde 29_, 32 — Stock-
schild 3_5_
II.
Ubangi (nördlicher gröfsterNebenstrom
des mittleren Kongo) Bogen tili —
Wurfniesser 106, IUI — Saiten-
instrumente 132 — Holzpauken
170 ff.
T bergan gsgeblete zwischen Afrika und
Asien: kartographische Darstel-
lung Fig. 2 S. 16, 13 — Vieh-
zucht II — Saiteninstrumente
133 etc.
Cbertragune der Kultur; geschlecht-
liche Fortpflanzung 7/8, 255 bis
9.57 — der asiatischen Kultur
253/254. 255 ff.
Udjidji (wichtige Ortschaft, deutsche
Station am Tanganjika und zwar
an der nördlichen Ostküste) Sichel-
messer
Uelle (Hier Ubangi siehe dort.
Ulungu siehe Warungu.
Uinbella siehe Ambuella.
Unjamwesl (Land, in dem mehrere
Stämme unter dem Namen Wan-
jamwesi wohnen) siehe Waniam-
wesi.
Urtrewhleht« 1 1 .
Ursprung der afrikanischen Kulturen
2ÜDff. — der Bambus- Holzpauken
186 ff. — der Bogen 2filff. und
vorher — der Cigarre 241 — der
Fellschilder 35 ff. — d. Felltroinniel
170 ff., 270 — der Feuerzeuge
272/273 — der Kultur II —
der Menschheit II — der Netz-
gewänder und Netzbeutel 258/59
— des Pfeiles 280/281 — des
Bauchens 273 — der Saiteninstru-
mente 274/275 — des Sehwirr-
holzes 251» ff.
Urundi (I>and am Nordende des Tan-
ganjika) siehe Warundi.
Usafarn siehe "Wasagara.
Usegun (l^andschaft an der Deutsch -
ostafrikanisch* n Kilsto gegenüber
Sansibar) Hütten 2Ü1L
U»indja (Land am Südwestteile des
Viktoria, am Enün Pascha -Golf)
siehe Wasindja.
V.
»rblndnnpsaelise Afrikas: kartogra-
phische Darstellung Fig. 2 S. 16,
ü - Sehilde 24, 54, 5_fl -
Bogen 50^ 73. bis ££> — Eisen-
industrie 8_L — Wurfkeulo 1112
— Messcrfonnen 1 1 1 — Saiten-
instrumente 133 — Trommeln
ÜÜ — Hütten 2JÜL
Yenrefctiiriiiiir (Um „geistergleich", d. h.
den Geistern in allen Kräften und
Eigenschaften gleich zu werden,
mufs man es diesen auch in Ent-
haltungen und Entbehrungen gleich
thun, d. h. also verzichten auf allen
materiellen Komfort Die Jüng-
linge d. malajonigritischen Kultur-
zone, und nicht nur diese, machen
diese Vergeistigungszeit einmal
durch) Ceremonien 25J}ff., 333.
Verbreitung der Schilde 5Ü bis 5ii —
der Bogen 12 bis fiü — der Eisen-
industrie 81/82 — der Messer
1 0fl bis Hl — derllolzwurfwaffen
1 00 bis 1 1 1 — der Wurfmesser
107/108, IM bis III — der Beile
112 bis Ilfi — der Speere LLü —
der Pfeile 116 — der Schlendern
116/117 — der Schlagringe 112
— der Saiteninstrumente 126, 133,
135, 147/148 — der Trommeln
IM ff., 17 2/173, 103 — der Holz-
pauken 173 ff., 192J 1Ü3 — der
Klangstäbe 186_, IM — der Ma-
rimba 1£3 ff., 1Ü3 — der Trommel-
sprache 181/182, IUI — d. Hütten
229 ff. — der Stühle, Kopf- oder
Nackenstützen 2M — der Gefälse
237/238 — des Rauchgerätes 2M
211.
Vererbung ^
Verpflanzung oder ungeschlechtliche
Fortpflanzung der Kultur 6_, 7, 8j
255 bis 257 — der malajonigri-
tischen Kultur 253/254, 255 ff.
Verwandtschaft der Kultur 4 — der
Völker und Rissen iL
Yerwandtschaitsprobletn 3 ff.
Viehzucht 257
Vilangwe ( Holz - Schlaginstrument )
IM ff.
Violine (asiatisches Saiteninstrument)
mff., 148 149.
Völkeriredanke 1LL
— 385 —
w.
Wabondei (Stamm an der Deutsch -
o.stafrikanischen Küste am Pangani
südwestlich von Usambara) Stock-
gefechte 35 — Trommeln 155 —
Vilangwe ISA ff.
Wabujwe (Stamm zwischen Tangan-
jika und Nyangwe am Kongo)
Schilde 45/40, AI — Holzpauken
175 ff. — Mariinba 1 S5.
Wabuma (Stamm am Kongo in der
Gegend der Kassai- Mündung und
an dessen Unterlauf. Handelsvolk.
Verwandte der Babangi) Fenster-
thüren 2tiü
AViidal (Reich derWadawa, ostlich des
Tsadebeckens) LL
Wadawa (im Staate Wadai Östlich des
Tsade) Schilde 2D ~ Dolche SB
— Keulen 1112.
WadoJf (Stamm an der ostafrikanischen
Küste gegenüber von Sansibar)
Schilde 2J1 — Trommeln lüiL
Wadfcfhupnra (Stamm am Kilima
Ndscharo) Sehilde 27. 22 —
Hütten 212.
Wadst'hamba oderWaschambaa (Stamm
im Usambara- Gebirge)Hütten 212.
Waflomie (Stamm östlich Unjamwesis
südwestlich des Mangara-Sees)
Schilde 32.
Waganda (Stamm am Nordufer des
Viktoria) Schilde 44, 45, 13 —
Messer 33 — Guitarre 13Ü —
Rababa 135. — Trommeln IM ff.,
Hü ff. — Marimba 1Ü5 ~ Hütten
U1B ff., 2TL
Wagvoia ( Fisc herstamm an den Stanley-
Fällen) Holzpauken HÜ ff. —
Trommelsprache 1 H1 .
Wagopro (Stamm in der Mitte der
Deutsch - < »stafrikanischen Kolonie)
Schilde 2IL
Wahehe (Zulustamm nordöstlich der
Niassa) Schilde 2fi — Hütten 20fl
Wahuma (nomadisierendes Hirtenvolk
an den "West- und Nordufern des
Viktoria- Sees, nordöstliche Ab-
stammung) Sollilde 45. — Hütten
2Mff.
Wakamba (Völkerschaft zwischen Kili-
ma Ndscharo und Kenia) Schlag-
ring 117 — Bambustrommel 1 S7.
Wakarra oder Wakara (Bewohner der
Insel Ukara oder Ukarra nördlich
der Insel Ukerewe und des Speke-
Golfes im Viktoria) Schilde 13 —
Trommeln 161.
Wakawlrondo (am Nordostrande des
Viktoria wohnhafte Völkerschaft)
Schilde 45, 43.
Wakerwe (Bewohner der grofsen Insel
Ukerewe am Speke-Golf auf dem
Viktoria- See, nach der dieser See
auch seinen Namen erhalten hat)
Schilde 4Gj AB. — Sichelmesser 31.
Wakikqju (Stamm östlich des Massai.
südlich des Kenia - Gebirges)
Schilde 2L
Wakonde (Volksstamm am Nordwest-
gestade des Niassa) Hütten 205,
Wakondjo (Stamm am Albert Edward -
See) Schilde A4,
Wakuafl (Massaiverwandte des nord-
östlich. Deutsch -Ostafrika) Hütten
[Teinbe] 2Ü£L
Wakussu (Bassongestamm zwischen
Nyangwe und Lomami) Schilde
AI — Messer ä3 — Holzpauken
115. ff.
Walejrjra (Völkergruppe im Urwalde
östlich des Kongo, westlich des
Albert- Seo vom Aruwimi bis fast
Nyangwe) Lederpanzer 31 —
Bogen 65/06 — Messer QIL
Wambuba-Wahoko (Stamme südlich
und westlich des Albert- Sees)
Schilde 43 — Messer 81 — Notz-
beutel 2^3.
— 360 —
Wambugrwe (Stamm östlich des Wan-
jamwesi) Schilde 21 — Schleudern
UiL
Wambnndale (Stamm im Niassa- Gebiet)
Trommel 102.
Wandala (Stamm südlich des Tsade,
westlich des Logon, nordlich des
Benue- Quellgebietes) Wurfmesser
JJÜL
Wangoni (Stamm im westlichen Zwi-
schenseengebiet) Schilde 2iL
Wangroroinc (kleiner Stamm im nörd-
lichen Waschaschi- Gebiet am Sud-
ostrand des Viktoria) Stockgefechto
Üü — Rababa 1 35
Wanika (Völkerschaft nördlich von
Usambnra, südwestlich von Moin-
bassa) Schlagring 1 1 7.
Wanjamwesl (Sammelbegriff mehrerer
Stämme östlich des nördlichen
Tanganjika) Schilde '21 — Messer
Ü3_ — Hütten [Tembe] 207.
Wauvaturu (Stamm östlich der Wan-
jamwesi) Schilde 27^ ä2 — Stock-
schilde 3JL
Wanyoro (Stamm südöstlich des Albert-
Sees) Schilde 2ü, 32, 45, 48 —
Trommeln IM ff.
Wnpare (Stamm südöstlich des Kilima
Ndscharo) Schild 27_, 1£ —
Schwert üii — Bambustrommel
Warna (die östlichen Stämme der Ba-
Julm- Völker am Tanganjika und
oberen Kongo siehe Bai u ha) Blase-
kugel Lül — Trommeltanz 171
— Holzpauken Hü ff . — Ma-
ri mba 1 85.
Waruauda (Stamm nördlich des Tan-
ganjika) Schilde 22. — Siehel-
messer — Schwert 80 87 —
Hütten 201, >1 1
Burundi (Stamm am Nordeude des
Tanganjika) Schilde 11 — Siehel-
messer ü_L
Waranjru (Stamm am Südende des
Tanganjika) Schilde 2JL
Wasagara (Stamm an der ostafrikani-
schen Küste, südlich von Sansibar)
Schilde 20.
Wasaramo (Stamm an der deutsch -
ostafrikanischen Küste südwestlich
von Sansibar) Hütten 212.
Wa*ehaschl (Stamm am Viktoria- See
nordöstlichdes Speke - Golf) Schilde
21 — Stockgefechto 35.
Wasiba (auf westlichen Inseln des Vik-
toria ansässiger Stamm) Schilde
45. 48.
Wasltnalunpro (Stamm zwischen Tan-
ganjika und Nyangwe am Kongo)
Schilde 45/40*, IL
Wasindja Stamm am Emin Pascha -Golf,
also an der Südwestseite des Vik-
toria) Sichelmesser Mi.— Messer JLL
Wasseirejuj Volksstamm an der deutsch-
ostafrikanischen Küste zwischen
Wanga und Mtangata in einzelnen
Kolonien und in Buiti am Nord-
ostabfallo U sambaras) Bambus-
trommel 187.
Wasserpfeife 238/239.
TVasM»pa (Stamm nördlich des Viktoria-
Sees östlich der Waganda) Schilde
45^ 4M — Guitarre IM — Ka-
baba 1 35.
Wassonirora (Stamm westlich des
Albert -Sees) Kückenschilde 4J1 —
Bogen 05.
Wasukutua (Stamm südöstlich vom
Spcke-Golf am Viktoria -See)
Hütten 2_LL
Matal aru (Bewohner der Landschaft
Tum östlich Unjamwesis, süd-
we>tlich des Mangara- Sees) Schilde
3JL
AVawamba (Stamm im Semilikithale,
südlich des Albert-Sees) Bogen 05.
Wawinza (Stamm östlich des nörd-
lichen Tanganjika) Schilde HL
— 367 —
Wawlra (Völkergruppe im Quellgebiet
des Aruwimi westlich des Albert-
Sees) Lederpanzer 36/37 — Bogen
05 — Hütten 2Ü2 — Muschel-
schmuck 262
Weberei 12, 19. — gewebte Pflanzen-
laserstoffo 285/286, 2M.
Weida oder Whydah (Ortschaft an der
Oberguineaküste östlich vom Togo-
gebiet) Holz waffen 1 02 — Trom-
meln 164, 170.
Weltanschauung. Gegensätzo auf den
Achsen etc. 2D — allgemeine Ent-
wicklung äÜ5ff. ~ Tabelle III
3Ji) — der Afrikaner 3_LL ff. —
naive W. 312 ff. — animalistische
314 ff. — manistische 31 3 —
solare und lunare Mythen 318 ff.
— Kosmogonie 3*24 ff.
Wenjn gleich Wagenia siehe dort.
Westafrikaner siehe westliches Ablage-
rungsgebiet.
Westliches Ablagerungsgebiet Afrikas;
kartographische Darstellung Fig. 2
S. lü — tabellarischo Darstellung
der Verbreitung des Kulturbesitzes
im westlichen Ablagerungsgebiet
250/251 — Ackerbau und Vieh-
zucht LS — Reichtum an Kultur-
besitz 18/19 — Scldlde 54_, 5Ü
— Bogen 79, 8H — Eisen-
industrie 82 — Messer SU IT. —
Wurfmesser 105 bis 107 — Beile
114 bis 1 1 6 — Saiteninstrumente
L35 bis 1AS — Holzpauken 123 ff.,
1811 ff., 193 — Trommelsprache
1211 ff. — Marimba lüäff., 1Ü3.
— Hütten 22üff., 235^ 2M ff.
— Nackenstützen etc. 236 —
Gefäfso, Thonindustrie, Matten-
flechterei etc. 237/238 — Rauch-
gerät 210 211 — Ackerbau
257, 258 — Fischerei 253 ff. —
Pflanzennahrung 258 — Schwirr-
holz 259 — Muschel Verwendung
262 263 — Pfahlbau und Fenstor-
thür 21L1 ff . — Bootsleben 2ü2
— Stelzen 267 — Feuerzeuge
211 ff. — Materiale des Kultur-
besitzes im westafrikanischen
Kulturgebiet 2£5ff., 2üßff.
Westsudan (siehe Sudan) Schilde 21L
Wissensehaft äülff., 3ÜD ff., 3JJL
Wolof (Völkerschaft in Senegambien,
die gleichen wie die Jolof) Sprache
12 — Schilde 29, 32 — Wolof
64, TL
Wurfbrett 222.
Wurfholz 102/103, 109, 110, 111,
225 ff.
Wurfkeule 1£0 bis 102^ 110/111,
275 ff.
Wurfleine oder Wurfriemon 277 ff.
Wurfmesser. Einflufs auf die Schilde
49/50 — Verbreitung etc. 103.
bis 108, 110/111 — Einflute auf
die Beile 1 1 1 Anmkg.
Wurfspeer 57^ 22Dff.
Wurfstein 225 ff .
Wurfstock 103J 110/111, 225 ff.
Wute (im Hinterlande der deutschen
Kolonie Kamerun und zwar am
Oberlaufe des Sanaga im Süden von
Adamaua ansässiger Stamm ) Schilde
m — Bogen 64_, 65_, 70_, 23.
X.
Xosa (Kaffernstamm im südöstlichen
Afrika) Schutzfell bei Stockkämpfen
3_&
Y.
Yambinga (Ortschaft am mittleren
Kongo, westlich der Rubi -Mün-
dung) Messer Ojä.
Yanfrere (Stamm im südlichen Ada-
maua) Messer üfL
Yaunde siehe Jaunde.
Yesko siehe Jesko.
Yoruba (Landschaft zwischen Nupe
und Dahome an dem Ostteile der
— 368 —
Oberguineaküste) Aroko, symbo-
lische Briefe 263 — Mythologie
321 ff.
Tu
Zelt der NomadenTÖlker 231 fT.
Zexe (afrikanisch -indisches Saitenin-
strument) 124 ff.. 147/148.
Zltner der Afrikaner 149/150.
Zulu und Verwandte (grofse Völker-
gruppe Südafrikas, deren äufsere
Vorposten im Zwischenseengebiet
sich befinden. Am bekanntesten
sind die Zulu der Sudostküste
Afrikas) Wanderstrafse 14
Sprache 17 — Schilde 23/24, l
— Stockgefechte 34 — Mesa
83 — Wurfkeulen 100 ff. — Gub
Saiteninstrument 119 ff. — Hüi
ten 196 ff. — Rohrursprungl
mythe 296.
Zwergvölker siehe Buschvölker.
Zwisehenaehtt gleich Verbindungsach
siehe dort.
Zw faclicnseen gebiet (ungefähr unser
deutschen OBtafrikanischen Kolon
entsprechend) Schilde 24 — Schwe
87 — Saiteninstrumente 123 siel
auch Zeze — Trommel 162.
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